Online-Nachricht - Dienstag, 02.10.2012

Verfahrensrecht | Nachträglicher Antrag auf Realsplittung kein rückwirkendes Ereignis (FG)

Ein nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids gestellter Antrag auf Realsplittung stellt bei zuvor bereits vorliegender Zustimmungserklärung des Ehegatten kein rückwirkendes Ereignis dar (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger und seine Ehefrau leben dauernd getrennt. Der Kläger leistet Barunterhalt und machte die Zahlungen als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen in den Vorjahren als Sonderausgaben. Die Ehefrau hatte dem Realsplittung zugestimmt. Die Zustimmungserklärung war durch die Ehefrau im Streitjahr nicht widerrufen worden. Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 elektronisch (ELSTER-Verfahren) ein. Dabei wurden keine Unterhaltszahlungen geltend gemacht. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer ohne Ansatz der Unterhaltszahlungen fest. Nach dem der Steuerbescheid bestandskräftig wurde, machte der Kläger die Unterhaltszahlungen geltend und begehrte die Änderung der Festsetzung u.a. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus: In der Literatur wird teilweise vertreten, dass ein nach Bestandskraft gestellter Antrag ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei (Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rn. 76; Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, § 10 Anm. C 62 m. w. N.). Dies gelte auch in dem hier vorliegenden Fall, dass die Zustimmungserklärung des Unterhaltsempfängers bereits vorlag und nicht nachträglich erwirkt werden musste (Kirchhof/Söhn/Mellinghof, § 10 Anm. C 62 m. w. N.; ebenso NWB KAAAB-41847). Dagegen wird eingewandt, dass das entscheidende Element der nachträglichen Umgestaltung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht der Antrag als Verfahrenshandlung, sondern die Zustimmungserklärung des unterhaltsberechtigten Ehegatten sei, welche in den vom BFH entschiedenen Fällen erst nachträglich erteilt worden sei (von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 175 Anm. 65 a. E.). Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

Anmerkung: Das FG Münster sieht in Fällen einer in der Vergangenheit erteilten und für den Veranlagungszeitraum fortgeltenden Zustimmungserklärung des Ehegatten kein Bedürfnis für eine Rückwirkung des erst nach Eintritt der Bestandskraft gestellten Antrags. Das Finanzgericht hat jedoch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.

Quelle: FG Münster online

Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des FG Münster.

 

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-44734