BVerwG Beschluss v. - 20 F 1/20

Keine Prüfung einer Vorlagepflicht im in-camera-Verfahren

Leitsatz

Im Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ist nicht zu klären, ob das Gericht der Hauptsache die Behörde zur Vorlage bestimmter Akten oder sonstiger Unterlagen auffordern müsste.

Gesetze: § 99 Abs 1 S 2 VwGO, § 99 Abs 1 S 1 VwGO, § 99 Abs 2 VwGO

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Az: 8 F 144/19 Beschluss

Gründe

I

1Die Klägerin, deren Unternehmensgegenstand die Projektierung und Entwicklung von Immobilien und Grundstücken insbesondere im Rathausquartier im Gebiet der Beklagten ist, begehrt in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren vollständigen Zugang nach dem Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz zu einem zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen zu 1 und 2 geschlossenen Grundlagenvertrag vom . Dieser regelt die Verpachtung von Parkierungsanlagen im Gebiet der Beklagten durch die Beigeladene zu 2, deren alleinige Gesellschafterin die Beklagte ist, an die Beigeladene zu 1.

2Nachdem die Beklagte im Hauptsacheverfahren eine mit Schwärzungen und Auslassungen versehene Fassung des Grundlagenvertrags ohne Anlagen vorgelegt hatte, hat ihr das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom aufgegeben, einen vollständigen Abdruck des Grundlagenvertrags ohne Anlagen vorzulegen.

3Daraufhin hat der Beigeladene zu 3 unter dem eine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgegeben, weil die geschwärzten und ausgelassenen Klauseln Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten. Sie beträfen z.B. die Rechte und Pflichten der Vertragspartner, die Kostentragung, die Haftung und Verkehrssicherungspflichten. Ihre Bekanntgabe würde die Verhandlungspositionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 und ihre Stellung am Markt mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen erheblich schwächen. Für die Beklagte gelte dies z.B. mit Blick auf künftige Vergaben des Betriebs oder der Verpachtung städtischer Parkierungsanlagen. Die Beigeladene zu 1 konkurriere mit anderen Bewerbern dieser Branche wie der Klägerin. Es spreche viel dafür, dass die oberste Aufsichtsbehörde bei Abwägung der Interessenlage verpflichtet sei, die vollständige Einsicht in den Vertrag zu verweigern, weil der gesetzgeberischen Intention hinsichtlich der fachgesetzlichen Regelung eine wesentliche Bedeutung zukomme. Jedenfalls sei die Sperrerklärung ermessensgerecht, um die Informations- und Geheimhaltungsinteressen zu wahren. Ein besonderer entgegenstehender Grund sei nicht erkennbar.

4Auf den sinngemäßen Antrag der Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung festzustellen, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren am dem Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts zur Durchführung eines Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO vorgelegt. Der Beigeladene zu 3 hat mit Schriftsatz vom seine Sperrerklärung näher erläutert.

5Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom festgestellt, dass die Weigerung der Beklagten, einen vollständigen, keine Auslassungen bzw. Schwärzungen enthaltenden Abdruck des Grundlagenvertrags vorzulegen, rechtmäßig sei. Soweit sich das Begehren der Klägerin im Zwischenverfahren (auch) auf die Vorlage der Anlagen zum Grundlagenvertrag beziehe, sei der Antrag unzulässig. Denn das Verwaltungsgericht habe nur den Grundlagenvertrag ohne Anlagen als entscheidungserheblich angesehen. Der Antrag im Übrigen sei unbegründet. Der Beigeladene zu 3 habe seine Weigerung, die vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten ungeschwärzt vorzulegen, plausibel dargelegt. Die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe lägen vor. Die Ermessensausübung unterliege keinen durchgreifenden Bedenken.

6Mit ihrer Beschwerde gegen diesen Beschluss macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hätte den Prüfungsumfang auf die Anlagen zum Grundlagenvertrag erstrecken müssen. Diese seien zweifelsfrei entscheidungserheblich. Denn sie begehre im Hauptsacheverfahren Einsicht in die vollständigen Unterlagen, d.h. in den Grundlagenvertrag mit Anlagen. Das Verwaltungsgericht sei insoweit seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Die Sperrerklärung genüge wegen der nur formelhaften Umschreibung der Geheimhaltungsgründe schon nicht den formellen Anforderungen. Sie sei auch materiell rechtswidrig. Es sei davon auszugehen, dass nicht alle Schwärzungen und Auslassungen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthielten. Zudem sei die Sperrerklärung ermessensfehlerhaft. Es fehle an einer Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Informationsinteresse. Die Parkraumbewirtschaftung im Gebiet der Beklagten sei in der Politik, Presse und Öffentlichkeit oft diskutiert worden. Zwei Fraktionen im Stadtrat hätten sich dafür ausgesprochen, die Verträge zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 anzufechten, damit im Gebiet der Beklagten zu angemessenen Preisen geparkt werden könne. Die Ermessenserwägungen seien nicht von den im Hauptsacheverfahren angeführten Weigerungsgründen abgegrenzt worden. Eine Offenlegung der Vertragsklauseln verschaffe ihr keinen Wettbewerbsvorteil. Sie konkurriere als reine Immobiliengesellschaft nicht mit der Beigeladenen zu 1.

