EuGH Urteil v. - C-288/09 und C-289/09

Empfänger und Decoder für digitales Satellitenfernsehen mit Aufzeichnungsfunktion - Zeitliche Gültigkeit einer verbindlichen Zolltarifauskunft

Leitsatz

1. Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnungen (EG) Nrn. 1549/2006 der Kommission vom und 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Set-Top-Boxen mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte wie die "Sky+"-STB, Modell DRX 280, ungeachtet der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Unterposition 8528 71 13 zuzuweisen sind.

2. Art. 12 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung und Art. 12 Abs. 1 und 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Zollbehörden verbindliche Zolltarifauskünfte erteilen müssen, die im Einklang mit den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur stehen. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Erläuterungen mit der Kombinierten Nomenklatur und der Einreihung der Waren, ist es Sache der Wirtschaftsteilnehmer, gemäß Art. 243 der Verordnung Nr. 2913/92 einen Rechtsbehelf bei der zuständigen Behörde einzulegen. Das angerufene Gericht entscheidet über die Tarifierung der Ware, erforderlichenfalls, nachdem es dem Gerichtshof unter den in Art. 267 AEUV vorgesehenen Bedingungen eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Außerdem hat der Mitgliedstaat, dem diese Behörden unterstehen, die Möglichkeit, im Verfahren nach Art. 8 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates geänderten Fassung den in Art. 247 der Verordnung Nr. 2913/92 in ihrer geänderten Fassung vorgesehenen Ausschuss anzurufen.

3. Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verordnung Nr. 1549/2006 als Verordnung im Sinne des genannten Artikels gilt. Eine verbindliche Zolltarifauskunft, die wegen des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1549/2006 nicht mehr der Kombinierten Nomenklatur entsprach, ist nach dem Datum dieses Inkrafttretens ungültig geworden.

4. Art. 12 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass, wenn gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 254/2000 geänderten Fassung eine Verordnung zur Änderung der Kombinierten Nomenklatur erlassen wird und diese Verordnung keine Frist festlegt, während deren sich der Inhaber einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die ungültig wird, gleichwohl noch auf sie berufen kann, dieser Inhaber die betreffende Auskunft nicht mehr verwenden kann.

Instanzenzug: Firsttier Tribunal (Tax Chamber) (Vereinigtes Königreich), Enscheidung vom

Gründe

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Unterpositionen 8521 90 00 und 8528 71 13 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnungen (EG) Nrn. 1549/2006 der Kommission vom (ABl. L 301, S. 1) und 1214/2007 der Kommission vom (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN) und die Auslegung von Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i und Abs. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (ABl. 1997, L 17, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen der British Sky Broadcasting Group plc (im Folgenden: Sky) bzw. der Pace plc (im Folgenden: Pace) auf der einen und den Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs (im Folgenden: Commissioners) auf der anderen Seite wegen der Tarifierung von Modellen von Set-Top-Boxen, die mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte ausgestattet sind, und der Zahlung der Zölle für diese Waren.

Rechtlicher Rahmen

Tarifierung

Internationale Tarifierung

Das am in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen, mit dem das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) eingeführt wurde, und das dazugehörige Änderungsprotokoll vom (im Folgenden: HS-Übereinkommen) wurden mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom (ABl. L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt.

Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a des HS-Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre zolltarifliche und statistische Nomenklatur mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS sowie die dazugehörigen Codenummern zu verwenden, ohne etwas hinzuzufügen oder zu ändern, und die Nummernfolge des HS einzuhalten. Außerdem sind die Vertragsparteien nach dieser Bestimmung verpflichtet, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu dessen Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen anzuwenden und den Geltungsbereich dieser Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen nicht zu verändern.

Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens - jetzt Weltzollorganisation -, der durch das am in Brüssel unterzeichnete Abkommen über seine Gründung errichtet wurde, genehmigt nach Maßgabe von Art. 8 des HS-Übereinkommens die von dem in Art. 6 des Übereinkommens geregelten Ausschuss für das HS ausgearbeiteten Erläuterungen und Einreihungsavise. Nach Art. 7 Abs. 1 des HS-Übereinkommens besteht die Aufgabe dieses Ausschusses u. a. darin, Änderungen des HS-Übereinkommens vorzuschlagen und Erläuterungen, Einreihungsavise und sonstige Stellungnahmen zur Auslegung des HS auszuarbeiten.

In den Erläuterungen zu Position 8521 des HS heißt es:

"...

A.- Videogeräte zur Bild- und Tonaufnahme und kombinierte Videogeräte zur Bild- und Tonaufnahme und -wiedergabe

Diese Geräte zeichnen, wenn sie an eine Fernsehkamera oder ein Fernsehempfangsgerät angeschlossen sind, auf einem Träger elektrische Impulse (analoge Signale) oder in digitalen Code (oder eine Kombination von solchen) umgewandelte analoge Signale auf ... Die Aufzeichnung kann magnetisch oder optisch erfolgen, und als Aufzeichnungsmedium dienen gewöhnlich Platten oder Kassetten.

...

Nicht zu dieser Position gehören:

...

c) Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät, Videomonitore und Videoprojektoren (Nr. 8528)."

Zu Position 8528 des HS heißt es in den Erläuterungen:

"...

D.- Fernsehempfangsgeräte

Diese Gruppe umfasst Geräte mit oder ohne Video-Anzeige oder Bildschirm, auch für den Einbau eines solchen ausgelegt, wie:

1) Fernsehempfänger (über Hausantenne, Kabel oder Satellit), ohne Anzeigevorrichtung (z. B. Kathodenstrahlröhre oder Flüssigkristallanzeige). Diese Geräte empfangen Signale und wandeln sie in solche zum Anzeigen um. Sie können auch ein Modem für den Internet-Zugriff beinhalten.

Diese Empfangsapparate sind bestimmt zur Verwendung mit Video-Aufnahme- und -Wiedergabegeräten, Monitoren, Projektoren oder Fernsehgeräten. Vorrichtungen, die lediglich das Hochfrequenz-Fernsehsignal abtrennen (manchmal Video-Tuner genannt), werden als Teile unter die Nr. 8529 eingereiht.

...

