BGH Beschluss v. - VI ZB 79/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 321; ZPO § 568 S. 2 Nr. 2; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2; GKG § 8

Instanzenzug: LG Wiesbaden vom

Gründe

I.

Die Klägerin hat die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.618,26 DM (827,40 €) in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 263,21 € stattgegeben und sie wegen der Mehrforderung von 564,19 € abgewiesen. Nach Urteilszustellung hat die Klägerin beantragt, das Urteil entsprechend § 321 ZPO zu ergänzen und die Berufung für die Klägerin zuzulassen. Sie hat gemeint, aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergebe sich, daß die Zulassung der Berufung versehentlich unterblieben sei. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß des Einzelrichters vom zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser beantragt die Klägerin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts die Berufung zuzulassen, hilfsweise die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) ergangen. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß in einem Fall, in dem der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt, über eine Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, diese Zulassung wirksam ist, die Entscheidung jedoch auf die Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen unterliegt ( - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Dem hat sich der Senat bereits angeschlossen (Beschluß vom - VI ZB 54/02 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Vorliegend hat der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zum Zwecke der Fortbildung des Rechts zugelassen. Diese Entscheidung durfte er nicht selbst treffen. Er hätte das Verfahren vielmehr gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung umfaßt neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne auch den in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genannten Fall der Rechtsfortbildung (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 99 zu § 526 Abs. 2 ZPO). Der Einzelrichter verfügt bei Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, über kein Handlungsermessen. In diesen Fällen ist ihm eine eigene Entscheidung schlechthin versagt. Bringt er durch Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Ausdruck, daß die Rechtssache nach seiner Auffassung von grundsätzlicher Bedeutung ist, so hat er sich seine Entscheidungszuständigkeit objektiv willkürlich angemaßt. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters kann der Senat von Amts wegen berücksichtigen (, Umdruck S. 5 f.).

III.

Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.

Fundstelle(n):
AAAAC-02619

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein