BSG Beschluss v. - B 12 KR 81/13 B

Instanzenzug: S 15 KR 136/07

Gründe:

1In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe der Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung ab .

2Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

41. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom zunächst auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn die angefochtene LSG-Entscheidung ein höchstrichterliches Urteil unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewendet hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die eines der mit der Norm befassten Gerichte aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zum selben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und der Berufungsentscheidung tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher im Urteil/Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht sowie, dass die Entscheidung hierauf beruht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 26 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.

5a) Der Kläger trägt vor, das SG habe in seinem Urteil, auf das sich das LSG beziehe, ausgeführt, dass "Die Beklagte auf der Grundlage des § 240 i. V. m. ihrer Satzung die Beiträge zutreffend festgesetzt habe". Indem das Berufungsgericht abweichend von dem im Steuerbescheid 2005 ausgewiesenen tatsächlichen Einkommen des Beschwerdeführers ein hieraus berechnetes fiktives Einkommen als Grundlage der Beitragsbemessung zugelassen habe, das nachweislich nicht erzielt worden sei, stelle es "indirekt" den Rechtssatz auf: "Grundlage der Beitragsbemessung freiwillig Krankenversicherter, die eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit erst im Laufe des letzten Jahresmonats aufgenommen haben, ist nicht die im Steuerbescheid ausgewiesene tatsächliche Einnahme, sondern ein hieraus berechnetes fiktives Monatseinkommen (unabhängig davon, ob dieses tatsächlich erzielt wurde oder erzielbar war)." Das Gericht verstoße damit gegen den vom BSG in seiner Entscheidung vom (B 12 KR 21/08 R) aufgestellten Rechtssatz, dass "Grundlage der Beitragsbemessung Selbstständiger die im Steuerbescheid ausgewiesene Einnahme ist. Eine Änderung der Beitragsbemessung ist erst nachgewiesen, wenn sie aufgrund eines neuen Steuerbescheids feststeht".

6Damit hat der Kläger keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bezeichnet. Er versäumt es bereits, einen Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des LSG zu formulieren. Sein Vortrag, das LSG habe (lediglich) "indirekt" den ihm vom Kläger zugeschriebenen Rechtssatz aufgestellt, indem es auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen habe und dort ausgeführt worden sei, dass "(d)ie Beklagte auf der Grundlage des § 240 i. V. m. ihrer Satzung die Beiträge zutreffend festgesetzt habe", genügt nicht. Hierfür aber hätte er zunächst aufzeigen müssen, dass es sich bei dem vom ihm wiedergegebenen Satz aus dem SG-Urteil - wie es sich nach den dortigen Formulierungen geradezu aufdrängt ("Die Beklagte" ... "ihrer Satzung" ... "zutreffend") - nicht nur um im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Ausführungen im Rahmen eines Subsumtionsvorgangs handelt, durch die (nur) die vom Kläger wiedergegebenen Rechtssätze aus der zitierten BSG-Entscheidung vom verkannt werden. Dies hat der Kläger indes versäumt. Vielmehr rügt er auch mit seinem weiteren Vorbringen, das LSG habe als Einnahme im Dezember 2005 maximal den im Steuerbescheid ausgewiesenen Betrag in Höhe von 7605 Euro berücksichtigen dürfen und die vorgenommene "Hochrechnung" der im Steuerbescheid ausgewiesenen Einnahmen auf ein fiktives Monatseinkommen sei "rechtswidrig", im Kern die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung in seinem Einzelfall. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht zulässig gestützt werden.

