BGH Urteil v. - II ZR 373/01

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9 Abs. 4; VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 3 Abs. 2; BGB § 255

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Parteien streiten über die wechselseitigen Ansprüche aus einem Darlehensvertrag, mit dem die Kläger ihren Beitritt zur G.-GbR, Gru.straße 172, D., Fonds Nr. 15 (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft) finanzierten.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks Gru.straße 172 in D..

Die Kläger unterzeichneten eine undatierte "Beitrittserklärung" zu dem Fonds, in der sie sich zum Beitritt mit einer Einlage von 70.000,00 DM verpflichteten und einem Rechtsanwalt M. F. den notariellen Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages nebst Vollmacht anboten. Ihre Einlage wurde in vollem Umfang durch einen von der Beklagten gewährten Festkredit finanziert, der durch zwei - der Beklagten zur Sicherheit abgetretene - Lebensversicherungen getilgt werden sollte. Die Beklagte zahlte die Darlehensvaluta in Höhe der Einlage und eines Agios auf das Konto des Treuhänders, wie dies in dem Kreditvertrag vorgesehen war.

Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 15, rechtskräftig verurteilt. Er hatte, wie dem Senat aus einer Reihe von Parallelverfahren bekannt ist, sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von den Grundstücksverkäufern und Bauträgern einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 17.102.276,00 DM, nämlich etwa 6,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen, so daß von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 24,88 Mio. DM nur 10.707.097,00 DM, also weniger als die Hälfte, in das Bauvorhaben geflossen waren.

Mit Anwaltsschreiben vom erklärten die Kläger die Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung über den Wert des Fondsgrundstücks und widerriefen diesen Vertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Unter dem ließen sie die Kündigung des Beitrittsvertrages erklären und auch diesen Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Die Kläger sind der Meinung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflichten verletzt, weil sie sie nicht darauf hingewiesen habe, daß der Fonds entgegen den ihr zuzurechnenden Anpreisungen des Vermittlers S. kein hervorragendes Anlageobjekt gewesen sei. Sie verlangen von der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß Rückzahlung der an sie geleisteten Zinszahlungen, die die Kläger mit 25.015,37 DM beziffern, sowie Rückabtretung der der Beklagten als Sicherheiten abgetretenen Ansprüche aus den Lebensversicherungen Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Fondsanteile. Die Beklagte fordert im Wege der Widerklage von den Klägern Rückzahlung des Darlehens einschließlich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr, insgesamt 85.249,99 DM.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Mit ihrer vom Senat angenommenen Revision verfolgen die Kläger ihre auf Stattgabe der Klage und Abweisung der Widerklage gerichteten Berufungsanträge weiter.

Gründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.1. Ohne Erfolg muß die Revision allerdings bleiben, soweit sie sich gegen die Ablehnung von Schadensersatzansprüchen der Kläger wegen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten bei Abschluß des Darlehensvertrages wendet.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat die kreditgebende Bank, die eine Vermögensanlage finanziert, aber mit dem Kreditnehmer - wie hier - keinen Beratungsvertrag geschlossen hat, keine allgemeine Aufklärungs- und Hinweispflicht. Solche Pflichten bestehen nur, wenn die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinaus geht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder bezüglich der Risiken der Anlage einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat (vgl. , ZIP 2004, 1188, 1191 m.w.N.). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.

b) Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere hat die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits dadurch verlassen, daß sie vor Abschluß des Darlehensvertrages Kontakt mit den Initiatoren des Fonds hatte und sich von diesen eine Sicherheit in Höhe von 3 % des von ihr ausgelegten Finanzierungsvolumens stellen ließ. Da der Beklagten als Finanzierungsinstitut gegenüber den Klägern nicht die Prüfung der Fondsbeteiligung auf etwaige Risiken oblag, geht der Vorwurf fehl, sie hätte die Kläger mit Rücksicht auf deren ihr bekannte finanzielle Situation auf die Risiken der Anlage hinweisen müssen.

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes, wie die Revision mit Recht rügt.

Die Kläger haben auf Grund von § 9 Abs. 3, 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum geltenden Fassung Anspruch auf Rückgewähr ihrer an die Beklagte geleisteten Zinszahlungen sowie auf Rückabtretung der Lebensversicherungen und brauchen der Beklagten keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten.

a) Das Berufungsgericht geht im Ansatz noch zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile vom - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie , WM 2003, 2232, 2233 f.) davon aus, daß auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung finden. Mit Recht ist es auch der Auffassung, daß der Fondsbeitritt der Kläger und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG sind. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; ebenso Entscheidungen vom in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Beklagte hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.

b) Von Rechtsfehlern beeinflußt ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, den Klägern stehe, weil der Zweck des Verbraucherkreditgesetzes mit dem Fondsbeitritt und dessen Vollzug erfüllt gewesen sei, kein Anspruch zu, den sie nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG der Beklagten entgegenhalten könnten.

Die Kläger können sich, ohne daß es auf die Kündigung ihrer Fondsmitgliedschaft und deren von der Revisionserwiderung - zu Unrecht - angenommene Verfristung (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.) oder Verwirkung (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, der Beklagten gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

aa) Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Dem Senat ist, wie erwähnt, bekannt, daß W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 15, rechtskräftig verurteilt worden ist. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein könnte oder gerade die Kläger nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

bb) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach brauchen die Kläger der Beklagten nur, wie in ihrem Antrag bereits berücksichtigt, die Fondsbeteiligung, die sie ihr schon sicherungshalber abgetreten haben, sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta brauchen sie der Beklagten dagegen nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) können sie von der Beklagten Rückgewähr der Zinszahlungen verlangen. Dies gilt jedoch nur für Zahlungen, die sie aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds erbracht haben. Steuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen, müssen sie sich im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407). Außerdem haben die Kläger Anspruch auf Rückgewähr der der Beklagten überlassenen Sicherheiten.

c) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen über die zwischen den Parteien streitige Höhe der von den Klägern an die Beklagte gezahlten Zinsen getroffen. Die Zurückverweisung gibt ihm Gelegenheit, dies nachzuholen, wobei es auch den Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen haben wird, die Kläger hätten von Dezember 1993 bis Juli 1994 10.425,93 DM vom Treuhandkonto erhalten.

II. Vorsorglich weist der Senat für den Fall, daß die Kläger sich in der neuen Berufungsverhandlung darauf berufen sollten, daß sie zu Fondsbeitritt und Abschluß des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation bestimmt worden seien, auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom (II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402 ff.) hin.

Fundstelle(n):
RAAAB-98067

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein