Online-Nachricht - Mittwoch, 15.02.2017

Schenkungsteuer/Verfahrensrecht | Zinslauf für Hinterziehungszinsen (FG)

In die Berechnung des Zinslaufs für Hinterziehungszinsen bei der Schenkungsteuer ist neben den Anzeige- und Erklärungsfristen auch die durchschnittliche Bearbeitungsdauer einzubeziehen ( und 3 K 1628/15 Erb).

Hintergrund: Nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils (§ 235 Abs. 2 Satz 1 AO).

Sachverhalt: Die Kläger der beiden Verfahren sind Eheleute, denen die Mutter der Klägerin eine in der Schweiz belegene Immobilie sowie Guthaben auf Schweizer Konten geschenkt hatte. Da die Kläger die Schenkungen zunächst nicht beim Finanzamt angezeigt hatten, erfolgte die Festsetzung der Schenkungsteuer erst aufgrund einer mehrere Jahre später erfolgten Selbstanzeige. Das Finanzamt setzte ferner Hinterziehungszinsen fest, die es zunächst ab dem Ablauf des sechsten Monats nach den Schenkungen berechnete.

Im Klageverfahren änderte das Finanzamt die Zinsbescheide nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Gericht dahingehend, dass es von einem nunmehr erst nach elf Monaten beginnenden Zinslauf ausging. Hierbei berücksichtigte es die Anzeigefrist von drei Monaten und die sich aus dem Controlling-Bericht des Finanzamts ergebende durchschnittliche Bearbeitungszeit von acht Monaten. Den Beginn dieses Zinslaufs hielten die Kläger für zu früh und wiesen darauf hin, dass das Finanzamt mehr als drei Jahre für die Bearbeitung ihrer Schenkungsteuererklärungen benötigt habe. Auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit dürfe nicht abgestellt werden.

Hierzu führten die Richter des FG Münster weiter aus:

  • Der Zinslauf beginnt nach zwölf Monaten.

  • Hinterziehungszinsen sind ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Steuerverkürzung zu berechnen.

  • Bei der Schenkungssteuer ist - anders als bei anderen Veranlagungssteuern - der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Veranlagung dem Steuerpflichtigen bei rechtzeitiger Anzeige der Schenkung frühestens bekannt gegeben worden wäre.

  • Hierbei ist neben der dreimonatigen Anzeigefrist auch zu berücksichtigen, dass das Finanzamt nach der Anzeige eine Schenkungsteuererklärung anfordert und hierfür eine Frist von einem weiteren Monat setzt. Erst danach kann mit den Veranlagungsarbeiten begonnen werden.

  • Die Dauer der Veranlagungsarbeiten ist mit der vom Finanzamt ermittelten durchschnittlichen Bearbeitungszeit für Schenkungsteuererklärungen von acht Monaten anzusetzen.

Hinweis:

Mit seinen Urteilen folgt der Senat nicht der Auffassung des BGH, der für Strafverfahren unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Aufforderung zur Selbstberechnung der Steuer lediglich von einer Bearbeitungszeit von einem Monat ausgeht. Von dieser Möglichkeit machen die Finanzämter, für die das Finanzgericht Münster zuständig ist, üblicherweise keinen Gebrauch.

Der Senat hat die Revision zum BFH zugelassen. Die Urteile sind auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Newsletter Februar 2017 (il)

Fundstelle(n):
NWB ZAAAG-37758