BGH Urteil v. - 4 StR 610/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 618 Abs. 1; StGB § 13; StGB § 14 Abs. 1; StGB § 222; StGB § 328 Abs. 3; GGBefG § 3 Abs. 1; GGV § 4 Abs. 1

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten M. , T. , S. und Mü. von den Vorwürfen der fahrlässigen Tötung, des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen, des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Stoffen und Gütern sowie des besonders schweren Falles einer Umweltstraftat freigesprochen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Nebenkläger und der Staatsanwaltschaft, mit denen die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Nebenkläger beanstanden darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, soweit die Angeklagten M. , T. und S. freigesprochen worden sind. In Bezug auf den Freispruch des Angeklagten Mü. erweisen sich die Revisionen als unbegründet.

I.

1.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte M. war Technischer Leiter, der Angeklagte T. Betriebsmeister der Schadstoffsammelstelle und des Sondermüllzwischenlagers der Entsorgungsgesellschaft mbH (im Folgenden: MEG). Seit 1999 lieferte die MEG regelmäßig Druckgaspackungen ("Spraydosen"), die aus gewerblichen Abfällen oder aus dem Hausmüll stammten, zur Entsorgung an die Firma Entsorgungstechnik GmbH (im Folgenden: Fa. GmbH) in . Geschäftsführer der Fa. GmbH war der Angeklagte S. , als Betriebsleiter war der Angeklagte Mü. angestellt. Entscheidungsbefugnisse über die Art und den Zustand der angelieferten Abfälle standen dem Angeklagten Mü. allerdings nicht zu. Diesbezügliche Anfragen bzw. Einwendungen hatte er an den Angeklagten S. zu richten, keinesfalls an den jeweiligen Lieferanten.

Am traf eine dieser Lieferungen der MEG bei der Fa. GmbH ein. Die Druckgaspackungen befanden sich in blauen Kunststofffässern mit 120 Liter Fassungsvermögen, die mit einem Kunststoffdeckel versehen waren, der mittels eines Metallspannrings und eines Sicherungssplints befestigt war. Auf den Fässern waren jeweils zwei Gefahrgut- und Kennzeichnungsaufkleber angebracht. Am Vormittag des transportierte der bei der Fa. GmbH beschäftigte Me. , der Sohn der Nebenkläger, die auf einem Gestell gelagerten Fässer mit einem Hublader in die Firmenhalle, um sie dort zu entleeren. Zu diesem Zweck verbrachte er zunächst die Fässer auf eine erhöhte Plattform. Dort befand sich eine Vorrichtung, in der die Fässer eingeklemmt wurden, um den Spannring und den Deckel zu entfernen. Danach wurde der Inhalt der Fässer entweder in Metallbehälter gekippt oder - falls sich in den Fässern zusätzlich inertes (reaktionsträges) Füllmaterial befand - auf eine Rüttelrinne geleert, um die Druckgaspackungen von dem Füllmaterial zu trennen. Nachdem Me. bereits mehrere Fässer durch Ausschütten in die Metallbehälter entleert hatte, nahm er ein weiteres Fass aus dem Gestell, um dieses ebenfalls in der beschriebenen Weise zu leeren. Als er vor dem Lösen des Deckels die auf dem Fass befindlichen Aufkleber abriss, kam es zu einer Explosion im Fassinneren, durch die der Fassdeckel gegen den Hals von Me. geschleudert wurde. Hierdurch erlitt Me. schwere Verletzungen, an deren Folgen er noch am Nachmittag desselben Tages verstarb.

Zum Unfallzeitpunkt befanden sich in dem etwa zur Hälfte bis zu zwei Drittel gefüllten Fass herkömmliche Spraydosen mit Verschlusskappen sowie Spraydosen mit sog. Spraycaps. Bei den Spraycaps handelt es sich um Kappen, die mit der Dose fest verbunden, nach oben offen sind und seitlich eine gut fingerbreite Aussparung aufweisen, so dass das innerhalb der Kappe vertieft sitzende Ventil betätigt werden kann. Ferner befanden sich in dem Fass etwa zehn bis zwanzig Einwegfeuerzeuge, und zwar sowohl solche mit Reiberad als auch solche mit Piezo-Zündung. Inertes (reaktionsträges) Füllmaterial war in dem Fass nicht enthalten.