7Die Beklagte hält die Beschwerde für unbegründet. Der Fachsenat sei an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gebunden gewesen, den Grundlagenvertrag ohne Anlagen vorzulegen. Ob die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 konkurriere, sei für das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses unerheblich. Das behauptete öffentliche Informationsinteresse sei von dem im Zwischenverfahren maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung zu unterscheiden. Die Ermessensausübung beschränke sich nicht auf eine Prüfung der fachgesetzlichen Ausschlussgründe.

8Die Beigeladene zu 1 hat ebenfalls beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Anlagen des Grundlagenvertrags seien nicht Gegenstand des Zwischenverfahrens. Alle vorenthaltenen Informationen enthielten Geschäftsgeheimnisse eines laufenden Vorgangs. Sie ließen Rückschlüsse auf ihre Kostenkalkulation zu. Auch die Pachtobjekte seien geheim zu halten. Denn sie betreibe sowohl von der Beigeladenen zu 2 als auch von Dritten gepachtete als auch ihr selbst gehörende Parkierungsanlagen, teilweise auch nur als Management. Einzelne vom Grundlagenvertrag erfasste Anlagen stünden inzwischen in ihrem Eigentum oder würden nicht mehr betrieben. Diese für ihre Marktstrategie bedeutsamen Verhältnisse seien nicht öffentlich bekannt. Die Ermessensausübung des Beigeladenen zu 3 sei durch den gebotenen Grundrechtsschutz rechtlich vorgezeichnet. Dieser überwiege, zumal die Klägerin nach eigenen Angaben nicht mit ihr, der Beigeladenen zu 1, konkurriere.

9Die Beigeladenen zu 2 und 3 haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt. Der Beigeladene zu 3 hat die Sperrerklärung mit Schriftsatz vom nochmals näher erläutert.

II

10Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Ihr Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO ist zwar nur teilweise zulässig, insoweit aber zum Teil begründet.

111. Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich auf die Anlagen zum Grundlagenvertrag bezieht.

12Eine Entscheidung des Fachsenats nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt zum einen voraus, dass das Gericht der Hauptsache die beklagte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 VwGO auffordert, bestimmte Urkunden oder Akten vorzulegen oder bestimmte elektronische Dokumente zu übermitteln oder bestimmte Auskünfte zu erteilen, und dabei die Entscheidungserheblichkeit dieser Unterlagen verlautbart. Zum anderen setzt sie voraus, dass die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunftserteilung verweigert, weil das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder weil die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Gegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO ist diese sog. Sperrerklärung. Der Fachsenat entscheidet darüber, ob die Weigerung der Behörde, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, rechtmäßig ist (vgl. 20 F 13.15 - juris Rn. 9).

13Die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Unterlagen muss das Gericht der Hauptsache in der Regel in einem Beweisbeschluss oder in einer vergleichbar förmlichen Äußerung darlegen. Eine einfache Anforderung der Unterlagen genügt ausnahmsweise dann, wenn die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei entscheidungserheblich sind. Verlautbaren muss das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der Unterlagen aber stets (vgl. 20 PKH 1.13 - juris Rn. 7).

14Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom nur die Entscheidungserheblichkeit des Grundlagenvertrags ohne Anlagen verlautbart. Denn es hat der Beklagten ausdrücklich nur aufgegeben, einen vollständigen Abdruck des Grundlagenvertrags ohne Anlagen vorzulegen.

15Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO hat lediglich die Funktion, zu überprüfen, ob die Behörde die Vorlage derjenigen Unterlagen rechtmäßig verweigert, die das Gericht der Hauptsache als entscheidungserheblich beiziehen will. Nicht hingegen soll es dem Kläger des Hauptsacheverfahrens die Möglichkeit geben, die Vorlage von Akten zu erzwingen, deren Entscheidungserheblichkeit das Gericht der Hauptsache (noch) nicht geprüft hat und die es deshalb (noch) nicht von der Behörde angefordert hat. Ob das Gericht der Hauptsache die Behörde zur Vorlage bestimmter Akten oder sonstiger Unterlagen auffordern müsste und durch eine unterbleibende Aufforderung seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt hat, ist nicht im Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO zu klären, sondern kann nur mit einem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden (vgl. 20 PKH 1.13 - juris Rn. 8; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 99 Rn. 21). Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ist kein den Prozessbeteiligten vom Gesetz zur Verfügung gestelltes Mittel, das Gericht der Hauptsache zu einer bestimmten, von ihnen für erforderlich gehaltenen Maßnahme der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung zu zwingen (vgl. 20 F 3.14 - juris Rn. 3 m.w.N.).

