BGH Urteil v. - V ZR 72/08

Leitsatz

[1] a) Ein Erwerbsinteressent kann nach § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG i.V.m. § 4 Abs. 5 FlErwV den Verkauf ausgeschriebener Waldflächen zu den gesetzlichen Bedingungen an sich verlangen, wenn das Ausgleichsleistungsgesetz seine Zurückweisung nicht zulässt.

b) Im Fall des § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV kommt die Verurteilung der Privatisierungsstelle zur Vornahme der ihrerseits für einen Verkauf erforderlichen Handlungen (Abgabe oder Annahme eines Angebots) gegenüber einem bestimmten Erwerber nur in Betracht, wenn sich ihr Ermessen auf diesen Bewerber beschränkt.

c) Erwerbsinteressenten nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG genießen beim Verkauf von Waldflächen nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG auch dann den Vorrang, wenn sie nicht die gesamte ausgeschriebene Waldfläche, wohl aber nicht nur geringfügige Teile davon mit Entschädigungsansprüchen belegen können.

d) Der Ankaufpreis bestimmt sich nicht nach dem Zeitpunkt, zu dem der Kaufvertrag geschlossen wird, sondern nach dem Zeitpunkt, zu dem das Angebot abzugeben war.

Gesetze: AusglLeistG a.F. § 3 Abs. 8 S. 1; FlErwV a.F. § 4 Abs. 5; BGB § 315 Abs. 3; GG Art. 3

Instanzenzug: KG Berlin, 22 U 210/05 vom LG Berlin, 3 O 303/02 vom

Tatbestand

Die Kläger sind die Erben (Ehefrau und Kinder) des im Verlaufe des Rechtsstreits verstorbenen T. (fortan Erblasser). Dieser kaufte 1999 von der Beklagten ohne Inanspruchnahme einer Vergünstigung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) das Gut W. im Kreis B. zurück, das seinem Großvater J. gehört hatte, der im Zuge der Bodenreform entschädigungslos enteignet worden war. Der Erblasser war und in seiner Nachfolge die heutigen Kläger sind auf dem Gut ansässig und betreiben dort Landwirtschaft.

Im Jahr 2001 schrieb die Beklagte den an das Gut angrenzenden etwa 295 ha großen Forst W. für 311.432 EUR zum Verkauf aus. Er hatte früher zu mindestens einem Viertel zu dem Gut des Großvaters des Erblassers gehört. Der Erblasser bewarb sich unter Vorlage eines Betriebskonzepts um den Erwerb des Forstes. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte ihm mit, sie beabsichtige, den Forst einem Mitbewerber zu verkaufen. Der gegen diese Entscheidung angerufene Beirat der Beklagten teilte dem Erblasser unter dem mit, er habe keine Einwände gegen den Verkauf an den Mitbewerber; dessen Konzept sei überlegen. Die Kläger halten demgegenüber ihr Konzept für überlegen. Mit Bescheid vom sprach das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommern den Erben des Großvaters des Erblassers, zu denen dessen Vater gehört, für diesen Verlust eine Entschädigung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz zu.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, den Klägern den Ankauf des Forstes zum ausgeschriebenen Preis von 311.432 EUR und zu den Bedingungen der Ausschreibung und unter Beachtung der Flächenerwerbsverordnung anzubieten. Die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision der Beklagten, die den Forst weiterhin an den Mitbewerber verkaufen will. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Gründe