Nach den getroffenen Feststellungen wurde die Explosion durch das Abreißen der Aufkleber verursacht. Aus einer oder mehreren nicht völlig restentleerten Dosen war aus nicht mehr feststellbaren Gründen brennbares Treibmittel, nämlich Propan- und/oder Butangas, ausgetreten. Zusammen mit der in dem nicht vollständig gefüllten Fass vorhandenen Luft hatte sich in diesem ein explosionsfähiges Gemisch gebildet. Als Me. die auf der Außenseite des Fasses angebrachten Aufkleber abriss, kam es zunächst zu einer elektrostatischen Aufladung, die sich sodann durch die Fasswand in das Innere des Fasses entlud und dort schließlich das Gas-Luft-Gemisch entzündete. Wäre das Fass mit inertem Material (auf-) gefüllt worden, wäre es nicht zu der Explosion gekommen.

Den Angeklagten M. und T. war bekannt, dass bei der MEG Spraydosen, und zwar - wie der Senat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnimmt - sowohl solche mit herkömmlichen Schutzkappen wie auch mit Spraycaps zusammen mit Feuerzeugen ohne Dämmmaterial in Fässer gefüllt und in die Entsorgungsbetriebe transportiert wurden. Auch die Angeklagten S. und Mü. wussten, dass in den von der MEG gelieferten Fässern Druckgaspackungen mit Schutzkappen und Spraycaps sowie teilweise auch Feuerzeuge enthalten waren. Des Weiteren war ihnen bekannt, dass in Fässern der MEG nur selten inertes Dämmmaterial eingefüllt war und dass es schon vorgekommen war, dass sich herkömmliche Schutzkappen gelöst hatten oder solche von vorneherein gefehlt hatten. Sämtliche Angeklagten gingen davon aus, dass es sich bei den Spraycaps um (ausreichende) Schutzkappen handelte.

2.

Das Landgericht hat eine Strafbarkeit der Angeklagten nach §§ 330 Abs. 2 Nr. 2, 326 Abs. 1 Nr. 3, 328 Abs. 3 Nr. 2 StGB bzw. § 222 StGB verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Soweit den Angeklagten zur Last liege, die Transportfässer unzulässigerweise auch mit Feuerzeugen befüllt zu haben bzw. in Kenntnis hiervon deren Anlieferung zugelassen zu haben, habe nicht festgestellt werden können, dass die Explosion durch einen Funken aus einem der beigefügten Feuerzeuge ausgelöst worden sei. Der Unfall hätte sich in gleicher Weise ereignet, wenn in dem Fass keine Feuerzeuge vorhanden gewesen wären. Es fehle daher jedenfalls an dem erforderlichen Pflichtwidrigkeitszusammenhang.

Durch die Beigabe eines inerten Füllstoffes hätte zwar der Unfall vermieden werden können. Eine solche sei nach Nr. 11 TR Abfälle 002 indes nur in Fällen vorgeschrieben, in denen (gebrauchte) Druckgaspackungen, bei denen die Schutzkappen fehlen oder die eingedrückt, aber noch dicht sind, transportiert werden. Beides habe jedoch nicht festgestellt werden können. Insbesondere sei davon auszugehen, dass es sich bei den sog. "Spraycaps" um Schutzkappen im Sinne der genannten Bestimmung handele. Zwar deckten diese Kappen das Ventil nicht vollständig ab. Durch die vertiefte Lage des Ventils sei aber ebenfalls ein Schutz gegen ein Betätigen gewährleistet. Zudem habe diese Form der Kappe durch die feste Verbindung mit der Dose den Vorteil, sich beim Transport praktisch nicht zu lösen, wohingegen herkömmliche Kappen nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. v. P. leicht abfallen könnten.

Für eine Strafbarkeit nach § 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB fehle es bereits an einer der dort beschriebenen Tathandlungen. Eine Strafbarkeit nach § 328 Abs. 3 Nr. 2 StGB scheitere an dem Erfordernis einer groben Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten. Darüber hinaus beträfen die in Frage kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften lediglich die Beförderung gefährlicher Güter. Der Transport sei jedoch zum Unfallzeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen.

II.

A.

Freisprüche der Angeklagten M. und T.

1.

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Strafbarkeit der Angeklagten M. und T. wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a)

Zu Unrecht hat das Landgericht einen Pflichtverstoß der Angeklagten mit der Begründung verneint, dass ein Auffüllen der Fässer mit inertem Füllmaterial nicht geboten gewesen sei.

aa)

Die Beförderung gefährlicher Güter wird geregelt durch das Gefahrgutbeförderungsgesetz ([GGBefG], neu gefasst am , BGBl. I S. 3114, zuletzt geändert durch Verordnung vom , BGBl. I S. 2407), in dessen § 3 Abs. 1 das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ermächtigt wird, Regelungen über die Beförderung, unter anderem über die Verpackung, das Zusammenpacken und Zusammenladen gefährlicher Güter (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 GGBefG) zu erlassen. Auf dieser Grundlage ist die Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße und mit Eisenbahnen vom ([GGVSE], BGBl. I S. 3529; zuletzt neugefasst durch Bek. vom , BGBl. I S. 2683) erlassen worden, die in § 1 Abs. 3 Nr. 1 im Wesentlichen die Geltung von Vorschriften des Europäischen Übereinkommens vom über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße ([ADR], BGBl. 1969 II S. 1489) in der jeweils gültigen Fassung vorsieht. Abweichend von den Bestimmungen der GGVSE sah die Gefahrgut-Ausnahmeverordnung in der Fassung vom ([GGAV 1999], BGBl. I S. 1435) in der Ausnahme Nr. 59 für den Transport gefährlicher Abfälle die Geltung der Technischen Richtlinien zur Beförderung verpackter gefährlicher Abfälle vom ([TR Abfälle 002], VkBl. 1999, 150) vor. Diese wurde lediglich formal, nämlich mit dem Hinweis, dass ihr Inhalt in die GGAV überführt wird, durch Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom aufgehoben (VkBl. 2002, 230) und sodann - soweit es jedenfalls die hier relevanten Regelungen betrifft - inhaltsgleich als Ausnahme Nr. 20 in die Gefahrgut-Ausnahmeverordnung in der Fassung vom ([GGAV 2002], BGBl. I S. 4350) übernommen.

bb)

Danach hat das Landgericht zwar im Ansatz zutreffend für die Bestimmung des Maßes der von den Angeklagten einzuhaltenden Sorgfalt (auch) die Regelungen der TR Abfälle 002 herangezogen. Seine Auffassung, die Beigabe von inertem Füllstoff sei hier nicht geboten gewesen, begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Nach Nr. 11 der TR Abfälle 002 bzw. nach der Ausnahme 20 Ziff. 2.11 der GGAV 2002 dürfen Druckgaspackungen, bei denen die Schutzkappen fehlen oder die eingedrückt sind, in Fässern und weiteren näher bezeichneten Behältnissen nur mit inerten Füllstoffen verpackt werden. Hieraus hat das Landgericht in einem Umkehrschluss gefolgert, dass vorliegend eine Beigabe von Füllstoff nicht erforderlich war. Weder habe festgestellt werden können, dass zum Zeitpunkt der Verpackung bei den im explodierenden Fass transportierten Dosen Abdeckungen fehlten, noch dass diese eingedrückt waren. Dem kann nicht gefolgt werden.

(1)

Die Argumentation des Landgerichts greift zu kurz; sie verkennt zudem die Systematik der die Beförderung gefährlicher Güter regelnden Bestimmungen. Nach der Grundregel des § 4 Abs. 1 Satz 1 GGVSE (ebenso bereits § 4 Abs. 1 der GGVS vom , BGBl. I S. 3993) sind die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten verpflichtet, die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schadensfälle zu verhindern. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GGVSE haben sie "jedenfalls" die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der Verordnung einzuhalten. Die Vorschriften des ADR enthalten daher lediglich Mindestanforderungen ("jedenfalls") an die Beförderung gefährlicher Güter. Nichts anderes gilt für die Bestimmungen der GGAV 1999 und 2002, deren Einhaltung nicht von der allgemeinen Sicherungspflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 GGVSE entbindet, sondern es lediglich gestattet, in bestimmten Fällen von den Regelungen des ADR abzuweichen.