3) Fernsehempfänger aller Art (mit Flüssigkristallen [LCD], Plasma, Kathodenstrahlröhre [CRT] usw.) für den Haushalt (Fernsehgerät), auch mit eingebautem Radioempfänger, Videokassetten-Rekorder, DVD-Abspielgerät, DVD-Rekorder, Satellitenempfänger usw.

...

Nicht zu dieser Position gehören:

a) Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe (Nr. 8521).

..."

Die KN

Die KN beruht auf dem HS. Sie übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS, nur die siebte und die achte Stelle bilden spezielle Unterteilungen der KN.

Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom (ABl. L 28, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87) veröffentlicht die Europäische Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung gilt jeweils ab 1. Januar des folgenden Jahres.

Gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 2658/87 kann der in Art. 247 des Zollkodex vorgesehene Ausschuss alle Fragen prüfen, die ihm der Vorsitzende auf Antrag eines Vertreters eines Mitgliedstaats in Zusammenhang u. a. mit der KN vorlegt.

Die auf die Rechtssache C-289/09 anwendbare Fassung der KN ist diejenige, die sich aus der am in Kraft getretenen Verordnung Nr. 1549/2006 ergibt.

Die auf die Rechtssache C-288/09 anwendbare Fassung der KN ist diejenige, die sich aus der am in Kraft getretenen Verordnung Nr. 1214/2007 ergibt.

Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN sind in deren Teil I Titel I Buchst. A enthalten. Diese Vorschriften sind in den Fassungen der KN aufgrund der Verordnungen Nrn. 1549/2006 und 1214/2007 identisch und bestimmen:

"Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

...

3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

...

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

...

...

6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln."

Teil II der KN enthält einen Abschnitt XVI. Dieser Abschnitt umfasst das Kapitel 85, das elektrischen Maschinen, Apparaten, Geräten und anderen elektrotechnischen Waren sowie Teilen davon, Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräten, Bild- und -Tonaufzeichnungs- oder -wiedergabegeräten für das Fernsehen sowie Teilen und Zubehör für diese Geräte gewidmet ist.

Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN lautet:

"Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammenarbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen."

Der Wortlaut der Positionen 8521 und 8528 ist in den Fassungen der KN aufgrund der Verordnungen Nrn. 1549/2006 und 1214/2007 identisch. Außerdem sehen diese Verordnungen keine Frist nach der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung vor, während deren der Inhaber einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die ungültig wird, diese noch verwenden kann.

Die Position 8521 der KN umfasst:

"8521 Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner:

8521 10 - Magnetbandgeräte:

...

8521 90 00 -andere".

Die Position 8528 der KN umfasst:

"8528 Monitore und Projektoren, ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät; Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät:

...

- Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät:

8528 71 --der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet:

...

8528 71 13 ----Geräte auf Mikroprozessorbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen ('Set-Top-Boxen [STB] mit Kommunikationsfunktion')".

Erläuterungen zur KN

Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2658/87 erstellt die Kommission Erläuterungen zur KN, die sie regelmäßig im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In den am (ABl. C 112, S. 8) veröffentlichten Erläuterungen heißt es zu den Unterpositionen 8521 und 8528:

"8521 90 00 Andere

Zu dieser Unterposition gehören Geräte ohne Bildschirm, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen, so genannte 'Set-Top-Boxen', die eine Aufzeichnungs- oder Wiedergabevorrichtung enthalten (z. B. eine Festplatte oder ein DVD-Laufwerk).

...

8528 71 13 Geräte auf Mikroprozessorbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen ('Set-Top-Boxen [STB] mit Kommunikationsfunktion').

Zu dieser Unterposition gehören Geräte ohne Bildschirm, so genannte 'Set-Top-Boxen mit Kommunikationsfunktion', die im Wesentlichen folgende Hauptbestandteile enthalten:

- einen Mikroprozessor,

- einen Videotuner.

Ein HF-Anschluss ist ein Hinweis darauf, dass ein Videotuner vorhanden ist,

- ein Modem.

...

Set-Top-Boxen, die eine Aufzeichnungs- oder Wiedergabevorrichtung (zum Beispiel eine Festplatte oder ein DVD-Laufwerk) enthalten, gehören nicht zu dieser Unterposition (Unterposition 8521 90 00).

..."

Zu dem für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt galt für Geräte der Unterposition 8521 90 00 ein Einfuhrzollsatz von 13,9 %, während die zur Unterposition 8528 71 13 gehörenden Geräte vom Zoll befreit waren.

Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen von 1994 und Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie

Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) von 1994 (im Folgenden: GATT 1994) und insbesondere die Vereinbarung zur Auslegung des Artikels II Absatz 1 Buchstabe b) des GATT sind Teil des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), das am in Marrakesch unterzeichnet und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche genehmigt wurde (ABl. L 336, S. 1).

Das Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie, das aus der am auf der ersten Konferenz der WTO in Singapur angenommenen Ministererklärung über den Handel mit Waren der Informationstechnologie sowie ihren Anhängen und Anlagen besteht (im Folgenden: ITA), sowie die Mitteilung über seine Durchführung wurden mit dem Beschluss 97/539/EG des Rates vom über die Beseitigung der Zölle auf Waren der Informationstechnologie (ABl. L 155, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt. Nach Abs. 1 ITA sollten sich die Handelsregelungen einer jeden Vertragspartei so entwickeln, dass der Marktzugang für Waren der Informationstechnologie verbessert wird.

Gemäß Abs. 2 ITA bindet und beseitigt jede Vertragspartei die Zölle und die anderen Abgaben und Belastungen jeder Art im Sinne des Art. II Abs. 1 Buchst. b des GATT 1994 für bestimmte Waren, darunter "Set-Top-Boxen mit Kommunikationsfunktion: Vorrichtungen mit Mikroprozessor, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss und für den interaktiven Informationsaustausch".

Am wurde die Verordnung (EG) Nr. 2559/2000 des Rates zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 (ABl. L 293, S. 1) erlassen, um, wie aus ihrem zweiten Erwägungsgrund hervorgeht, das ITA anzuwenden.

Zollrecht

Das Zollrecht umfasst den Zollkodex und die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom (ABl. 1997, L 9, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung).

Zollkodex

In Art. 4 des Zollkodex heißt es:

"Im Sinne dieses Zollkodex ist oder sind

...

