BFH Beschluss v. - IX B 39/02

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor. Die Begründung entspricht im Übrigen in Teilen nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Für die Darlegung des Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO muss der Beschwerdeführer —wie bei der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache— konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für das Interesse der Allgemeinheit an der Fortbildung des Rechts eingehen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 157/01, BFH/NV 2002, 803, und vom II B 65/01, BFH/NV 2002, 1329). Hieran fehlt es im Streitfall.

2. Eine Entscheidung des BFH ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht erforderlich. Eine Abweichung der Vorentscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des BFH, oder eine Nichtübereinstimmung im Rechtsgrundsätzlichen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046, und vom IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802) ist nicht gegeben.

a) Mit der Rechtsprechung des BFH hat das Finanzgericht (FG) dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Umbau, Verkauf) für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder nicht, indizielle Bedeutung beigemessen (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; vom GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617). Denn das Vorhandensein einer Veräußerungsabsicht beim Erwerb bzw. bei der Bebauung kann nicht allein aus dem zeitlichen Zusammenhang von Veräußerung und Anschaffung hergeleitet werden (BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 4.). Auf dieses Indiz kommt es daher nicht an, wenn sich bereits aus anderen —ganz besonderen— Umständen eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht ergeben. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Umstände im Einzelfall derart gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt (BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.).

b) Letzteres hat das FG aufgrund seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen bejaht. Das FG hat hierbei nicht —wie das FA meint— auf eine besondere Situation bei Veräußerung abgestellt (zu deren Unbeachtlichkeit vgl. u.a. , BFH/NV 1992, 809, und vom X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060), sondern den Abschluss eines 15-jährigen Mietvertrages mit der Stadt, die Einräumung eines lebenslänglichen Wohnungsrechts für die zukünftige Schwiegermutter (S) des Klägers und Beschwerdegegners (Kläger) sowie die ursprüngliche Absicht des Klägers, die Dachgeschosswohnung mit seiner späteren Ehefrau auf Dauer selbst nutzen zu wollen, dahin gehend gewürdigt, dass diese Umstände gegen eine Veräußerungsabsicht sprechen. Das FG weicht hierdurch nicht von der Rechtsprechung des BFH ab. Denn als einen gegen eine Veräußerungsabsicht sprechenden objektiven Umstand hat die Rechtsprechung sowohl eine langfristige Vermietung von mehr als fünf Jahren Dauer als auch eine auf Dauer angelegte Eigennutzung des Objekts angesehen (vgl. u.a. , BFH/NV 1997, 170, und in BFH/NV 1992, 809). Auf Dauer zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude gehören nach der Rechtsprechung des BFH auch beim Grundstückshändler zum Privatvermögen, wenn die private Nutzung ursprünglich auf Dauer angelegt gewesen ist (vgl. u.a. , BFH/NV 1994, 627). Dass die tatsächliche Dauer der Nutzung aufgrund neuer, vom Willen des Klägers unabhängiger Umstände, nämlich hinsichtlich des Wohnungsrechts wegen des Aufhebungswunsches der S und hinsichtlich der Selbstnutzung der nicht kindgerechten Wohnung wegen eines nicht vorhersehbaren Familienzuwachses, kürzer wurde, darf dem Steuerpflichtigen insoweit nicht zum Nachteil gereichen (vgl. , BFH/NV 2002, 1392, und IX R 57/00, BFH/NV 2002, 1394 bzgl. Einkünfteerzielungsabsicht).

Zwar spricht —worauf das FA insoweit zutreffend hinweist— die langfristige Vermietung gewerblicher Objekte nicht gegen eine Veräußerungsabsicht (vgl. , BFHE 180, 51, BStBl II 1996, 303, und vom IV B 119/97, BFH/NV 1998, 1475). Jedoch ist das Wohn- und Bürogebäude bezüglich der vom FG herangezogenen Umstände kein gewerbliches Objekt. Weder die an die Stadt als Wohnheim für sozial gefährdete Jugendliche noch die an die S vermieteten Räume dienten gewerblichen Zwecken.

3. Soweit das FA im Ergebnis eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung des FG im Einzelfall geltend macht, rügt es materiell-rechtliche Fehler und damit die inhaltliche Richtigkeit des Urteils, womit jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden kann (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom XI B 25/01, BFH/NV 2002, 213, und vom III B 16/00, BFH/NV 2001, 202).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 479
BFH/NV 2003 S. 479 Nr. 4
NAAAA-71479