Oberfinanzdirektion Hannover - S 2700 - 5 - StO 241/244

Besteuerung einer in Großbritannien gegründeten Private company limited by shares (Ltd.) Steuerliche Folgen im Fall der Löschung im britischen Handelsregister

Für eine im Königreich Großbritannien und Nordirland wirksam gegründete Ltd. mit Verwaltungssitz in Deutschland richtet sich das gesamte Gesellschaftsstatut nach britischem Recht. Nach britischem Gesellschaftsrecht kann die Registerbehörde eine Ltd. löschen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Gesellschaft nicht mehr am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Als ein solcher Grund wird angesehen, dass die Ltd. ihren Pflichten zur Publizität, zur Zahlung der Gebühren etc. nicht oder nur unvollständig nachkommt.

Erfolgt nach dreimaliger Aufforderung zur Beseitigung des Mangels und einer öffentlichen Androhung im Amtsblatt tatsächlich die Löschung, ist die Gesellschaft nach britischem Recht aufgelöst. Sie hat damit ihre Rechtsfähigkeit verloren. Auch eine aufgelöste Ltd. besteht als Steuersubjekt fort, solange sie noch steuerliche Pflichten zu erfüllen hat.

Die im Vereinigten Königreich befindlichen Vermögensgegenstände der Gesellschaft gehen im Zeitpunkt der Löschung auf die britische Krone über.

Die in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände werden dagegen herrenlos. Dieses Restvermögen wird einer Restgesellschaft zugeordnet, die für die Zwecke des Haltens des inländischen Vermögens konstruiert wird.

Bei der steuerlichen Beurteilung der Restgesellschaft nach Löschung im britischen Handelsregister ist zu unterscheiden, ob die Gesellschaft mit der Löschung beendet wird oder ob die Gesellschaft ihre Tätigkeit fortführt.

Die Restgesellschaft wird nach Löschung im britischen Handelsregister beendet

Das Institut der Restgesellschaft geht von der Identität der Rechtsträger aus. Sie untersteht dem alten Gesellschaftsstatut. Für die Restgesellschaft gilt weiterhin das Gesellschaftsstatut des Gründungsstaats, d. h. sie wird weiterhin als Kapitalgesellschaft geführt.

Grundsätzlich vertreten die Organe weiterhin die Restgesellschaft, da der Übergang der in Großbritannien belegenen Vermögensgegenstände auf die britische Krone die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der bisherigen Organe nicht mit Wirkung für das Vermögen außerhalb Großbritanniens beendet hat.

Dies gilt jedoch nicht, wenn die ursprünglich vertretungsberechtigten Organe ihre Pflichten verletzt haben. Dies wird jedoch der Regelfall sein, weil das Fehlverhalten der Organe zur Löschung der Gesellschaft im britischen Handelsregister geführt hat. Die Handlungen der bisherigen Vertretungsorgane für die Restgesellschaft sind daher wirkungslos. Für die Vertretung der Restgesellschaft ist vielmehr ein Nachtragsliquidator zu bestellen (§ 66 Abs. 5 GmbHG, § 273 Abs. 4 AktG).

Umsatzsteuerlich ergibt sich wegen der Identität der Restgesellschaft mit der bisherigen Ltd. keine Auswirkung.

Die Zuständigkeit ändert sich für die Restgesellschaft nicht, sie verbleibt bei dem bisherigen Finanzamt.

Die Tätigkeit der Restgesellschaft wird nach Löschung im britischen Handelsregister fortgeführt

Ist die Restgesellschaft in Deutschland weiterhin werbend tätig, begründen die Gesellschafter über die Liquidation hinaus einen neuen Zweck. Dieser Zusammenschluss ist nach deutschem Recht als OHG/GbR oder Einzelunternehmen zu behandeln.

Das inländische Vermögen der gelöschten Ltd. geht im Zeitpunkt der Löschung auf die Personengesellschaft oder das Einzelunternehmen über. Die Aufdeckung der stillen Reserven der Ltd. im Wege der Sachauskehrung aller inländischen Vermögensgegenstände führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs 3 Satz 2 KStG. Bei den Anteilseignern führt die vGA zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und zur Einlage in das Betriebsvermögen der „neuen” Personengesellschaft bzw. des „neuen” Einzelunternehmens.

Umsatzsteuerlich liegt eine unentgeltliche Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) vor, die als nicht steuerbar zu behandeln ist.

Für die Zuständigkeit gelten die allgemeinen Grundsätze für Personengesellschaften bzw. Einzelunternehmen.

Die OFD bittet nach diesen Grundsätzen bis zu einer bundeseinheitlichen Regelung zu verfahren.

Oberfinanzdirektion Hannover v. - S 2700 - 5 - StO 241/244

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BB 2009 S. 1947 Nr. 37
DStR 2009 S. 1585 Nr. 31
KAAAD-25787