BGH Beschluss v. - VIII ZB 114/03

Leitsatz

[1] Zur Gebührenerhöhung bei Vertretung einer Erbengemeinschaft.

Gesetze: BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2

Instanzenzug:

Gründe

I.

Die Kläger sind eine Erbengemeinschaft. Sie haben, vertreten durch einen Miterben, den Beklagten auf Herausgabe und Räumung einer Wohnung verklagt, die von der Erbengemeinschaft an ihn vermietet worden war. Hierüber haben sie vor dem Amtsgericht ein Anerkenntnisurteil zu ihren Gunsten erwirkt. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens haben die Kläger unter anderem beantragt, die Erstattung einer 12/10 Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO festzusetzen, da ihr Prozeßbevollmächtigter für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei. Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom hat das Amtsgericht diesem Antrag nicht entsprochen. Hiergegen haben die Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 ZPO, da das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat und das Rechtsbeschwerdegericht an diese Zulassung gebunden ist.

2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Rechtsprechung zur BGB-Gesellschaft, wonach diese aktiv und passiv rechtsfähig sein kann, sei auf die Erbengemeinschaft nicht anzuwenden, weil diese keine BGB-Gesellschaft und ihr auch nicht vergleichbar sei. Deshalb stehe dem Rechtsanwalt, der die Mitglieder einer Erbengemeinschaft vertrete, regelmäßig die Gebührenerhöhung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zu. Einer Erstattungsfähigkeit stehe hier aber entgegen, daß in dem Anerkenntnisurteil als Klägerpartei lediglich eine Klägerin, nämlich die Erbengemeinschaft, aufgeführt sei, die für den Prozeßbevollmächtigten lediglich einen Auftraggeber darstelle. Damit sei das Anerkenntnisurteil für die namentlich nicht benannten Mitglieder der Erbengemeinschaft kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel im Sinne von § 103 Abs. 1 ZPO.

3. Die Ausführungen des Landgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger steht eine Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zu.

a) Die Erbengemeinschaft besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist auch sonst nicht rechtsfähig. Der Mietvertrag ist deshalb nicht mit der Erbengemeinschaft, sondern mit den Miterben zustande gekommen (vgl. , NJW 2002, 3389 unter II 1). Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung konnte daher nur von allen Miterben geltend gemacht werden. Wenn sich diese, wie es hier im Vorprozeß der Fall war, durch ein Mitglied vertreten lassen, sind Auftraggeber des Rechtsanwalts alle Mitglieder der Erbengemeinschaft. Berechtigt und verpflichtet wird nicht das vertretende Mitglied der Erbengemeinschaft, sondern die Gesamtheit der Miterben. Für diese und nicht für den Vertreter wird der Rechtsanwalt tätig (vgl. zur vergleichbaren Tätigkeit eines Rechtsanwalts für eine Mehrheit von Wohnungseigentümern , NJW 1987, 2240 unter III).

b) Für die Frage der Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist auch nicht entscheidend, ob die mehreren Auftraggeber an den Rechtsanwalt aufgrund einheitlicher Willensbildung herantreten oder im Prozeß als Einheit auftreten. Angesichts der typisierenden und generalisierenden gesetzlichen Regelung kommt es allein darauf an, ob an der betreffenden Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt tätig wird, mehrere rechtsfähige oder doch im Rechtsverkehr so behandelte natürliche oder juristische Personen beteiligt sind ( aaO). Das ist bei einer Klage von Miterben auch dann der Fall, wenn nur ein Vertreter mitwirkt und im Prozeß der Begriff der Erbengemeinschaft - fehlerhaft, aber durch Ergänzung des Rubrums behebbar - als Kurzbezeichnung für die Erben als handelnde Rechtssubjekte benutzt wird (vgl. aaO).

c) Rechtsirrig ist die Ansicht des Landgerichts, es liege kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel im Sinne von § 103 Abs. 1 ZPO vor. Daß es sich bei dem Anerkenntnisurteil des um ein rechtskräftiges Endurteil im Sinne des § 704 Abs. 1 ZPO handelt, ist nicht zweifelhaft. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft waren auch bestimmbar, weil sie durch Ermittlungen - etwa durch Anfrage bei dem Nachlaßgericht - ausfindig gemacht werden konnten (vgl. aaO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
WAAAC-03708

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein