BAG Urteil v. - 2 AZR 717/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: KSchG § 4 Satz 1

Instanzenzug: ArbG Frankfurt am Main 3 Ca 2508/04 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des bei ihr seit dem als Diplom-Ingenieur beschäftigten Klägers mit Schreiben vom , dem Kläger am selben Tag zugegangen, zum .

Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit seiner beim Arbeitsgericht am eingegangenen Klage gewandt und insbesondere die nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt. Der Kläger hat insoweit die Auffassung vertreten, seine Klage sei noch rechtzeitig erhoben worden, da die ab dem geltende Neufassung des § 4 KSchG auf die im Jahr 2003 erklärte Kündigung keine Anwendung finde.

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die neue ab dem geltende gesetzliche Regelung zur Klagefrist erfasse auch die streitgegenständliche Kündigung. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei bereits die 3-wöchige Klagefrist abgelaufen gewesen; sie habe spätestens mit Ablauf des geendet.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.

Gründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat mit der im März 2004 erhobenen Klage die 3-wöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt. Die Kündigung vom gilt als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG).

A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner die Klage abweisenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom gelte schon wegen der erst am erhobenen Klage und der deshalb versäumten Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG). Die gesetzliche Klagefrist erstrecke sich seit dem auf alle Unwirksamkeitsgründe. Für Kündigungen, die vor dem zugegangen seien, laufe sie ab dem und ende am .

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in der Begründung. Eine noch im Jahr 2003 zugegangene Kündigung, gegen die erst im Jahr 2004 gerichtlich vorgegangen wurde, unterfällt der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG in der Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom (nF). Die Drei-Wochen-Frist begann demnach mit dem Inkrafttreten der Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes am und lief am ab (so bereits -, zur Veröffentlichung vorgesehen <zVv.>).

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist somit durch die Kündigung der Beklagten vom zum rechtswirksam beendet worden. Sie gilt nach § 7 KSchG iVm. § 4 Satz 1 KSchG nF als von Anfang an rechtswirksam.

I. Die 3-wöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nF erfasst - mit Ausnahme der mangelnden Schriftform - seit dem alle Unwirksamkeitsgründe, insbesondere auch eine fehlerhafte Betriebsratsanhörung (vgl. beispw. KR-Friedrich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 9a; Löwisch BB 2004, 154, 158; Bader NZA 2004, 65, 67; Raab RdA 2004, 321, 322; Eylert/Schinz AE 2005, 5, 9).

II. Entgegen der Auffassung der Revision ist § 4 KSchG nF auch auf Kündigungen anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen am zugegangen sind und deren Wirksamkeit der Arbeitnehmer nach dem zur gerichtlichen Überprüfung stellt.

1. Es wäre zwar im Sinn einer klaren Regelung, § 4 KSchG nF nur auf Kündigungen anzuwenden, die ab dem zugegangen sind (so ErfK/Ascheid 6. Aufl. § 4 KSchG Rn. 1; Eylert/Schinz AE 2005, 5, 9). Das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom (BGBl. I S. 3002) enthält aber keine Übergangsregelung. Deshalb ist mit dem Sechsten Senat ( - 6 AZR 283/05 - zVv.) davon auszugehen, dass die Neuregelung der Klagefrist mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes auch bereits zugegangene Kündigungen mit der Maßgabe erfasst, dass die Klagefrist für die betroffenen Arbeitnehmer am zu laufen begann und am endete. Die Fiktionswirkung der §§ 7, 4 KSchG nF trat demnach mit Ablauf des ein ( - zVv.).

Die Rechtsprechung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts, der sich der erkennende Senat anschließt, entspricht der überwiegenden Meinung im Schrifttum, die sich im Anschluss an frühere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Klagefrist bei Änderungen und Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ( - BAGE 90, 348 und - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110) herausgebildet hatte (vgl. insb. Bader NZA 2004, 65, 68; KR-Rost 7. Aufl. § 7 KSchG Rn. 3c; Quecke RdA 2004, 86, 99; HWK/Pods/Quecke 1. Aufl. § 4 KSchG Rn. 3; MünchKommBGB/Hergenröder 4. Aufl. § 4 KSchG Rn. 11 Fn. 17; aA Löwisch BB 2004, 154, 159).

2. Entgegen der Auffassung der Revision bestehen gegen diese Lösung keine verfassungsrechtlichen Rückwirkungsbeschränkungen. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung richtet sich nämlich nach dem Recht, das zum Zeitpunkt dieser Geltendmachung galt, dh. nach § 4 KSchG nF ( - zVv.).

III. Da der Kläger die 3-wöchige Klagefrist mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage nicht gewahrt hat, sind die Wirkungen des § 7 KSchG nF eingetreten. Einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsfeststellungsklage (§ 5 KSchG) hat der Kläger nicht gestellt.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Fundstelle(n):
IAAAC-41609

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