Online-Nachricht - Donnerstag, 06.08.2015

Einkommensteuer | Sondernutzungsrecht im Sinne des WEG als wirtschaftliches Eigentum (FG)

Das FG Münster hat zur Frage geurteilt, ob ein Sondernutzungsberechtigter im Sinne des WEG wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücksteils ist, auf das sich das Sondernutzungsrecht bezieht (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang die Übertragung einer nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück gebildeten Wohneinheit zu einer Entnahme führt.
Hierzu führten die Richter des FG Münster weiter aus:

  • Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Vorbehaltsnießbraucher nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks von der typischen Position eines Nießbrauches so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das belastete Grundstück ausübt. Eine bloße Nutzungsbefugnis genügt für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht.

  • Der Nießbraucher muss das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung tragen und an Wertsteigerungen teilnehmen, was nicht der Fall ist, wenn er weder die Möglichkeit hat, sich selbst den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen noch sonst vergleichbar einem Eigentümer nach Belieben mit dem Grundstück zu verfahren ( NWB RAAAA-96985).

  • Bei einem Dauerwohnrecht nach § 31 WEG ist der Dauernutzungsberechtigte nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen.

  • Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn bei Nutzungsbeendigung dem bisher Berechtigten ein Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes der Wohnung gegen den zivilrechtlichen Eigentümer zusteht.

  • Dies gilt auch dann, wenn das Dauerwohnrecht zeitlich unbegrenzt und damit für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Wohnung bestellt wurde ( NWB JAAAC-47290).

  • Nach diesen Grundsätzen geht das in § 5 Abs. 4 WEG vorgesehene Sondernutzungsrecht nicht über ein Nießbrauchsrecht hinaus.

  • Die Rechtsposition des Sondernutzungsberechtigten ist insoweit schwächer als diejenige eines Eigentümers, als bauliche Veränderungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig sind (§ 22 WEG).

  • Zudem ist eine isolierte Übertragung des mit dem Sondernutzungsrecht belasteten Grundstücks nicht möglich. Ein Verkauf kann nur durch alle Wohnungseigentümer gemeinsam erfolgen. Jede Abänderung des Rechts bedarf ebenfalls der Zustimmung aller Wohnungseigentümer.

  • Im Fall einer Veräußerung des Grundstücks (durch alle Wohnungseigentümer) hat der Sondernutzungsberechtigte gerade nicht die Möglichkeit, sich den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen. Vielmehr steht der auf den Miteigentumsanteil der anderen Wohnungseigentümer entfallende Kaufpreisanteil nicht ihm, sondern jedem Eigentümer anteilig zu.

  • Dass das Sondernutzungsrecht zeitlich unbeschränkt vereinbart wurde und damit dauerhaft besteht, führt nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums. Diesbezüglich besteht zwar ein Unterschied zum Nießbrauchsrecht, das grundsätzlich mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt (§ 1061 Satz 1 BGB). Andererseits wird ein Dauerwohnrecht im Sinne von § 31 WEG, das grundsätzlich kein wirtschaftliches Eigentum vermittelt, typischerweise ebenfalls dauerhaft eingeräumt, da es gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WEG veräußerlich und vererblich ist.

Hinweis: Das FG hat die Revision zugelassen, da zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sondernutzungsrecht im Sinne des WEG wirtschaftliches Eigentum begründen kann, bisher noch keine Rechtsprechung vorliegt. Der Beschluss ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: FG Münster online
 

 

Fundstelle(n):
NWB EAAAF-47423