Danach hätte das Landgericht nicht allein auf die Regelungen in der TR Abfälle 002 abstellen dürfen, sondern bei seiner Entscheidung in den Blick nehmen müssen, dass nach den Bekundungen des Sachverständigen herkömmliche Schutzkappen leicht abfallen können. Hierfür spricht auch, dass der Angeklagte Mü. und der Zeuge N. angegeben haben, dass in früheren Lieferungen der MEG bereits Dosen ohne Verschlusskappen enthalten gewesen seien und sich - wie der Zeuge B. bekundet hat - in einem anderen (sichergestellten) Fass derselben Lieferung tatsächlich Dosen ohne Kappen befunden hatten. Besteht jedoch bei herkömmlichen Schutzkappen die Gefahr, dass sie sich beim Transport in einem Fass lösen und sich dadurch in diesem ein zündfähiges Gasgemisch bildet, so verbietet sich deren Transport ohne Beigabe von inerten Füllstoffen von vorneherein; dieser war dann schon aus diesem Grund sorgfaltswidrig.

(2)

Im Übrigen wurden in dem explodierenden Fass Druckgaspackungen mitbefördert, bei denen die Schutzkappen in der Form sog. Spraycaps ausgestaltet waren. Diese stellen jedoch nach den getroffenen Feststellungen nicht in gleicher Weise wie herkömmliche Schutzkappen sicher, dass der Sprühmechanismus nicht ausgelöst wird und ein Entweichen von Gasen ausgeschlossen ist. Denn danach umschließt die Spraycap - anders als herkömmliche Schutzkappen - den vertieft liegenden Sprühkopf nicht vollständig. Sie ist vielmehr oben offen und weist seitlich eine fingerbreite Aussparung auf. Das Auslösen der Sprühvorrichtung einer solchen Druckgaspackung während des Transports in einem nur teilweise gefüllten Fass in loser Schüttung mit anderen Dosen sowie mit Feuerzeugen erscheint daher zumindest nicht fernliegend.

b)

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen war das Verhalten der Angeklagten M. und T. danach objektiv pflichtwidrig, da sie es in ihrer Eigenschaft als Technischer Leiter bzw. Betriebsmeister der Schadstoffsammelstelle und des Sondermüllzwischenlagers der MEG jedenfalls unterließen, dafür Sorge zu tragen, dass die Druckgaspackungen nicht ohne Zugabe von Füllstoff in Fässer verpackt und anschließend an die Fa. GmbH befördert wurden. Insoweit steht auch der Pflichtwidrigkeitszusammenhang in Bezug auf das spätere Unfallgeschehen außer Frage. Denn bei pflichtgemäßem Verhalten - Beigabe eines Füllstoffes - wäre es nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht zur Explosion und damit auch nicht zur Tötung des Me. gekommen. Darauf, ob das die Explosion verursachende Gas aus einer Druckgaspackung mit herkömmlicher Schutzkappe oder aus einer solchen mit Spraycap ausgetreten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

c)

Zur Frage der subjektiven Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit erlauben die Urteilsgründe keine abschließende revisionsrechtliche Beurteilung. Entsprechende Feststellungen werden in der neuen Hauptverhandlung zu treffen sein.

B.

Freispruch des Angeklagten S.

Auch der Freispruch des Angeklagten S. hat danach keinen Bestand.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kommt eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung jedenfalls durch Unterlassen in Betracht (§§ 222, 13 StGB). Zwar war der Angeklagte als Geschäftsführer der Fa. GmbH nicht für die Einhaltung der Verpackungs- und Beförderungsvorschriften verantwortlich. Auch die Verletzung von Empfängerpflichten ist nicht erkennbar. Jedoch ließ er die vorschriftswidrig gepackten Fässer anliefern und durch Arbeitnehmer der Fa. GmbH entgegennehmen, ohne auf die Einhaltung der Beförderungs- und Verpackungsvorschriften durch die MEG zu dringen. Indem er die Arbeitnehmer der Fa. GmbH auf diese Weise in Gefahr brachte, verletzte er die ihm obliegende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäß §§ 618 Abs. 1 BGB, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dabei handelt es sich um eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB (vgl. auch OLG Naumburg NStZ-RR 1996, 229, 230 ff.) . Auch insoweit werden zur Frage der Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit noch nähere Feststellungen zu treffen sein.