5. Entscheidung: eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des Zollrechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechtswirkung für eine oder mehrere bestimmte oder bestimmbare Personen; dieser Begriff umfasst unter anderem eine verbindliche Auskunft im Sinne von Artikel 12;

..."

Art. 12 Abs. 1 bis 6 des Zollkodex bestimmt:

"(1) Auf schriftlichen Antrag erteilen die Zollbehörden nach Modalitäten, die im Wege des Ausschussverfahrens festgelegt werden, verbindliche Zolltarifauskünfte oder verbindliche Ursprungsauskünfte.

(2) Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bzw. der Feststellung des Ursprungs der Waren.

...

(5) Eine verbindliche Auskunft wird ungültig, wenn

a) bei zolltariflichen Fragen:

i) sie aufgrund des Erlasses einer Verordnung dem damit gesetzten Recht nicht mehr entspricht;

ii) sie mit der Auslegung einer Nomenklatur im Sinne von Artikel 20 Absatz 6 nicht mehr vereinbar ist,

- entweder auf Gemeinschaftsebene aufgrund einer Änderung der Erläuterungen der Kombinierten Nomenklatur oder eines Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften

...

(6) Eine verbindliche Auskunft, die nach Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) oder iii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) oder iii) ungültig wird, kann von dem Berechtigten noch sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung verwendet werden ...

In dem in Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer i) und Buchstabe b) Ziffer i) genannten Fall kann in der Verordnung oder dem Abkommen eine Frist für die Anwendung des Unterabsatzes 1 festgelegt werden.

..."

Art. 243 des Zollkodex sieht vor:

"(1) Jede Person kann einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts einlegen, die sie unmittelbar und persönlich betreffen.

...

Der Rechtsbehelf ist in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem die Entscheidung getroffen oder beantragt wurde.

(2) Ein Rechtsbehelf kann eingelegt werden:

a) auf einer ersten Stufe bei der von den Mitgliedstaaten dafür bestimmten Zollbehörde;

b) auf einer zweiten Stufe bei einer unabhängigen Instanz; dabei kann es sich nach dem geltenden Recht der Mitgliedstaaten um ein Gericht oder eine gleichwertige spezielle Stelle handeln."

Den Art. 247 und 247a des Zollkodex ist zu entnehmen, dass die Kommission zur Durchführung dieses Kodex von einem Ausschuss für den Zollkodex unterstützt wird.

Durchführungsverordnung

Art. 11 der Durchführungsverordnung lautet:

"Eine von den Zollbehörden eines Mitgliedstaats ab dem erteilte verbindliche Zolltarifauskunft bindet in gleicher Weise alle anderen Mitgliedstaaten."

In Art. 12 der Verordnung heißt es:

"(1) Nach Erlass eines Rechtsakts oder einer Maßnahme nach Artikel 12 Absatz 5 des Zollkodex treffen die Zollbehörden alle erforderlichen Vorkehrungen, damit nur noch verbindliche Auskünfte erteilt werden, die mit dem betreffenden Rechtsakt oder der betreffenden Maßnahme im Einklang stehen.

(2) a) Bei verbindlichen Zolltarifauskünften sind für die Anwendung des Absatzes 1 folgende Zeitpunkte in Betracht zu ziehen:

...

- für Maßnahmen gemäß Artikel 12 Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) des Zollkodex über Änderungen der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Reihe C;

..."

Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen

Rechtssache C-288/09

Sky ist ein Anbieter digitaler Satellitenfernsehdienste. Sie führt einen Typ von Set-Top-Boxen, die mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte ausgestattet sind, in das Vereinigte Königreich ein. Diese Boxen werden als "Sky+-STB, Modell DRX 280" (im Folgenden: "Sky+"-STB) bezeichnet.

Die "Sky+"-STB ist ein Satellitenfernsehempfänger. Ein solcher Empfänger empfängt und decodiert digitale Fernsehsignale, die über die Plattform für das Satellitenfernsehen eines Fernsehveranstalters wie Sky übertragen werden. Das Signal wird erst decodiert, wenn es zur Darstellung auf dem Videobildschirm eines Fernsehgerätes weitergeleitet wird.

Der Fernsehveranstalter sendet per Satellit digitale Fernsehsignale, die bei einem rauscharmen Blockumsetzer eingehen, der sich an der Satellitenschüssel am Wohnsitz des Endabnehmers befindet. Das digitale Signal wird anschließend über ein Kabel an den Empfänger geleitet.

Die "Sky+"-STB ist speziell dazu bestimmt und so programmiert, dass sie ausschließlich die über die Satellitenplattform von Sky zur Verfügung gestellten digitalen Fernsehsignale empfängt und decodiert.

In die "Sky+"-STB ist kein Videobildschirm eingebaut. Sie enthält ein Modem für den Internetanschluss und ermöglicht damit einen interaktiven Informationsaustausch.

In die "Sky+"-STB ist eine Festplatte eingebaut. Die Hälfte des Speicherplatzes dieser Festplatte wird von den Sky-Diensten genutzt, um die Nutzung der Video-on-Demand-Funktion zu ermöglichen. Die andere Hälfte kann der Endverbraucher für die Aufzeichnung von Fernsehprogrammen nutzen, die von der Satellitenplattform von Sky stammen. Die "Sky+"-STB ermöglicht keine Aufzeichnung von Videoinhalten, die von anderen externen Geräten, einschließlich Fernsehempfangsgeräten, Kameras oder Videorekordern, stammen. Sie eignet sich auch nicht zur Wiedergabe von Videoinhalten externer Träger wie DVDs oder Videobändern. Ebenso wenig kann sie Videoinhalte auf solchen externen Trägern speichern.

Beschränkt sich der Endverbraucher darauf, live fernzusehen, wird die Festplatte der "Sky+"-STB nicht benötigt. Die "Sky+"-STB wird in diesem Fall als bloßes Fernsehempfangsgerät eingesetzt. Hingegen könnte sie allein mit ihrer Festplatte ohne Empfang eines digitalen Fernsehsignals nicht funktionieren, da sie, selbst bei der Wiedergabe des Inhalts dieser Festplatte, nur funktionsfähig ist, wenn sie von der Satellitenplattform von Sky ein solches Signal empfängt.

Am beantragte Sky bei den Commissioners eine verbindliche Zolltarifauskunft für die "Sky+"-STB. Am erteilten diese eine solche Auskunft, mit der sie die "Sky+"-STB in die Unterposition 8521 90 00 der KN einreihten.

