BVerwG Urteil v. - 2 C 49/10

Fachhochschulprofessor; Anerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit; berufspraktische Zeit

Leitsatz

1. Die Ermessensentscheidungen nach § 67 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG a.F. über die Berücksichtigung einer für Fachhochschulprofessoren vorgeschriebenen berufspraktischen Tätigkeit haben sich daran zu orientieren, ob und in welcher Höhe der Beamte aufgrund dieser Zeiten anderweitige Versorgungsansprüche erworben hat.

2. Die nach § 67 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG a.F. zu berücksichtigenden Zeiten sind diejenigen, in denen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b HRG vor der Ernennung zum Fachhochschulprofessor jeweils zuletzt erfüllt wurden.

Gesetze: § 85 BeamtVG, § 67 BeamtVG vom , § 55 BeamtVG vom , § 12 BeamtVG vom , § 44 HRG vom

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 3 BV 05.2876 Beschlussvorgehend Az: M 5 K 05.34 Urteil

Tatbestand

1Der 1939 geborene Kläger stand als Professor an der Fachhochschule (Besoldungsgruppe C 3) im Dienst des Beklagten. Nach dem Studium von 1958 bis 1965 war er bis März 1970 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Fa. A, danach bei der B beschäftigt. Diese Tätigkeit behielt er bei, als er am unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen zum Professor an der Fachhochschule A. ernannt wurde. Zugleich wurde er ohne Dienstbezüge im dienstlichen Interesse beurlaubt, um seine Tätigkeit bei der B weiter ausüben zu können. Mit Wirkung ab setzte der Kläger das Beamtenverhältnis mit dem Beklagten fort. Er war zunächst als Gründungsrektor, seit 1998 bis zum Eintritt in den Ruhestand aus Altersgründen mit Ablauf des als Professor an der Fachhochschule I. tätig.

2Der Kläger erhält von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) seit dem eine monatliche Betriebsrente von 640,72 Euro. Im Jahr 1992 wurden ihm 291 275,77 DM aus einer befreienden Lebensversicherung ausbezahlt.

3Der Beklagte setzte den Ruhegehaltssatz des Klägers auf 38,72 v.H. fest, wobei er lediglich die im Beamtenverhältnis verbrachten Zeiten ( bis ) als ruhegehaltfähig berücksichtigte.

4Der Kläger macht geltend, die Studienzeit und die Zeiten als Mitarbeiter bei A und der B bis Januar 1991 müssten als ruhegehaltfähige Vordienstzeiten bei der Berechnung des Ruhegehaltssatzes berücksichtigt werden. Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage ist der Beklagte vom Verwaltungsgericht zur Anrechnung der beruflichen Tätigkeit für die Dauer von fünf Jahren, vom Verwaltungsgerichtshof zusätzlich zur Anrechnung einer Studienzeit von acht Semestern sowie einer Prüfungszeit von sechs Monaten verpflichtet worden. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen:

5Die Mindeststudien- und Prüfungszeiten seien als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen, weil sie für die Ernennung zum Fachhochschulprofessor nach der am geltenden Rechtslage vorgeschrieben gewesen seien und der Kläger hierfür keine anderen Anwartschaften auf eine Altersversorgung erworben habe. Die Ruhegehaltfähigkeit der Berufszeiten bei A und der B ergebe sich daraus, dass der Kläger besondere, für die Tätigkeit als Fachhochschulprofessor förderliche Kenntnisse erworben habe. Ihrer Berücksichtigung stehe nicht entgegen, dass der Kläger hierfür andere Versorgungsansprüche erworben habe, sodass die Summe seine Altersversorgung in der Summe die Versorgung eines Laufbahnbeamten mit gleichen ruhegehaltfähigen Dienstzeiten übersteige. Für beamtete Professoren gelte das die Anrechnungsvorschriften ansonsten prägende Besserstellungsverbot gegenüber "Nur-Beamten" im Regelfall nicht.

6Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision und beantragt,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7Der Kläger beantragt, nachdem er seine Anschlussrevision zurückgenommen hat,

die Revision zurückzuweisen.

8Der Vertreter des Bundesinteresses vertritt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium des Innern die Auffassung, die Studien- und Prüfungszeit, nicht aber die Berufszeiten stellten berücksichtigungsfähige Vordienstzeiten dar.

Gründe

9Die Revision ist unbegründet, soweit sich der Beklagte gegen die Anerkennung der Mindeststudien- und Prüfungszeit als ruhegehaltfähige Vordienstzeit wendet (1). Sie ist jedoch hinsichtlich der Anerkennung einer fünfjährigen beruflichen Tätigkeit als ruhegehaltfähige Vordienstzeit mit der Maßgabe begründet, dass der Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Insoweit reichen die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht aus (2).

10Das Ruhegehalt des Klägers ist nach § 85 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 322 <350>), zuletzt geändert durch Art. 14 des Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2003/2004 vom (BGBl I S. 1798) zu bestimmen, weil der Kläger bereits am Stichtag Beamter war und seitdem bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des ununterbrochen in einem Beamtenverhältnis stand. Danach ist über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten nach § 85 Abs. 1 BeamtVG als ruhegehaltfähig nach dem bis zum geltenden Recht zu entscheiden, weil der sich danach ergebende Ruhegehaltssatz höher ist als bei Zugrundelegung neuen Rechts (§ 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG). Maßgebend sind deshalb die Anrechnungsvorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes in der Fassung vom - BeamtVG a.F. - (BGBl I S. 570; vgl. BVerwG 2 C 38.03 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 9 S. 2, vom - BVerwG 2 C 18.06 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 16 Rn. 22 und vom - BVerwG 2 C 63.08 - BVerwGE 135, 14 <16> Rn. 14).

111. Das Berufungsgericht hat die Zeit des Hochschulstudiums im Umfang von 4 1/2 Jahren (Mindeststudienzeit von acht Semestern sowie Prüfungszeit von sechs Monaten) zutreffend nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. als ruhegehaltfähig angesehen.

12Nach dieser Anrechnungsregelung kann die erforderliche Mindestzeit der vorgeschriebenen Hochschulausbildung sowie die übliche Prüfungszeit als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. Vorgeschrieben ist eine Ausbildung, wenn sie aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. Bei der Ausbildung muss es sich um eine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der Bewerber erfüllen muss, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden (Urteile vom a.a.O. Rn. 22 und vom a.a.O. Rn. 20). Die besonderen Anrechnungsregelungen des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. für Professoren und andere Beamte an Hochschulen schließen die Anwendung der §§ 10 bis 12 BeamtVG a.F. nicht aus, sondern eröffnen zusätzliche Anrechnungsmöglichkeiten ( BVerwG 2 C 4.84 - Buchholz 232.5 § 10 BeamtVG Nr. 8 S. 14 und vom a.a.O. Rn. 18 f.).

13Mindeststudien- und Prüfungszeit eines Hochschulstudiums stellen für Fachhochschulprofessoren eine vorgeschriebene Ausbildung dar, weil die Ernennung ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzt (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hochschulrahmengesetzes - HRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom ; § 32 Abs. 1 Nr. 1 Fachhochschulgesetz NRW vom <GV NRW S. 965>, zuletzt geändert durch Gesetz vom <GV NRW S. 144>; Art. 11 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Hochschullehrergesetzes - BayHSchLG - in der bis zum geltenden Fassung der Bekanntmachung vom >).

14Vorgeschriebene Ausbildungszeiten im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. sind in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen, wenn der Beamte für die Ausbildungszeiten keine andere Anwartschaft auf eine Altersversorgung erworben hat. Das nach dem Gesetzeswortlaut eröffnete behördliche Ermessen ist dann auf Null reduziert. Dies folgt, wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, aus dem Zweck des § 12 Abs. 1 BeamtVG a.F. Dieser besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb eines Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten. Das gesetzliche Gleichstellungsgebot bezieht sich auf die vorgeschriebenen Ausbildungszeiten, nicht auf die Höhe der Gesamtversorgung. Bei der Anrechnung nach § 12 Abs. 1 BeamtVG a.F. geht es nicht um die Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln oder eine Begrenzung des Ruhegehalts, sondern ausschließlich um die Schließung einer Versorgungslücke durch die Berücksichtigung von vorgeschriebenen Ausbildungszeiten bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Daher kann die Anrechnung dieser Zeiten auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die dadurch bewirkte Besserstellung könne nicht durch die Ruhensregelungen des § 55 BeamtVG beseitigt oder abgeschwächt werden ( BVerwG 2 C 9.08 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17 Rn. 15 m.w.N. und vom - BVerwG 2 C 4.10 - Rn. 19 <zur Veröffentlichung vorgesehen in Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 20>).

15Das Berufungsgericht hat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend festgestellt, dass der Kläger für die Zeit des Hochschulstudiums keine Versorgungsanwartschaften erworben hat. Der Umstand, dass diese Ausbildungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung Berücksichtigung gefunden hätten (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI), ist versorgungsrechtlich ohne Belang, da der Kläger nach Art. 2 § 1 AnVG in den bis zum gültigen Fassungen von der Versicherungspflicht befreit war (vgl. BVerwG 6 C 126.67 - Buchholz 232 § 116 BBG Nr. 14 S. 2, 5 f.). Der Berücksichtigung kann auch nicht entgegengehalten werden, die Zahlung aus der befreienden Lebensversicherung führe - anders als eine gesetzliche Rente - nicht nach § 55 BeamtVG zu einem teilweisen Ruhen der Versorgungsbezüge des Klägers.

162. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Zeiten der Berufstätigkeit des Klägers vor Beginn des Beamtenverhältnisses im Umfang von fünf Jahren als ruhegehaltfähig anzuerkennen sind.

17Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG a.F. kann die nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums bis zur Ernennung zum Professor liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn in dieser Zeit besondere Fachkenntnisse erworben wurden, die für die Wahrnehmung des Amtes förderlich sind. Förderlich in diesem Sinne sind Fachkenntnisse, die dem späteren Beamten bei der Ausübung des ersten übertragenen Amtes von Nutzen sein können, ohne dass es sich um eine Einstellungsvoraussetzung handeln muss ( BVerwG 2 C 4.01 - Buchholz 239.1 § 10 BeamtVG Nr. 14 S. 5, vom a.a.O Rn. 22 und vom a.a.O. Rn. 16). Kenntnisse, die außerdem normativ als Einstellungsvoraussetzung gefordert sind, sind stets als förderlich einzustufen (Urteil vom a.a.O. Rn. 22).

18Soweit Zeiten im vorstehenden Sinne zugleich nach § 44 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b HRG Einstellungsvoraussetzung für das Amt des Professors sind, sollen sie nach § 67 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG a.F. als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um Zeiten handelt, in denen besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis erbracht worden sind; drei Jahre dieses Zeitraums müssen zudem außerhalb der Hochschule erbracht worden sein. Liegen diese Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b HRG vor, erstarkt die Ermessensregelung des § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG a.F. zu einer Sollvorschrift, sodass die von der Regelung erfassten Vordienstzeiten in aller Regel als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen sind. Maßgeblich sind diejenigen Zeiten, in denen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b HRG vor der Ernennung zum Fachhochschulprofessor jeweils zuletzt erfüllt wurden (hier: bis ).

19Daraus folgt, dass die Ruhegehaltfähigkeit dieser Zeiten nur dann ermessensfehlerfrei abgelehnt werden darf, wenn ihre Anrechnung dem Zweck des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. widerspräche. Dieser besteht in Übereinstimmung mit dem Zweck der §§ 10 und 11 BeamtVG a.F. darin, Beamten, die erst im vorgerückten Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommen worden sind, annähernd diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten hätten, wenn sie die Vordienstzeiten im Beamtenverhältnis verbracht hätten. Die zusätzliche Anrechnungsvorschrift des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. trägt den Besonderheiten des Hochschuldienstes Rechnung, indem sie die Berücksichtigungsfähigkeit von förderlichen Vordienstzeiten gegenüber den allgemeinen Vorschriften erweitert (Urteil vom a.a.O. Rn. 25).

20Darin erschöpft sich die Anreizfunktion des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. Der Zweck, geeignete Bewerber als Fachhochschulprofessoren zu gewinnen, rechtfertigt nicht, die berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten auch als ruhegehaltfähig anzurechnen, wenn und soweit sie nicht zu einer annähernden oder vollständigen Gleichstellung, sondern zu einer Besserstellung gegenüber "Nur-Beamten" führen. Dies wäre der Fall, wenn die Altersversorgung eines beamteten Professors oder eines anderen Hochschulangehörigen durch die Anrechnung sogenannter förderlicher Vordienstzeiten in ihrer Gesamtheit über das Ruhegehalt hinausginge, das der Beamte erreicht hätte, wenn er die Zeiten im Beamtenverhältnis verbracht hätte ( BVerwG 2 C 43.08 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 13 Rn. 21 und vom a.a.O. Rn. 26).

21Es lässt sich weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. entnehmen, dass diese Anrechnungsvorschrift einem darüber hinausgehenden Zweck dienen soll:

22Das Anfang 1976 in seiner ersten Fassung (vom , BGBl I S. 185) in Kraft getretene Hochschulrahmengesetz enthielt in seinem damaligen § 52 Abs. 2 die mit dem Inkrafttreten des Beamtenversorgungsgesetzes (vom , BGBl I S. 2485) in § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG übernommene Vorgängervorschrift. In der Gesetzesbegründung (BTDrucks 7/1328 S. 70) wird hervorgehoben, dass die Berücksichtigung zusätzlicher Zeiten bei der Beamtenversorgung der Gewinnung qualifizierten Nachwuchses für die Forschung und Lehre an den Hochschulen dient. Zur Sollvorschrift heißt es:

Im Fall des § 47 Abs. 1 Nr. 2a, Halbsatz 2 ist es folgerichtig, die Anrechnung entsprechender Zeiten als Sollvorschrift vorzusehen; denn in diesem Fall handelt es sich nicht nur um den Erwerb von Fachkenntnissen, die für das Hochschullehreramt förderlich sind, sondern auch um einen vom Gesetz selbst vorgesehenen Qualifikationsweg für das Hochschullehreramt.

23Diese Formulierung deutet lediglich darauf hin, dass die Berücksichtigungsfähigkeit von förderlichen Vordienstzeiten erweitert werden sollte.

24Daher bietet die Ermessensausübung im Rahmen des § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. eine Handhabe zu verhindern, dass Beamte aufgrund der Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig und deren zusätzlicher Anrechnung in einem anderen System der Alterssicherung eine höhere Gesamtversorgung aus öffentlichen Mitteln erhalten, als wenn sie diese Zeiten im Beamtenverhältnis abgeleistet hätten. Umgekehrt überschreitet die Versorgungsbehörde den gesetzlich eröffneten Ermessensspielraum, wenn sie eine Berücksichtigung ablehnt, obwohl der Beamte dadurch schlechter gestellt wird, als wenn er die Zeiten im Beamtenverhältnis verbracht hätte.

25Um dem Gesetzeszweck der Gleichstellung Rechnung zu tragen, muss die Versorgungsbehörde eine Vergleichsberechnung anstellen: Das Ermessen wird im Regelfall rechtsfehlerfrei ausgeübt, wenn die Berücksichtigung der Vordienstzeiten abgelehnt wird, soweit in dieser Zeit erworbene andere Versorgungsleistung die Ruhegehaltseinbuße ausgleicht. Die Gesamtversorgung aus Ruhegehalt und anderer Versorgungsleistung darf nicht niedriger ausfallen als das Ruhegehalt bei Berücksichtigung der Vordienstzeiten. Handelt es sich bei der anderen Versorgung um eine Rente im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BeamtVG, so muss die Behörde das Ermessen so ausüben, dass die Summe aus auszuzahlendem Ruhegehalt und Rente die Höchstgrenze gemäß § 55 Abs. 2 BeamtVG nicht unterschreitet. Die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten wird ermessensfehlerhaft, wenn sie dazu führt, dass dem Beamten ein Ruhegehalt unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze ausgezahlt und die Differenz nicht durch eine andere Versorgung ausgeglichen wird (Urteile vom a.a.O. Rn. 21 und vom a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).

26Die Ermessensausübung im Rahmen der §§ 10, 11 und § 67 Abs. 2 BeamtVG hat die in § 55 BeamtVG zum Ausdruck kommende gesetzliche Wertung zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen dürfen Leistungen der Altersversorgung, die von der Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG nicht erfasst werden, auch nicht zu Lasten des Beamten in die Ermessensausübung bei den Anrechnungsvorschriften einbezogen werden. Dies gilt allerdings nicht für Leistungen, die - wie die befreiende Lebensversicherung - an die Stelle der gesetzlichen Rente treten.

27Daher muss im vorliegenden Fall aufgeklärt werden, ob der Kläger mit der VBL-Rente und der befreienden Lebensversicherung einen (zumindest) gleichwertigen Versorgungsanteil erworben hat, wie er ihn erworben hätte, wenn er in dem maßgeblichen Zeitraum in einem Beamtenverhältnis gestanden hätte. Die Betrachtung hat isoliert auf diesen Zeitraum ( bis ) zu erfolgen. Nur soweit die anderweitige Versorgung des Klägers hinter dem zurück bleibt, was er in dieser Zeit in einem Beamtenverhältnis erdient hätte, ist eine Anrechnung gem. § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG gerechtfertigt.

28In Bezug auf die befreiende Lebensversicherung ist zudem zu ermitteln, ob und in welcher Höhe der Arbeitgeber Zuschüsse gezahlt hat. Es handelt sich um eine vom Kläger abgeschlossene private Altersvorsorge, die nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Kläger sie ausschließlich oder weit überwiegend aus eigenen Mitteln finanziert hat (Urteil vom a.a.O. Rn. 28 m.w.N., Rn. 31). Dies bedeutet, dass bei einer zu mehr als 10 v.H. vom Arbeitgeber finanzierten befreienden Lebensversicherung nur der vom Arbeitgeber finanzierte Anteil Auswirkungen auf die Höhe des Ruhegehalts haben kann. Der Senat zieht insoweit den Rechtsgedanken des § 10 Abs. 2 BeamtVG a.F. he-ran, der eine anteilige Berücksichtigung der Zeiten im Verhältnis zum vom Beamten gezahlten Anteil nahe legt. Es darf dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, wenn und soweit er mit eigenen Mitteln Altersvorsorge betrieben hat (vgl. Urteil vom a.a.O. Rn. 28 m.w.N).

29Soweit der Kläger seine Anschlussrevision zurückgenommen hat, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO einzustellen. Ein Kostenausspruch erfolgt gleichwohl nicht, da dieser der einheitlichen Kostenentscheidung in der Schlussentscheidung vorbehalten ist.

Fundstelle(n):
NAAAE-07535