Online-Nachricht - Montag, 19.06.2017

Umsatzsteuer | Anschluss an das öffentliche Trinkwassernetz (FG)

Der Begriff der "Lieferungen von Wasser" i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG ist gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Das Legen eines Hausanschlusses fällt somit unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" im Sinne dieser Vorschrift, sodass auf diese Leistung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Dabei ist gleichgültig, von wem und an wen die Lieferung von Wasser erfolgt (; Revision anhängig).

Hintergrund: In der Anlage 2 zum UStG wird unter Nr. 34 "Wasser" aufgeführt - "ausgenommen Trinkwasser, einschließlich Quellwasser und Tafelwasser, das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigpackungen in den Verkehr gebracht wird, Heilwasser und Wasserdampf (aus Unterposition 2201 9000)".

Sachverhalt: Die Klägerin führt u.a. Tiefbauarbeiten durch. Umsätze aus Leistungen für die Herstellung von Trinkwasseranschlüssen an das öffentliche Trinkwassernetz erfasste sie mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich um Leistungen zum vollen Steuersatz handele, da die Klägerin ein Bauunternehmen sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Hierzu führten die Richter des FG Berlin Brandenburg weiter aus:

  • Der (BStBl II 2009, 328) entschieden, dass Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Sechsten EG-Richtlinie so auszulegen sind, dass unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" auch das Legen eines Hausanschlusses fällt.

  • Denn der Hausanschluss ist für die Wasserversorgung der Allgemeinheit unentbehrlich; ohne ihn kann dem Eigentümer oder Bewohner des Grundstücks kein Wasser bereitgestellt werden (s. EuGH, a.a.O. Rn. 34).

  • Das Legen von Hausanschlüssen fällt damit ohne Weiteres unter den Begriff „Lieferungen von Wasser”, wie er von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vorausgesetzt wird, und zwar gleichgültig, von wem und an wen diese Lieferung von Wasser erfolgt.

  • Bereits in seinen Urteilen vom sowie hat es der BFH als unerheblich angesehen, ob bei der Herstellung eines Trinkwasser-Hausanschlusses die Voraussetzungen zur Annahme einer Nebenleistung zur Hauptleistung der Versorgung mit Trinkwasser vorliegen.

  • Insbesondere in seiner Entscheidung (BStBl II 2009, 325) hat der BFH insoweit auch eine Steuerermäßigung für den Fall bejaht, dass der Leistungsempfänger bei der Erstellung des Trinkwasser-Hausanschlusses eine andere Person als der spätere Wasserbezieher war.

  • Hieran anschließend hat es der BGH in seinem Urteil vom - VIII ZR 253/11, bei dem es um den Anspruch auf eine Rechnungsstellung für die Errichtung eines Trinkwasser-Hausanschlusses unter Ausweis von 7% Umsatzsteuer ging, für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auch als unbeachtlich angesehen, dass im dortigen Fall die Erstellung des Trinkwasser-Hausanschlusses von einer Person erbracht wurde, die nicht identisch mit dem Wasserversorger war.

  • Angesichts dieser höchstrichterlichen Entscheidungen kann die von den Gerichten vorgenommene Einordnung der Errichtung eines Trinkwasser-Hausanschlusses als „Lieferung von Wasser” im umsatzsteuerlichen Sinne hinsichtlich der Person des Leistungserbringers nicht derart eingeschränkt werden, dass nur eine Errichtung des Hausanschlusses durch den Trinkwasserversorger selbst zur Steuerermäßigung führen kann (so allerdings , BStBl I 2009, 531).

Hinweis:

Das FG hat die Revision angesichts der Abweichung der Entscheidung vom und 12.1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 UStAE wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Sie ist beim BFH unter dem Az. XI R 17/17 anhängig.

Quelle: NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB FAAAG-47758