BFH Beschluss v. - X B 102/03

Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht; schlüssige Rüge der Gehörsverletzung

Gesetze: FGO §§ 76, 96, 115

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen.

1. Es kann offen bleiben, ob dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen der versäumten Frist für die Begründung der Beschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) nach § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, obwohl sein anwaltlicher Vertreter sich lediglich auf seine eigene anwaltliche Versicherung berufen und nicht durch Vorlage eines Postausgangsbuches oder einer sonstigen, zeitnah zu der angeblichen Absendung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist gefertigten schriftlichen Notiz über diesen Vorgang (zu diesem Erfordernis vgl. Senatsbeschluss vom X B 81/99, BFH/NV 2000, 546) glaubhaft gemacht hat, er habe nicht verschuldet, dass der betreffende Schriftsatz beim Bundesfinanzhof (BFH) nicht angekommen und dadurch Fristversäumnis eingetreten ist. Denn die Beschwerde wäre auch dann, wenn dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt würde, unzulässig, weil nicht nach Maßgabe des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt ist, dass die Voraussetzungen für die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen.

2. Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) mit der Begründung gerügt, das Finanzgericht (FG) hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (, BFHE 192, 390; Senatsbeschluss vom X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332). Daran fehlt es vorliegend.

a) Der Kläger macht zwar geltend, das FG hätte eine Person „H„ bzw. „H S„ und Familienangehörige als Zeugen hören müssen. Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, weshalb sich dem FG diese Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, zumal der Kläger im Beweis- und Erörterungstermin vom auf die Vernehmung weiterer Zeugen verzichtet hat. Im Übrigen hat das FG die von „H„ bzw. „H S„ geleisteten Arbeitsstunden, der lt. Auflistung, die im Rahmen einer Fahndungsprüfung gefunden wurde, bei der Errichtung des Wohnhauses der Ehefrau des Klägers mitgearbeitet haben soll, nach dem unwidersprochenen Vortrag jedoch niemals im Betrieb der Mutter des Klägers tätig war, ertragsteuerlich nicht als Entnahme gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und umsatzsteuerlich nicht als Leistungseigenverbrauch i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 2b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gewertet. Gleiches gilt für die Arbeiten, die von einer Person namens B ausgeführt worden sind und nicht den Zeitraum zwischen Oktober 1984 und Januar 1985 betreffen, da nur in dieser Zeit Herr B im handwerklichen Bereich der Firma B beschäftigt war. Auch Arbeiten, die an Urlaubs- und Krankheitstagen der Arbeitnehmer bzw. an gesetzlichen Feiertagen erbracht wurden, hat das FG weder als Entnahme noch als Eigenverbrauch berücksichtigt. Weil nach Auffassung des FG die Tatsache, dass in der Aufstellung genannte Personen nicht Arbeitnehmer der Firma B waren bzw. als Arbeitstage auch Samstage und Sonntage, Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage aufgeführt waren, den Beweiswert der Aufstellung als solcher nicht schmälert, hätte die Zeugeneinvernahme dieser Personen keinesfalls die Entscheidung des FG im Sinne des Klägers beeinflussen können.

Zudem gehört die unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das FG zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln. Der —auch im Verfahren vor dem FG rechtskundig vertretene— Kläger hat einen solchen Mangel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gerügt. Der Hinweis des Klägers in der Beschwerdebegründungsschrift, eine entsprechende Verfahrensrüge sei nicht möglich gewesen, da nicht vorhersehbar gewesen sei, dass das FG nur einzelne in der Auflistung aufgezeichnete Arbeitsstunden nicht als Entnahme bzw. Eigenverbrauch werten werde, der Aufstellung an sich aber Bedeutung beimessen werde, geht fehl. Im gesamten, seit Frühjahr 1994 dauernden Verfahren vor dem FG war die Bedeutung der im Rahmen einer Fahndungsprüfung gegen den Kläger gefundenen Auflistung von Arbeiten am privaten Wohnhaus seiner Ehefrau streitig. Angesichts dieser Tatsache musste der Kläger auch mit der Möglichkeit rechnen, dass das FG nur einzelne der aufgelisteten Arbeiten nicht als Entnahme bzw. Eigenverbrauch berücksichtigen werde.

b) Soweit der Kläger rügt, das FG hätte bei seiner Entscheidung eine laut Journalauszug vom Kläger an die Firma B geleistete Zahlung in Höhe von 18 987,39 DM berücksichtigen müssen, macht er einen materiell-rechtlichen Fehler und keinen Verfahrensmangel geltend. Um diesen Fehler des FG als einen Verfahrensmangel wegen mangelnder Sachaufklärung und Verletzung des sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebenden Amtsermittlungsgrundsatzes ansehen zu können, hätte der Kläger in der Beschwerdebegründungsschrift darlegen müssen, wie das FG diesen Fehler hätte vermeiden können und warum er selbst, der durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, nicht von sich aus aufgeklärt hat, für welches Objekt und für welche Leistungen (Materialien oder Löhne) diese Zahlung erbracht wurde. Zudem war das FG nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung in der mündlichen Verhandlung um Aufklärung dieser Position bemüht und hat den Kläger hierzu befragt.

3. Mit der Rüge, sein Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) sei dadurch verletzt, dass das FG nicht vor, sondern erst in der mündlichen Verhandlung die Frage aufgeworfen habe, wofür der im Journalauszug enthaltene Betrag in Höhe von 18 987,39 DM geleistet worden sei, kann der Kläger schon deshalb nicht durchdringen, weil er es versäumt hat, substantiiert und in sich schlüssig vorzutragen, was genau er —aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG— an Entscheidungserheblichem noch vorgetragen hätte, wenn es zu dem gerügten Verfahrensfehler nicht gekommen wäre (vgl. dazu , BFH/NV 1999, 1229; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 48).

4. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
KAAAB-17265