Sky legte gegen die verbindliche Zolltarifauskunft Widerspruch ein und machte geltend, dass das Gerät als eine Set-Top-Box mit Kommunikationsfunktion, d. h. als ein der Position 8528 zuzuweisendes "Fernsehempfangsgerät", in Unterposition 8528 71 13 der KN einzureihen sei.

Das Customs and International Reviews and Appeals Team wies den Widerspruch mit Bescheid vom zurück.

Am erhob Sky gegen diesen Bescheid Klage beim VAT and Duties Tribunal London, aus dem seit das First-tier Tribunal (Tax Chamber) geworden ist.

Unter diesen Umständen hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist eine Set-Top-Box mit den Spezifikationen der "Sky+"-STB - ungeachtet der Erläuterungen der Kommission zur KN vom betreffend die KN-Unterpositionen 8521 90 00 und 8528 71 13 - in die Unterposition 8528 71 13 der KN einzureihen, wie dies in der Verordnung Nr. 1214/2007 zur Änderung von Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 vorgesehen ist?

2. Verpflichtet Art. 12 Abs. 5 Buchst. a des Zollkodex die nationalen Zollbehörden zu verbindlichen Zolltarifauskünften, die im Einklang mit den Erläuterungen zur KN stehen, sofern und solange diese Erläuterungen nicht für mit dem Wortlaut der betreffenden Bestimmung der KN, einschließlich der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur, unvereinbar erklärt worden sind, oder können sich die nationalen Zollbehörden in der Sache eine eigene Meinung bilden und die Erläuterungen unbeachtet lassen, wenn sie eine Unvereinbarkeit für gegeben halten?

3. Falls eine Set-Top-Box mit den Spezifikationen der "Sky+"-STB der KN-Unterposition 8521 90 00 zuzuweisen ist, ist dann die Anwendung eines positiven Zollsatzes als Verstoß gegen die Verpflichtungen der Europäischen Union aus dem ITA und Art. II Abs. 1 Buchst. b des GATT 1994 unionsrechtlich unzulässig oder ergibt sich aus der Einreihung in die Position 8521 die Konsequenz, dass die fragliche Ware nicht in den Geltungsbereich des betreffenden Teils des ITA fällt?

Rechtssache C-289/09

Pace ist Hersteller und Importeur von Set-Top-Boxen, die mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte ausgestattet sind (im Folgenden: STB-HDD), die zur Lieferung an Anbieter von Abonnement-Fernsehdiensten bestimmt sind. Pace führt diese Boxen in das Vereinigte Königreich ein, u. a. das Modell TDS 470NB SD PVR (auch als "Sky+"-STB bekannt), das für Sky hergestellt und von dieser als "Modell DRX 280" bezeichnet wird.

Die STB-HDD besitzen die in den Randnrn. 33 bis 38 des vorliegenden Urteils beschriebenen Merkmale.

Darüber hinaus stellt Pace auch zahlreiche Set-Top-Boxen mit Kommunikationsfunktion her, in die keine Festplatten eingebaut sind. Es handelt sich u. a. um die Modelle DS 430NB und DS 250NV. Diese Modelle wurden in die Unterposition 8528 71 13 eingereiht.

Am erteilten die Commissioners Pace eine verbindliche Zolltarifauskunft, mit der die "Sky+"-STB in die Unterposition 8528 12 91 der KN in ihrer Fassung aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom 7. September 2004 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2658/87 (ABl. L 327, S. 1) eingereiht wurde. Nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1549/2006 am wurde diese Unterposition zur Unterposition 8528 71 13. Die geringfügigen technischen bzw. gerätespezifischen Unterschiede zwischen den einzelnen STB-HDD spielen für ihre Tarifierung keine Rolle.

Mit Schreiben vom und teilten die Commissioners Pace mit, dass "mit Wirkung vom die KN-Codes erheblich geändert werden" und dass "aufgrund der Code-Änderungen die verbindliche Zolltarifauskunft [vom ] mit Wirkung vom ungültig wird". Dem vorlegenden Gericht zufolge wurden diese Schreiben Pace niemals zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom teilten die Commissioners mit, dass sich die verbindliche Zolltarifauskunft vom auch auf die Serie STB-HDD TDS 460 - die zwei Modelle umfasst, nämlich TDS 460NV und TDS 460NS - erstrecke, solange sie gültig bleibe.

Mit einem weiteren Schreiben vom erklärten die Commissioners, dass die verbindliche Zolltarifauskunft vom nach Maßgabe von Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex infolge der durch die HS-Novellierung eingeführten Code-Änderungen und der jährlichen Tarifaktualisierung zum ungültig geworden sei.

Am forderten die Commissioners Pace zur Nachentrichtung des Zolls für alle von Januar 2007 bis April 2008 eingeführten STB-HDD einschließlich der "Sky+"-STB auf. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass die STB-HDD in eine falsche KN-Position eingereiht worden seien, und zwar die Unterposition 8528 71 13, und richtigerweise der Unterposition 8521 90 00 zugewiesen werden müssten.

Am beantragte Pace die Überprüfung des Bescheids der Commissioners. Am bestätigte das Customs and International Reviews and Appeals Team seine Entscheidung, die fraglichen STB-HDD unter die Nr. 8521 90 00 einzureihen.

Am erhob Pace gegen den Bescheid des Customs and International Reviews and Appeals Team Klage beim VAT and Duties Tribunal Manchester. Am wurde diese Klage an das First-tier Tribunal (Tax Chamber) verwiesen.

In ihrer Klage zieht Pace die Vereinbarkeit der Erläuterungen zur KN mit der KN in Zweifel. Die verbindliche Zolltarifauskunft zu den betreffenden Boxen sei nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1549/2006 sechs Monate lang gültig geblieben, und Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex müsse dahin ausgelegt werden, dass es sich bei der Verordnung Nr. 1549/2006 nicht um eine "Verordnung" im Sinne dieser Bestimmung handele.

