Online-Nachricht - Dienstag, 05.01.2016

Lohnsteuer | Zufluss regelmäßig wiederkehrender Einnahmen (FG)

Die Regelung in § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG verdrängt den Zeitpunkt des Zuflusses von regelmäßig wiederkehrenden sonstigen Bezügen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG, die kein laufender Arbeitslohn sind, nicht. Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist eine Fälligkeit innerhalb eines 10-Tageszeitraums vor Ablauf des Kalenderjahres keine Voraussetzung (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Beiträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen. Der Höchstbetrag erhöht sich um 1.800 Euro, wenn die Beiträge auf Grund einer Versorgungszusage geleistet werden, die nach dem erteilt wurde (§ 3 Nr. 63 EStG). Steuerfrei waren im o.g. Streitfall damit Beiträge bis höchstens 4% von 66.000 zzgl. 1.800,- mithin 4.440 € im Kalenderjahr.
Sachverhalt: Zwischen A und der Klägerin (Arbeitgeberin des A) wurde 2010 eine Entgeltumwandlung und der entsprechende Abschluss einer Direktversicherung vereinbart. Der Versicherungsschein wurde mit Datum vom ausgestellt. Den Beitrag zur Versicherung für 2010 i.H.v. 4.440 € behielt die Klägerin vom Dezemberlohn des A ein. Am wurde ein Betrag von 4.440 € vom Konto der Klägerin (Arbeitgeberin) abgebucht. Hierbei handelt es sich um den Jahresbeitrag 2010. Im Dezember 2011 wurde der Beitrag für 2011 in Höhe von ebenfalls 4.440 € abgebucht. Die Klägerin behandelte die Beträge in den abgegebenen Lohnsteueranmeldungen 2010 und 2011 als steuerfrei. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, im Jahr 2011 seien A 8.880 € zugeflossen. Es sei hiervon lediglich ein Betrag von 4.440 € steuerfrei; ein Betrag von 4.440 € sei mithin steuerpflichtig.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Klägerin war nicht verpflichtet für die Beitragszahlung 2010, abgebucht am , Lohnsteuer einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und an das Finanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG). Denn die Beitragszahlung stellt steuerfreien Arbeitslohn des Jahres 2010 dar.

  • Die Beitragszahlung an die Versicherung ist eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme des Arbeitnehmers i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG. Denn es handelt sich bei den Beitragszahlungen um Zahlungen, die aufgrund des ihnen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses wiederkehrend, d.h. nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen zu zahlen waren.

  • Die Einnahmen sind auch kurze Zeit nach Beendigung des Jahres 2010 tatsächlich zugeflossen. Als kurze Zeit i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeitraum von 10 Tagen anzusehen.

  • Dass die Beitragszahlung bereits am (unverzüglich nach Vertragsschluss) fällig war, steht dem gefundenen Ergebnis hier nicht entgegen. Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist eine Fälligkeit innerhalb eines 10-Tageszeitraums vor Ablauf des Kalenderjahres keine Voraussetzung.

  • Die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG wird auch nicht durch § 1 Abs. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 38 a EStG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 38a Satz 2 EStG, der für laufenden Arbeitslohn Spezialregelung zu § 11 Abs. 1 Satz 2 ist, sind nicht gegeben. Der Versicherungsbeitrag ist kein laufender Arbeitslohn sondern stellt einen sonstigen Bezug i.S.d. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Für sonstige Bezüge verbleibt es bei der Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG.

 

Anmerkung: Die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG wird nach Ansicht des Finanzgerichts auch nicht durch § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG ausgeschlossen. Zwar verweist § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG auf § 38a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG. Damit sei aber kein Ausschluss des § 11 EStG für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt gemeint. Vielmehr verweise § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG für Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge) ausdrücklich auf das Zuflussprinzip. Unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs der §§ 38 ff EStG und des § 11 EStG ergebe sich hieraus für sonstige Bezüge ein (Rück-)Verweis auf § 11 EStG.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH im Streitfall zugelassen, da zu der Frage der Konkurrenz von § 11 Abs. 1 Satz 2 zu § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die kein laufender Arbeitslohn sind, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen sei. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht.

 

Fundstelle(n):
NWB WAAAF-42239