BFH Urteil v. - VI R 31/04

Doppelte Haushaltsführung nach Aufhebung der Begrenzung auf zwei Jahre

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute mit gemeinsamem Wohnsitz in T. Der Kläger ist als Flugkapitän bei einer Fluggesellschaft angestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1997) machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 12 498 DM für eine von ihnen als Dienstwohnung bezeichnete Wohnung in M, dem Einsatzort (sog. Home Base) des Klägers, bei dessen Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht, weil die Zweijahresfrist für die steuerliche Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. § 52 Abs. 11a des EinkommensteuergesetzesEStG— in der im Streitjahr geltenden Fassung) zu Beginn des Streitjahrs bereits abgelaufen sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 390 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin gehend zu ändern, dass weitere Aufwendungen von 12 498 DM als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Da im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) vorlagen, war die am Einsatzort (Home Base) des Klägers angemietete Wohnung nicht bereits nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als (außerhäusliches) Arbeitszimmer steuerlich zu berücksichtigen. Mit Wirkung ab 1996 war der Abzug von Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort auf insgesamt zwei Jahre begrenzt worden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom , BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438). Diese Regelung war mit dem Grundgesetz unvereinbar, soweit sie fortlaufend verlängerte Abordnungen („Kettenabordnungen”) oder beiderseits berufstätige Ehegatten betraf ( und 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534).

Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber die zeitliche Begrenzung für alle Fälle der doppelten Haushaltsführung aufgehoben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des SteueränderungsgesetzesStÄndG— 2003 vom , BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710). Die Neuregelung ist unter anderem in den Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 23b EStG i.d.F. des StÄndG 2003, jetzt Abs. 23d der Vorschrift).

Die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; sie ist daher noch nicht formell bestandskräftig. Deshalb ist die neue Fassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG anzuwenden, so dass es auf die zeitliche Begrenzung der doppelten Haushaltsführung nicht (mehr) ankommt (, juris Nr. STRE200450354, VI R 22/02, juris Nr. STRE200450355, und VI R 74/02, juris Nr. STRE200450457).

Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat —von seinem Standpunkt aus zu Recht— keine Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung getroffen. Die erforderlichen Feststellungen werden im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 531 Nr. 3
KÖSDI 2006 S. 15119 Nr. 6
KAAAB-75605