162. Soweit der Antrag der Klägerin auf eine Überprüfung der Sperrerklärung vom gerichtet ist, ist er hingegen zulässig und teilweise begründet. Die Sperrerklärung ist auch unter Berücksichtigung der erläuternden Schriftsätze des Beigeladenen zu 3 vom und vom in Teilen rechtswidrig, weil der geltend gemachte Weigerungsgrund nicht vorliegt.

17a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten und Auskünften verpflichtet. Die zuständige oberste Aufsichtsbehörde kann gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vorlage nur verweigern, wenn das Bekanntwerden des Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.

18Zu den Vorgängen, die gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu halten sind, gehören die nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (stRspr, vgl. nur 20 F 3.19 - NVwZ 2020, 715 Rn. 11 m.w.N.). Diese umfassen alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. , 1 BvR 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <230> und - BVerfGE 137, 185 Rn. 182; 20 F 11.17 - juris Rn. 13 und Urteil vom - 10 C 22.19 - juris Rn. 13). Dabei betreffen Betriebsgeheimnisse im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne, Geschäftsgeheimnisse vornehmlich kaufmännisches Wissen (vgl. , 1 BvR 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <230> und - BVerfGE 137, 185 Rn. 182).

19Der von der Rechtsprechung entwickelte Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist nunmehr durch das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vom (BGBl. I S. 466 - GeschGehG) vor allem mit Blick auf das private Wirtschaftsrecht näher ausgestaltet worden. Danach umfasst der Begriff des Geschäftsgeheimnisses in § 2 Nr. 1 GeschGehG nunmehr gleichermaßen technische wie kaufmännische Informationen (BT-Drs. 19/4724 S. 24; 20 F 3.19 - NVwZ 2020, 715 Rn. 12). § 2 Nr. 1 Buchst. a GeschGehG, der ungeachtet des Vorranges spezieller öffentlich-rechtlicher Vorschriften gemäß § 1 Abs. 2 GeschGehG als Auslegungshilfe herangezogen werden kann (vgl. auch 10 C 22.19 - NWVBl 2020, 500 Rn. 15 f.), spricht von einer Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert ist. Das neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen nach § 2 Nr. 1 Buchst. c GeschGehG erforderliche berechtigte Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. 20 F 3.19 - NVwZ 2020, 715 Rn. 11). Schutzzweck des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist die Verteidigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen gegenüber den Marktkonkurrenten. Erforderlich ist demnach eine Wettbewerbsrelevanz der offenzulegenden Unterlagen, die darin zum Ausdruck kommt, dass nach § 2 Nr. 1 Buchst. b GeschGehG die Information Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist (vgl. 20 F 3.19 - NVwZ 2020, 715 Rn. 11).

20Zu den Geschäftsgeheimnissen zählen unter anderem Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Informationen zur Kreditwürdigkeit und Kalkulationsunterlagen (vgl. , 1 BvR 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <230> und - BVerfGE 137, 185 Rn. 182; 20 F 4.14 - juris Rn. 20). Auch konkrete Vertragsgestaltungen, d.h. ein bestimmtes Vertragswerk, können danach geschützt sein (vgl. 20 F 13.15 - juris Rn. 20 m.w.N.). Als Geschäftsgeheimnisse kommen insbesondere die Details vertraglicher Vereinbarungen wie Lieferzeiten und -orte, Preise und Preisbestandteile, Zahlungsbedingungen und Angaben zu beteiligten Unternehmen in Betracht (vgl. - BVerfGE 137, 185 Rn. 182).

21b) Ausgehend davon genügt die Sperrerklärung des Beigeladenen zu 3 unter Berücksichtigung seiner erläuternden Schriftsätze vom und vom zwar den formellen Anforderungen.

22Aus ihr ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Weigerungsgrund nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO geltend gemacht wird, weil die vorenthaltenen Vertragsklauseln nach Ansicht des Beigeladenen zu 3 Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1 beinhalten.

23Da die Sperrerklärung lediglich bestimmte Klauseln eines einzelnen Vertragswerks betrifft, war es nicht erforderlich, die vertraglichen Regelungen in der Sperrerklärung jeweils vollständig und aus sich heraus verständlich zu umschreiben. Denn das Vertragswerk ist dem Fachsenat vorzulegen (§ 99 Abs. 2 Satz 5 VwGO). Ob die geltend gemachten Verweigerungsgründe vorliegen, kann der Fachsenat überprüfen, ohne auf eine vollständige Umschreibung der einzelnen vertraglichen Regelungen angewiesen zu sein (vgl. 20 F 11.13 - juris Rn. 14 m.w.N.).

24c) Die Sperrerklärung ist aber in materieller Hinsicht teilweise rechtswidrig.

