Online-Nachricht - Mittwoch, 15.06.2016

Einkommensteuer | Übertragung einer § 6b-Rücklage (FG)

Eine Rücklage nach § 6b EStG darf auch in einem Wirtschaftsjahr vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts auf einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen übertragen werden (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 6b Abs. 1 EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u.a. auf die Herstellungskosten von Gebäuden, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr entstanden sind, übertragen werden. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden. Bis zur Höhe der Rücklage können sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6b EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden.

Sachverhalt: Die Eltern des Klägers unterhielten einen landwirtschaftlichen Betrieb und waren daneben Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG, an die sie ein Grundstück überließen, das als Sonderbetriebsvermögen bilanziert wurde. Im Wirtschaftsjahr 2005/06 erzielten sie im landwirtschaftlichen Betrieb einen Gewinn aus der Veräußerung von Grund und Boden, wofür sie eine Rücklage nach § 6b EStG bildeten. Den landwirtschaftlichen Betrieb übertrugen die Eltern am unentgeltlich auf den Kläger. Die Rücklage wiesen sie zum in ihrer Sonderbilanz bei der KG aus und übertrugen sie im Folgejahr auf die Anschaffungskosten eines im Jahr 2007 fertiggestellten und ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen erfassten Gebäudes.

Das Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage im Jahr vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts unter Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien (R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR) für nicht zulässig. Im Jahr 2007 sei eine Übertragung der Rücklage aufgrund des Wechsels des Betriebsinhabers nicht mehr möglich gewesen. Dementsprechend sei die Rücklage im landwirtschaftlichen Betrieb verblieben und im Wirtschaftsjahr 2009/10 beim Kläger gewinnerhöhend (zzgl. 24% Zinsen) aufzulösen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Hierzu führten die Richter des FG Münster weiter aus:

  • Die entgegenstehende Verwaltungsauffassung, die die Übertragung einer § 6b-Rücklage auf einen anderen Betrieb nur zeitlich eingeschränkt zulässt, hat keine gesetzliche Grundlage.

  • Das Gesetz schließt nur den Abzug eines in einem Gewerbebetrieb entstandenen Veräußerungsgewinns in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder in einem Betrieb der selbstständigen Arbeit aus, damit der Gewinn nicht der Gewerbesteuer entzogen werden kann.

  • Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Übertragung von einem landwirtschaftlichen Betrieb auf einen Gewerbebetrieb - wie im Streitfall - zulässig ist.

  • Aus dem Umstand, dass § 6b Abs. 4 EStG den Begriff „Abzug“ (von den Anschaffungs- und Herstellungskosten) verwendet und nicht von der „Übertragung der Rücklage“ spricht, lässt sich keine zeitliche Einschränkung herleiten, weil insoweit lediglich an die Terminologie der vorangegangenen Absätze der Vorschrift angeknüpft wird.

  • Zudem greift der Zweck der Regelung, Missbräuche zu vermeiden, im Streitfall nicht ein, weil der Veräußerungsgewinn in der KG weiterhin der Gewerbesteuer unterliegt.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2016 (il)

Hinweis

Der Senat hat die Revision zum BFH zugelassen. Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-75629