BSG Urteil v. - B 11a/7a AL 64/06 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB III § 117 Abs 1 S 1; SGB III § 118 Abs 1; SGB III § 129 Nr 1; SGB III § 130 Abs 1 S 1

Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 8 AL 3082/06 vom SG Freiburg, S 3 AL 2495/05 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Bemessung von Arbeitslosengeld (Alg).

Die Klägerin war seit September 1997 bei einer Unternehmensberatungsgesellschaft als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Diese zuletzt mit monatlich 2.454,20 Euro entlohnte Beschäftigung endete mit Ablauf des Monats Juli 1999, weil die Klägerin Mutter wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde durch einen am geschlossenen Aufhebungsvertrag mit Ablauf des einvernehmlich beendet, weil sich die Klägerin als mittlerweile zweifache Mutter nicht in der Lage sah, die frühere Tätigkeit mit dem dafür erforderlichen Maß an zeitlicher Flexibilität fortzusetzen.

Versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt hatte die Klägerin bis einschließlich erhalten. Anschließend bezog sie vom 1. August bis Mutterschaftsgeld aus Anlass der Geburt ihres ersten Kindes am . Wegen der Geburt ihres zweiten Kindes am bezog sie vom 16. Februar bis erneut Mutterschaftsgeld. Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld befand sich die Klägerin jeweils in Erziehungsurlaub bzw Elternzeit, zuletzt bis zum . Seit Januar 2000 übte sie eine Nebentätigkeit (Datenerfassung) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von fünf Stunden aus und erhielt dafür monatlich 325 Euro.

Am meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum arbeitslos. Sie erhielt daraufhin für die Zeit vom bis zur Aufnahme einer Beschäftigung als Schulsekretärin am Alg, das die Beklagte mit Bescheid vom in Höhe von 21,69 Euro täglich bewilligt hatte. Hierbei war auf der Grundlage einer Zuordnung der Klägerin zur Qualifikationsgruppe 3 (Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung) von einem fiktiven Bemessungsentgelt von 64,40 Euro täglich ausgegangen worden. Den Widerspruch, mit dem die Klägerin sinngemäß die Berücksichtigung ihres bis Juli 1999 erzielten Arbeitseinkommens als Bemessungsentgelt verlangte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom ).

Klage und Berufung blieben ebenfalls erfolglos (Urteil des Sozialgerichts <SG> Freiburg vom ; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom ). Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt: Das von Juni 1998 bis Juli 1999 erzielte Arbeitsentgelt von 37.324,29 Euro sei nicht als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen, weil dieser Zeitraum mehr als vier Jahre vor dem Beginn des Bewilligungszeitraums ab April 2005 liege. Maßgeblich seien allein abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im grundsätzlich einjährigen Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen sei vom letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses zurückzurechnen, hier daher vom , weil an diesem Tag die Versicherungspflicht der Klägerin wegen der Erziehung eines Kindes, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, geendet habe. Da der danach zunächst geltende Bemessungsrahmen vom bis keine Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen aufweise, erweitere sich der Bemessungsrahmen noch um ein Jahr auf den Zeitraum vom bis . Da auch dieser erweiterte Bemessungsrahmen keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalte, habe die Beklagte der Bemessung des Alg zu Recht ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt. Eine zusätzliche Erweiterung des Bemessungsrahmens um Erziehungszeiten sehe das Gesetz nicht vor. Nicht zu beanstanden sei auch die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3. Da die Klägerin formal über keine Berufsausbildung verfüge, sei dem Umstand, dass sie zuletzt eine anspruchsvolle Tätigkeit verrichtet habe, durch die erfolgte Zuordnung ausreichend Rechnung getragen.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, als Bemessungsentgelt das von Juni 1998 bis Juli 1999 erzielte Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, der Bemessungsrahmen ende mit dem letzten Tag des letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs, sodass das LSG zu Unrecht auf das Ende der Elternzeit am abgestellt habe. Davon unabhängig sei der Bemessungsrahmen jedenfalls in die Vergangenheit zu verlängern, weil die Klägerin Zeiten aufzuweisen habe, in denen sie nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen des Ehegatten kein Erziehungsgeld bezogen und wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes sowohl ihre Arbeitszeit als auch das Arbeitsentgelt vermindert habe. Die davon abweichende Gesetzesauslegung durch das LSG führe zu verfassungswidrigen Ergebnissen, insbesondere zu einer Diskriminierung von Frauen. Denn es seien weit überwiegend Frauen, die Elternzeiten in Anspruch nähmen und dabei nur in geringfügigen Beschäftigungen weiterarbeiteten. Hinsichtlich der Einstufung in eine Qualifikationsgruppe sei das LSG schließlich zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin keine Berufsausbildung absolviert habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sowie die und des aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Alg für die Zeit vom bis nach einem Bemessungsentgelt von 37.324,29 Euro jährlich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision ist nicht begründet.

Der angefochtene Bewilligungsbescheid vom in der Fassung durch den Widerspruchsbescheid vom verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die ihm zu Grunde liegende Rechtsanwendung der Beklagten ist im Hinblick auf die streitige Höhe der Leistung weder einfachrechtlich noch verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlich zu beanstanden.

1. a) Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg dem Grunde nach (§§ 117 Abs 1 Nr 1, 118 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch <SGB III>), ohne deren Vorliegen auch eine Klage auf höhere Leistungen keinen Erfolg haben kann, hat das LSG bindend festgestellt, dass sich die Klägerin am mit Wirkung zum bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat, sodass insoweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren (§§ 118 Abs 1 Nr 2 und Abs 2, 122 Abs 1 SGB III). Ferner ergibt sich aus den Feststellungen, dass sie ab auch arbeitslos iS der §§ 118 Abs 1 Nr 1, 119 bis 121 SGB III war.

Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Annahme, dass die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III). Die Einzelheiten hierzu sind den §§ 123, 124 SGB III in der bis zum geltenden Fassung (aF) zu entnehmen, die nach der durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2848) eingefügten Übergangsregelung in § 434j Abs 3 SGB III weiter anzuwenden ist, wenn der Anspruch auf Alg bis zum entstanden ist.

