BSG Beschluss v. - B 1 KR 20/15 B

Instanzenzug: S 25 KR 616/11

Gründe:

I

1Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 2002 geborene Kläger ist mit seinem Begehren, die für kieferorthopädische Leistungen durch den nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Dr. R. (M.) Kosten (gemäß Heil- und Kostenplan 4339,99 Euro) zu erstatten, soweit sie ihm bereits entstanden sind, und ihn von zukünftigen Kosten dieser kieferorthopädischen Behandlung freizustellen, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V bestehe nicht. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei nicht ursächlich für die Inanspruchnahme von Leistungen außerhalb des Sachleistungssystems gewesen. Der Kläger habe mit der Behandlung bereits im November 2010 begonnen. Die Beklagte habe aber erst mit Bescheid vom die beantragten Leistungen abgelehnt. Der Beginn der kieferorthopädischen Behandlung des Klägers bei Dr. R. habe das weitere Behandlungsgeschehen endgültig festgelegt. Im Übrigen sei die Behandlung auch nicht unaufschiebbar gewesen (Urteil vom ).

2Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

3Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Die Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Verfahrensfehlers (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

41. Der Kläger bezeichnet schon nicht ausdrücklich einen Verfahrensmangel. Der Beschwerdebegründung lassen sich allenfalls sinngemäß die Verfahrensrügen der Verletzung der Amtsermittlungspflicht (dazu a), des Fehlens von Entscheidungsgründen (dazu b) und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (dazu c) entnehmen. Bei diesen Rügen beachtet der Kläger aber nicht die Anforderungen an die ausreichende Bezeichnung eines Verfahrensfehlers. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Der Kläger legt einen Verfahrensmangel in diesem Sinne nicht dar.

5a) Wer sich - wie hier der Kläger - sinngemäß auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss unter anderem einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen und die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen (vgl zB - RdNr 5 mwN; - Juris RdNr 3 mwN; - Juris RdNr 5). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein - wie hier - anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder (zumindest hilfsweise) aufrechterhalten hat (vgl dazu - Juris RdNr 5; - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Hierzu fehlt aber jeglicher Vortrag.

6b) Der Kläger rügt auch sinngemäß, dem angefochtenen Urteil fehle es an den "Entscheidungsgründen" im Sinne der §§ 128 Abs 1 und 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Es fehle an tragfähigen Ausführungen im Urteil des LSG dazu, warum kein Fall einer unaufschiebbaren Leistung vorgelegen habe. Auch setze sich das LSG in seinen Gründen nicht mit einer Entscheidung des VGH Baden-Württemberg auseinander und habe Ausführungen seiner Mutter unberücksichtigt gelassen. Mit diesem Vorbringen bezeichnet er einen Verstoß gegen die aus § 128 Abs 1 S 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG folgende Begründungspflicht nicht ausreichend. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen. Nach § 128 Abs 1 S 2 SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind, nicht dagegen jene, die es nicht gewesen sind. Das bedeutet, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat (vgl - Juris RdNr 5). Der Kläger setzt sich weder mit der Begründung des LSG auseinander, dass hier allenfalls eine Behandlung akuter Schmerzen, nicht aber eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende kieferorthopädische Behandlung eine unaufschiebbare Leistung sein könne, noch damit, dass Gegenstand der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg ein beihilferechtlicher Sachverhalt war.

7c) Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; - RdNr 6 mwN). Daran fehlt es hier. Der Kläger legt weder dar, er habe sich nicht zu den Entscheidungsgrundlagen des LSG äußern können, noch dass das LSG von seinem Vorbringen keine Kenntnis genommen habe. Der Kläger macht sinngemäß nur geltend, das LSG habe sich in den Urteilsgründen nicht mit allen von ihm vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt. Dessen bedarf es aber - wie zuvor ausgeführt - auch nicht.

8d) Das weitere klägerische Vorbringen erschöpft sich darin, die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG anzuzweifeln. Diese ist indessen nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (stRspr, BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

92. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

103. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Fundstelle(n):
KAAAE-90717