C.

Freispruch des Angeklagten Mü.

1.

Die von den Nebenklägern erhobene Verfahrensrüge, mit der die Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beanstandet wird, betrifft nicht die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten Mü. . Sie wäre zudem unbegründet, wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat.

2.

Der Freispruch des Angeklagten Mü. hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.

a)

Die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Aufgabenbereich und der Stellung des Angeklagten Mü. in der Fa. GmbH ist nicht zu beanstanden. Das Gesetz verlangt mit keiner Vorschrift, dass der Tatrichter in den Urteilsgründen stets in allen Einzelheiten darzulegen hat, auf welche Weise er zu bestimmten Feststellungen gelangt ist (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Beweisergebnis 3 m.w.N.). Insbesondere ist er nicht gehalten, bei einem eindeutigen Beweisergebnis die Angaben der einzelnen Zeugen inhaltlich im Einzelnen wiederzugeben.

b)

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine - nach den getroffenen Feststellungen allein in Betracht kommende - Strafbarkeit des Angeklagten Mü. aus §§ 222, 13 StGB verneint. Zwar wäre er aufgrund seiner Stellung in der Fa. GmbH verpflichtet gewesen, den Angeklagten S. auf die Anlieferung vorschriftwidrig gepackter Fässer durch die MEG hinzuweisen. Ein etwaiger Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch für das spätere Unfallereignis nicht kausal geworden, da dies dem Angeklagten S. bekannt war.

III.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

1.

Das Mitverpacken und -transportieren der Feuerzeuge könnte nicht nur pflichtwidrig gewesen sein, weil durch ihre Zündvorrichtung ein in dem Fass bereits entstandenes Gas-/Luftgemisch gezündet werden konnte, sondern auch deshalb, weil durch ein Austreten des in ihnen noch befindlichen Restgases ein solches zündfähiges Gasgemisch überhaupt erst entstehen konnte. Denn nach der Verpackungsanweisung P 205 (vgl. Anlage A zum ADR 2001, Teil 3 , Kapitel 3.2, Tabelle A, UN-Nummer 1057, Spalte 8) müssen Feuerzeuge mit einem Schutz gegen unbeabsichtigtes Entleeren ausgerüstet (Absätze 3 und 6) und so sorgfältig verpackt sein, dass ein unbeabsichtigtes Betätigen der Auslösevorrichtung verhindert wird (Absätze 6 und 7).

2.

Bei den Angeklagten M. und T. scheidet eine Strafbarkeit nach § 328 Abs. 3 Nr. 2 StGB nicht schon deshalb aus, weil das Entpacken des Fasses erst an dem Tag nach der Entladung erfolgt ist. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nämlich nicht entgegen, dass die Beförderung bereits abgeschlossen war, als sich der tödliche Unfall ereignete. Bei der Bestimmung des Schutzbereichs der die Beförderung gefährlicher Güter regelnden verwaltungsrechtlichen Vorschriften darf nicht allein auf den eigentlichen Beförderungsvorgang abgestellt werden. Miterfasst werden auch solche Vorgänge, die - wie die Entgegennahme und das Auspacken der Sendung - hierzu in einem unmittelbaren zeitlichen, sachlichen und funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. BTDrucks. 8/2382 S. 24; Steindorf in LK 11. Aufl. § 328 Rdn. 32; Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 328 Rdn. 4). Dies zeigt zudem der Beförderungsbegriff im GGBefG. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GGBefG umfasst die Beförderung nicht nur den Vorgang der Ortsveränderung, sondern auch die Übernahme und Ablieferung des Gutes sowie zeitweilige Aufenthalte im Verlauf der Beförderung, Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen (Verpacken und Auspacken der Güter, Be- und Entladen), auch wenn diese Handlungen nicht vom Beförderer ausgeführt werden. Der erforderliche Zusammenhang mit der Beförderung ist selbst dann noch gewahrt, wenn das Gut - wie hier - nicht unmittelbar nach Entladung, sondern erst am darauf folgenden Tag entpackt wird.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
GAAAD-25087

1Nachschlagewerk: nein