25aa) Die Durchsicht des vollständigen und ungeschwärzten Grundlagenvertrags (GV) ohne Anlagen hat ergeben, dass der geltend gemachte Weigerungsgrund nicht für alle Schwärzungen und Auslassungen vorliegt.

26(1) Die Präambel (II. Abs. 3 GV) enthält kein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis. Die darin niedergelegte Absicht ist durch den im Internet veröffentlichten Artikel "Diskussion über 'Monopol' von Q-Park" in der ImmobilienZeitung - Fachzeitung für die Immobilienwirtschaft vom allgemein bekannt.

27(2) Die vorenthaltenen Angaben in § 1 GV sind nicht durchweg Geschäftsgeheimnisse.

28(a) § 1 Abs. 1 Unterabs. 3 GV regelt allgemeine und selbstverständliche Mitwirkungspflichten der Verpächterin, deren Kenntnis keine wettbewerbsrelevanten Rückschlüsse zulässt.

29(b) In § 1 Abs. 7 GV beinhalten die Überschriften der Buchstaben a bis k, soweit sie nicht offengelegt wurden, keine schützenswerten Geschäftsgeheimnisse. Dass die darin bezeichneten Anlagen Gegenstand des Grundlagenvertrags sind, ist durch den im Internet veröffentlichten Artikel "Parkgebühren in Saarbrücken sorgen für Streit" in der Saarbrücker Zeitung vom allgemein bekannt.

30(c) § 1 Abs. 7 Buchst. a GV enthält auch im Übrigen kein Geschäftsgeheimnis.

31(aa) Eine Wettbewerbsrelevanz der Information, dass der betreffende Parkplatz bei Abschluss des Grundlagenvertrags der Beklagten gehörte und mit dem mit Datum bezeichneten Vertrag und Nachträgen - ohne Nennung der Laufzeit - an die Verpächterin verpachtet wurde, ist nicht ersichtlich. Aus der II. Präambel (Abs. 1) und § 1 Abs. 3 bis 5 GV ergibt sich, dass er Anlagen und Flächen umfasst, die bei Vertragsschluss der Beklagten oder Dritten gehörten und an die Verpächterin verpachtet oder vermietet wurden. In § 1 Abs. 7 Buchst. e GV wurde zum Parkdeck Rathaus offengelegt, dass es auf einer Fläche steht, die bei Vertragsschluss der Beklagten gehörte und an die Verpächterin vermietet wurde. Weshalb demgegenüber entsprechende Informationen bei dem hier in Rede stehenden Parkplatz wettbewerbsrelevant sein sollen, erschließt sich nicht. Insbesondere kann daraus angesichts der seither verstrichenen Zeit nicht zwingend auf die heutigen Eigentums- und Pachtverhältnisse geschlossen werden, zumal sich diese nach den Angaben der Klägerin seit Abschluss des Grundlagenvertrags bei einigen davon erfassten Objekten geändert haben.

32(bb) Dass sich die genaue Fläche des Parkplatzes aus dem im Grundlagenvertrag genannten Plan des Vermessungsamts der Beklagten und dem Katasterauszug ergibt, ist kein exklusives kaufmännisches Wissen. Das Vermessungsamt ist für die Vermessung von Grundstücken zuständig. Das Liegenschaftskataster ist das amtliche Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 GBO. Dementsprechend wurde in § 1 Abs. 7 Buchst. e GV zum Parkdeck Rathaus offengelegt, dass sich die genaue Lage der Fläche aus einem mit Datum genannten Plan eines namentlich bezeichneten Architekten und dem Katasterauszug ergibt. Auch insoweit erschließt sich nicht, weshalb demgegenüber entsprechende Informationen bei dem hier in Rede stehenden Parkplatz geheimhaltungsbedürftig sein sollen.

33(d) In § 1 Abs. 7 Buchst. b GV beinhalten die ausgelassenen Angaben unter aa bis einschließlich der Formulierung "sind teilweise als Straßentrassen planfestgestellt" keine Geschäftsgeheimnisse. Die Lage und Zusammensetzung der darin genannten Parkierungsanlage sind nach außen erkennbare und damit leicht zugängliche Umstände. Dass sich das Parkdeck auf einer Fläche der Beklagten befand, die mit dem im Grundlagenvertrag bezeichneten Vertrag - ohne Nennung der Laufzeit - zum Betrieb einer Parkierungsanlage an die Verpächterin vermietet wurde, ist aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig. Weshalb der Information, wem das Parkdeck bei Abschluss des Grundlagenvertrags gehörte, ein wirtschaftlicher Wert zukommen sollte, erschließt sich nicht. Die Kenntnis des Datums der Inbetriebnahme des Parkdecks ist kein exklusives kaufmännisches Wissen, weil eine solche Inbetriebnahme regelmäßig nach außen hin erkennbar ist. Dass die Lage und Größe vermieteter Flächen im Mietvertrag genannt werden, entspricht dem Normalfall. Dass sich die Gesamtfläche aus den im Grundlagenvertrag bezeichneten Architektenplänen und dem Katasterauszug ergibt, ist aufgrund der Erläuterungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses kein Geschäftsgeheimnis. Dass die Fläche teilweise als Straßentrasse planfestgestellt wurde, ist kein exklusives kaufmännisches Wissen, weil Planfeststellungsbeschlüsse nach § 74 Abs. 4 Satz 2 VwVfG in der Gemeinde zur Einsicht auszulegen sind.