Die Anwartschaftszeit hat (soweit hier von Bedeutung) erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr 1 SGB III aF). Nach § 124 Abs 1 SGB III aF beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Da sich die Klägerin zum arbeitslos gemeldet hat und sie seit diesem Tag arbeitslos im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen war, begann die (reguläre) Rahmenfrist von drei Jahren am und reichte bis zum zurück. Nach den Umständen des Falles ist allerdings von einer verlängerten Rahmenfrist auszugehen, weil die Klägerin Kindererziehungszeiten vor dem vorzuweisen hat. § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III in der bis zum geltenden Fassung (aF) bestimmt insoweit, dass (ua) Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes des Arbeitslosen, in denen das Kind das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in die Rahmenfrist nicht eingerechnet werden. Das bewirkte eine Verlängerung der Rahmenfrist um die berücksichtigungsfähigen Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes (vgl Senatsurteil vom , B 11a/11 AL 35/04 R = SozR 4-4300 § 147 Nr 3 RdNr 19). Nach der mit dem Job-AQTIV-Gesetz vom (BGBl I 3443) eingefügten Übergangsregelung in § 434d Abs 2 SGB III ist § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF für Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes vor dem weiterhin anzuwenden.

Wie ausgeführt, reicht die reguläre Rahmenfrist im vorliegenden Fall bis zum zurück und umfasst damit 264 Tage, die in der Zeit vor dem liegen. Soweit auch Erziehungszeiten iS des § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF vor dem vorliegen, verlängert sich daher die Rahmenfrist entsprechend in die Vergangenheit. Nach den getroffenen Feststellungen wurde das erste Kind der Klägerin am geboren, sodass insoweit eine Erziehungszeit bis zum (dem Tag vor der Vollendung des dritten Lebensjahrs) zu berücksichtigen ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte bereits die Erziehungszeit des zweiten, am geborenen Kindes begonnen, die nach § 434d Abs 2 SGB III iVm § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF zu berücksichtigen ist, soweit sie vor dem liegt. Demnach ist die Zeit vom bis zum durchgehend mit berücksichtigungsfähigen Erziehungszeiten belegt. Die reguläre Rahmenfrist, die 264 Tage in die Zeit vor dem hineinreicht, verlängert sich somit wegen der nicht einzurechnenden Erziehungszeiten vom bis zum in der Weise, dass sie nunmehr 264 Tage vor dem Beginn der Erziehungszeiten endet, dh 264 Tage vor dem , mithin am . Damit fällt zwar die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung teilweise in die Rahmenfrist, allerdings nur für 222 Kalendertage ( bis ). Die von § 123 Satz 1 Nr 1 SGB III aF verlangte Versicherungspflicht von mindestens zwölf Monaten in der Rahmenfrist ist daher noch nicht erreicht.

Die Klägerin hat in der (verlängerten) Rahmenfrist keine weiteren Versicherungszeiten auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (§§ 24 Abs 1, 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) mehr vorzuweisen. Denn wie nach den nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen bindend feststeht, war sie in der Zeit vom bis zum nur noch geringfügig beschäftigt (ab Januar 2000) und blieb dabei nach § 27 Abs 2 Satz 1 SGB III iVm § 8 Abs 1 Nr 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) versicherungsfrei, weil das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt 325 Euro (bis geltende Verdienstgrenze) bzw 400 Euro monatlich (ab geltende Verdienstgrenze) nicht überstieg.

Allerdings ist zu Gunsten der Klägerin zusätzlich die Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld vom 1. August bis zum aus Anlass der Geburt ihres ersten Kindes als in der Rahmenfrist liegende Versicherungspflichtzeit zu berücksichtigen. Das folgt aus dem , BVerfGE 115, 259 = SozR 4-4300 § 123 Nr 3) bzw aus § 427a SGB III, der in Reaktion auf dieses Urteil durch das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen vom (VBäMG, BGBl I 538) mit Wirkung ab eingefügt worden ist. Allerdings umfasste die Zeit vom 1. August bis zum nur 99 Kalendertage. Auch bei Zusammenrechnung mit dem in die Rahmenfrist fallenden Teil der letzten beitragspflichtigen Beschäftigung von - wie ausgeführt - 222 Tagen ergeben sich daher lediglich Versicherungspflichtzeiten von 321 Tagen. Daran hat sich auch nichts geändert durch die Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld aus Anlass der Geburt des zweiten Kindes vom 16. Februar bis zum . Denn insoweit waren nicht die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, die der entsprechend anwendbare § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b AFG (BVerfGE 115, 259; § 427a Abs 1 SGB III) für eine Gleichstellung mit den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung verlangt. Der zweite Bezug von Mutterschaftsgeld hat sich nämlich nicht mehr unmittelbar an eine beitragspflichtige Beschäftigung angeschlossen und daher eine solche auch nicht iS des § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b AFG unterbrochen.

Gleichwohl bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Erfüllung der Anwartschaftszeit, weil die Klägerin vom bis zum in einem Versicherungspflichtverhältnis aus sonstigen Gründen gestanden hat (§ 24 Abs 1 iVm § 26 SGB III). Nach § 26 Abs 2a SGB III (hier anwendbar idF durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom , BGBl I 2902), der mit Wirkung ab durch das Job-AQTIV-Gesetz vom (BGBl I 3443) eingefügt worden ist, sind nämlich Personen in der Zeit, in der sie im Inland ein eigenes Kind erziehen, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, versicherungspflichtig, wenn sie unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren. Diese Vorschrift vermag zwar für eine vor Januar 2003 liegende Erziehungszeit keine Versicherungspflicht zu begründen (BSG SozR 4-4300 § 147 Nr 3 RdNr 20) und erfordert es grundsätzlich, zur Bestimmung der versicherungspflichtigen Zeiten für jedes Kind einen eigenen mit seiner Geburt beginnenden und am Tag vor der Vollendung des dritten Lebensjahrs endenden Dreijahreszeitraum zu bilden. Daher bestand für die Zeit der Erziehung des ersten Kindes der Klägerin keine Versicherungspflicht, weil dieses Kind schon vor dem (am ) sein drittes Lebensjahr vollendet hat. Das schließt aber noch nicht aus, dass die Versicherungspflicht während einer nach dem zurückgelegten Erziehungszeit durch vor diesem Stichtag liegende Umstände beeinflusst sein kann. Denn folgen mehrere Geburten in so kurzen Abständen aufeinander, dass sich die jeweils anschließenden dreijährigen Kindererziehungszeiten überschneiden, soll § 26 Abs 2a SGB III eine Versicherungspflicht für die gesamte Zeit von der Geburt des ältesten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs des jüngsten Kindes begründen (vgl Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 26 RdNr 90; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, § 26 RdNr 47). In diesen Fällen ist also unter "Kindererziehung" die Gesamtheit der aufeinander folgenden und sich überschneidenden dreijährigen Erziehungszeiten zu verstehen, und die von § 26 Abs 2a Nr 1 SGB III verlangte Tatbestandsvoraussetzung "unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig" ist dann wie "unmittelbar vor der Geburt des ältesten Kindes versicherungspflichtig" zu lesen.

