BVerwG Beschluss v. - 1 WDS-VR 8/19

Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes

Gesetze: § 3 Abs 2 WBO, § 23a Abs 2 S 1 WBO, § 123 Abs 1 S 2 VwGO, Art 33 Abs 2 GG

Instanzenzug: Az: 2 L 811/19

Tatbestand

1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz für seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

2Er wurde als Wiedereinsteller im April 2012 im Dienstgrad eines Feldwebels in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Mit Wirkung vom wurde er zum Hauptfeldwebel ernannt. In seiner planmäßigen Beurteilung zum Stichtag wurde die Aufgabenerfüllung auf seinem Dienstposten mit dem Durchschnittswert "7,29" bewertet. Ihm wurde dort die Entwicklungsprognose "Förderung bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" zuerkannt. Seine vorletzte Beurteilung zum Stichtag bewertete die Leistungen auf dem Dienstposten mit "6,90" und erkannte ihm die Entwicklungsprognose "Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" zu. Die aus Anlass des Antrages auf Laufbahnwechsel erstellte Laufbahnbeurteilung vom bewertet ihn als für den Laufbahnwechsel in außergewöhnlichem Maße geeignet.

3Unter dem beantragte er die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2019. Mit Bescheid vom , dem Antragsteller am übergeben, lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr diesen Antrag ab. Für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in der Offiziersverwendung, der der Antragsteller aufgrund seiner Fachtätigkeit als Portepeeunteroffizier zuzuordnen sei, übersteige die Zahl der Anträge den Bedarf. Die Auswahlkonferenz habe nur Bewerber mit günstigerem Eignungs- und Leistungsbild ausgewählt.

4Hiergegen hat der Antragsteller unter dem Beschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Den am beim Verwaltungsgericht ... gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, hat es mit Beschluss vom an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.

5Der Antragsteller macht geltend, die Auswahlentscheidung verstoße gegen den Grundsatz der Bestenauslese. Unter den ausgewählten Bewerbern seien auch Soldaten, deren vorletzte Beurteilung im Dienstgrad Oberfeldwebel erfolgt sei. Dem höheren Dienstgrad des Antragstellers sei durch eine höhere Gewichtung seiner Leistungswerte Rechnung zu tragen. Dies sei aber bei der Auswahlentscheidung nicht geschehen. Es könne auch nicht durch den Senat nachgeholt werden. Die richtige Gewichtung falle in das Ermessen der Exekutive. Die Gewichtung müsse durch einen Gewichtungsfaktor erfolgen, der die in unterschiedlichen Dienstgraden erzielten Noten zueinander ins Verhältnis setze, und nicht, indem man für den Antragsteller die höchstmögliche Beurteilungsnote in Ansatz bringe. Bei einem Gewichtungsfaktor von "2" sei der Antragsteller auszuwählen. Fraglich sei auch, ob die Gewichtung der Kriterien für die Ermittlung des Punktsummenwertes untereinander mit Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang stehe. Dem Antragsteller stehe daher ein Anordnungsanspruch zu. Der Anordnungsgrund folge aus dem bevorstehenden Beginn der Ausbildung zum Offizier des militärfachlichen Dienstes. Der Senat möge den Antrag sachdienlich auslegen. Er richte sich auf die Freihaltung eines Platzes im Rahmen der begrenzten Zahl von zum Laufbahnaufstieg zuzulassenden Bewerbern oder auf die Freihaltung einer Stelle in dem im 1. Quartal 2020 beginnenden Lehrgang. Ihm würden Laufbahnnachteile entstehen, wenn er den Lehrgang nicht von Beginn an besuchen könne.

6Der Antragsteller beantragt,

dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, eine Übernahmestelle zum Offizier in der Laufbahn des militärfachlichen Dienstes betreffend die Auswahlkonferenz 2019 freizuhalten, solange nicht über seinen Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere im militärfachlichen Dienst im Auswahljahr 2019 bestandskräftig entschieden ist.

7Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

8Der Antragsteller habe nur die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes und keine Versetzung auf einen konkreten förderlichen Dienstposten beantragt. Eine konkretisierbare "Übernahmestelle", die man für den Antragsteller freihalten könne, gebe es nicht. Der Antrag könne allenfalls auf die Freihaltung eines Platzes innerhalb der haushalterisch begrenzten "Übernahmequote" im Zuge der Auswahlkonferenz für die Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2019 gerichtet sein. Hierfür bestehe aber kein Anordnungsgrund, da eine rückwirkende Zulassung zu der Laufbahn rechtlich zulässig und nach der Praxis aufgrund einer Ausnahmegenehmigung möglich wäre, wenn der Antragsteller zu Unrecht übergangen werde und sein Zulassungsantrag in der Sache schließlich erfolgreich sei. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Die Auswahlentscheidung erfolge im Rahmen von Auswahlkonferenzen. Zuvor würden die Bewerber auf der Grundlage quantifizierbarer Auswahlkriterien gemäß Nr. 304 der Zentralvorschrift (ZV) A1-1340/75-5000 vorsortiert. Für die Vorsortierung würden nach Nr. 305 ZV A1-1340/75-5000 die Durchschnittswerte der Aufgabenerfüllung und die Entwicklungsprognosen nach der letzten und der vorletzten Beurteilung, die Laufbahnbeurteilung und das Ergebnis der Potenzialfeststellung mit unterschiedlicher Gewichtung herangezogen und daraus ein Punktsummenwert gebildet. Da wegen begrenzter Prüfungskapazitäten aber nicht für alle Kandidaten hinreichend aktuelle Potenzialfeststellungen erstellt werden könnten, habe man entschieden, für das Auswahljahr 2019 insgesamt keine Potenzialfeststellungen zu berücksichtigen. Der Antragsteller habe nach den gewichteten Kriterien aus seinen Beurteilungen einen Punktsummenwert von 698,400 erreicht und stehe damit unter 183 Bewerbern auf Rang 109. Im Auswahljahr 2019 würden für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Werdegang "Versorgung" 16 Bewerber zugelassen. Zudem würden zwei Ersatzkandidaten nominiert. Die ausgewählten Bewerber und die Ersatzkandidaten hätten deutlich bessere Punktsummenwerte als der Antragsteller. Zwar seien unter den ausgewählten Bewerbern auch fünf Soldaten, deren vorletzte Beurteilung im Dienstgrad Oberfeldwebel erfolgt sei. Ein etwaiger Statuszuschlag für den in beiden Beurteilungen im Dienstgrad Hauptfeldwebel beurteilten Antragsteller spiele aber dennoch keine Rolle. Selbst wenn man für den Antragsteller den höchstmöglichen Punktwert zugrunde lege, erreiche er weniger Punkte als der zuletzt übernommene Bewerber.

9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

10Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.

111. Im Hinblick auf die Bitte des Antragstellers, seinen Antrag sachdienlich auszulegen, interpretiert der Senat sein Rechtsschutzbegehren gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO im Lichte der Erläuterung seines Interesses im Schriftsatz vom dahingehend, dass er im Wege einer einstweiligen Anordnung in erster Linie die vorläufige Freihaltung eines Platzes innerhalb der haushalterisch begrenzten "Übernahmequote" von Bewerbern für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2019 begehrt. In zweiter Linie ist sein Begehren auf die Freihaltung eines Platzes innerhalb des im ersten Quartal 2020 beginnenden Lehrganges gerichtet. Da der Antragsteller Nachteile vermeiden will, die ihm in der Prüfung entstehen könnten, wenn er den Lehrgang nicht von Beginn an besucht, begehrt er mit der einstweiligen Anordnung auch seine vorläufige Zulassung zu diesem Lehrgang.

122. Der Antrag ist zwar zulässig.

13Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wehrbeschwerdeverfahren gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 123 VwGO grundsätzlich statthaft. Er kann - wie hier - auch schon vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14Der Rechtsstreit ist vom Verwaltungsgericht Koblenz hinsichtlich des Rechtswegs bindend (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG) und hinsichtlich der Zuständigkeit sachlich zutreffend an das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache verwiesen worden (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).

15Der Antragsteller ist antragsbefugt. Er kann wegen seines Antrages auf Zulassung zum Aufstieg in eine höhere Laufbahn einen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG geltend machen.

16Der Zulässigkeit des Antrages steht § 3 Abs. 2 WBO nicht entgegen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat in seiner Stellungnahme vom das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und -grundes bestritten. Damit ist klar, dass Abhilfe nicht erfolgen wird. Dem Erfordernis, dass die nach § 3 Abs. 2 WBO zuständige Stelle vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit gehabt haben soll, selbst eine einstweilige Maßnahme zu treffen, ist damit Rechnung getragen ( 1 WDS-VR 8.17 - Rn. 15).

17Der Antragsteller begehrt mit der einstweiligen Anordnung keine Vorwegnahme der Hauptsache, die nur ausnahmsweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in Betracht käme (vgl. 1 WDS-VR 4.17 - juris Rn. 15 m.w.N.). Soweit sich der Antrag auf die vorläufige Teilnahme an dem im ersten Quartal 2020 beginnenden Lehrgang richtet, nimmt er die in der Hauptsache begehrte Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nicht vorweg, sichert diese vielmehr; selbst im Falle eines erfolgreichen Lehrgangsabschlusses könnte der Antragsteller hieraus nämlich kein "Recht aus abgelegter Prüfung" im Sinne eines Anspruches auf Laufbahnzulassung herleiten ( 1 WDS-VR 11.17 - juris Rn. 13).

183. Der Antrag ist aber unbegründet.

19a) Für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt es an einem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO), soweit er sich auf die vorläufige Freihaltung eines Platzes innerhalb der "Übernahmequote" von Bewerbern für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2019 richtet. Dem Antragsteller entstehen auch ohne einstweilige Anordnung dieses Inhaltes keine schweren und unzumutbaren Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. 1 WDS-VR 3.06 - Rn. 21). Denn eine rückwirkende Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes ist rechtlich zulässig und erfolgt nach der Praxis des Bundesministeriums der Verteidigung aufgrund einer Ausnahmegenehmigung auch regelmäßig, wenn der Zulassungsantrag in der Sache Erfolg hat ( 1 WB 8.17 - Rn. 14 m.w.N.).

20b) Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund besteht, soweit der Antragsteller eine seine rechtzeitige Teilnahme am Lehrgang sichernde einstweilige Anordnung begehrt. Er hat insofern jedenfalls keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.

21aa) Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Dies gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes ( 1 WDS-VR 1.08 - Rn. 24 m.w.N.). Ein dahingehender Anspruch folgt auch nicht aus der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten. Vielmehr steht die Zulassung im Ermessen der zuständigen Stellen und setzt Bedarf und Eignung der Bewerber voraus.

22Der Aufstieg von Unteroffizieren in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unterliegt dem Grundsatz der Bestenauslese ( 1 WB 51.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 67 Rn. 28). Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt dabei aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse um die Übernahme in eine höherwertige Laufbahn (vgl. 1 WB 51.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 67 Rn. 28) anerkannt. Der Bewerbungsverfahrensanspruch verpflichtet den Dienstherrn nicht nur zur leistungsgerechten Auswahl, sondern auch zur chancengleichen Behandlung aller Bewerber im Verfahren ( 1 WB 8.18 - juris Rn. 42).

23Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Zulassung von Feldwebeln zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Dienstverhältnis einer Berufssoldatin oder eines Berufssoldaten gemäß § 27 Abs. 1 SG in Verbindung mit § 3 und § 40 SLV aufgrund der Ermächtigung in § 44 SLV in Kapitel 9 der ZDv A-1340/49 "Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten" sowie in der ZDv A-1340/75 "Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes" näher geregelt. Danach wird die Entscheidung über die Zulassung vom Bundesamt für das Personalmanagement getroffen (Nr. 906 ZDv A-1340/49; Nr. 105, 205 ZDv A-1340/75). Dessen Entscheidung, die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn abzulehnen, kann vom Wehrdienstgericht nur auf Ermessensfehler (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO, § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO) sowie darauf überprüft werden, ob die im Wege der Selbstbindung an eine tatsächliche Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) vom Bundesministerium der Verteidigung in Verwaltungsvorschriften (z.B. in Erlassen, Zentralen Dienstvorschriften oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind; gegebenenfalls ist die Prüfung auf die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Erlassbestimmung mit höherrangigem Recht zu erstrecken (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 21.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 5, vom - 1 WB 48.10 - BVerwGE 140, 342 Rn. 28 und vom - 1 WB 8.17 - juris Rn. 18).

24bb) In Konkretisierung des Ziels, die nach Eignung, Befähigung und Leistung am besten geeigneten Bewerber für die in Rede stehende Laufbahn auszuwählen und zur Zulassung vorzuschlagen, wird, soweit - wie hier - die Anzahl der geeigneten Bewerber den Bedarf übersteigt, nach Nr. 304 Zentralvorschrift A1-1340/75-5000 "Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes" eine Vorsortierung als Grundlage der Betrachtung gebildet. Nach Nr. 305 der genannten Zentralvorschrift werden als quantifizierbare Kriterien zur Erstellung der Vorsortierung die letzte Beurteilung, die Potenzialfeststellung, die vorletzte Beurteilung und die Laufbahnbeurteilung der Bewerber herangezogen. Die Gewichtung dieser Kriterien ist in den Anlagen 4.1 und 4.2 der Zentralvorschrift A1-1340/75-5000 im Einzelnen dargestellt. Anhand von Eignungs- und Leistungskriterien werden dabei Punkte vergeben, nach denen die Punktsummenwerte der Bewerber ermittelt werden. Entscheidend sind dabei der jeweilige Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung und die Entwicklungsprognose in den beiden genannten (planmäßigen) Beurteilungen, der Empfehlungsgrad aus der Laufbahnbeurteilung und die Indexpunkte aus der Potenzialfeststellung.

25Dieses Verfahren, das in der Struktur der maßgeblichen Vorsortierungskriterien weitgehend den früheren Regelungen entspricht, hat der Senat wiederholt rechtlich gebilligt (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 38.10 - Rn. 24 f., vom - 1 WB 5.15 - juris Rn. 35 f., vom - 1 WB 4.15 - Rn. 34 und vom - 1 WB 48.17 - juris Rn. 27). Bedenken hiergegen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere bestehen auch im Lichte des Art. 33 Abs. 2 GG keine Bedenken gegen die Gewichtung der Kriterien für die Ermittlung des Punktsummenwertes untereinander.

26cc) Der Senat hat grundsätzlich auch die Einbeziehung einer Potenzialfeststellung für Unteroffiziere in das Auswahlverfahren gebilligt, sofern diese für alle Bewerber hinreichend aktuell ist, d.h. nicht mehr als zwei Jahre zwischen der Potenzialfeststellung und der Auswahlkonferenz liegen ( 1 WB 48.17 - juris Rn. 29-32).

27Vorliegend hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr für den Auswahljahrgang 2019 von der Einbeziehung einer Potenzialfeststellung abgesehen, weil nicht für alle Bewerber den Anforderungen dieser Rechtsprechung genügende, hinreichend aktuelle Potenzialfeststellungen vorlagen und diese mangels ausreichender personeller Kapazitäten auch nicht nachträglich erstellt werden konnten. Diese Modifikation des Verfahrens ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Einwände hiergegen sind auch nicht geltend gemacht worden. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die in die Vorsortierung weiterhin einbezogenen Kriterien der letzten und der vorletzten planmäßigen Beurteilung sowie der Laufbahnbeurteilung einen aussagekräftigen Vergleich der Bewerber nach Eignung, Leistung und Befähigung ermöglichen. Es ist auch sachgerecht, von der Potentialfeststellung vorübergehend abzusehen, um Verzögerungen im Auswahlverfahren zu verhindern. Da kein Zweifel daran besteht, dass auch die noch verbleibenden Kriterien eine Bestenauslese gewährleisten und ein dienstliches Interesse daran besteht, den Bedarf an Offizieren des militärfachlichen Dienstes kontinuierlich zu decken, überschreiten diese Entscheidungen das organisatorische Ermessen des Dienstherrn bei der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens nicht.

28dd) Hiernach ist die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers nicht zu beanstanden, weil die ausgewählten Bewerber nach den für die Eignungsreihenfolge maßgeblichen Kriterien nach dem Punktsummenwert eine bessere Eignung aufweisen. Damit lässt sich bei summarischer Prüfung eine fehlerhafte, insbesondere gegen die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG verstoßende Auswahl zulasten des Antragstellers nicht feststellen. Insbesondere sind Rechenfehler bei der Bildung der Punktsummenwerte für den Antragsteller und die ausgewählten Mitbewerber unter Berücksichtigung der faktisch eingestellten Notenwerte und Entwicklungsprognosen weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auch der letztausgewählte Ersatzkandidat liegt mit 764,500 Punkten deutlich vor dem Antragsteller mit 698,400 Punkten.