34In § 1 Abs. 7 Buchst. b GV unter bb enthält Satz 1 bis einschließlich der Wörter "im Eigentum der" kein Geschäftsgeheimnis. Die Lage und Zusammensetzung der darin genannten Parkierungsanlage sind nach außen erkennbare und damit leicht zugängliche Umstände. Satz 2 mit Ausnahme des Textes nach "zwischen der" bis vor "auf der einen" ist aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses, Satz 3 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig. Satz 4 enthält kein Geschäftsgeheimnis, weil in II. (Präambel) Abs. 1 und § 1 Abs. 1 GV offengelegt wurde, dass die Verpächterin bei Abschluss des Grundlagenvertrags auf den davon umfassten Flächen Parkierungsanlagen betrieb. Ebenfalls kein Geschäftsgeheimnis beinhaltet Satz 6. Dass sich die Verpächterin bemüht, eine Zustimmung der Eigentümer zur Unterverpachtung zu erreichen, ist keine schützenswerte vertragliche Errungenschaft, weil vor einer Unterverpachtung üblicherweise die Zustimmung des Eigentümers einzuholen ist.

35(e) In § 1 Abs. 7 Buchst. c GV beinhaltet Satz 1 keine Geschäftsgeheimnisse. Die Lage und Zusammensetzung der darin genannten Parkierungsanlage sind nach außen erkennbare und damit leicht zugängliche Umstände. Eine Wettbewerbsrelevanz der Information, wer das Parkhaus gebaut hat, ist nicht ersichtlich. Satz 3 ist aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig.

36(f) In § 1 Abs. 7 Buchst. d GV enthält Satz 1 mit Ausnahme der beiden Wörter vor "Miteigentum" aufgrund der Erläuterungen unter II. 2. c) aa) (2) (b) (aa) dieses Beschlusses kein Geschäftsgeheimnis. Satz 2, der nur abstrakt besagt, aus welchen Unterlagen sich die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Eigentumsverhältnisse ergeben, ohne deren Inhalt wiederzugeben, ermöglicht als solcher keinen Einblick in das betreffende Geschäftsfeld. Satz 3 ist aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig. Kein Geschäftsgeheimnis enthält ferner Satz 5, der sich zu der zu bewirtschaftenden Anzahl an Parkplätzen in dem Parkhaus verhält. Die Anzahl der Parkplätze ist ein nach außen erkennbarer Umstand und im Internet abrufbar (siehe https://www.saarbruecken.de/leben_in_saarbruecken/einkaufen/parken/parken/parken_lampertshof und https://www.q-park.de/de-de/staedte/saarbr%c3%bccken/lampertshof/). Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit der Information in Satz 6, dass und wieviele Mietverträge über gewerblich genutzte Räume in dem Gebäudekomplex bei Abschluss des Grundlagenvertrags bestanden, ist - mit Ausnahme der Namen der Geschäftspartner - ebenfalls nicht ersichtlich, da in § 1 Abs. 7 Buchst. e GV zum Parkdeck Rathaus entsprechende Informationen offengelegt wurden.

37(g) In § 1 Abs. 7 Buchst. e GV ist das geschwärzte Datum des Vertrags, mit dem die Beklagte die Fläche, auf der das Parkdeck steht, an die Verpächterin vermietete, kein Geschäftsgeheimnis. Schon weil eine Vertragslaufzeit nicht genannt ist, lässt das Datum keine wettbewerbsrelevanten Rückschlüsse zu.

38(h) In § 1 Abs. 7 Buchst. f GV ist Satz 1 bis einschließlich des Wortes "Verpächterin" aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses und Satz 2 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig.

39(i) In § 1 Abs. 7 Buchst. g GV ist Satz 1 aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses, Satz 3 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses und Satz 1 des letzten Absatzes mit Ausnahme der zwei Worte nach "innerhalb des Gebäudekomplexes mit der" aus dem unter II. 2. c) aa) (2) (f) zuletzt aufgezeigten Grund nicht geheimhaltungsbedürftig.

40(j) In § 1 Abs. 7 Buchst. h GV ist Satz 1 aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses und Satz 2 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig.

41(k) In § 1 Abs. 7 Buchst. i GV ist Satz 1 mit Ausnahme der Wörter 5 bis 7 aus den Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses und Satz 2 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses nicht geheimhaltungsbedürftig.

42(l) In § 1 Abs. 7 Buchst. j GV ist Satz 1 aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses, Satz 2 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) und der letzte Satz bis einschließlich des Wortes "Gebäudekomplexes" aus dem unter II. 2. c) aa) (2) (f) zuletzt aufgezeigten Grund nicht geheimhaltungsbedürftig.

43(m) § 1 Abs. 7 Buchst. k GV enthalten Satz 1 und 2 mit Ausnahme des Textes zwischen "im Eigentum der" und "Die Verpächterin" aufgrund der Erwägungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (aa) dieses Beschlusses und Satz 3 aufgrund der Ausführungen unter II. 2. c) aa) (2) (c) (bb) dieses Beschlusses keine Geschäftsgeheimnisse.

44(4) In § 2 Abs. 1 GV sind die geschwärzten Textstellen in Satz 1 nicht geheimhaltungsbedürftig. Denn durch Presseberichte ist allgemein bekannt, dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 die Pacht für zehn Jahre ab in Höhe von rund 42 Mio. DM bzw. umgerechnet rund 21 Mio. € "auf einen Schlag" zahlte (vgl. den Artikel "Bayern übernehmen das Saarbrücker Calypso-Bad in der Saarbrücker Zeitung vom und den o.g. Zeitungsartikel vom ). Dementsprechend ist auch das in § 2 Abs. 1 Satz 4 GV in der fünftletzten Zeile geschwärzte Datum kein schützenswertes Geschäftsgeheimnis.

45(5) In § 3 Abs. 12 GV weisen die geschwärzten Textteile nicht den erforderlichen Wettbewerbsbezug auf. Darin wird lediglich allgemein festgestellt, dass die Unterhaltung des dort genannten Parks keinem der Vertragspartner, sondern der Beklagten obliegt, dass die vier Aufbauten zum Parkhaus gehören, dass ein Radweg und Lärmschutzmaßnahmen vollendet und bezahlt wurden. Entsprechendes gilt für die Klarstellung in § 3 Abs. 13 Satz 2 GV, dass die Gestaltung des Parkhausdaches abgeschlossen ist.

46(6) § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 GV sind ebenfalls nicht geheimhaltungsbedürftig. Ihr Inhalt ist durch den o.g. Zeitungsartikel vom allgemein bekannt.

47(7) Die Angaben in § 8 GV haben keinen wirtschaftlichen Wert. Es ist üblich, dass einem Verpächter Besichtigungsbefugnisse hinsichtlich des Pachtobjekts zustehen. Deren konkrete Ausgestaltung lässt hier keine wettbewerbsrelevanten Rückschlüsse zu.

48(8) § 10 Abs. 2 GV beinhaltet ebenfalls kein Geschäftsgeheimnis. Dass ein Pächter Kenntnis von den maßgeblichen Grundbuchblättern, Katasterauszügen und Baulastenverzeichnissen nimmt, entspricht dem Normalfall. Die Information, dass der Verpächterin andere als dort eingetragene Belastungen der Grundstücke ebenso wenig bekannt sind wie weitere vertragliche Beschränkungen und Verpflichtungen, die nachteilig für die Pächterin sein könnten, gewährt keine wettbewerbsrelevanten Einblicke in das betreffende Geschäftsfeld.

49(9) Nicht geheimhaltungsbedürftig sind ferner der in § 11 Abs. 1 GV geschwärzte Beginn des Pachtverhältnisses und die in § 11 Abs. 2 GV geschwärzten Angaben zur Pachtdauer und ihres Beginns. Diese Umstände sind durch den o.g. Zeitungsartikel vom allgemein bekannt.

50(10) Der in § 14 Abs. 4 GV geschwärzte Zeitpunkt ist nicht geheimhaltungsbedürftig. Durch den o.g. Zeitungsartikel vom ist bekannt, dass das mit dem Grundlagenvertrag begründete Pachtverhältnis zu diesem Datum begann. Daher versteht es sich von selbst, dass die Verpächterin bei Betriebsprüfungen, die sich auf die Feststellung von Sachverhalten vor diesem Zeitpunkt beziehen, alle diesbezüglichen Unterlagen bis zum Ablauf der gesetzlichen Fristen aufbewahren und der Pächterin auf Verlangen zur Verfügung zu stellen hat, sofern dies noch nicht geschehen ist, ferner alle erforderlichen Auskünfte erteilt und an entsprechenden Betriebsprüfungen mitwirkt.

51(11) Den in § 17 Abs. 2 Satz 1 GV geregelten Formalitäten kommt kein wirtschaftlicher Wert zu. Dass ein Gedankenaustausch in Gesprächsrunden protokollarisch festgehalten wird, ist gängig.

52(12) Auch § 18 Abs. 1 GV beinhaltet keine Informationen von wirtschaftlichem Wert. Dass ein Verpächter seinem Pächter alle für das Pachtobjekt relevanten Dokumente übergibt, ist eine Selbstverständlichkeit.

