BFH Beschluss v. - VIII B 248/03

Beschränkung des Klagebegehrens erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung auf das Ziel, das Finanzamt zu einem Tätigwerden zu verpflichten

Gesetze: FGO § 46, FGO § 47

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erließ gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990, 1991 sowie 1992.

Da das FA nach Ansicht des Klägers ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist über den Einspruch gegen diese Bescheide entschied, erhob der Kläger „Untätigkeitsklage” und kündigte an, in der mündlichen Verhandlung u.a. die Aufhebung dieser Bescheide zu beantragen, soweit sie auf dem Ansatz bestimmter gewerblicher Gewinne und von Einkünften aus Kapitalvermögen beruhten. Zur Begründung führte er aus, er begehre nach § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vom FA eine Einspruchsentscheidung. Die Sache sei entscheidungsreif. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig.

Mit Einspruchsentscheidung vom gab das FA den Einsprüchen teilweise statt. Daraufhin erklärte der Kläger am die Untätigkeitsklage wegen der Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1992 für erledigt. Gleichzeitig kündigte er an, gegen die Einkommensteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung nunmehr separat Klage zu erheben. Auf den Hinweis des Gerichts, eine solche Klage sei unzulässig, vielmehr werde das anhängige Klageverfahren fortgesetzt, erwiderte der Kläger mit Schreiben vom Folgendes: Seine Klage sei von Anfang an lediglich auf ein Tätigwerden der Finanzbehörde gerichtet gewesen. Er habe hingegen keine Anfechtungsklage gegen die Steuerbescheide selbst erhoben. Nachdem das FA das Verfahren wegen Einkommensteuer 1990, 1991 sowie 1992 für erledigt erklärte, schloss sich der Kläger dieser Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom ausdrücklich an.

Der Kläger erhob am Klage, mit dem Antrag, die Einkommensteuerbescheide vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben. Das Finanzgericht (FG) wies diese Klage als unzulässig ab und führte zur Begründung aus, der ursprüngliche Rechtsstreit (Untätigkeitsklage) sei hinsichtlich der Einkommensteuer 1990 bis 1992 infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen beendet. Die angefochtenen Bescheide seien dadurch bestandskräftig geworden. Für eine erneute Klage fehle es insoweit am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vertritt der Kläger die Ansicht, das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Mit der Untätigkeitsklage habe er lediglich eine Verpflichtung des FA zum Tätigwerden angestrebt, aber nicht die Einkommensteuerbescheide angefochten. Dies habe er mit dem Schriftsatz vom verdeutlicht. Das für die Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis sei daher gegeben.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Zutreffend hat der Kläger zwar gerügt, dass das FG sein klageabweisendes Urteil auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis gestützt hat. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom wurden aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen im Verfahren wegen der Untätigkeitsklage nicht bestandskräftig. Sie waren bei Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Die Beendigung dieses Verfahrens ließ die Anfechtbarkeit der Bescheide somit unberührt. Der Senat nimmt insoweit wegen der Begründung Bezug auf den zwischen denselben Beteiligten ergangenen (BFH/NV 2005, 237).

2. Gleichwohl ist die Beschwerde in analoger Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO als unbegründet zurückzuweisen (zur von der ständigen Rechtsprechung des BFH befürworteten analogen Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO bei im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gerügten Verfahrensmängeln vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 98). Denn die klageabweisende Entscheidung des FG stellt sich aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig dar. Die Klage ist verfristet.

Nach § 47 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat beginnend mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Danach begann die Klagefrist vorliegend mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom und war im Zeitpunkt der Klageerhebung am bereits abgelaufen. Das Erfordernis der Rechtsbehelfsbelehrung für den Beginn des Laufs der Klagefrist nach § 55 Abs. 1 Satz 1 FGO ist erfüllt. Das FA hat den Kläger ordnungsgemäß in seiner Einspruchsentscheidung vom darauf hingewiesen, dass eine erneute Klage wegen des bereits anhängigen gerichtlichen Rechtsbehelfs nicht notwendig und auch nicht zulässig war, sondern das laufende Klageverfahren der Untätigkeitsklage durch das FG ohne weiteres fortgesetzt wurde. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vom war die Klage entsprechend der formulierten Klageanträge des Klägers noch als Untätigkeitsklage, gerichtet auf Änderung oder Aufhebung der Einkommensteuerbescheide, anhängig. Erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung hat der Kläger sein Klagebegehren mit Schriftsatz vom auf das Ziel beschränkt, das FA zu einem Tätigwerden zu verpflichten. Das ursprüngliche Klageverfahren war nach Ergehen der Einspruchsentscheidung als Anfechtungsklage gegen die Steuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung fortzusetzen (, BFH/NV 1996, 559).

Fundstelle(n):
DAAAC-18005