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger nach § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F., § 4 Abs. 5 FlErwV a.F. i.V.m. Art. 3 GG von der Beklagten den Verkauf des Forstes zu dem Ausschreibungspreis verlangen. Bei der Veräußerung der Forstflächen könne sich die Beklagte nicht frei für den einen und gegen den anderen Kaufinteressenten entscheiden. Vielmehr sei sie von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) beauftragt, § 3 AusglLeistG umzusetzen. Sie müsse ihre Kaufentscheidung deshalb an den Vorgaben dieser Norm ausrichten. Danach sei der Kaufinteressent mit dem besseren Betriebskonzept vorzuziehen. Lägen mehrere Bewerbungen mit gleichwertigen Betriebskonzepten vor, sei analog § 315 Abs. 3 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei habe das Gericht eine eigene Entscheidung zu treffen. Es sei nicht auf eine Kontrolle von Ermessensfehlern begrenzt. Es müsse auch nicht der Beklagten Gelegenheit gegeben werden, ihr Ermessen auszuüben. Zu seiner Überzeugung stehe fest, dass das Betriebskonzept der Kläger dem Konzept der Mitbewerber überlegen sei. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen K. . Dieses werde durch das in der Berufungsinstanz eingeholte Gutachten B. nicht in Frage gestellt, welches im entscheidenden Punkt widersprüchlich sei. Eine Wiederholung der Beweisaufnahme sei nicht erforderlich. Die Heranziehung eines Obergutachters komme mangels geeigneter Sachverständiger nicht in Betracht. Jedenfalls schone das Konzept der Kläger den Wald mehr als das des Mitbewerbers; es komme daher den Vorgaben von § 3 Abs. 8 Satz 4 AusglLeistG a.F. näher. Zumindest seien die beiden Konzepte gleichwertig. Bei der dann nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung sei dem Konzept der Kläger der Vorzug zu geben, weil der Forst neben deren landwirtschaftlichem Betrieb liege und Synergieeffekte verspreche.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Urteil erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig.

1.

Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Kläger von der Beklagten nach den hier gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AusglLeistG noch maßgeblichen § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F. i. V. m. § 4 Abs. 5 FlErwV a.F. den Verkauf des Forstes zu den Bedingungen der Ausschreibung und der Flächenerwerbsverordnung verlangen können, wenn ihre Zurückweisung den Vorgaben dieser Vorschriften für die Auswahl des Erwerbers widerspricht.

a)

§ 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F. räumt dem Berechtigten allerdings nach seinem Wortlaut keinen Erwerbsanspruch ein (Zilch in: Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, EALG, § 3 AusglLeistG Rdn. 34). Danach "können" Berechtigte Waldflächen nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift erwerben. Zweck der Vorschrift ist aber, das Ermessen der mit der Privatisierung beauftragten Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Aufgaben (BvS) und der von der BvS mit dieser Aufgabe betrauten Beklagten, durch die detaillierten Vorgaben des § 3 AusglLeistG (und der auf Grund von § 4 Abs. 3 AusglLeistG erlassenen Flächenerwerbsverordnung) einzuschränken (Beschlussempfehlung zum EALG in BT-Drucks. 12/7588 S. 41).

b)

An diese Vorgaben ist die Beklagte auch bei der privatrechtlichen Durchführung des Flächenerwerbs gebunden. Entschieden ist das für die Anwendung und Auslegung der Bedingungen des Erwerbsvertrags (Senat, Urt. v. , V ZR 162/06, ZOV 2007, 30). Für die hier interessierende Frage der Auswahl des Erwerbers gilt nichts anderes (OLG Dresden ZOV 2008, 42; LG Berlin VIZ 1996, 534; ZOV 2002, 361; im Ergebnis auch KG VIZ 2003, 593 und OLGR 2003, 279). Die Beklagte kann deshalb den Verkauf eines ausgeschriebenen Forstes an einen Bewerber nur ablehnen, wenn das Ausgleichsleistungsgesetz das zulässt (Zilch aaO).

2.

Richtig ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass die Kläger von der Beklagten auf Grund von § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F. i.V.m. § 4 Abs. 5 FlErwV a.F. nicht nur die Annahme eines notariell beurkundeten Angebots, sondern stattdessen auch verlangen können, ihnen ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Angebot zu den Bedingungen der Ausschreibung zu unterbreiten. In § 10 Abs. 1 Satz 1 FlErwV a.F. ist vorgesehen, dass nicht der Erwerber der Privatisierungsstelle, sondern umgekehrt diese dem Erwerber ein Angebot macht.

3.

Aus § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F. i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 FlErwV a.F. lässt sich ein Verkaufsanspruch der Kläger aber nicht ableiten.

a)

Zwar hat, wenn sich, wie hier, mehrere Berechtigte für dieselbe Waldfläche bewerben, derjenige den Vorrang, der das bessere Konzept vorgelegt hat. Das Berufungsgericht ist auch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kläger das bessere Konzept vorgelegt haben. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senat, Urt. v. , V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482; , NJW-RR 2004, 425, 426; Senat, Urt. v. , V ZR 138/07, [...]), in diesem Rahmen aber zu beanstanden.

b)

Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft von einer mündlichen Befragung des gerichtlichen Sachverständigen abgesehen.

aa)

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (, NJW 1997, 802, 803; Urt. v. , VI ZR 268/00, NJW-RR 2001, 1431, 1432; Beschl. v. , VI ZR 121/05, NJW-RR 2006, 1503, 1504; Senat, Beschl. v. , V ZR 241/04, NJW-RR 2006, 428). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (BGHZ 6, 398, 400 f.; 24, 9, 14; Beschl. v. , VI ZR 121/05, NJW-RR 2006, 1503, 1504).

bb)

Danach hätte das Berufungsgericht den gerichtlichen Sachverständige B. vernehmen müssen. Die Beklagte hatte rechtzeitig Fragen formuliert, die sie an den Sachverständigen richten wollte. Dieser war zudem zur mündlichen Verhandlung geladen und erschienen. Ein Grund, die Fragen zurückzuweisen, bestand nicht. Zum einen kommt es weder für die Ladung noch für die Vernehmung des Sachverständigen darauf an, ob das Gericht selbst noch Erläuterungsbedarf sieht (, NJW-RR 2006, 1503, 1504). Zum anderen lagen die von der Beklagten vorgelegten Fragen entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht außerhalb des Beweisthemas. Sie stellten auch keine unzulässige Ausforschung dar. Der von dem Berufungsgericht beauftragte Sachverständige war zu anderen Ergebnissen gelangt als der von dem Landgericht beauftragte. Nach dem Hinweis des Berufungsgerichts ergab sich aus der Sicht der Beklagten die entscheidende Frage, ob diese Divergenz nur ein Schulenstreit war oder ob das Gutachten des ersten Gutachters sachlich falsch war. Mit dieser zentralen Frage der angeordneten Beweisaufnahme sollte sich der zweite Gutachter bei seiner mündlichen Befragung befassen. Dazu durfte ihm auch die Frage vorgelegt werden, ob er auf der Grundlage der Grundsätze des Erstgutachters zum selben Ergebnis gekommen wäre. Damit sollte nämlich keine unzulässige Ausforschung betrieben, sondern geklärt werden, ob die Ergebnisse des Erstgutachters bei Zugrundelegung von dessen Annahmen zutrafen oder ob das Gutachten in sich nicht schlüssig und daher falsch war.

c)

Ohne ergänzende Beweisaufnahme konnte das Berufungsgericht deshalb das Konzept der Kläger nicht als das bessere ansehen.

4.

Ein Anspruch der Kläger lässt sich auch nicht mit der von dem Berufungsgericht angestellten Hilfserwägung aus § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. begründen.

a)

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht ordnungsgemäß festgestellt.

aa)

§ 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. regelt den Fall eines Zusammentreffens von Berechtigten mit im Wesentlichen gleichwertigen Konzepten (OLG Dresden ZOV 2008, 42, 43). Die vorausgesetzte Gleichwertigkeit der Konzepte nimmt das Berufungsgericht zwar an. Diese Feststellung ist aber ebenfalls verfahrensfehlerhaft. Denn auch sie durfte das Berufungsgericht nicht ohne ergänzende Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen treffen.

bb)

Zwar kann für die Gleichwertigkeit der Konzepte sprechen, dass der erste Gutachter das Konzept der Kläger für überlegen hält, der zweite dagegen das der Mitbewerber der Kläger. Diese Überlegung enthob das Berufungsgericht aber nicht der Notwendigkeit, den Sachverständigen B. zu den Fragen der Beklagten zu vernehmen. Der Sachverständige sollte nämlich bei der Beantwortung der Fragen der Beklagten auch feststellen, ob der erste Gutachter zu Ergebnissen gelangt ist, zu denen er bei seinen Grundannahmen nicht hätte kommen können. Wäre das der Fall, fiele das Erstgutachten zumindest qualitativ hinter dem Gutachten B. zurück. Deshalb konnte ohne die Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen die Gleichwertigkeit der Konzepte nicht angenommen werden.

b)

Hinzu kommt, dass sich der Anspruch eines Bewerbers bei gleichwertigen Konzepten aus § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. nur ableiten lässt, wenn auf Grund von Umständen, die ihre Grundlage nicht in den Konzepten haben, nur die Auswahl dieses Bewerbers in Betracht kommt.

aa)

Nach § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. soll die Beklagte bei Gleichwertigkeit der Konzepte der Bewerber nach billigem Ermessen entscheiden. Dabei hat sie zwar die Bindungen des öffentlichen Rechts, hier also insbesondere die Bindungen auf Grund von § 3 AusglLeistG und § 4 Abs. 5 FlErwV, sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bewerber zu berücksichtigen (Senat, Urt. v. , V ZR 162/06, ZOV 2007, 30). Diese Bindungen können aber nicht weiter gehen als die Bindungen der Beklagten bei einem Handeln in den Formen des öffentlichen Rechts. Die der Auswahl des Bewerbers nach § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. vergleichbare Handlungsform ist der Erlass einer Ermessensentscheidung. Eine Ermessensentscheidung könnte nach § 114 VwGO nur daraufhin überprüft werden, ob die Behörde die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat. Ist das der Fall, könnte ihr nur die Neubescheidung aufgegeben werden. Der Erlass eines Bescheids mit einem bestimmten Inhalt kommt dagegen nur in Betracht, wenn sich das Ermessen der Behörde auf Null reduziert hat, also nur eine einzige Entscheidung ermessensgerecht wäre (BVerwGE 79, 208, 214 f.). Nichts anderes kann bei einem Handeln in Privatrechtsform gelten.

bb)

Auch die von dem Berufungsgericht angeführte Parallele zu dem Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 3 BGB führt zu keiner engeren Bindung. Der Inhaber eines solchen Bestimmungsrechts hat zwar die für die zu treffende Bestimmung maßgeblichen Gesichtspunkte umfassend zu würdigen (BGHZ 41, 271, 279; 174, 48, 56; , NJW-RR 1992, 183, 184). Für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung steht ihm aber in dem hierdurch gesteckten Rahmen ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum zu, der zudem Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (BGHZ 115, 311, 319; 174, 48, 55 f.). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Etwas anderes gilt auch bei Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB nur in einer der so genannten Ermessensreduktion auf Null im öffentlichen Recht vergleichbaren Fallgestaltung. Die Frage, ob die Vorschrift auf die Bestimmung des Erwerbers nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG a.F. analog angewendet werden kann, braucht hier deshalb nicht entschieden zu werden.

bb)

Der Entscheidungsspielraum der Beklagten bei der Auswahl des Erwerbers nach § 4 Abs. 5 Satz 4 FlErwV a.F. muss auch nicht zu einer von dem Gesetzgeber mit der zivilrechtlichen Ausgestaltung nicht gewollten Verkomplizierung des Auswahlverfahrens führen. Der Beklagten müsste entgegen der Ansicht der Kläger bei Abwägungsfehlern auch nicht die im Zivilprozess anders als im Verwaltungsgerichtsprozess (vgl. § 114 VwGO) nicht vorgesehene Wiederholung der Auswahlentscheidung aufgegeben werden (so aber KG VIZ 2003, 593). Zu prüfen ist vielmehr, ob die getroffene Auswahl auf der Grundlage der einzubeziehenden Gesichtspunkte sachlich vertretbar ist. Ist das der Fall, bleibt es bei dem Ermessen der Beklagten (OLG Dresden ZOV 2008, 42, 43). Eine Verurteilung zum Verkauf eines ausgeschriebenen Forstes an einen der Bewerber kommt dann nicht in Betracht. Anders liegt es, wie ausgeführt, nur, wenn sich das Ermessen der Beklagten bei dem Verkauf eines Forstes auf einen bestimmten Bewerber reduziert.

c)

Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

aa)

Die von ihm angeführten Gesichtspunkte sind dazu schon im Ansatz nicht geeignet. Sie sollen nämlich die eigene, ihm verwehrte Ermessensentscheidung begründen. Sie dienen aber nicht als Beleg dafür, dass die Beklagte ermessensgerecht nur dem Konzept der Kläger den Vorzug geben konnte.

bb)

Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht dem Konzept der Kläger wegen bestimmter konzeptioneller Aspekte (Arrondierung, Synergieeffekt usw.) den Vorzug gibt. Mit solchen Aspekten kann zwar die Beklagte ihre Auswahl begründen. Eine Beschränkung ihres Ermessens lässt sich daraus aber nicht ableiten, weil Grundlage der Ermessensentscheidung die Gleichwertigkeit der Konzepte ist. Eine Ermessensbeschränkung kann deshalb nur mit Gesichtspunkten außerhalb der vorgelegten Konzepte begründet werden.

cc)

Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob § 12 LWaldG MV eine schonende Waldnutzung vorschreibt.

5.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig. In Betracht kommt zwar, dass die Kläger als Altberechtigte nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG Vorrang genießen. Die Übertragung einer Erwerbsberechtigung durch die Erben des Großvaters auf die Kläger nach § 3 Abs. 5 Sätze 8 und 9 AusglLeistG a.F. ist aber bislang nicht festgestellt.

a)

Ob es einen Vorrang von Altberechtigten bei dem Verkauf von Waldflächen nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG a.F. gibt, ist allerdings umstritten. Teilweise wird er im Hinblick auf § 4 Abs. 5 Satz 3 FlErwV a.F. bejaht (Hauer in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand Januar 2004, § 4 FlErwV Rdn. 14; Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 192 bis 192b; Zimmermann, RVI, Stand September 2001, § 4 FlErwV Rdn 17; trotz Zweifeln auch Meixner in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand August 2003, § 3 AusglLeistG Rdn. 141 a.E.). Teilweise wird er, wie auch von dem Berufungsgericht, verneint (KG VIZ 2003, 593, 594). Zwar sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte Altberechtigte bevorzuge, wenn, wie es die Beklagte in einem Schreiben vom (wiedergegeben bei KG VIZ 2003, 593, 594) formuliert hat, "die Höhe der gekürzten Bemessungsgrundlage mindestens 30% des EALG-Kaufpreises" beträgt. Ein Zwang zu einer Bevorzugung bestehe aber nicht, weil § 3 Abs. 8 AusglLeistG a.F. allein der Privatisierung, nicht der Wiedergutmachung diene.

b)

Der Senat entscheidet die Frage im zuerst genannten Sinne.

aa)

Es trifft zwar zu, dass das Ausgleichsleistungsgesetz selbst die Möglichkeit des Walderwerbs nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG a.F. als Privatisierungsmaßnahme ausgestaltet hat. Das ergibt sich im Wesentlichen aus folgenden zwei Gesichtspunkten: Erstens werden die Altberechtigten in § 3 Abs. 8 Satz 1 AusglLeistG a.F. nur als eine von drei Berechtigtengruppen genannt. Zweitens müssen altberechtigte Kaufinteressenten wie Kaufinteressenten aus den beiden anderen Berechtigtengruppen ein Betriebskonzept vorlegen und einen geeigneten Betriebsleiter bestellen (§ 3 Abs. 8 Sätze 4 und 5 AusglLeistG).

bb)

Dabei darf die Beurteilung aber nicht stehen bleiben. Der Flächenerwerb insgesamt, ebenso wie die Berücksichtigung der Altberechtigten beim Walderwerb nach § 3 Abs. 8 AusglLeistG a.F. dienen auch der Wiedergutmachung. Deshalb ist in § 4 Abs. 5 Satz 3 FlErwV a.F. ein Vorrang der Altberechtigten nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG vorgesehen. Diese Regelung ist ausdrücklich mit dem Wiedergutmachungsgedanken begründet worden (Entwurfsbegründung in BR-Drucks 741/95 S. 35 f.). Für diesen Vorrang sprechen gute Gründe. Bei Altberechtigten kann nämlich eine forstwirtschaftlich sachgerechte Privatisierung, die durch Vorlage eines geeigneten Bewirtschaftungskonzepts und durch Bestellung eines qualifizierten Betriebsleiters sicherzustellen ist (§ 3 Abs. 8 Sätze 4 und 5 AusglLeistG a.F.), mit einer Wiedergutmachung verbunden werden. Bei ihnen ist deshalb die Subventionierung des Erwerbspreises auch EG-rechtlich unbedenklich (EU-Kommission, Entscheidung vom , ABl. EG Nr. L 107 S. 21, 36 f.). Nicht zuletzt deshalb ist die Möglichkeit des Ankaufs von Wald durch das Flächenerwerbänderungsgesetz vom (BGBl. I S. 1688) auf diesen Erwerberkreis beschränkt worden.

