BFH Beschluss v. - VII S 32/20 (AdV)

Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf AdV einer gerichtlichen Zwangsgeldfestsetzung

Leitsatz

NV: Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO hat bereits die eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis für ein (zusätzliches) Verfahren zur Herbeiführung eines Aussetzungsbeschlusses gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO besteht.

Gesetze: FGO § 131;

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Der Antragsteller und Antragsgegner (Antragsteller) hat Einkommensteuerschulden aus den Jahren 2010 bis 2018. Sein Bankkonto wird als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gemäß § 850k der Zivilprozessordnung geführt. Im Mai 2018 und im Juli 2019 wurden seiner Bank Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Antragsgegners und Antragstellers (Finanzamt —FA—) über insgesamt rund . € zugestellt. Anschließend wurde sein Bankguthaben nach seinen Angaben von weiteren Gläubigern gepfändet. Am beantragte der Antragsteller beim Land Nordrhein-Westfalen eine Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbständige. Mit Bescheid vom selben Tag wurden ihm die beantragte Soforthilfe als einmalige Pauschale bewilligt und 9.000 € auf das P-Konto überwiesen. Nachdem das FA das Guthaben nicht freigab, stellte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) den Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 258 der Abgabenordnung (AO) durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom  - 10 V 1604/20 AO erließ das FG die begehrte einstweilige Anordnung und verpflichtete das FA gemäß § 258 AO, der Bank innerhalb eines Arbeitstages nach Zustellung des Beschlusses anzuzeigen, dass es Verfügungen des Antragstellers über einen Betrag in Höhe von 9.000 € bis zum freigebe. Für den Fall, dass die Bank aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen der Jahre 2018 und 2019 zwischenzeitlich diesen Betrag oder einen Teil davon an das FA ausgezahlt habe, werde dieses verpflichtet, diesen Betrag auf das Konto des Antragstellers zurückzuüberweisen.

2 Das FG hat gegen diesen Beschluss die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, die vom FA mit Telefaxschreiben vom eingelegt wurde und unter dem Az. VII B 77/20 geführt wird. Außerdem hat das FA in diesem Schreiben gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Beschlusses vom  - 10 V 1604/20 AO beantragt, die das abgelehnt hat. Die Beschwerde des FA gegen den Beschluss vom  - 10 V 1604/20 AO wurde als unzulässig verworfen (Senatsbeschluss vom  - VII B 79/20 (AdV)). Der Antrag auf AdV des wurde mit Senatsbeschluss vom  - VII S 24/20 (AdV) abgelehnt.

3 Zuvor hat das FG auf Antrag des Antragstellers in dem Beschluss vom  - 10 V 1865/20 AO dem FA ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € angedroht für den Fall, dass es bis zum der im Beschluss vom  - 10 V 1604/20 AO gemäß § 258 AO ausgesprochenen Verpflichtung nicht nachkomme. Mit dem streitgegenständlichen Beschluss vom  - 10 V 1865/20 AO hat das FG das Zwangsgeld festgesetzt.

4 Das FA hat gegen den Beschluss vom  - 10 V 1865/20 AO, mit dem das FG das Zwangsgeld angedroht hat, am gemäß § 128 Abs. 1 FGO Beschwerde eingelegt, die unter dem Az. VII B 85/20 geführt wird, und den unter dem Az. VII S 27/20 (AdV) geführten Antrag gestellt, den über die Androhung des Zwangsgeldes auszusetzen.

5 Außerdem hat das FA gegen den Beschluss vom  - 10 V 1865/20 AO, mit dem das FG das Zwangsgeld festgesetzt hat, am gemäß § 128 Abs. 1 FGO Beschwerde eingelegt, die unter dem Az. VII B 94/20 geführt wird, und den streitgegenständlichen Antrag gestellt, den über die Festsetzung des Zwangsgeldes auszusetzen.

Gründe

II.

6 Der Antrag des FA, den —in dem das FG das Zwangsgeld festgesetzt hat— auszusetzen, ist abzulehnen.

7 1. Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses des FA unzulässig.

8 Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO hat bereits die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung. Eines zusätzlichen Aussetzungsbeschlusses bedarf es somit nicht. Es besteht deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren zur Herbeiführung eines Aussetzungsbeschlusses gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO.

9 2. Bei der streitgegenständlichen Entscheidung handelt es sich um ein Nebenverfahren zum Beschwerdeverfahren VII B 94/20, in dem keine (zusätzliche) Kostenentscheidung zu treffen ist (BFH-Beschlüsse vom  - VI S 8/08, juris, und vom  - X S 24/12, BFH/NV 2012, 1638, jeweils m.w.N.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2020:BA.060820.VIIS32.20.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2020 S. 1296 Nr. 12
NAAAH-59195