BGH Beschluss v. - 5 StR 543/10

Überwachung des Verkehrs mit Betäubungsmittelgrundstoffen: Bemühungen um den Ankauf von Essigsäureanhydrid als strafbares Handeln mit einem Grundstoff zur Herstellung von Betäubungsmitteln

Gesetze: § 3 GÜG, § 19 Abs 1 Nr 1 GÜG vom , § 29 Abs 1 Nr 1 GÜG vom , Art 2 Buchst a EGV 273/2004

Instanzenzug: Az: 631 KLs 25/09

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat den Angeklagten zu Recht wegen eines im Tatzeitraum vom bis begangenen (einheitlichen) Vergehens des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit einem Grundstoff, der zur Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, verurteilt (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 GÜG). Der Stoff, auf den sich die Tat bezog, war Essigsäureanhydrid. Dieses ist nach Art. 2 lit. a der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats vom (VO (EG) Nr. 273/2004) ein solcher Grundstoff, weil er in Anhang I Kategorie 2 zu der Verordnung ausdrücklich genannt ist. Die Verordnung ist am in Kraft getreten. Die Regelung des § 2 Nr. 1 GÜG aF bestimmte diesen Stoff unter Verweis auf die vorgenannte Verordnung als Grundstoff. Diese Bestimmung des Grundstoffüberwachungsgesetzes trat am in Kraft, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die vorgenannte Verordnung bereits in Geltung stand. Die zum erfolgte Änderung des § 2 GÜG ist schon deshalb bedeutungslos, weil die Bezugnahme auf die vorgenannte EG-Verordnung lediglich in § 1 Nr. 1 GÜG verschoben wurde.
Mit diesem Grundstoff hat der Angeklagte – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – Handel getrieben, indem er vielfältige Ankaufsbemühungen entfaltete. Damit hat er gegen die (seit ihrem Erlass im Jahre 1994) unverändert gebliebene Verbotsnorm des § 3 GÜG verstoßen. Der Verstoß gegen diese Verbotsnorm war während des gesamten Tatzeitraums strafbewehrt. Die Strafbarkeit ergab sich bis aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 GÜG aF, ab - zu diesem Zeitpunkt dauerte das tatbestandliche und einheitlich zu bewertende Handeltreiben noch an - aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 GÜG. Eine hier bedeutsame Verschärfung des Straftatbestands war mit der Änderung nicht verbunden.
Allerdings nehmen die gesetzlichen Regelungen des Grundstoffüberwachungsgesetzes Bezug auf die dort bezeichneten EG-Verordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Damit ist zwar eine insbesondere im Strafrecht problematische dynamische Verweisung angeordnet worden (Dannecker in LK, 12. Aufl., § 1 Rn. 158; vgl. auch OLG Hamburg, NZV 2007, 372), weil im Rahmen des Strafrechts der Europäischen Union jedenfalls zur Tatzeit keine Kompetenz für eine Rechtsetzung zukam. Soweit die Blankettnorm ihrerseits nicht die wesentlichen Strafbarkeitsvoraussetzungen enthält (vgl. , BGHSt 42, 219, 221), kann dies verfassungsrechtlich bedenklich sein. Im vorliegenden Fall bedarf die Frage jedoch keiner weiteren Vertiefung. Die Essigsäureanhydrid betreffende Verbotsnorm bestand nämlich während des gesamten Tatzeitraums und war nicht von inhaltlichen Änderungen betroffen. Mithin war eine eindeutige und durchgehende, aus der EG-Verordnung hergeleitete Verbotskette gegeben.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 5 GÜG nF nunmehr ausdrücklich klargestellt, das (für die strafrechtliche Beurteilung) auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Fassung der EG-VO 273/2004 abzustellen sei. Damit galt ab dem eine unbedenkliche statische Verweisung auf Gemeinschaftsrecht. Da die Tathandlung über den hinaus noch andauerte, ist der Schuldspruch zudem auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt. Das Landgericht hat den Angeklagten deshalb zutreffend wegen eines Vergehens nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 GÜG verurteilt.
Raum                                   Brause                                 Schaal
                  Schneider                                  Bellay

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Fundstelle(n):
FAAAD-80309