BAG Beschluss v. - 1 ABR 59/14

Fremdpersonaleinsatz - Einstellung - arbeitsvertragliche Weisung

Gesetze: § 99 Abs 1 S 1 BetrVG

Instanzenzug: ArbG Stendal Az: 4 BV 22/12 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Az: 4 TaBV 7/14 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung.

2Die Arbeitgeberin betreibt ein Landeskrankenhaus für forensische Psychiatrie mit einer Außenstelle. Für diese ist der antragstellende Betriebsrat gewählt. Dort sind mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt.

3In der Außenstelle sind schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Straftäter untergebracht, die für die Allgemeinheit gefährlich sind (§ 63 StGB). Die im Pflegebereich beschäftigten Mitarbeiter sind nach dem Maßregelvollzugsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (MVollzG LSA) als Verwaltungsvollzugsbeamte bestellt. Im Bedarfsfall sind sie befugt, gegenüber den Patienten nach § 19 Abs. 3 MVollzG LSA unmittelbaren Zwang anzuwenden und besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 20 MVollzG LSA durchzuführen.

4Die Arbeitgeberin beauftragte im Sommer 2012 die V GmbH (VSU) mit der Durchführung von Bewachungsleistungen für die Außenstelle. In dem zugrundeliegenden „Vertrag über Wachschutzleistungen“ heißt es ua.:

5In dem Handbuch „Organisatorische Abläufe für das Bewachungsunternehmen“ ist in Nr. 5.2 ua. geregelt, dass die Sicherheitszentrale in der Außenstelle „rund um die Uhr“ mit einem Sicherheitsmitarbeiter besetzt sein muss, der gegenüber allen dort eingesetzten Arbeitnehmern der VSU weisungsberechtigt ist. Er leitet bei besonderen Ereignissen alle Maßnahmen und Handlungen ein.

6Bei der Arbeitgeberin besteht eine Verfahrensanweisung zur Sicherung der Patienten bei sog. Außenterminen zur Krankenbehandlung. Diese bedürfen einer vorherigen ärztlichen Anordnung, bei der auch die Anzahl der erforderlichen Begleitpersonen festzulegen ist. In etwa 50 bis 60 vH der Fälle, in denen für eine Behandlung in einem externen Krankenhaus eine „Zwei-zu-eins-Bewachung“ angeordnet wird, erfolgt die Begleitung durch einen Mitarbeiter der Arbeitgeberin und einen Arbeitnehmer der VSU. Die VSU stellt nach einer schriftlichen Anforderung durch die Arbeitgeberin die hierzu erforderlichen Arbeitnehmer zur Verfügung. In dem von der Arbeitgeberin für die Krankenhausbewachung erstellten Dienstplan ist deren Einsatz mit der Bezeichnung „Wache“ eingetragen. Während der gemeinsamen Bewachung eines Patienten kann der Mitarbeiter der Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer der VSU Weisungen erteilen.

7Der Betriebsrat hat geltend gemacht, ihm stehe bei dem Einsatz von Arbeitnehmern der VSU in der externen Krankenhausbewachung von Patienten ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu. Es handele sich um eine Einstellung.

8Der Betriebsrat hat sinngemäß zuletzt beantragt,

9Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, eine Einstellung liege nicht vor. Die externe Krankenhausbewachung erfolge auf der Grundlage von § 1 Abs. 2 Satz 2 des Vertrags mit der VSU. Diese entscheide, welche Arbeitnehmer sie für die Überwachung zur Verfügung stelle. Soweit ihre Mitarbeiter diesen Weisungen erteilten, seien diese lediglich ablaufbezogen.

10Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegen. Die weitergehenden Anträge des Betriebsrats hat es abgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Anträge insgesamt abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig und begründet.

12I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats, an deren Zulassung durch das Landesarbeitsgericht der Senat nach § 92 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 72 Abs. 3 ArbGG gebunden ist, obwohl diese auf den bereits zum außer Kraft getretenen Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer „Rechtssache“ gestützt wurde, ist entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin ordnungsgemäß begründet.

131. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, welche rechtliche Bestimmung durch den angefochtenen Beschluss verletzt sein soll und worin diese Verletzung besteht. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ( - Rn. 19 mwN). Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält ( - Rn. 13, BAGE 126, 176).

142. Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung. Der Betriebsrat macht geltend, das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Würdigung, es fehle an einer Eingliederung der Arbeitnehmer der VSU bei der externen Krankenhausbewachung, wesentliche Umstände nicht berücksichtigt. Außerdem habe es auf Umstände abgestellt, die einer Eingliederung nicht entgegenstünden.

15II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet.

161. Der Beschluss des Landesarbeitsgericht ist teilweise bereits deshalb rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben, weil es über die schon vom Arbeitsgericht abgewiesenen weitergehenden Anträge des Betriebsrats entschieden hat.

17a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, über einen nicht geltend gemachten Anspruch zu entscheiden (vgl.  - Rn. 20, BAGE 152, 240). Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist im dritten Rechtszug auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten (vgl.  - Rn. 27 mwN).

18b) Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Ausführungen den Antrag des Betriebsrats auf Unterlassung des Drittpersonaleinsatzes in der externen Krankenhausbewachung als unbegründet und den weitergehenden Feststellungsantrag, die Arbeitgeberin müsse ihm im Rahmen der Unterrichtung nach § 99 BetrVG die Namen der Drittbeschäftigten mitteilen, als unzulässig angesehen. Damit hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen, denn die beiden erstinstanzlich abgewiesenen Anträge sind nicht in die Beschwerdeinstanz gelangt. Der Betriebsrat hat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt.

192. Der allein noch angefallene zulässige Antrag des Betriebsrats ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet.

20a) Der auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG gerichtete Antrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

21aa) Der Betriebsrat begehrt nicht die Feststellung, ihm stehe bei jedem künftigen Einsatz von Drittpersonal in der externen Krankenhausbewachung ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu. Ausgehend vom Anlassfall und der dem Antrag zugrundeliegenden Begründung bezieht sich die begehrte Feststellung auf den derzeit von der Arbeitgeberin praktizierten Einsatz von Arbeitnehmern der VSU in der „Zwei-zu-eins-Bewachung“. Insoweit will er ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG festgestellt wissen.

22bb) Für den mit diesem Inhalt hinreichend bestimmten Antrag (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) hat der Betriebsrat das erforderliche Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Die Arbeitgeberin stellt ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei den Einsätzen in Abrede.

23b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist der Antrag begründet. Dem Betriebsrat steht bei dem Einsatz von Arbeitnehmern der VSU in der externen Krankenhausbewachung von psychisch Kranken und Maßregelvollzugspatienten ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu.

24aa) Eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen ( - Rn. 17 f. mwN). Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert ( - Rn. 13, BAGE 135, 26). Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. Der Betriebsinhaber muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinn einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben ( - zu B I der Gründe). Es kommt darauf an, ob ihm Weisungsbefugnisse zustehen und er in diesem Sinn eine betriebsverfassungsrechtlich relevante (und sei es partielle) Arbeitgeberstellung einnimmt ( - Rn. 23).

25bb) Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab ( - Rn. 18) und ist nicht schon dann anzunehmen, wenn Personen im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und ihre Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk nach Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant oder detailliert beschrieben ist (vgl.  - zu II 1 der Gründe). Es genügen auch weder die enge räumliche Zusammenarbeit von Arbeitnehmern im Betrieb noch die Einweisung und Koordination des Fremdfirmeneinsatzes durch Beschäftigte des Betriebsinhabers oder der Umstand, dass die betreffende Tätigkeit bislang von Arbeitnehmern des Beschäftigungsbetriebs ausgeführt wurde und zu bestimmten Zeiten weiterhin durchgeführt wird (vgl.  - Rn. 14 mwN).

26cc) Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigter im Betrieb eines anderen Arbeitgebers eingegliedert ist, steht dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat ( - Rn. 19).