Dasselbe ist auch dann anzunehmen, wenn ein Teil der sich überschneidenden Erziehungszeiten vor dem Inkrafttreten des § 26 Abs 2a SGB III zurückgelegt wurde und das älteste Kind vor dem sein drittes Lebensjahr bereits vollendet hatte. Dafür spricht zum einen, dass die Einführung der Versicherungspflicht nach § 26 Abs 2a SGB III die Unterstützung der Berufsrückkehr aus Zeiten der Kindererziehung verbessern und zu diesem Zweck sicherstellen sollte, dass die Förderung der beruflichen Eingliederung durch einen Anspruch auf Lohnersatzleistungen nicht mehr von Zufälligkeiten in der zeitlichen Abfolge abhängt (BT-Drucks 14/6944 S 26 <zu Nr 7>). Zum anderen führen nach dem Übergangsrecht zur Streichung von § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF nur noch vor dem liegende Kindererziehungszeiten zu einer Verlängerung der Rahmenfrist (§ 434d Abs 2 SGB III). Dass damit für Eltern, deren Erziehungszeiten zufällig teilweise vor und teilweise nach dem liegen, versicherungsrechtliche Nachteile verbunden sein sollten, ist nicht erkennbar und würde der mit der Einführung des § 26 Abs 2a SGB III verfolgten Zielsetzung widersprechen. Eine solche Benachteiligung wäre aber gegeben, falls die Verlängerung der Rahmenfrist um Kindererziehungszeiten für die Zeit nach dem ersatzlos, dh ohne einen versicherungsrechtlichen Ausgleich für die restliche Erziehungszeit ab , abgeschafft worden wäre. Für den genannten Personenkreis ist deshalb davon auszugehen, dass mit Wirkung ab die bis dahin geltende Verlängerung der Rahmenfrist nahtlos durch eine für die restliche Erziehungszeit entstehende Versicherungspflicht abgelöst worden ist, falls die nach § 26 Abs 2a Nr 1 SGB III erforderlichen Voraussetzungen dieser Versicherungspflicht entweder unmittelbar vor der Geburt des (einzigen) Kindes vorgelegen haben oder - im Falle mehrerer Erziehungszeiten, deren Dreijahreszeiträume sich überschneiden und von denen wenigstens einer am noch nicht abgelaufen war - unmittelbar vor der Geburt des ältesten Kindes.

Bei der Klägerin haben sich die jeweils dreijährigen Erziehungszeiten ihrer beiden Kinder überschnitten (erstes Kind: bis ; zweites Kind: bis ). Unmittelbar vor der Geburt des ersten Kindes war sie aus den genannten Gründen versicherungspflichtig wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld ab . Für die ab noch zurückgelegte restliche Erziehungszeit des zweiten Kindes bis bestand Versicherungspflicht gemäß § 26 Abs 2a SGB III. Da die Erziehungszeiten der Versicherungspflicht unterlagen, ist die Anwartschaftszeit gemäß § 123 Satz 1 Nr 1 SGB III aF erfüllt.

b) Ergeben sich danach aus den Feststellungen keine durchgreifenden Bedenken gegen einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach für die Zeit ab , so gilt für die Höhe der Leistung Folgendes:

Nach § 129 Nr 1 SGB III (hier anwendbar in der seit geltenden Fassung durch das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft vom , BGBl I 266) beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), welches sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III in der seit dem geltenden Fassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs 2 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht.

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen (§ 132 Abs 1 SGB III in der seit geltenden Fassung).

Angesichts dieser Bestimmungen ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass das bis zum erzielte Arbeitsentgelt der Klägerin nicht als Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt werden kann. Denn die entsprechenden Entgeltabrechnungszeiträume liegen außerhalb des Bemessungsrahmens. Der Bemessungszeitraum kann aber nur gebildet werden aus "im Bemessungsrahmen" liegenden Entgeltabrechnungszeiträumen.

Da aus den genannten Gründen eine Versicherungspflicht während der Erziehung des zweiten Kindes in der Zeit vom bis zum bestand, bestehen zunächst keine Bedenken dagegen, mit dem LSG von einem Ende des Bemessungsrahmens am auszugehen. Denn das war unter der genannten Voraussetzung der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs im Sinne von § 130 Abs 1 Satz 2, Halbsatz 2 SGB III. Schon mit dem Wortlaut dieser Vorschrift unvereinbar ist die Auffassung der Revision, allein der letzte Tag des letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei für das Ende des Bemessungsrahmens maßgeblich. Denn nach der allgemeinen Begriffsbestimmung in § 24 Abs 1 SGB III, von der mangels gegenteiliger Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sich der Gesetzgeber an ihr auch bei der Regelung in § 130 Abs 1 Satz 2, Halbsatz 2 SGB III orientiert hat, stehen in einem "Versicherungspflichtverhältnis" Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Die zu einer Versicherungspflicht "aus sonstigen Gründen" führenden Tatbestände sind in § 26 SGB III geregelt. Auch das Ende eines solchen Versicherungspflichtverhältnisses kann daher das Ende des Bemessungsrahmens festlegen (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 35 ff; einschränkend wohl: Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 130 RdNr 25).

Ist danach zunächst von einem Bemessungsrahmen vom bis zum auszugehen, so weist dieser Zeitraum keinerlei Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen der Klägerin auf, und für den deswegen gemäß § 130 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom bis zum gilt nichts anderes. Das LSG hat deshalb zutreffend die Voraussetzungen für eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III bejaht und es auch zu Recht abgelehnt, den Bemessungsrahmen auf mehr als zwei Jahre zu erweitern.

Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegen halten, dass nach § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" ua Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes unter drei Jahren außer Betracht bleiben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Diese Regelung, die im Kern schon in dem bis zum geltenden Recht enthalten war (§ 112 Abs 2 Satz 2 AFG) und ab in § 131 Abs 2 Nr 1 SGB III aF übernommen wurde, soll nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts solche Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs 1 iVm § 130 Abs 1 SGB III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 60 f und 67 ff; Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 130 RdNr 8). Solche Zeiten hat die Klägerin nicht vorzuweisen, weil ihre geringfügige Nebenbeschäftigung während der Kindererziehung nicht versicherungspflichtig war und deshalb schon nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III nicht vom Bemessungszeitraum umfasst sein kann, sodass die Ausnahmeregelung in § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III leer liefe.

Die allein den Bemessungszeitraum betreffende Regelung in § 130 Abs 2 Nr 3 SGB III betrifft den davon zu unterscheidenden Bemessungsrahmen nicht. Bereits das frühere Recht kannte der Sache nach einen Bemessungsrahmen, ohne aber diesen in der Rechtsprechung entwickelten Begriff ausdrücklich zu verwenden (vgl zB - auch zur Rechtsentwicklung - BSGE 77, 244 = SozR 3-4100 § 112 Nr 24; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 26; Pawlak in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 11 RdNr 41 ff). Nach § 130 Abs 1 SGB III in der bis zum geltenden Fassung (aF) handelte es sich dabei um die letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand (vgl BSG SozR 4-4300 § 133 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 416a Nr 1 RdNr 13). Nach derselben Vorschrift konnte schon damals der Bemessungszeitraum grundsätzlich nur von Entgeltabrechnungszeiträumen gebildet werden, die in dem vorgegebenen zeitlichen Rahmen lagen (BSG SozR 4-4300 § 133 Nr 3 RdNr 13 und 21).

Allerdings ließ § 130 Abs 2 Satz 1 SGB III aF eine Erweiterung des Bemessungszeitraums zu. Enthielt der Bemessungszeitraum weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, verlängerte sich der Bemessungszeitraum um weitere Entgeltabrechnungszeiträume, bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt erreicht waren. Das konnte dazu führen, dass zur Auffüllung des Bemessungszeitraums auf außerhalb des Bemessungsrahmens liegende Lohnzeiträume zurückzugreifen war (BSG SozR 4-4300 § 416a Nr 1 RdNr 18). Auch konnten Zeiten, die bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums in Anwendung einer Sonderregelung außer Betracht zu bleiben hatten, im Sinne eines Aufschubtatbestands bei der Bestimmung sowohl des Bemessungsrahmens als auch des "eigentlichen" Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (BSG SozR 4-4300 § 131 Nr 1 RdNr 16). Jedoch legte schon § 133 Abs 4 SGB III aF der Sache nach eine absolute Höchstdauer des Bemessungsrahmens fest, weil danach eine fiktive Bemessung zu erfolgen hatte, falls sich auch innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs kein ausreichend langer Bemessungszeitraum mit mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt feststellen ließ.

Das seit dem geltende Recht sieht in § 130 Abs 3 Nr 1 SGB III an Stelle einer Verlängerung des Bemessungszeitraums eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre vor, wenn der im Regelbemessungsrahmen gemäß Abs 1 Satz 2 liegende Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Damit wollte der Gesetzgeber die bisherige sukzessive Erweiterung des Bemessungszeitraums um einzelne Abrechnungszeiträume ablösen (BT-Drucks 15/1515 S 85 <zu § 130 Abs 3>). Daraus folgt in Verbindung mit dem in § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III geregelten Grundsatz, wonach der Bemessungszeitraum nur von Entgeltabrechnungszeiträumen "im Bemessungsrahmen" gebildet werden kann, dass der Bemessung keine Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt werden können, die nicht wenigstens in dem erweiterten Bemessungsrahmen gemäß § 130 Abs 3 SGB III liegen (vgl Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 130 RdNr 62). Das unterstreicht die unmissverständliche Regelung in § 132 Abs 1 SGB III. Da somit Bemessungsrahmen und Bemessungszeitraum nun strikt voneinander zu trennen sind, können auch Zeiten, die auf Grund von Sonderregelungen bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums außer Betracht bleiben, zu keiner Ausweitung des rein kalendermäßig ablaufenden Bemessungsrahmens führen (BSG SozR 4-4300 § 416a Nr 1 RdNr 19).

Nach alledem entspricht es den gesetzlichen Vorschriften, dass die Beklagte die Höhe des ab zu gewährenden Alg nicht anhand des bis zum erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin bemessen hat. Sonstige Fehler bei der Ermittlung der Höhe des der Klägerin zustehenden Alg sind ebenfalls nicht ersichtlich. Dabei kann dahinstehen, ob die Annahme des LSG zutrifft, dass die Klägerin mangels einer Berufsausbildung bei rein formaler Betrachtung nur in die Qualifikationsgruppe 4 (§ 132 Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB III) einzuordnen gewesen wäre, oder ob sie - wie die Revision einwendet - vom bis zum eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten "abgeschlossen" hat. Denn die Beklagte ist jedenfalls zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass sie für eine Beschäftigung in Betracht kam, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert, und hat sie dementsprechend der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III) zugeordnet. Dass sie einer noch höheren Qualifikationsgruppe zuzuordnen gewesen wäre, macht die Klägerin nicht geltend.

Für die Qualifikationsgruppe 3 ist nach § 132 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen. Die Bezugsgröße ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag (§ 18 Abs 1 SGB IV). Die Bezugsgröße im hier maßgeblichen Jahr 2005 betrug 28.980 Euro jährlich (§ 2 Abs 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2005 vom , BGBl I 3098). 28.980 Euro jährlich geteilt durch 450 ergibt das von der Beklagten zu Grunde gelegte fiktive Arbeitsentgelt von 64,40 Euro täglich. Bei einem erhöhten Leistungssatz von 67 vH des so ermittelten Leistungsentgelts (§ 129 Nr 1 SGB III) führt das letztlich zu dem von der Beklagten bewilligten Alg von 21,69 Euro täglich. Dagegen erhebt auch die Revision keine Einwände.