Unter diesen Umständen hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist eine Set-Top-Box mit einer Kommunikationsfunktion (STB) und einer Festplatte (HDD) - ungeachtet der Erläuterungen der Europäischen Kommission zur KN vom betreffend die KN-Unterpositionen 8521 90 00 und 8528 71 13 - in Unterposition 8528 71 13 der KN einzureihen, wie dies in den Verordnungen Nrn. 1549/2006 und 1214/2007 vorgesehen ist?

2. Falls eine STB mit einer Festplatte, die die Spezifikationen einer STB-HDD aufweist, der KN-Unterposition 8521 90 00 zuzuweisen ist, ist dann die Anwendung eines positiven Zollsatzes als Verstoß gegen die Verpflichtungen der Union aus dem ITA und Art. II Abs. 1 Buchst. b des GATT 1994 unionsrechtlich unzulässig oder ergibt sich aus der Einreihung in die Position 8521 die Konsequenz, dass die fragliche Ware nicht in den Geltungsbereich des betreffenden Teils des ITA fällt?

3. Ist Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex dahin zu verstehen, dass die verbindliche Zolltarifauskunft vom , auf die sich die Pace stützt, am 31. Dezember 2006 automatisch ungültig geworden ist, weil sie dem mit der Verordnung Nr. 1549/2006 gesetzten Recht nicht mehr entsprach? Ist Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex insbesondere dahin auszulegen, dass die Verordnung Nr. 1549/2006 nicht als Verordnung im Sinne des genannten Artikels gilt, weil sie entweder eine jährliche Aktualisierung der KN darstellt oder weil es sich bei ihr nicht um eine spezielle Tarifierungsverordnung handelt?

4. Ist Art. 12 Abs. 6 des Zollkodex dahin zu verstehen, dass im Fall einer jährlichen KN-Aktualisierung, die keine Bestimmung über die Dauer einer den Inhabern von verbindlichen Zolltarifauskünften zustehenden Gnadenfrist enthält, die Inhaber keinen Anspruch auf eine Gnadenfrist haben, oder ist ihnen nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ein Anspruch auf die bei Tarifierungsverordnungen der Kommission übliche Gnadenfrist von sechs Monaten zuzuerkennen?

Mit Beschluss vom hat der Präsident des Gerichtshofs die Rechtssachen C-288/09 bis C-289/09 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren verbunden.

Da diese beiden Rechtssachen miteinander in Zusammenhang stehen, sind sie nach Art. 43 in Verbindung mit Art. 103 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

Zu den Vorlagefragen

Zu der jeweils ersten Frage in den Rechtssachen C-288/09 und C-289/09

Mit diesen Fragen möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob die KN dahin auszulegen ist, dass Set-Top-Boxen mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte wie die "Sky+"-STB ungeachtet der Erläuterungen zur KN vom , denen zufolge diese Boxen in die Unterposition 8521 90 00 fallen, der Unterposition 8528 71 13 zuzuweisen sind.

Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN sehen vor, dass für die Einreihung von Waren an erster Stelle der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend ist, wohingegen die Überschriften der Abschnitte und Kapitel nur als Hinweise betrachtet werden.

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteile vom , Peacock, C-339/98, Slg. 2000, I-8947, Randnr. 9, vom , Intermodal Transports, C-495/03, Slg. 2005, I-8151, Randnr. 47, vom , Olicom, C-142/06, Slg. 2007, I-6675, Randnr. 16, und vom , Kamino International Logistics, C-376/07, Slg. 2009, I-1167, Randnr. 31).

Nach den Erläuterungen zur KN vom gehören Set-Top-Boxen, die eine Aufzeichnungs- oder Wiedergabevorrichtung (z. B. eine Festplatte) enthalten, nicht zur Unterposition 8528 71 13 und sind in die Unterposition 8521 90 00 einzureihen.

Demgegenüber gehörten nach den Erläuterungen zum HS, die zu dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt galten, Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Aufzeichnungsgerät, nicht zur Position 8521 und waren in die Position 8528 einzureihen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tragen die zur KN von der Kommission und zum HS von der Weltzollorganisation ausgearbeiteten Erläuterungen erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen bei, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein (vgl. Urteile vom , Develop Dr. Eisbein, C-35/93, Slg. 1994, I-2655, Randnr. 21, vom , B.A.S. Trucks, C-400/05, Slg. 2007, I-311, Randnr. 28, und vom , Metherma, C-403/07, Slg. 2008, I-8921, Randnr. 48).

Der Inhalt der KN-Erläuterungen, die nicht die HS-Erläuterungen ersetzen, sondern als Ergänzung zu betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Van Landeghem, C-486/06, Slg. 2007, I-10661, Randnr. 36) und zusammen mit diesen heranzuziehen sind, muss daher den Bestimmungen der KN entsprechen und darf deren Bedeutung nicht verändern (vgl. u. a. Urteil Kamino International Logistics, Randnr. 48).

Stellt sich heraus, dass die Erläuterungen zur KN dem Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln zuwiderlaufen, sind sie folglich nicht zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Sunshine Deutschland Handelsgesellschaft, C-229/06, Slg. 2007, I-3251, Randnr. 31, vom , JVC France, C-312/07, Slg. 2008, I-4165, Randnr. 34, sowie Urteil Kamino International Logistics, Randnrn. 49 und 50).

Die Unterposition 8521 90 00 betrifft, wie aus ihrem Wortlaut hervorgeht, Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner, sofern die Aufzeichnung auf einem anderen Träger als einem Magnetbandgerät erfolgt. Geräte, die für die Aufzeichnung ein Magnetbandgerät verwenden, gehören zur Unterposition 8521 10.

Die Position 8528 umfasst u. a. Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Ton- oder Bildaufzeichnungsgerät. Die Unterposition 8528 71 13 bezieht sich auf Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Ton- oder Bildaufzeichnungsgerät, die der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind, auf Mikroprozessorbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, die zum Empfang von Fernsehsignalen geeignet sind.

Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, stimmen die Ausdrücke "Empfang von Videosignalen" und "Empfang von Fernsehsignalen" in ihrer Bedeutung überein.

Diesen Definitionen ist zu entnehmen, dass Waren, die unter diese beiden Unterpositionen fallen, Fernsehsignale sowohl empfangen als auch aufzeichnen können. Der Unterschied zwischen den beiden Unterpositionen liegt darin, ob es sich bei den betreffenden Funktionen um Haupt- oder Zusatzfunktionen handelt. Die Unterposition 8521 90 00 betrifft Aufzeichnungsgeräte, die zusätzlich eine Fernsehempfangsfunktion haben, während sich die Unterposition 8528 71 13 auf Fernsehempfangsgeräte bezieht, die zusätzlich eine Aufzeichnungsfunktion besitzen.

Nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN, zu dem die betreffenden Unterpositionen gehören, "sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammenarbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen".

Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende "Sky+"-STB, deren Funktionsweise in den Randnrn. 33 bis 38 des vorliegenden Urteils beschrieben wird, verfügt unbestreitbar sowohl über die Funktion der Aufzeichnung als auch die des Empfangs von Fernsehsignalen. Sie stellt sich daher als eine Maschine, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt ist, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, im Sinne von Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN dar.

Deshalb ist zu prüfen, welche der beiden Funktionen der Aufzeichnung oder des Empfangs von Fernsehsignalen die Haupt- und welche die Zusatzfunktion ist.

Zunächst ist die Anregung der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen, dass die Einreihung in die eine oder die andere Unterposition danach vorgenommen werden könne, wie viele Stunden an Programmen auf der Festplatte der "Sky+"-STB gespeichert werden könnten, zurückzuweisen. Da diese Dauer weder in der KN noch in den Erläuterungen zu ihr klar definiert ist, ist dieses Unterscheidungskriterium nämlich nicht mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit vereinbar.

Auch die Tatsache, dass die "Sky+"-STB allein mit ihrer Festplatte nicht funktionieren kann und dass die Festplatte beim Betrachten von Fernsehprogrammen nicht benötigt wird und der Empfang von Fernsehsignalen für das Funktionieren der "Sky+"-STB somit unerlässlich ist, erlaubt nicht die Feststellung, welches die Hauptfunktion des Geräts ist. Wie nämlich die Kommission zu Recht bemerkt hat, verleiht die Tatsache, dass eine Funktion eines Geräts unerlässlich ist, als solche dieser Funktion nicht die Eigenschaft einer Hauptfunktion, da eine Funktion unerlässlich sein und gleichzeitig zweitrangigen oder Zusatzcharakter haben kann.

Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass die "Sky+"-STB nicht die Aufzeichnung von Videoinhalten ermöglicht, die von anderen externen Geräten, einschließlich Fernsehempfangsgeräten, Kameras oder Videorekordern, stammen, dass sie sich auch nicht zur Wiedergabe von Videoinhalten externer Träger wie DVDs oder Videobändern eignet und dass sie keine Videoinhalte auf solchen externen Trägern speichern kann. Auch wenn diese Aspekte keine objektiven Merkmale und Eigenschaften der "Sky+"-STB im Sinne der in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellen, sondern mehr die Interaktion zwischen den Funktionen Aufzeichnung und Empfang von Fernsehsignalen betreffen, geben sie sachdienliche Hinweise auf den Verwendungszweck der "Sky+"-STB.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein kann, sofern er der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lässt (vgl. u. a. Urteile vom 28. März 2000, Holz Geenen, C-309/98, Slg. 2000, I-1975, Randnr. 15, vom 5. April 2001, Deutsche Nichimen, C-201/99, Slg. 2001, I-2701, Randnr. 20, und vom , RUMA, C-183/06, Slg. 2007, I-1559, Randnr. 36).

Wie auch die Kommission in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat, muss hierzu berücksichtigt werden, was in den Augen des Verbrauchers die Haupt- oder die Zusatzfunktion ausmacht.

Sowohl den Vorlageentscheidungen als auch den Erklärungen, die dem Gerichtshof vorgelegt worden sind, ist zu entnehmen, dass Boxen des Typs "Sky+"-STB an Anbieter von Fernsehdiensten wie Sky verkauft werden, die sie ihren Kunden zur Verfügung stellen, damit diese Zugang zu den von ihnen angebotenen Programmen erhalten.

Schließt ein Verbraucher bei einem Anbieter wie Sky ein Abonnement ab, lässt er sich demnach hauptsächlich von dem Wunsch leiten, Zugang zu den angebotenen Fernsehprogrammen zu erhalten; hierfür muss er sich eine Box wie die "Sky+"-STB anschaffen. Die Möglichkeit, die empfangenen Fernsehprogramme aufzuzeichnen, mit der dieses Modell darüber hinaus ausgestattet ist, stellt nur einen zusätzlichen Dienst dar, den dieser Anbieter bereitstellt.

Die Interaktion zwischen den in Randnr. 75 des vorliegenden Urteils beschriebenen Funktionen der "Sky+"-STB, die eine Abhängigkeit der Aufzeichnungsfunktion von der des Empfangs der Fernsehsignale herstellt, zeigt, dass der Verbraucher, wenn er dieses Produkt wählt, nicht in erster Linie nach einer Aufzeichnungsfunktion sucht, sondern nach einer Funktion zur Entschlüsselung der Fernsehsignale, selbst wenn die Möglichkeit der Aufzeichnung oder die Anzahl an Stunden von Programmen, die aufgezeichnet werden können, seine Wahl beeinflussen kann.

Aus allen diesen Erwägungen geht hervor, dass die "Sky+"-STB hauptsächlich für den Empfang von Fernsehsignalen verwendet werden soll und dass diese Funktion dem Gerät innewohnt. Sie stellt daher seine Hauptfunktion dar, während die Aufzeichnungsfunktion nur zweitrangig ist.

Da die Erläuterungen zur KN somit der KN in diesem Punkt zuwiderlaufen, sind sie in Anwendung der in den Randnrn. 63 bis 65 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen eines Übereinkommens wie des ITA zwar für den Einzelnen keine Rechte begründen können, auf die er sich nach dem Unionsrecht unmittelbar vor den Gerichten berufen könnte, wenn eine Unionsregelung in dem betreffenden Bereich besteht, dass aber der Vorrang der von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Rechts gebietet, diese Bestimmungen nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den genannten Verträgen auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Kommission/Deutschland, C-61/94, Slg. 1996, I-3989, Randnr. 52, und vom , Monsanto Technology, C-428/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 72).

Nach alledem ist die KN dahin auszulegen, dass Set-Top-Boxen mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte wie die "Sky+"-STB ungeachtet der Erläuterungen zur KN der Unterposition 8528 71 13 zuzuweisen sind.