cc)

Dieser Vorrang ist nicht nur sachgerecht, wenn die gesamte zum Verkauf ausgeschriebene Fläche nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG erworben werden könnte, sondern auch dann, wenn der Entschädigungsanspruch, wie hier, nur den Ankauf eines Teiles der ausgeschriebenen Fläche erlaubt. Auch in diesen Fällen kann, von dem hier nicht gegebenen Sonderfall einer Belegung nur unwesentlicher Teile des ausgeschriebenen Waldes mit Entschädigungsansprüchen abgesehen, ein Wiedergutmachungseffekt erzielt werden, dem der Verordnungsgeber grundsätzlich den Vorrang einräumt. Vor allem kann nur so verhindert werden, dass das Erwerbsvorrecht von Altberechtigten an einem aus ihrer Sicht ungünstigen Zuschnitt der Ausschreibungsflächen scheitert. Sie müssen nämlich wie alle anderen Bewerber den von der Beklagten gewählten Zuschnitt hinnehmen und können nach § 4 Abs. 6 FlErwV a.F. weder die Bildung bestimmter Verkaufseinheiten noch die Zerteilung forstbetrieblich zusammengehörender Flächen verlangen. Diese Einschränkung muss zur Erhaltung des von dem Verordnungsgeber angestrebten Wiedergutmachungseffekts mit einem Vorrang des Altberechtigten auch bei nur teilweiser Belegung der Ankaufsfläche mit Entschädigungsansprüchen kompensiert werden. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob ein Teil des ausgeschriebenen Forstes dem Vorfahren der Kläger gehört hat und wie groß dieser Teil war.

dd)

Der Vorrang bestünde auch dann, wenn das Konzept eines Altberechtigten schlechter ist als das eines Mitbewerbers. Entgegen der Meinung der Beklagten braucht das Konzept nicht besser zu sein als das des Mitbewerbers. Dann nämlich wäre es ohnehin nach § 4 Abs. 5 Satz 1 FlErwV a.F. vorzuziehen, ein Vorrang bliebe ohne Wirkung. Der Vorrang eines schlechteren Konzepts führte auch nicht zu einem forstwirtschaftlich zu missbilligenden Ergebnis. Denn auch der Altberechtigte muss nach § 3 Abs. 8 Satz 4 AusglLeistG a.F. ein forstwirtschaftliches Betriebskonzept vorlegen, das die Gewähr für eine ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bewirtschaftung des ausgeschriebenen Forstes bietet. Ist dieses Niveau erreicht, was hier nicht streitig ist, braucht es nicht besser zu sein.

c)

Danach kann den Klägern der Vorrang gebühren. Teile des hier ausgeschriebenen Forstes gehörten einem Vorfahren der Kläger, der im Zuge der Bodenreform entschädigungslos enteignet worden ist. Mit dem den Erben dieses Vorfahren zugesprochenen Entschädigungsanspruch kann zwar nicht der gesamte ausgeschriebene Forst, wohl aber ein mehr als nur geringfügiger Teil seiner Fläche belegt werden.

d)

Nachgewiesen ist bisher aber nur, dass die Altberechtigten den Erblasser mit der Wahrnehmung ihrer Interessen bei dem Verkauf des Forstes durch die Beklagte beauftragt haben. Erforderlich wäre indessen eine Übertragung der Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 5 Sätze 8 und 9 AusglLeistG a.F. auf den Erblasser oder die Kläger. Diese ist nicht festgestellt, aber auch nicht auszuschließen. In der neuen Verhandlung besteht Gelegenheit, dieser Frage nachzugehen.

III.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat auf Folgendes hin:

1.