53bb) Alle weiteren vorenthaltenen Vertragsbestimmungen enthalten demgegenüber schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1. Diese hat den jeweiligen Inhalt in ihrem Schriftsatz vom zutreffend abstrakt umschrieben. Es handelt sich um nicht offenkundige Details eines schon und noch langjährig laufenden Vertrags mit Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb der Beigeladenen zu 1. Diese hat ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung, weil sie Rückschlüsse auf ihre Marktstrategie, Ertragslage und finanziellen Spielräume, auf die Wertigkeit bzw. wertmäßige Einstufung der Pachtobjekte und auf die am Geschäftsbetrieb Beteiligten zulassen. Eine Offenlegung gegenüber der Klägerin wäre geeignet, die Wettbewerbsposition der Beigeladenen zu 1 nachteilig zu beeinflussen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 konkurriert. Denn eine Offenlegung birgt die Gefahr, dass Dritte Kenntnis davon erlangen. Von weiteren Erläuterungen im Hinblick auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit wird abgesehen, weil die Entscheidungsgründe nach § 99 Abs. 2 Satz 10 Halbs. 2 VwGO Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen dürfen.

54cc) Soweit schützenswerte Geschäftsgeheimnisse berührt sind, genügt die Sperrerklärung auch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung.

55(1) Durch die Ermessenseinräumung in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage im Verhältnis der mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen befassten Behörde zum Verwaltungsgericht, das in einem schwebenden Prozess für eine sachgerechte Entscheidung auf die Kenntnis der Akten angewiesen ist. In diesem Verhältnis stellt das Gesetz die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der Behörde, lässt dieser also die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht (vgl. 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 Rn. 18 m.w.N.).

56Soweit die Aktenvorlage - wie hier - auch Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, sind die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Diese Gründe können, müssen aber nicht deckungsgleich sein. Da die Sperrerklärung als Erklärung des Prozessrechts auf die Prozesslage abgestimmt sein muss, in der sie abgegeben wird, genügt es grundsätzlich nicht, in ihr lediglich auf die die Sachentscheidung tragenden Gründe des - je nach Fachgesetz im Einzelnen normierten - Geheimnisschutzes zu verweisen. Die oberste Aufsichtsbehörde ist vielmehr im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann. Dementsprechend ist ihr auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (vgl. 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 Rn. 19 m.w.N.).

57Das Ergebnis der Ermessensausübung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann in bestimmten Fallkonstellationen allerdings durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich zwingend vorgezeichnet sein. Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn ein privates Interesse an der Geheimhaltung besteht, das grundrechtlich geschützt ist. Die Frage nach der ausreichenden Rechtfertigung eines mit der Aktenvorlage verbundenen Grundrechtseingriffs stellt sich vor allem in Dreieckskonstellationen der vorliegenden Art, die dadurch gekennzeichnet sind, dass neben dem Kläger und dem beklagten Staat ein privater Dritter am Prozess beteiligt ist, dessen Interessen denen des Klägers entgegengesetzt sind. In solchen Fällen sind neben dem öffentlichen und privaten Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz auch die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden und seinen Inhalt prägenden widerstreitenden Individualinteressen in die Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen. Ergibt sich dabei, dass die auf die Aktenvorlage gerichteten und durch die genannten öffentlichen Interessen verstärkten privaten Interessen an Bedeutung hinter dem grundrechtlich gebotenen Geheimnisschutz zurückbleiben, muss sich dieser Schutz durchsetzen. Umgekehrt kann bei einem geringen Gewicht des Geheimhaltungsinteresses die Vorlage im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich geboten sein. In allen diesen Fällen verbleibt für die Ausübung des in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO um der Wahrheitsfindung und des effektiven Rechtsschutzes willen eröffneten Ermessens kein Raum. Dies kann bei Rechtsstreitigkeiten, die - wie das Ausgangsverfahren - einen Anspruch auf Informationszugang betreffen, dazu führen, dass sich das Prüfprogramm für die prozessuale Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO faktisch - nicht jedoch rechtlich - weitgehend den fachgesetzlichen Vorgaben der Hauptsache annähert (vgl. 20 F 3.19 - NVwZ 2020, 715 Rn. 23 f.).

58(2) Ausgehend davon ist die Sperrerklärung, soweit ein Weigerungsgrund besteht, ermessensgerecht.

59Der Beigeladene zu 3 hat erkannt, dass ihm ein Ermessen zusteht und hat dieses auch ausgeübt. Denn er hat in der Sperrerklärung ausgeführt, dass diese jedenfalls ermessensgerecht sei, um die Informations- und Geheimhaltungsinteressen zu wahren; ein besonderer entgegenstehender Grund sei nicht erkennbar.

