SteuerStud Nr. 1 vom Seite 1

BEPS – Neustart für das internationale Steuerrecht oder „viel Lärm um nichts“?

Dr. Florian Oppel, LL.M. | Rechtsanwalt | florian.oppel@freshfields.com

Liebe Leserinnen und Leser,

im November 2015 haben die G20-Leader das sog. BEPS-Paket gebilligt. „BEPS“ („Base Erosion and Profit Shifting“) beschreibt legale, aber als unangemessen bewertete Steuerminderungsstrategien multinationaler Unternehmen. Diese machen sich Gesetzeslücken zu Nutze, die durch die Interaktion der nicht aufeinander abgestimmten nationalen Steuersysteme entstehen oder bewusst geschaffen wurden.

Aus Anlass zahlreicher öffentlicher Diskussionen über BEPS beauftragte die G20 die OECD, einen Sachstandsbericht vorzulegen. Diesem folgte 2013 ein Aktionsplan, der 15 Punkte zur Bekämpfung von BEPS umfasste. Innerhalb von nur zwei Jahren wurde sodann unter dem Dach der OECD zu jedem Aktionspunkt ein Bericht erstellt, in 13 Fällen mit Handlungsempfehlungen.

Dabei greift jeder der 15 Aktionspunkte ein spezifisches BEPS-Problem auf. Hervorzuheben sind die Punkte 1 (digitale Wirtschaft), 2 (hybride Gestaltungen, vgl. dazu bereits Hey/Rüsch, Beilage 1/2015 zu SteuerStud 3/2015 S. 15 ff. NWB XAAAE-84263), 3 (Hinzurechnungsbesteuerung), 7 (Umgehung Betriebsstätte) und 13 (Verrechnungspreisdokumentation, insbesondere Country-by-Country-Reporting). Angesichts der Aktualität der Ereignisse werden diese dem einen oder anderen Leser möglicherweise in der mündlichen Steuerberaterprüfung begegnen.

Wie geht es nun weiter? Zwar stellen die Vorschläge der OECD lediglich unverbindliche Handlungsempfehlungen dar. Die Billigung der G20-Leader ist jedoch ein starkes politisches Symbol. In vielen Staaten wird es daher zu Umsetzungsmaßnahmen kommen, besonders unilateral als Steuergesetz oder bi- bzw. multilateral als DBA.

Deutschland verfügt m. E. bereits über ein solides Netz an „BEPS-Abwehrgesetzen“. Dennoch wird es voraussichtlich bereits Anfang 2016 einen Referentenentwurf für ein BEPS-Umsetzungsgesetz geben. Darüber hinaus plant die EU-Kommission ebenfalls zeitnah einen Richtlinienvorschlag. In dem zu erwartenden Referentenentwurf des BMF sind u. a. Vorschläge bzgl. hybrider Gestaltungen und zur Verrechnungspreisdokumentation zu erwarten. Insbesondere bei Verrechnungspreisdokumentationen muss dabei m. E. sorgfältig abgewogen werden, wie dem berechtigten Interesse deutscher Unternehmen am Schutz von Geschäftsgeheimnissen ausreichend Rechnung getragen wird. Ein aktueller NWB XAAAF-07118 zeigt, dass manche Finanzbehörden sich in diesem Punkt mitunter recht sorglos verhalten.

Die BEPS-Initiative kann allerdings nur Erfolg haben, wenn die Staaten weitgehend einheitliche Standards umsetzen; andernfalls ergeben sich Wettbewerbsverzerrungen. Interessant ist daher, dass ein besonders BEPS-relevanter Punkt durch das Paket nicht gelöst wird: Denn zahlreiche US-Unternehmen versteuern ihre Auslandsgewinne aufgrund einer bewussten Lücke in der US-Hinzurechnungsbesteuerung allenfalls niedrig, indem sie diese in Niedrigsteuerländern anfallen lassen. Nicht ohne Grund standen daher insbesondere US-Unternehmen im Mittelpunkt der Diskussion. Der politische Wille, dieses „Schlupfloch“ zu schließen, scheint in den USA derzeit jedoch nicht vorhanden zu sein. Ein Grundproblem – gleichsam der Auslöser der Diskussion – bleibt somit bestehen.

Die bekannten Prinzipien des internationalen Steuerrechts erfahren durch BEPS keine grundlegende Änderung. Dies überrascht auch nicht, denn die bisherige Konzeption nutzt tendenziell Industriestaaten, wie sie in den G20 versammelt sind. Es muss jedoch m. E. diskutiert werden, ob dies einer fairen Verteilung des Besteuerungsaufkommens entspricht – einem erklärten Ziel der Initiative.

Fazit: Ein grundlegender „Neustart“ im internationalen Steuerrecht ist demnach m. E. zeitnah nicht zu erwarten, wohl aber interessante neue Entwicklungen und zahlreiche offene Fragen.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Oppel

Fundstelle(n):
SteuerStud 1/2016 Seite 1
TAAAF-18209