Online-Nachricht - Montag, 20.06.2011

Umsatzsteuer | Entgelt für die Mitbenutzung von OP-Räumen (FG)

Stellt eine Anästhesistin anderen Ärzten für ambulante Operationen - an denen sie selbst als Anästhesistin mitwirkt - ihre Operationsräume incl. der notwendigen Ausstattung zur Verfügung und erhält sie von diesen für die Überlassung eine Vergütung, so stellt diese Vergütung eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung dar (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Leistungen eines Arztes sind nur dann nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL steuerfrei, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen ( NWB VAAAC-70844). § 4 Nr. 14 UStG ist im Sinne des o.g. EuGH-Urteils auszulegen. Nach § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG in der für die Streitjahre (1999 bis 2004) geltenden Fassung sind auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder z.B. Ärzte sind, gegenüber diesen Mitgliedern steuerfrei, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfreien Leistungen der Ärzte verwendet werden. Die Vorschrift erfasst damit z.B. die Leistungen von Laborgemeinschaften.
Sachverhalt: Die Klägerin ist als Anästhesistin freiberuflich tätig. Sie verfügte über eigene OP-Räume in ihrer Praxis. Diese stellte sie Chirurgen und Orthopäden für Operationen zur Verfügung. Bei allen Operationen übernahm sie die Anästhesie. Von den Krankenkassen erhielt jedoch der operierende Arzt den Zuschlag für die Raumkosten erstattet, nicht die Klägerin. Nach dem Abrechnungssystem war das anders nicht möglich. Also ließ sich die Anästhesistin von den Kollegen diese Zuschläge weiterleiten. Die Klägerin erklärte die Vergütungen aus der Überlassung ihrer Operationsräume nicht als steuerpflichtige Umsätze.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Bei der Überlassung der Infrastruktur handelt es sich nicht um eine Heilbehandlung. Die Leistung dient zwar einer Heilbehandlung, stellt selbst aber keine solche dar. Es liegt auch keine in analoger Anwendung des § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung steuerfreie Leistung vor. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen z.B. von Laborgemeinschaften an die ihnen angehörenden Ärzte steuerfrei. Im Streitfall liegt aber keine Leistung einer Gemeinschaft an eines ihrer Mitglieder vor. Vielmehr handelt es sich um eine Leistung eines Arztes an einen Kollegen. § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG ist also nicht unmittelbar anwendbar. Auch eine Behandlung der Umsätze als steuerfrei in analoger Anwendung der Vorschrift scheidet aus. Für den Fall der Überlassung der Praxiseinrichtung an einen Kollegen, der in der gegen Entgelt überlassenen Praxis sodann eigene Patienten behandelt, hat der BFH entschieden, dass § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG auf diesen Fall nicht analog anzuwenden ist (vgl. NWB GAAAB-36135). Der dem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt zwar wegen der notwendigen Verknüpfung mit der Leistung der Klägerin nicht identisch. Der Fall der Überlassung der Praxiseinrichtung an einen anderen Arzt, damit dieser eigene Patienten behandelt, ist im Streitfall nicht in dieser Form gegeben, da die Patienten stets sowohl zum Operateur, als auch zur Klägerin in einem Leistungsverhältnis stehen und ohne die Leistung des Operateurs die Leistung der Klägerin nicht denkbar wäre. Die dort aufgestellten Grundsätze sind nach Auffassung des Senats gleichwohl auf den Streitfall übertragbar.
Anmerkung: Das Gericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.
Quelle: Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz,  Entscheidungsdatenbank
 

 


 

Fundstelle(n):
NWB KAAAF-17347