27dd) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der Eingliederung verkannt und wesentliche Umstände im Rahmen seiner Würdigung unzutreffend berücksichtigt.

28(1) Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, es fehle an einer Eingliederung der Wachschutzmitarbeiter der VSU iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, da diese ganz überwiegend nur in der Bewachung des Betriebsgeländes eingesetzt seien. Ihr Einsatz in der externen Krankenhausbewachung erfolge nur in etwa 50 bis 60 vH aller ärztlich angeordneten „Zwei-zu-eins-Bewachungen“ und dann nicht dauernd, sondern nur tageweise. Bei der externen Krankenhausüberwachung seien die Mitarbeiter auch nicht im „originären Betriebsbereich“, dh. in der Außenstelle L tätig, sondern nur außerhalb des Klinikgeländes. Zudem unterlägen sie als Hilfspersonal den Weisungen des ebenfalls in der Krankenhausüberwachung eingesetzten Personals der Arbeitgeberin, das über abgeleitete hoheitliche Befugnisse verfüge.

29(2) Diese Würdigung ist rechtsfehlerhaft. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts kommt es dafür, ob die Arbeitnehmer der VSU während der externen „Zwei-zu-eins-Bewachung“ in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert sind, nicht darauf an, wie häufig ein derartiger Einsatz erfolgt und wie lange er dauert. Zudem hat das Landesarbeitsgericht übersehen, dass eine Eingliederung auch vorliegen kann, wenn der Beschäftigte des anderen Vertragsarbeitgebers Leistungen außerhalb des Betriebsgeländes erbringt. Darüber hinaus steht die Befugnis der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Mitarbeiter, im Bedarfsfall unmittelbare Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen gegenüber den Patienten anzuwenden, nicht der Annahme entgegen, die Arbeitgeberin nehme gegenüber den in der externen Krankenhausbewachung eingesetzten Arbeitnehmern der VSU für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrechte wahr.

30ee) Einer Zurückverweisung des Verfahrens an das Landesarbeitsgericht bedarf es aber nicht. Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Selbst wenn zugunsten der Arbeitgeberin davon ausgegangen wird, dass der mit der VSU geschlossene Vertrag über Wachschutzleistungen auch für die Erbringung von Überwachungsleistungen bei externer Krankenhausbehandlung von Patienten durch die VSU eine rechtliche Grundlage bildet, ist ein solcher Einsatz von Arbeitnehmern der VSU eine Einstellung iSd. § 99 BetrVG.

31(1) Die in der externen Krankenhausbewachung eingesetzten Arbeitnehmer der VSU üben eine Tätigkeit aus, die ihrer Art nach weisungsgebunden ist. Gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Arbeitgeberin müssen sie sicherstellen, dass sich der Patient während eines externen Krankenhausaufenthalts der gerichtlich angeordneten Unterbringung nicht durch Flucht entzieht. Die äußeren Rahmenbedingungen der zu erbringenden Tätigkeit werden - soweit sie sich nicht ohnehin aus Sachzwängen ergeben - allein von der Arbeitgeberin vorgegeben. Sie legt in dem jeweils für die Krankenhausbewachung aufgestellten Dienstplan fest, für welche konkreten Tage und für welche Schichten der Einsatz von Mitarbeitern der VSU erfolgen soll.

32(2) Die Mitarbeiter der VSU sind im Rahmen der externen Krankenhausbewachung auch in die Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin integriert. Während eines solchen Einsatzes stehen der Arbeitgeberin die für ein Arbeitsverhältnis typischen Weisungsbefugnisse gegenüber den eingesetzten Mitarbeitern der VSU zu, die sie durch ihre in der externen Krankenhausbewachung eingesetzten Mitarbeiter auch ausübt. Nach dem Vorbringen der Beteiligten können die Mitarbeiter der Arbeitgeberin dem jeweils eingesetzten Arbeitnehmer der VSU während der „Zwei-zu-eins-Bewachung“ von Patienten Anweisungen erteilen. Bei diesen tätigkeits- und ablaufbezogenen Weisungen handelt es sich nicht - wie von der Arbeitgeberin angenommen - um dienstvertragsbezogene Anweisungen, die auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend § 645 BGB dem Dienstnehmer oder dessen Erfüllungsgehilfen erteilt werden können (vgl. dazu  - Rn. 27), sondern um arbeitsvertragliche Weisungen.

33(a) Für die Erteilung dienstvertragsbezogener Weisungen hat die Arbeitgeberin in § 2 Abs. 1 des Vertrags mit der VSU ausdrücklich eine bestimmte Verfahrensweise festgelegt. Danach kann ein von der Arbeitgeberin autorisierter Verwaltungsleiter oder ein von diesem zu benennender Sicherheitsbeauftragter dem jeweils schichtführenden Wachmann Anweisungen erteilen, die dieser entgegenzunehmen und umzusetzen hat. Alle bei besonderen Ereignissen erforderlichen Maßnahmen und Handlungen werden nach Nr. 5.2 des Handbuchs durch diesen Sicherheitsmitarbeiter der VSU eingeleitet; er ist gegenüber den in der Außenstelle eingesetzten Arbeitnehmern der VSU weisungsberechtigt.

34Dieses für dienstvertragsbezogene Anordnungen vertraglich vereinbarte Verfahren wird im Rahmen der externen Krankenhausbewachung aber nicht durchgeführt. Vielmehr sind diejenigen Mitarbeiter der Arbeitgeberin, die gemeinsam mit den Arbeitnehmern der VSU in der externen Krankenhausbewachung tätig sind, gegenüber diesen unmittelbar weisungsbefugt. Daher handelt es sich nicht mehr um dienstvertragsbezogene Anweisungen.

35(b) Darüber hinaus enthält der zwischen der Arbeitgeberin und der VSU geschlossene Vertrag keine Vorgaben für die Durchführung der Überwachung eines Patienten im Fall eines externen Krankenhausaufenthalts, die überhaupt durch dienstvertragsbezogene Weisungen konkretisiert werden könnten. § 1 Abs. 2 des Vertrags bestimmt lediglich, dass die Bewachungsleistungen der VSU auch die Überwachung der Aktivitäten von Maßregelvollzugspatienten „außerhalb des Gebäudes“ sowie die Unterstützung des Personals des Maßregelvollzugs „in besonderen Situationen“ umfassen. Eine weitergehende Konkretisierung der bei der externen Krankenhausbewachung von der VSU zu erbringenden Dienstleistung haben die Vertragsparteien nicht getroffen. Weder der Vertrag noch das diesem als Anlage beigefügte Handbuch oder die im Handbuch in Bezug genommenen Verfahrens-, Handlungs- oder Dienstanweisungen der Arbeitgeberin regeln, wie die externe Krankenhausbewachung durch die Arbeitnehmer der VSU durchzuführen ist. Es fehlt an Regelungen, welche Aufgaben ihnen während des Bewachungsvorgangs obliegen, an welcher Stelle sie sich aufhalten müssen oder wie sie sich gegenüber den Patienten oder in etwaigen Gefahr- oder Fluchtsituationen zu verhalten haben. Soweit § 2 Abs. 5 dritter Spiegelstrich des Vertrags vorsieht, welche Maßnahmen die Arbeitnehmer der VSU bei Zwischenfällen selbständig einzuleiten haben, betrifft diese Regelung - wie die weiteren Bestimmungen zeigen - ersichtlich nur den Fluchtversuch von Patienten aus der Außenstelle und nicht während eines externen Krankenhausaufenthalts. Mangelt es aber an vertraglichen Vorgaben für die Durchführung der externen Krankenhausbewachung und damit der Leistungserbringung durch die VSU, handelt es sich bei den Weisungen, die die Mitarbeiter der Arbeitgeberin während der externen Krankenhausüberwachung den VSU-Mitarbeitern erteilen, um arbeits- und nicht um dienstvertragliche.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:131216.B.1ABR59.14.0

Fundstelle(n):
BB 2017 S. 756 Nr. 13
NJW 2017 S. 10 Nr. 18
TAAAG-39931