7b) Weiter trägt der Kläger vor, das SG habe in seinem Urteil ausgeführt, dass "eine einmalige Einnahme im Sinne der Satzung der Beklagten nicht vorliegt, da hiermit Auszahlungen etwa auch einer Lebensversicherung gemeint seien, jedoch nicht Einnahmen aus seinem normalen Geschäftsvorgang, auch wenn dieser sich im Nachhinein als praktisch einmalig erweise". Durch seine Bezugnahme auf das SG-Urteil habe das LSG "indirekt" den Rechtssatz aufgestellt: "ein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt für selbstständig tätige, freiwillige Mitglieder ist nicht zu Zwölfteln." Das Gericht verstoße damit gegen den vom BSG in seiner Entscheidung vom (12 RK 11/95) aufgestellten Rechtssatz des BSG, dass "die Krankenkassen bei der Einstufung ihrer freiwilligen Mitglieder in Beitragsklassen das im Laufe eines Jahres zu erwartende einmalig gezahlte Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Zuflusses monatlich mit einem Zwölftel berücksichtigen dürfen". Zudem habe das BSG in diesem Urteil ausgeführt: "Die Krankenkassen dürfen bei der Beitragsbemessung nur einmaliger Einnahmen diese nicht auf den Zuflußmonat beschränken." Wären die vorgenannten Rechtssätze des BSG von den Vorgerichten "beachtet" worden, wäre die einmalige Einnahme "richtig mit einer monatlichen Einnahme von 7.605,00 EUR : 12 = 633,75 EUR zu bewerten" und er in eine andere Beitragsklasse einzuordnen gewesen.

8Auch hier hat der Kläger keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bezeichnet. Er versäumt es abermals, einen Rechtssatz aus der Entscheidung des LSG zu formulieren. Sein Vortrag, das LSG habe (nur) "indirekt" den ihm vom Kläger zugeschriebenen Rechtssatz aufgestellt, indem es auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen habe und dort ausgeführt worden sei, dass "eine einmalige Einnahme im Sinne der Satzung der Beklagten nicht vorliegt, da hiermit Auszahlungen etwa auch einer Lebensversicherung gemeint seien, jedoch nicht Einnahmen aus seinem normalen Geschäftsvorgang, auch wenn dieser sich im Nachhinein als praktisch einmalig erweise", reicht nicht. Denn der Kläger zeigt erneut nicht auf, dass es sich bei den von ihm wiedergegebenen Ausführungen des SG - wie die dortigen Formulierungen nahe legen ("im Sinne der Satzung der Beklagten" ... "nicht Einnahmen aus seinem normalen Geschäftsvorgang") - nicht nur um Ausführungen im Rahmen des Subsumtionsvorgangs handelt, durch die vom Kläger zitierten Rechtssätze aus der BSG-Entscheidung vom verkannt werden. Vielmehr geht das Vorbringen des Klägers auch mit seinem weiteren Vortrag, das LSG habe übersehen, dass es sich bei seiner Einnahme aus dem Verkauf des Computerprogramms im Dezember 2005 um eine einmalige Einnahme aus nicht nichterwerblicher Tätigkeit gehandelt habe, über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus.

92. Ferner beruft sich der Kläger auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels, weil das LSG den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe. Er sei der Ankündigung des LSG, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, mehrfach entgegengetreten und habe mit Schriftsatz vom Zeugenbeweis für seinen Vortrag hinsichtlich der Einnahme aus der Entwicklung eines Computerprogramms angeboten. Diesen Beweisanträgen sei das LSG zu Unrecht nicht nachgekommen.

10Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das Berufungsgericht mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

11Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger hinreichend dargelegt hat, dass er die von ihm im Schriftsatz vom gestellten Anträge auf Zeugenvernehmung auch bis zuletzt vor dem LSG noch aufrechterhalten hat. Jedenfalls hat er nicht aufgezeigt, dass sich das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend - hätte gedrängt fühlen müssen, dem beantragten Zeugenbeweis nachzugehen. Denn aus den in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass es nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts für die hier streitige Beitragsbemessung allein auf die Feststellungen im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 zu den "Einkünften" des Klägers "aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer" ankommen soll.

12Dass der Kläger nach seinem Vortrag mit einer Entscheidung des LSG im Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG nicht einverstanden gewesen sei, ist unerheblich. Zwar steht die Entscheidung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dass das LSG von diesem Ermessen erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht habe (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38; - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 12; - BeckRS 2012, 69182 RdNr 10; - SozR 4-1500 § 153 Nr 14 RdNr 9), hat der Kläger nicht dargetan. Dass er die Entscheidung des Berufungsgerichts für falsch hält, reicht insoweit nicht aus.

133. Soweit der Kläger im Übrigen rügt, dass "jede andere Entscheidung" ihn "in seinem Grundrecht aus Art. 3 GG" verletze, macht er abermals die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses geltend. Hierauf kann jedoch - wie oben bereits ausgeführt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden. Die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger keine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG formuliert hat.

144. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

155. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Fundstelle(n):
QAAAE-87965