2. Es verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht, dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin bis zum und damit länger als drei Jahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalls erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt wird.

a) Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, bei Eltern bzw Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Alg nicht - wie sonst beim Fehlen eines ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraums - nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts, lässt sich zunächst nicht aus Art 6 Abs 1 GG herleiten. Diese Norm unterstellt zwar Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung, verpflichtet den Staat jedoch nicht, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Interesse des Gemeinwohls neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten. Daher lassen sich aus der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip keine konkreten Folgerungen dafür ableiten, wie in den einzelnen Rechtsgebieten und Teilsystemen ein Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl BVerfGE 87, 1, 36 mwN), ohne dass aus dem Förderungsgebot des Art 6 Abs 1 GG konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen hergeleitet werden könnten (BVerfGE 107, 205, 213 mwN).

b) Selbst wenn sich die streitige Regelung überwiegend zu Lasten von Müttern auswirken sollte, die wegen der Übernahme der Kindererziehung ihre Berufstätigkeit längere Zeit unterbrochen haben, scheidet auch Art 6 Abs 4 GG als Grundlage für das Begehren der Klägerin aus. Unabhängig davon, ob diese Norm Müttern über die Zeit der Schwangerschaft und über die ersten Monate nach der Geburt hinaus überhaupt Schutz gewährt, können aus ihr jedenfalls keine besonderen Rechte für Sachverhalte hergeleitet werden, die nicht allein Mütter betreffen. Davon abgesehen folgt auch aus dem Schutzauftrag des Art 6 Abs 4 GG nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen und dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen. Der Gesetzgeber ist zwar zum Ausgleich unmittelbarer Nachteile in der Arbeitslosenversicherung verpflichtet, soweit er Mütter im Unterschied zu anderen Arbeitnehmern hindert, sich durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung den Zugang zu Versicherungsleistungen selbst zu schaffen oder zu erhalten (BVerfGE 115, 259, 271). Eine damit vergleichbare Situation ist aber nicht gegeben, wenn eine Mutter von der Ausübung einer ihr rechtlich erlaubten versicherungspflichtigen Beschäftigung auf Grund der eigenen Lebensplanung für die Zeit der Kindererziehung absieht, sodass der Gesetzgeber nicht einmal gehalten ist, Vorkehrungen gegen das Erlöschen eines bereits erworbenen Anspruchs auf Alg während einer Elternzeit zu treffen (BSG SozR 4-4300 § 147 Nr 3; zur Abgrenzung vgl auch BSGE 91, 226, 228 = SozR 4-4300 § 147 Nr 2). Der Gesetzgeber ist daher auch nicht verpflichtet, Mütter von der sachgerechten und für alle Versicherten geltenden Regelung auszunehmen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Höhe der Leistung anhand eines aktualisierten (fiktiven) Arbeitsentgelts zu bemessen ist.

c) Die Auffassung der Klägerin lässt sich ferner nicht auf Art 3 Abs 1 GG stützen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (stRspr, vgl zB BVerfGE 110, 412, 431 mwN).

Damit ist dem Gesetzgeber aber weder jede Differenzierung verwehrt, noch ist es ihm untersagt, von Differenzierungen abzusehen, die er vornehmen dürfte. Art 3 Abs 1 GG ist allerdings verletzt, wenn sich ein vernünftiger Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt bzw wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Da die zu regelnden Lebenssachverhalte einander nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen gleichen, ist es aber grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht, solange er diese Auswahl sachgerecht und nicht willkürlich trifft. Innerhalb dieser Grenzen ist er in seiner Entscheidung grundsätzlich frei, soweit seine Gestaltungsfreiheit nicht durch andere Verfassungsnormen wie zB den sich aus Art 6 Abs 1 GG ergebenden Schutzauftrag zusätzlich eingeschränkt ist (s unter 2d). Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkret geregelten Sachbereichs (stRspr, vgl ua BVerfGE 87, 1; BVerfGE 90, 226 = SozR 3-4100 § 111 Nr 6; BVerfGE 107, 205; BVerfGE 110, 412; BSG SozR 4-4300 § 124 Nr 1, jeweils mwN).

Auf dieser Grundlage bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den auf Grund des Versicherungsfalls derzeit eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansieht und deshalb stattdessen den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn zur Bemessungsgrundlage erhebt. Aus den schon genannten Gründen liegt darin weder eine willkürliche Gleichbehandlung von erziehenden Eltern mit anderen Versicherten noch ist die Aktualisierung der Bemessungsgrundlage als solche sachwidrig, weil sie dem Lohnersatzcharakter des Alg und damit einem zentralen Grundgedanken der zu regelnden Materie Rechnung trägt. Diese Rechtsfolge und das zu Grunde liegende Anliegen, das Arbeitsentgelt aus weit zurückliegenden Beschäftigungszeiten in der Regel als Bemessungsgrundlage auszuschließen (vgl Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 130 RdNr 26), entsprechen vielmehr der Funktion des Alg als Lohnersatzleistung.

Das Alg soll dem Arbeitslosen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten, den er dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet. Dabei erfordert die existenzsichernde Natur des Alg, dass die Feststellung der Leistungshöhe und die Auszahlung beschleunigt erfolgt, was schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu einfachen Maßstäben bei der Leistungsberechnung zwingt (vgl zB BVerfGE 63, 255, 262 = SozR 4100 § 111 Nr 6). Da sich der durch die Arbeitslosigkeit individuell eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lässt ( <veröffentlicht in juris, dort RdNr 23 aE>), ist es unter den genannten Voraussetzungen praktisch unvermeidlich, die Höhe des Alg nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen zu bestimmen. Dabei kann dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte (vgl ua BSG, aaO; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 3). Das wird in der Regel der Konzeption gerecht, das Alg als Lohnersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Lohnniveau auszurichten, das den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen repräsentiert (vgl ua BSGE 74, 96, 100 = SozR 3-4100 § 112 Nr 17; BSGE 77, 244, 250 = BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 24; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 26).