Zur dritten Frage in der Rechtssache C-288/09 und zur zweiten Frage in der Rechtssache C-289/09

Angesichts der Antwort auf die jeweils erste Frage in den beiden Rechtssachen sind die dritte Frage in der Rechtssache C-288/09 und die zweite Frage in der Rechtssache C-289/09 nicht zu beantworten.

Zur zweiten Frage in der Rechtssache C-288/09

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 12 Abs. 5 Buchst. a des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden verbindliche Zolltarifauskünfte erteilen müssen, die im Einklang mit den Erläuterungen zur KN stehen, zumindest solange diese Erläuterungen nicht für mit der KN unvereinbar erklärt worden sind, oder vielmehr dahin, dass sich diese Behörden nicht an die betreffenden Erläuterungen halten müssen, wenn sie zu der Auffassung gelangen, dass sie mit der KN unvereinbar sind.

Nach Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. ii erster Gedankenstrich wird eine verbindliche Auskunft ungültig, wenn sie aufgrund einer Änderung der Erläuterungen zur KN mit deren Auslegung nicht mehr vereinbar ist.

Diese Bestimmung behandelt im eigentlichen Sinne nicht die Pflichten der Zollbehörden bei der Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte, sondern das Ungültigwerden dieser Dokumente.

Selbst wenn in formaler Hinsicht das vorlegende Gericht seine Frage auf die Auslegung von Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. ii erster Gedankenstrich des Zollkodex beschränkt, soweit es um das Verhalten der Zollbehörden im Fall der Änderung der Erläuterungen zur KN geht, hindert dies den Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung aber nicht daran, diesem Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei seiner Fragestellung darauf Bezug genommen hat oder nicht (vgl. u. a. Urteile vom , Dyson, C-321/03, Slg. 2007, I-687, Randnr. 24, vom , Alevizos, C-392/05, Slg. 2007, I-3505, Randnr. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom , Wolf, C-229/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 32). Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten von dem einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. Urteil Wolf, Randnr. 32).

Die Frage ist deshalb dahin zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen will, ob daraus, dass die verbindlichen Zolltarifauskünfte aufgrund einer Änderung der Erläuterungen der KN ungültig werden, eine Pflicht der Zollbehörden hergeleitet werden kann, verbindliche Zolltarifauskünfte zu erteilen, die diesen Erläuterungen entsprechen.

Gemäß Art. 12 Abs. 1 und 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung müssen im Fall einer Änderung der Erläuterungen zur KN die Zollbehörden alle Maßnahmen treffen, damit ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der geänderten Erläuterungen im Amtsblatt der Europäischen Union nur noch verbindliche Zolltarifauskünfte erteilt werden, die mit ihnen im Einklang stehen.

Wie jedoch in Randnr. 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, sind die Erläuterungen zur KN zwar ein wichtiges Hilfsmittel, um eine einheitliche Auslegung der KN durch die Zollbehörden der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, doch sind sie rechtlich nicht verbindlich (vgl. Urteile Develop Dr. Eisbein, Randnr. 21, und vom , Clees, C-259/97, Slg. 1998, I-8127, Randnr. 12).

Aus diesen Erwägungen folgt, dass sich die Zollbehörden, wenn sie mit einem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft befasst sind, an die Erläuterungen zur KN halten müssen, damit die einheitliche Anwendung des Zollrechts in der Union sichergestellt wird. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Erläuterungen mit der KN und der Einreihung der Waren, ist es Sache der Wirtschaftsteilnehmer, einen Rechtsbehelf bei der zuständigen Behörde einzulegen.

Es ist Sache des Gerichts, das gemäß Art. 243 des Zollkodex mit einer Streitigkeit im Bereich der Tarifierung einer Ware befasst ist, diese nach den Bestimmungen der KN zu tarifieren, erforderlichenfalls, nachdem es dem Gerichtshof unter den in Art. 267 AEUV vorgesehenen Bedingungen eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.

Wie die Kommission bemerkt hat, hat ein Mitgliedstaat ferner, wenn seine Zollbehörden es mit einem Fall zu tun haben, in dem die Anwendung der Erläuterungen zu einem mit der KN unvereinbaren Ergebnis zu führen scheint, die Möglichkeit, im Verfahren nach Art. 8 der Verordnung Nr. 2658/87 den in Art. 247 des Zollkodex vorgesehenen Ausschuss anzurufen.

Folglich ist auf die zweite Frage in der Rechtssache C-288/09 zu antworten, dass Art. 12 Abs. 5 Buchst. a des Zollkodex und Art. 12 Abs. 1 und 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass die Zollbehörden verbindliche Zolltarifauskünfte erteilen müssen, die im Einklang mit den Erläuterungen zur KN stehen. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Erläuterungen mit der KN und der Einreihung der Waren, ist es Sache der Wirtschaftsteilnehmer, gemäß Art. 243 des Zollkodex einen Rechtsbehelf bei der zuständigen Behörde einzulegen. Das angerufene Gericht entscheidet über die Tarifierung der Ware, erforderlichenfalls, nachdem es dem Gerichtshof unter den in Art. 267 AEUV vorgesehenen Bedingungen eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Außerdem hat der Mitgliedstaat, dem diese Behörden unterstehen, die Möglichkeit, im Verfahren nach Art. 8 der Verordnung Nr. 2658/87 den in Art. 247 des Zollkodex vorgesehenen Ausschuss anzurufen.

Zur dritten Frage in der Rechtssache C-289/09

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Verordnung Nr. 1549/2006 als Verordnung im Sinne des genannten Artikels gilt. Genauer gesagt fragt das Gericht, ob eine verbindliche Zolltarifauskunft, die wegen des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1549/2006 nicht mehr der KN entsprach, nach dem Datum dieses Inkrafttretens ungültig geworden ist oder nicht.

Nach Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex wird eine verbindliche Zolltarifauskunft ungültig, wenn sie aufgrund des Erlasses einer Verordnung dem gesetzten Recht nicht mehr entspricht.

Wie die Kommission zu Recht bemerkt hat, bezieht sich Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex nicht nur auf Verordnungen, die, wie die Verordnung Nr. 1549/2006, gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 erlassen werden, sondern auch auf alle Verordnungen, die die Einreihung von Waren in die KN berühren oder festlegen.

Ab ist Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87, in dem sich die KN befindet, durch den Text im Anhang zu der Verordnung Nr. 1549/2006 ersetzt worden, wie sich aus Art. 1 Letzterer ergibt.

Dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1549/2006 zufolge sollte gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 deren Anhang I mit Wirkung vom durch eine vollständige Fassung der KN ersetzt werden.

Der Text der KN im Anhang der Verordnung Nr. 1549/2006 erwähnt nicht mehr die Unterposition 8528 12 91. Eine verbindliche Zolltarifauskunft, mit der eine Ware in diese Unterposition eingereiht wurde, entsprach nicht mehr der KN und war daher gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex mit Wirkung vom automatisch ungültig geworden.

Demnach ist auf die dritte Frage in der Rechtssache C-289/09 zu antworten, dass Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Verordnung Nr. 1549/2006 als Verordnung im Sinne des genannten Artikels gilt. Eine verbindliche Zolltarifauskunft, die wegen des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1549/2006 nicht mehr der KN entsprach, ist nach dem Datum dieses Inkrafttretens ungültig geworden.

Zur vierten Frage in der Rechtssache C-289/09

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 12 Abs. 6 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass, wenn gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 eine Verordnung zur Änderung der KN erlassen wird und diese Verordnung keine Frist festlegt, während deren sich der Inhaber einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die ungültig wird, gleichwohl noch auf sie berufen kann, dieser Inhaber die betreffende Auskunft nicht mehr verwenden kann, oder ob ihm dies nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes innerhalb der im Bereich der Tarifierung üblichen Frist von sechs Monaten doch möglich ist.

Gemäß Art. 12 Abs. 6 Unterabs. 2 des Zollkodex kann, wenn eine verbindliche Zolltarifauskunft nach Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex ungültig geworden ist, in der Verordnung eine Frist festgelegt werden, innerhalb deren diese Auskunft von dem Berechtigten unter den in Art. 12 Abs. 6 Unterabs. 1 des Zollkodex genannten Voraussetzungen noch verwendet werden kann.

Die verbindliche Zolltarifauskunft, die Pace am erteilt wurde, ist nicht infolge eines der in Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. ii) oder iii) des Zollkodex genannten Gründe ungültig geworden.

Die Verordnung Nr. 1549/2006 hat keine Frist festgelegt, während deren die Inhaber verbindlicher Zolltarifauskünfte, die wegen Inkrafttretens dieser Verordnung ungültig geworden sind, die betreffenden Auskünfte hätten verwenden können.

Was den Grundsatz des Vertrauensschutzes angeht, den die Wirtschaftsteilnehmer anführen könnten und der rechtfertigen würde, dass ihnen eine Frist für die Verwendung einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex ungültig geworden ist, eingeräumt wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 die Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN erlässt. Diese Verordnung wird spätestens bis zum 31. Oktober im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt ab dem 1. Januar des darauf folgenden Jahres.

Die Möglichkeit einer Änderung des Wortlauts oder des Inhalts der Positionen und Unterpositionen und die sich daran anschließende Gefahr, dass verbindliche Zolltarifauskünfte ungültig werden, ist daher vorhersehbar und sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmern bekannt.

Die Verordnung Nr. 1549/2005, die in die Kategorie der Verordnungen fällt, auf die sich Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 bezieht, ist gemäß dieser Bestimmung am 31. Oktober 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden und am in Kraft getreten.

Folglich können sich die Wirtschaftsteilnehmer nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um eine Frist in Anspruch zu nehmen, während deren sie eine verbindliche Zolltarifauskunft, die gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i des Zollkodex ungültig geworden ist, verwenden können, falls die Verordnung, auf die in dieser Bestimmung Bezug genommen wird, keine solche Frist vorgesehen hat.

Nach alledem ist auf die vierte Frage in der Rechtssache C-289/09 zu antworten, dass Art. 12 Abs. 6 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass, wenn gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 eine Verordnung zur Änderung der KN erlassen wird und diese Verordnung keine Frist festlegt, während deren sich der Inhaber einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die ungültig wird, gleichwohl noch auf sie berufen kann, dieser Inhaber die betreffende Auskunft nicht mehr verwenden kann.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnungen (EG) Nrn. 1549/2006 der Kommission vom und 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Set-Top-Boxen mit einer Kommunikationsfunktion und einer Festplatte wie die "Sky+"-STB, Modell DRX 280, ungeachtet der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Unterposition 8528 71 13 zuzuweisen sind.

2. Art. 12 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung und Art. 12 Abs. 1 und 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zum Zollkodex in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Zollbehörden verbindliche Zolltarifauskünfte erteilen müssen, die im Einklang mit den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur stehen. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern hinsichtlich der Vereinbarkeit der betreffenden Erläuterungen mit der Kombinierten Nomenklatur und der Einreihung der Waren, ist es Sache der Wirtschaftsteilnehmer, gemäß Art. 243 der Verordnung Nr. 2913/92 einen Rechtsbehelf bei der zuständigen Behörde einzulegen. Das angerufene Gericht entscheidet über die Tarifierung der Ware, erforderlichenfalls, nachdem es dem Gerichtshof unter den in Art. 267 AEUV vorgesehenen Bedingungen eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Außerdem hat der Mitgliedstaat, dem diese Behörden unterstehen, die Möglichkeit, im Verfahren nach Art. 8 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates geänderten Fassung den in Art. 247 der Verordnung Nr. 2913/92 in ihrer geänderten Fassung vorgesehenen Ausschuss anzurufen.

3. Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verordnung Nr. 1549/2006 als Verordnung im Sinne des genannten Artikels gilt. Eine verbindliche Zolltarifauskunft, die wegen des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1549/2006 nicht mehr der Kombinierten Nomenklatur entsprach, ist nach dem Datum dieses Inkrafttretens ungültig geworden.

4. Art. 12 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass, wenn gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 254/2000 geänderten Fassung eine Verordnung zur Änderung der Kombinierten Nomenklatur erlassen wird und diese Verordnung keine Frist festlegt, während deren sich der Inhaber einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die ungültig wird, gleichwohl noch auf sie berufen kann, dieser Inhaber die betreffende Auskunft nicht mehr verwenden kann.

Fundstelle(n):
RAAAD-82661