Zunächst wird festzustellen sein, ob eines der beiden Konzepte dem anderen überlegen ist. Hierbei wird davon auszugehen sein, dass beide Konzepte nach § 3 Abs. 8 Satz 4 AusglLeistG a.F. nur berücksichtigungsfähig sind, wenn sie Gewähr für die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bewirtschaftung des ausgeschriebenen Forstes bieten. Ein Konzept kann einem anderen Konzept im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 FlErwV a.F. deshalb nur dann überlegen sein, wenn es über eine ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bewirtschaftung hinaus Vorzüge hat, die das Vergleichskonzept nicht bietet. Dazu hat der gerichtliche Sachverständige eine umfassende Würdigung beider Konzepte vorzunehmen, bei der neben den in den Fragen der Parteien angesprochenen auch die von dem Berufungsgericht zu Begründung seiner eigenen Auswahlentscheidung angeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Dabei wird zu prüfen sein, ob die besondere Situation zweier einander widersprechender Gutachten von im selben Verfahren bestellten gerichtlichen Gutachtern eine ergänzende Befragung auch des erstinstanzlichen Gutachters gebietet.

2.

Ergibt die Beweisaufnahme, dass die Konzepte der Kläger einerseits und des Mitbewerbers andererseits auch bei der gebotenen umfassenden Würdigung gleichwertig sind, wird festzustellen sein, ob es Gesichtspunkte gibt, die eine Auswahl der Kläger zwingend gebieten. Sollten sich solche Gesichtspunkte feststellen lassen, wäre die Beklagte verpflichtet, den Klägern den Forst anzubieten. Andernfalls scheidet eine solche Verpflichtung unter dem Gesichtspunkt eines Konzeptvergleichs aus.

3.

In dem zuletzt genannten Fall wäre noch zu prüfen, ob ein Anspruch der Kläger auf den Gesichtspunkt eines Vorrangs von Altberechtigten gestützt werden kann.

4.

Die Beklagte kann in allen Konstellationen verpflichtet sein, den Klägern den Kauf zu dem seinerzeit ausgeschriebenen Kaufpreis von 311.432 EUR anbieten.

a)

Beruht die Ankaufsberechtigung der Kläger auf einem Konzeptvergleich, muss die Beklagte ihnen den Kauf zu dem Angebotspreis anbieten. Die Verkaufsverpflichtung der Beklagten wäre in dieser Konstellation nicht erst mit ihrer rechtskräftigen Verurteilung dazu, sondern schon durch die Teilnahme der Kläger an der damaligen Ausschreibung und die Einreichung eines ordnungsgemäßen Kaufantrags bei der Beklagten entstanden. Dann kann es nicht auf den heute maßgeblichen Preis, sondern nur auf den Ausschreibungspreis ankommen.

b)

Genauso kann es liegen, wenn die Ankaufsberechtigung der Kläger auf einem Vorrang als Altberechtigte beruhen sollte. In dieser Konstellation wäre allerdings zu berücksichtigen, dass der Erblasser bei der Teilnahme an der Ausschreibung selbst nicht Altberechtigter war und die Altberechtigten ihm ihre Erwerbsberechtigung seinerzeit auch nicht übertragen hatten. Formal wäre die Ankaufsberechtigung der Kläger in dieser Konstellation erst später entstanden. Das muss aber nicht dazu führen, dass die Beklagte den heute zugrunde zu legenden Preis verlangen darf. Die Beklagte könnte nämlich unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben gehindert sein, sich auf diesen Umstand zu berufen. Das widersprüchliche Verhalten der Beklagten kann nach dem Vortrag der Kläger darin liegen, dass die Altberechtigten dem Erblasser ihre Erwerbsberechtigungen schon damals nach § 3 Abs. 5 Sätze 8 und 9 AusglLeistG a.F. übertragen hätten und dieser nur deswegen davon Abstand genommen hat, sich darum zu bemühen, weil es der Beklagten im seinerzeitigen Stand des Verfahrens auf den Nachweis nicht ankam und nicht erkennbar war, dass sie darauf später zurückkommen würde.

c)

In beiden Fällen stellte der Verkauf zu dem damaligen Preis keine EG-widrige Subvention dar. Maßgeblich wäre der Zeitpunkt, in dem der Erblasser, sei es wegen Vorlage eines besseren Konzepts, sei es wegen der bei widerspruchsfreiem Verhalten der Beklagten rechtzeitigen Übertragung der Erwerbsberechtigung, den Verkauf hätte verlangen können. Das wäre der Zeitpunkt der Ausschreibung, zu dem der Preis § 6 FlErwV a.F. entsprach.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 10 Nr. 1
HAAAD-27317

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja