BGH Beschluss v. - VIII ZB 72/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2; GKG § 8

Instanzenzug: LG Gera vom

Gründe

I.

Die Klägerin ist Vermieterin der von den Beklagten gemieteten Wohnung. Mit ihrer Klage begehrte sie zunächst die Zahlung rückständiger Mietschulden, nach fristloser Kündigung und Klageerweiterung auch die Räumung der gemieteten Wohnung. Über den Zahlungsanspruch erging am ein Teilanerkenntnisurteil, über den Räumungsanspruch am ein Teil-, End- und Versäumnisurteil. Am schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem unter bestimmten Voraussetzungen der Mietvertrag fortgesetzt werden sollte.

Für die gegen die Räumungsklage beabsichtigte Rechtsverteidigung haben die Beklagten mit Schriftsatz vom die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt. Die Beklagten haben hierzu vorgetragen, daß die Mietrückstände, die zur Kündigung führten, ohne Verschulden der Beklagten entstanden seien, da dem Beklagten zu 1 für die Monate Oktober bis einschließlich Dezember 2001 kein Arbeitslohn bezahlt worden sei.

Das Amtsgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag mit Beschluß vom wegen fehlender Erfolgsaussicht abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten mit Beschluß der Einzelrichterin vom zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser beantragen die Beklagten erneut, ihrem Prozeßkostenhilfeantrag stattzugeben.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Die Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Einzelrichterin entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt jedoch der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Die Einzelrichterin durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihr bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Der Einzelrichter verfügt bei Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, über kein Handlungsermessen. Dem Einzelrichter ist die Entscheidung von Rechtssachen mit grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt. Bringt der Einzelrichter durch Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Ausdruck, daß die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist, so hat er sich seine Entscheidungszuständigkeit objektiv willkürlich angemaßt. Die Nichtübertragung des Verfahrens auf die voll besetzte Kammer war offensichtlich unvertretbar und lag außerhalb der Gesetzlichkeit, so daß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt ist. Einen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters kann der Senat von Amts wegen berücksichtigen (, NJW 2003, 1254 unter III 2 und 3 m.w.Nachw.). Das Landgericht wird im übrigen auf die Entscheidung des , NJW 2003, 1126 unter II 1) hingewiesen.

III. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.

Fundstelle(n):
PAAAC-03891

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein