OFD Frankfurt am Main - S 2244 A - 37 - St 215

Auswirkungen des Zwerganteils- und des Sanierungsprivilegs in § 32a Abs. 3 GmbHG auf nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG

Bezug:

Der Bundesfinanzhof orientiert sich in seinen Entscheidungen zur Berücksichtigung von eigenkapitalersetzenden Darlehen und Bürgschaften als nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG strikt am Zivilrecht. Daher haben die nachstehenden Besonderheiten des Eigenkapitalersatzrechts im GmbHG und die Regelungen im Aktienrecht durch die Herabsetzung der Beteiligungsgrenze auf mindestens 10 v.H. ab dem und auf mindestens 1 v.H. ab dem in § 52 Abs. 34a EStG aufgeführten zeitlichen Anwendungsrahmen Auswirkungen auf die Beurteilung des Entstehens von nachträglichen Anschaffungskosten bei einer wesentlichen Beteiligung.

I. Zwerganteilsprivileg gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG

Die Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht für Gesellschafter, die mit 10 v.H. oder weniger am Kapital der GmbH beteiligt und nicht Geschäftsführer der Gesellschaft sind.

Zivilrechtlich und wirtschaftlich betrachtet stellt dieses Zwerganteilsprivileg eine Erleichterung für die Gesellschafter dar, da die grundsätzlich eigenkapitalersetzenden Darlehen und sonstigen Finanzierungshilfen im Ergebnis wie die fremder Dritter behandelt werden (kein Rangrücktritt hinter den übrigen Gläubigern) und insbesondere nicht der Rückzahlungssperre des § 30 GmbHG unterliegen. Die zivilrechtliche Privilegierung führt jedoch zu nachfolgend genannten einkommensteuerrechtlichen Benachteiligungen im Bereich des § 17 EStG:

Ein Gesellschafter, der unter das Zwerganteilsprivileg fällt, kann aufgrund des Absenkens der Wesentlichkeitsgrenze auf 10 v.H. bzw. 1 v.H. zwar eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG innehaben. Ihm können jedoch infolge der zwingenden Vorgabe durch das Kapitalersatzrecht in § 32 Abs. 3 Satz 2 GmbHG keine nachträglichen Anschaffungskosten aus dem Verlust von Finanzierungshilfen entstehen.

Das Gleiche gilt für Dritte, die der Gesellschaft aufgrund eigener Verpflichtungen Beträge zuwenden. Auch ihre Finanzierungshilfen können nur als Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters berücksichtigt werden, wenn die Finanzierungshilfen eigenkapitalersetzend sind. Ist also der Gesellschafter, aus dessen Vermögen diese Leistungen wirtschaftlich erfolgen sollen, nicht zu mehr als 10 v.H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt und ist er kein Geschäftsführer, können derartige Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden.

II. Sanierungsprivileg gemäß § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG

Wenn ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise erwirbt, führt dies für seine bestehenden oder neugewährten Kredite gemäß § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG ebenfalls nicht zur Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz.

Auch das sog. Sanierungsprivileg stellt aus den o.g. Gründen zivilrechtlich und wirtschaftlich betrachtet eine Erleichterung für die Gesellschafter einer GmbH dar. Diese zivilrechtliche Privilegierung führt jedoch ebenfalls zu nachfolgend dargestellten einkommensteuerrechtlichen Benachteiligungen im Bereich des § 17 EStG:

Hat ein Darlehensgeber vor der Krise der Gesellschaft ein Darlehen gegeben, das keinen eigenkapitalersetzenden Charakter hatte, und wird er in der Krise zum Zwecke ihrer Überwindung Gesellschafter mit einer im § 17 EStG geforderten Beteiligungshöhe, führt dies nicht zur Umqualifizierung dieses Darlehens als eigenkapitalersetzend. Gibt dieser Gesellschafter nach Erwerb der Anteile in der Krise weitere Darlehen, werden auch diese Finanzierungshilfen nicht eigenkapitalersetzend, obwohl es sich um in der Krise gegebene Darlehen handelt, die aufgrund der BFH-Rechtsprechung an sich als nachträgliche Anschaffungskosten auf eine Beteiligung zu behandeln wären. In derartigen Fällen führt damit der Verlust der Darlehensforderungen, obwohl die Darlehen in oder vor der Krise gewährt worden sind, nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten.

Dieses Sanierungsprivileg gilt nicht für Darlehen, die bereits vor Eintritt der Krise eigenkapitalersetzenden Charakter hatten. Diese verlieren nicht nachträglich diesen Status.

Das Sanierungsprivileg gilt ebenfalls nicht für Gesellschafter oder Dritte, die bereits vor der Krise den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts unterlegen haben. Erwerben diese Altgesellschafter oder Dritte in der Krise weitere Anteile, unterliegen sie auch mit Finanzierungsmaßnahmen in der Krise dem Eigenkapitalersatzrecht. In diesen Fällen ändert sich nichts an der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von ausgefallenen Darlehen oder sonstigen Finanzierungsmaßnahmen.

Entgegen dieser Auffassung hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom (EFG 2006 S. 110) entschieden, dass das zivilrechtliche Sanierungsprivileg nichts am tatsächlichen Charakter der gewährten Darlehen als Eigenkapitalersatz ändere, es suspendiere nur die Rechtsfolgen. Die geforderte Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liege auch in dem durch § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG privilegierten Fall vor, weil der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise nicht wie ein fremder Darlehensgeber gegenübertritt. Zudem dürfe das Sanierungsprivileg, das Anreize bieten soll, GmbHs Risikokapital zur Verfügung zu stellen und sich an Sanierungen zu beteiligen, nicht dazu führen, dass der Sanierungskapital gebende Gesellschafter gegenüber anderen Gesellschaftern benachteiligt wird.

Gegen dieses Urteil wurde Revision eingelegt (Az. VIII R 66/05). Einsprüche, die sich gegen die Nichtberücksichtigung von Sanierungskapital als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung richten, ruhen gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

III. Auswirkungen der Kapitalersatzregeln auf das Aktienrecht

Im Aktienrecht fehlt eine dem § 32a Abs. 3 GmbHG entsprechende Regelung, Daher ist bei einer AG das Eigenkapitalersatzrecht regelmäßig erst ab einer Beteiligungsquote von mehr als 25 v.H. (Sperrminorität) anwendbar. Erst ab einer solchen Beteiligung ist ein Gesellschafter „unternehmerisch” am Grundkapital einer AG beteiligt, sofern der Aktionär nicht ausnahmsweise bei einer darunter liegenden Beteiligung auf Grund weiterer Umstände (z.B. Konsortialverträge; familiäre Verflechtung unter den Aktionären) einen fortdauernden Einfluss auf die Unternehmensleitung hat und ersichtlich auch ausübt.

Ein Gesellschafter, der zu 25 v.H. oder weniger an einer AG beteiligt ist, kann aufgrund des Absenkens der Wesentlichkeitsgrenze auf 10 v.H. bzw. 1 v.H. zwar eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG innehaben. Finanzierungshilfen können aber nicht als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Der Gesellschafter ist vielmehr wie jeder Drittgläubiger zu behandeln.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2244 A - 37 - St 215

Fundstelle(n):
DAAAC-17059