29ee) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller beide in die Berechnung des Punktsummenwertes eingestellten Beurteilungen im Dienstgrad Hauptfeldwebel erhalten hat, während fünf der ausgewählten Bewerber in der vorletzten Beurteilung als Oberfeldwebel bewertet wurden.

30Wenn sich Beurteilungen konkurrierender Bewerber auf unterschiedliche Statusämter bzw. Dienstgrade der Soldaten beziehen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats anzunehmen, dass bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung eines Soldaten im höheren Statusamt grundsätzlich besser einzustufen ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Dem liegt die mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbare Überlegung zugrunde, dass an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom - 2 BvR 2470/06 - BVerfGK 10, 474 <478 f.> und vom - 2 BvR 1120/12 - BVerfGK 20, 77 <81 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 21.10 - Rn. 50, vom - 1 WB 33.10 - Rn. 49, vom - 1 WB 41.11 - juris Rn. 38 und vom - 1 WB 26.15 - juris Rn. 45 f.). Allerdings kann nicht ausnahmslos davon ausgegangen werden, dass die Beurteilung im höheren Statusamt regelmäßig besser ist als diejenige des in einem niedrigen Statusamt befindlichen Konkurrenten; vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom - 2 BvR 1558/16 - NVwZ 2017, 1133 Rn. 21 und vom - 2 BvR 1207/18 - NVwZ-RR 2018, 833 Rn. 11). Ob und in welchem Umfang danach bei Feldwebeldienstgraden, die regelmäßig auf gebündelten Dienstposten verwendet werden, ein Statuszuschlag zu berücksichtigen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil es bereits an der Ergebnisrelevanz der unterbliebenen Gewichtung von in unterschiedlichen Statusämtern erzielten Leistungsbewertung fehlt. Der Antragsteller wäre auch bei einer seinem höheren statusrechtlichen Amt folgenden höheren Gewichtung seiner vorletzten Beurteilung im Vergleich mit diesen fünf Mitbewerbern keinem von diesen vorzuziehen.

31Zwar kann der Senat nicht der Ermessensentscheidung des Dienstherrn vorgreifen, ob eine höhere Gewichtung der im höheren Statusamt erzielten Leistungen geboten und wie sie in der Berechnung umzusetzen ist. Allerdings hat hier bereits das für die Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers zuständige Bundesministerium der Verteidigung eine diesen Aspekt berücksichtigende Alternativberechnung vorgelegt und hiermit von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, eigene Ermessenserwägungen anzustellen. Diese überschreiten den Spielraum des Dienstherrn nicht und führen zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller auch bei einer im Vergleich zu den fünf in der vorletzten Beurteilung noch als Oberfeldwebel bewerteten Mitbewerbern nicht besser geeignet ist. Insbesondere geht der Einwand des Antragstellers ins Leere, man müsse einen Gewichtungsfaktor ansetzen und nicht - wie das Bundesministerium der Verteidigung zugunsten des Antragstellers annimmt - für diesen in der Alternativberechnung mit einer Gewichtung der vorletzten Leistungsbewertung nach Statusämtern die höchstmögliche Note "9,00" ansetzen. Dieser Einwand greift deshalb nicht durch, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf eine bestimmte Anerkennungsmethode hat. Auch lässt sich der Ansatz des Bundesministeriums der Verteidigung, die höchstmögliche Note "9,0" zu vergeben, mathematisch als Produkt der Note des Antragstellers "6,90" mit dem Gewichtungsfaktor "1,304" darstellen. Ein solcher Faktor ist jedenfalls nicht zu niedrig gewählt, da zwischen beiden Ämtern nur ein geringer Abstand besteht.

32Damit hat der Antragsteller auch bei angemessener Berücksichtigung des Umstandes, dass seine Beurteilung in einem höheren Statusamt erfolgte, voraussichtlich keinen Anspruch auf Zulassung zur Laufbahn des militärfachlichen Dienstes.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2019:300919B1WDSVR8.19.0

Fundstelle(n):
GAAAH-35200