60Der Beigeladene zu 3 hat auch alle zu berücksichtigenden Interessen in seine Ermessensentscheidung eingestellt. Er hat in seinen Schriftsätzen vom und erläutert, dass die von ihm laut Sperrerklärung abgewogenen Informations- und Geheimhaltungsinteressen die Geschäftsinteressen der Beigeladenen zu 1 sowie das öffentliche Interesse und das individuelle Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung unter Beachtung des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes umfassen.

61Mit dem eingestellten öffentlichen Interesse hat der Beigeladene zu 3 auch das von der Klägerin nach ihren Angaben im Ausgangsverfahren verfolgte öffentliche Informationsinteresse an dem Vertragswerk berücksichtigt. Dies ergibt sich aus seinen Erwägungen dazu, ob die Klägerin aus einem maßgeblichen - als Sachwalterin der Allgemeinheit verfolgten - öffentlichen oder aus einem privaten Interesse Zugang zu den Informationen begehrt und der diesbezüglichen Feststellung, dass jedenfalls öffentliche Interessen hinter den konkurrierenden privaten Interessen zurückträten. Das öffentliche Informationsinteresse war hier zu berücksichtigen, weil ein Kläger bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Informationszugang auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes oder eines Landes auch als Sachwalter der Allgemeinheit tätig wird und seinem Interesse an der Verfolgung des Anspruchs im Prozess daher ein gleichgerichtetes öffentliches Interesse entspricht (vgl. 20 F 4.14 - juris Rn. 22 m.w.N.).

62Dass der Beigeladene zu 3 im vorliegenden Fall den grundrechtlichen Schutz der Geschäftsgeheimnisse (Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG) als vorrangig gegenüber dem öffentlichen und privaten Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz und den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden und seinen Inhalt prägenden widerstreitenden Interessen angesehen hat, unterliegt keinen Bedenken.

63Er ist willkürfrei davon ausgegangen, dass die im Gebiet der Beklagten ansässige Klägerin - deren Unternehmensgegenstand die Projektierung und Entwicklung von Immobilien und Grundstücken insbesondere im Rathausquartier im Gebiet der Beklagten ist - im Hauptsacheverfahren in mindestens gleichem Umfang wie das nach ihren Angaben verfolgte öffentliche Informationsinteresse ein privates Informationsinteresse verfolgt, demgegenüber der grundrechtlich gebotene Schutz der Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1 überwiegt.

64Zwar kommt dem von der Klägerin mitverfolgten öffentlichen Informationsinteresse an dem Vertragswerk, das ihre auf die Vorlage gerichteten privaten Interessen verstärkt, ein nicht nur unerhebliches Gewicht zu. Denn der Grundlagenvertrag betrifft die öffentliche Aufgabe der Parkplatzbewirtschaftung im Gebiet der Beklagten durch die von ihr beherrschte Beigeladene zu 2 und wirkt sich auf die Höhe der Parkentgelte im Gebiet der Beklagten aus. Auch wiegt das öffentliche Interesse an einer Offenlegung von Verträgen, an denen die öffentliche Hand - unmittelbar oder mittelbar - beteiligt ist, umso mehr, wenn sich die öffentliche Hand aufgrund - wie hier - langer Laufzeiten in besonderer Weise zeitlich gebunden hat (vgl. 20 F 13.10 - DVBl. 2011, 501 Rn. 22).

65Jedoch ist der Kerninhalt des Grundlagenvertrags - die im Grundsatz 50 Jahre lange Verpachtung von Parkierungsanlagen im Gebiet der Beklagten an die (Rechtsvorgängerin der) Beigeladene(n) zu 1 und die Vorabentrichtung der Pacht für die ersten zehn Jahre zwecks Finanzierung des Spaßbads im Gebiet der Beklagten durch die Presseberichterstattung bereits allgemein bekannt. Angesichts dessen überschreitet der Beigeladene zu 3 seinen Ermessensspielraum nicht, wenn er den grundrechtlichen Schutz der Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1 im Hinblick auf die vertraglichen Details höher gewichtet.

66Dieses Ergebnis entspricht - im Sinne der oben erläuterten faktischen Annäherung an die fachgesetzlichen Vorgaben des Hauptsacheverfahrens - der Vorschrift des (§ 1 Satz 1 SIFG i.V.m.) § 6 Satz 2 IFG, wonach Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden darf, soweit der Betroffene eingewilligt hat; dieser - die Beigeladene zu 1 - hat hier ausdrücklich einer Offenlegung widersprochen.

67Der Beigeladene zu 3 musste im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch keine Offenlegung (weiterer) nicht verwertbarer Satzbestandteile einzelner Klauseln ohne Informationsgehalt in Erwägung ziehen (vgl. 20 F 4.14 - juris Rn. 23 m.w.N.).

683. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 3 Halbs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 und 3 sind nicht erstattungsfähig, weil sie im Gegensatz zur Beigeladenen zu 1 keine Anträge gestellt haben und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2021:120221B20F1.20.0

Fundstelle(n):
CAAAH-76618