Obwohl es deswegen prinzipiell sachgerecht ist, wenn die Bemessung des Alg an den Nettolohn anknüpft, den der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bezogen hat (BVerfGE 63, 255, 262 = SozR 4100 § 111 Nr 6), eignet sich diese Methode aber nicht immer dazu, den Gegenwert der dem Arbeitslosen aktuell möglichen Verwertung seiner Arbeitsleistung zu bestimmen. Das Gesetz sah daher schon in der Vergangenheit eine Reihe von Ausnahmeregelungen vor, denen die gemeinsame Vorstellung zu Grunde lag, dass die Indizwirkung, die dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt grundsätzlich zukommt, unter bestimmten Umständen versagt, sodass der Lohnausfall infolge der Arbeitslosigkeit und der deswegen zu erbringende Lohnersatz mit einer anderen Methode bemessen werden müssen (zum AFG: <veröffentlicht in juris, dort RdNr 23>). So bestimmte § 112 Abs 7 Alt 2 AFG in der bis zum geltenden Fassung, dessen Grundgedanke ab durch § 133 Abs 4 SGB III aF (s. oben unter 1.b) aufgegriffen wurde, dass für die Bemessung von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder (...) ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen ist, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts in Betracht kommt, falls der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegt.

Dafür war die Überlegung maßgebend, dass ein lang zurückliegender Bemessungszeitraum nicht mehr die Vermutung rechtfertigt, dass der Arbeitslose dasselbe Arbeitsentgelt auch in Zukunft verdienen könne (BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 7). Diese Überlegung und die daraus gezogene Konsequenz, unter solchen besonderen Umständen das Bemessungsentgelt den aktuellen Verhältnissen anzupassen, sind nicht zu beanstanden. Sie entsprechen vielmehr dem Grundsatz, dass sich das Alg zur Sicherstellung der Vermittelbarkeit des Arbeitslosen an dem Arbeitsentgelt orientieren soll, das (ohne die Arbeitslosigkeit) durch Erwerbstätigkeit im Leistungszeitraum erzielbar wäre. Die Aktualisierung der Bemessungsgrundlage zielt also gerade darauf ab, dass das Alg seiner Lohnersatzfunktion auch in Sonderfällen gerecht wird. Die Aktualisierung muss im Übrigen keineswegs zwangsläufig zu einem niedrigeren Alg führen als es sich nach dem in der Vergangenheit zuletzt erzielten Lohn ergäbe. In den durchaus in Betracht kommenden Fällen, dass vor der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit (zB wegen damals bestehender Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bzw -bereitschaft oder aus Arbeitsmarktgründen) nur eine unterqualifizierte und daher schlechter bezahlte Beschäftigung ausgeübt wurde, oder dass zwischenzeitlich zusätzliche Qualifikationen erworben wurden, kann das Abstellen auf das aktuell erzielbare Arbeitsentgelt auch vorteilhaft sein.

Aber selbst in Fällen, in denen die Anpassung der Bemessungsgrundlage an die aktuellen Verhältnisse im Einzelfall zu einem niedrigen Alg führt, ist sie unabhängig davon sachgerecht, worauf die längere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit jeweils beruht. Ausreichende Gründe dafür, Berufspausen wegen Kindererziehung im Unterschied zu anderen Sachverhalten von einer Aktualisierung der Bemessungsgrundlage auszunehmen, sind nicht ersichtlich. Gewisse auch am Arbeitsmarkt verwertbare Grundfertigkeiten wie zB Organisationstalent werden zwar im Rahmen der Kindererziehung trainiert (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 132 RdNr 10). Gleichwohl muss in Rechnung gestellt werden, dass die Arbeitswelt und damit die Anforderungen, denen Beschäftigte an einem Arbeitsplatz konkret genügen müssen, einem immer schnelleren Wandel unterliegen. Es ist deshalb einleuchtend, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Versicherungspflicht nach § 26 Abs 2a SGB III davon ausgegangen ist, dass (gerade auch) die Berufsrückkehr aus Zeiten der Kindererziehung eine "berufliche Eingliederung" erfordert, die mit dem Zugang zum Alg dem Grunde nach gefördert werden soll (vgl BT-Drucks 14/6944 S 26 <zu Nr 7>). Eine mehrjährige Unterbrechung des Erwerbslebens legt bei lebensnaher Betrachtung stets die Möglichkeit nahe, dass der "Anschluss" an aktuelle berufliche Gegebenheiten zumindest in gewissem Maße verloren gegangen ist, sodass ein nahtloser Wiedereinstieg in die bisherige Berufsbiografie, insbesondere mit einem völlig unveränderten Marktwert der angebotenen Arbeitsleistung, nicht als gesichert gelten kann.

d) Eine Verletzung des Gleichheitssatzes lässt sich hier auch unter Berücksichtigung des die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers einengenden Schutzauftrags aus Art 6 Abs 1 GG nicht feststellen. Die Förderung der Betreuung und Erziehung von Kindern liegt im familien- und sozialpolitischen Ermessen des Gesetzgebers. Nicht einmal, wo es um den Zugang zum Alg durch Erfüllung der Anwartschaftszeit geht, ist der Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erziehungsgeld (bzw Elterngeld) und Erziehungsurlaub (bzw Elternzeit) entschieden hat, dazu verpflichtet, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen in gleicher Weise zur Geltung zu bringen (BVerfG NZA-RR 2005, 154 <juris-RdNr 22, 23>, Nichtannahmebeschluss zu BSG SozR 4-4300 § 124 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 147 Nr 3).

Im Übrigen ist selbst eine punktuelle gesetzliche Benachteiligung eines Personenkreises, für den der Schutzauftrag des Art 6 Abs 1 GG gilt, nicht zu beanstanden, wenn die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung dieses Personenkreises bewirkt, sondern ihn teilweise begünstigt und teilweise benachteiligt (BVerfGE 107, 205, 216). Insoweit ist zu bedenken, dass erziehende Eltern aus förderungspolitischen Motiven, die mit der klassischen Aufgabe der Arbeitslosenversicherung nichts zu tun haben, dadurch begünstigt werden, dass auch bei längerer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit der Zugang zum Alg infolge der von einer Beschäftigung losgelösten versicherungsrechtlichen Berücksichtigung von Erziehungs- bzw Elternzeiten erhalten bleibt (bis zum durch eine Verlängerung der Rahmenfrist gemäß § 124 Abs 2 Nr 3 SGB III aF, seit durch die Versicherungspflicht nach § 26 Abs 2a SGB III). Selbst wenn eine Benachteiligung darin zu sehen wäre, dass das Gesetz für erziehende Eltern unter denselben Voraussetzungen wie für die übrigen Versicherten eine fiktive Bemessung vorsieht, führt dieser Nachteil bei einer Gesamtbetrachtung nicht zu einer Schlechterstellung der Erziehenden. Die gewährten versicherungsrechtlichen Vergünstigungen für diesen Personenkreis zwingen den Gesetzgeber nicht dazu, Eltern bei der Berufsrückkehr nach Erziehungszeiten eine gegenüber anderen Versicherten weitere zusätzliche Vergünstigung einzuräumen.

3. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen kann auch nicht angenommen werden, dass die strittige Regelung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, insbesondere gegen die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl L 6 S 24), deren Art 4 Abs 1 den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung auf Grund des Geschlechts (ua) bei der Berechnung von Sozialleistungen postuliert. Dabei kann unterstellt werden, dass die Regelungen zur fiktiven Bemessung des Alg, die wegen ihrer Geltung für alle Versicherten jedenfalls keine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts beinhalten, in der Praxis vorwiegend bei Frauen zur Anwendung kommen, die sich nach der Kindererziehung wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Gleichwohl ist der Anschein der Diskriminierung widerlegt, wenn die in Rede stehende Regelung durch Faktoren sachlich gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben (EuGH NJW 2008, 499, 501 mwN <RdNr 42>). Letzteres ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betreffenden Mitgliedstaats dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind (EuGHE I 1995, 4741 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 12 mwN; vgl auch EuGHE I 1991, 2205 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 3; EuGHE I 1995, 4625 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 11; EuGHE I 1996, 179 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 13).

Danach ist hier im Ergebnis keine mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts ersichtlich, weil es aus den bereits genannten Gründen sachlich gerechtfertigt ist, bei allen Versicherten, die bei Eintritt der Arbeitslosigkeit keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, eine Aktualisierung des Bemessungsentgelts vorzunehmen. Die gewählte Methode, in diesen Sonderfällen das aktuell erzielbare Arbeitsentgelt fiktiv zu bemessen, entspricht dem Grundprinzip der deutschen Arbeitslosenversicherung, einen angemessenen Ausgleich (nur) für den auf Grund der Arbeitslosigkeit ausfallenden Lohn zu leisten, und sie ist geeignet und erforderlich, die Lohnersatzfunktion des Alg auch dann zu wahren, wenn das in der Vergangenheit zuletzt erzielte Arbeitsentgelt nicht mehr genügend Aufschluss über die Höhe des durch den derzeitigen Versicherungsfall verursachten "Schadens" (Lohnausfall) zu geben vermag.

4. Schließlich konnte sich der Senat auch nicht davon überzeugen, dass die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung durch § 132 Abs 2 SGB III gegen höherrangiges Recht verstößt.

a) Die in der neuen Bemessungsmethode des § 132 Abs 2 SGB III liegende Abkehr von der individuellen Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts (§ 133 Abs 4 SGB III aF), die zu einer deutlichen Verwaltungsvereinfachung führt (vgl Rolfs in Gagel, SGB III, § 132 RdNr 4), begegnet als solche zunächst keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere liegt darin nicht - wie von der Revision angenommen - ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen grundsätzlich berechtigt, in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte durch typisierende Regelungen normativ zusammenzufassen, im Tatsächlichen bestehende Besonderheiten generalisierend zu vernachlässigen sowie Begünstigungen oder Belastungen in einer gewissen Bandbreite nach oben und unten pauschalierend zu bestimmen, jedenfalls wenn die damit verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Dabei darf der Gesetzgeber auch die Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele berücksichtigen, um den Erfordernissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen (vgl zB BVerfGE 84, 348, 359; BVerfGE 111, 115, 137, jeweils mwN).

Mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sollten die bereits eingeleiteten Reformen fortgesetzt werden, um mit dem kurz- und mittelfristigen Ziel eines Abbaus der Arbeitslosigkeit die Lösung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt voranzutreiben (Begründung des Gesetzentwurfs der damaligen Regierungsfraktionen, BT-Drucks 15/1515 S 71). Dafür wurde ua eine durchgreifende Vereinfachung des Leistungsrechts der Arbeitslosenversicherung für erforderlich gehalten, weil ihr zentrale Bedeutung vor allem für eine bessere, schnellere Vermittlung zukomme. Denn man ging davon aus, dass das im Laufe der Jahre überaus komplex gewordene und nur noch schwer durchschaubare Leistungsrecht in erheblichem Umfang die Bindung von Kapazitäten im Bewilligungsverfahren verursache, die bei den Bemühungen um moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt für die Beratung und Betreuung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die berufliche Eingliederung Arbeitsloser dringend benötigt würden (aaO S 73 und 85 <zu Nr 71>). Darum sollten Vielfalt und Komplexität der Regelungen zurückgeführt und das Verwaltungsverfahren deutlich und nachhaltig vereinfacht werden. Um dies und im Endeffekt ein günstigeres Verhältnis von Vermittlern zu Arbeitsuchenden zu erreichen, hielt man es für notwendig, um den Preis von weniger Einzelfallgerechtigkeit und von sowohl günstigen wie auch ungünstigen Auswirkungen für Betroffene detaillierte Einzelfallregelungen durch ein größeres Maß an Pauschalierung zu ersetzen und Ausnahmeregelungen zu beschränken, ohne das Sicherungsniveau der Arbeitslosenversicherung insgesamt zu beeinträchtigen (aaO S 73 und 85 <zu Nr 71>). Zu der angestrebten Verwaltungsvereinfachung sollte auch der Übergang zu einer Pauschalierung bei der fiktiven Leistungsbemessung beitragen (aaO S 85 f <zu § 132>). Von den Reformen im Recht der Arbeitslosenversicherung versprach man sich nach einer Übergangszeit die Freisetzung von Personalkapazitäten von etwa 3.000 Jahresarbeitskräften, die dann zur Verstärkung der Vermittlung und Eingliederung von Arbeitslosen zur Verfügung stünden (aaO S 2 <zu D.2.>).

Danach greift die Kritik zu kurz, dass die gewählte Bemessungsmethode nur der Verwaltungsvereinfachung diene. Diese ist vielmehr (iS eines Mittels zum Zweck) einem weiter gehenden Ziel untergeordnet, weil mit der erstrebten Freisetzung bisher durch die Leistungsbemessung gebundener personeller Ressourcen letztlich dem in §§ 4 und 5 SGB III verankerten Vorrang der Vermittlung und der aktiven Arbeitsförderung (§ 3 Abs 4 SGB III) vor Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit mehr praktische Geltung verschafft werden soll. Die Verwaltungsvereinfachung ist mit anderen Worten ein vom Gesetzgeber für notwendig gehaltenes Element des Gesamtkonzepts, durch sozialpolitische Reformen für einen Abbau der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit zu sorgen. Dass diesem Endziel wegen seiner großen Bedeutung für das Gemeinwohl ein hohes Gewicht beigemessen werden durfte, liegt auf der Hand.

Der Gesetzgeber musste auch nicht davon ausgehen, dass diese Pauschalierung in zahlreichen Fällen zu besonders schwer wiegenden Härten führt. Denn die aus der Rentenversicherung bereits länger bekannte Ermittlung fiktiver Entgelte anhand der Einstufung in Qualifikationsgruppen (§§ 256b Abs 1, 256c Abs 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch iVm Anlage 13 zu diesem Gesetz, hier idF der Bekanntmachung vom , BGBl I 754) kann wegen der erfahrungsgemäß in der Regel bestehenden Abhängigkeit zwischen beruflicher Qualifikation und Verdienstmöglichkeiten als geeignete Methode angesehen werden, um jedenfalls in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen.

b) Schließlich lässt sich nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Höhe der in § 132 Abs 2 Satz 2 SGB III den einzelnen Qualifikationsgruppen jeweils zugeordneten Arbeitsentgelte als unangemessen zu beanstanden ist (kritisch, aber offen lassend: Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 RdNr 49 f). Für einen von der Revision insoweit behaupteten Verstoß des Leistungsniveaus gegen die Art 3, 6 oder 14 GG ist nichts ersichtlich.

Die Hintergründe der Festsetzung der fiktiven Arbeitsentgelte können einem erläuternden Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom (abgedruckt bei Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Anhang zu § 132) entnommen werden. Danach wurde zunächst als Basis für die pauschalierende Neuregelung die Gruppe der Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung ausgewählt, weil sie nach dem ausgewerteten Datenmaterial des Statistischen Bundesamtes zum einen mit einem Anteil von etwa 70 vH die mit Abstand größte Gruppe unter den Arbeitnehmern bildet und weil zum anderen das Arbeitsentgelt dieser Gruppe in etwa dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Arbeitnehmer entspricht. Das von dieser Gruppe erzielte durchschnittliche Arbeitsentgelt wurde allerdings nicht unverändert als Eckwert zu Grunde gelegt, sondern dieser Gruppe wurde ein Arbeitsentgelt zugeordnet, das dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Bezieher von Alg (ca 80 vH der Bezugsgröße) entspricht. Hierbei ging man zum einen davon aus, dass die Höhe des Entgelts so festzusetzen sei, dass eine Arbeitsaufnahme für den Arbeitslosen grundsätzlich eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung bleibe. Zum anderen wurde erwogen, dass bei Arbeitslosen, die zuletzt kein oder kein typisches Arbeitsentgelt erzielt oder ein solches Entgelt nur für weniger als 150 Tage innerhalb der letzten zwei Jahre bezogen haben, als Anknüpfungspunkt für das aktuell erzielbare Entgelt das durchschnittlich von allen Arbeitnehmern erzielte Arbeitsentgelt weniger gut geeignet sei als das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Bezieher von Alg. Das deswegen der Qualifikationsgruppe der Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung (Qualifikationsgruppe 3) zugeordnete tägliche Arbeitsentgelt von 1/450 der jährlichen Bezugsgröße wurde unter Orientierung an den durch die Gehalts- und Lohnstrukturerhebung ausgewiesenen Spannweiten der Entgeltabstände für die übrigen Qualifikationsgruppen pauschalierend in Abstufungen von je 20 Prozentpunkten höher bzw niedriger festgesetzt (Qualifikationsgruppe 2: 100 vH der Bezugsgröße <1/360>; Qualifikationsgruppe 1: 120 vH der Bezugsgröße <1/300>; Qualifikationsgruppe 4: 60 vH der Bezugsgröße <1/600>).

Die genannten Überlegungen erscheinen grundsätzlich vertretbar und angemessen. Das Bestreben, ein Leistungsniveau zu verhindern, das über einen Ausgleich für das aktuell erzielbare Entgelt hinausgeht, rechtfertigt sich ohne weiteres aus der Lohnersatzfunktion des Alg. Es ist auch nicht verfehlt, in diesem Zusammenhang die Gefahr zu sehen, dass anderenfalls der Bezug von Alg attraktiver sein könnte als die Aufnahme einer Beschäftigung. Aus den bereits genannten Gründen ist ferner grundsätzlich nicht zu beanstanden, bei Personen, deren Berufsbiografie Lücken aufweist und die in den letzten zwei Jahren nur für weniger als 150 Tage Arbeitsentgelt erzielt haben, typisierend davon auszugehen, dass der aktuelle Marktwert der Arbeitsleistung in der Regel durch die durchschnittlichen Entgelte aller in einer Beschäftigung stehenden Arbeitnehmer nicht mehr zutreffend repräsentiert wird. Die auf diesen Grundlagen erfolgte pauschalierende Festsetzung der den einzelnen Qualifikationsstufen zugeordneten Bruchteile der Bezugsgröße scheint auch noch genügend statistisch abgesichert, da sich der durch den individuellen Versicherungsfall aktuell eintretende Lohnausfall ohnehin nicht exakt bestimmen, sondern nur schätzen lässt. Als willkürlich wäre lediglich eine Schätzungsmethode anzusehen, die mangels geeigneter Anknüpfungspunkte sozusagen "in der Luft hängt"; davon kann aber hier angesichts der Orientierung am durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Bezieher von Alg keine Rede sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
LAAAD-02780