BGH Beschluss v. - 3 StR 304/23

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 27 Ks 13/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung (Tat III. 2. der Urteilsgründe; im Folgenden: Tat III. 2.), besonders schwerer räuberischer Erpressung (Tat III. 1.), bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ (Tat III. 4.) und „unerlaubten“ Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Besitz von Munition (Tat III. 3.) unter Einbeziehung der Strafe aus einem Erkenntnis des Amtsgerichts Nettetal vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt und in der dortigen Entscheidung getroffene Maßregel- und Einziehungsentscheidungen aufrechterhalten. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und zugleich den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe vor der Maßregel bestimmt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Das Landgericht hat - soweit für die Begründung der Revisionsentscheidung von Bedeutung - die nachfolgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:

3a) Am bedrohte der Angeklagte die Geschädigte, seine Vermieterin, indem er ihr eine Pistole vor das Gesicht hielt, damit diese ihm einen Geldbetrag von 150 € aushändige. Derart eingeschüchtert hob die Geschädigte den Betrag von ihrem Konto ab und übergab diesen aus Angst an den Angeklagten (Tat III. 1.).

4b) Am schlug der Angeklagte mehrfach mit einer Axt von oben in Richtung des Kopfes bzw. des Oberkörpers eines weiteren Geschädigten, der durch mindestens einen der Axtschläge am Oberschenkel getroffen wurde. Der Angeklagte hielt es hierbei für möglich, diesen lebensgefährlich zu verletzen oder zu töten, und nahm dies billigend in Kauf. Dem Geschädigten gelang es schließlich, über einen Zaun zu fliehen (Tat III. 2.).

5c) Am erwarb der Angeklagte von einer Dealerin einen Kokainblock mit einem Gewicht von 50g und einem Wirkstoffgehalt von 86%. Von diesem trennte er noch in deren Wohnung zum sofortigen Konsum Teilmengen mittels eines am Tatort vorhandenen Messers mit einer Klingenlänge von neun Zentimetern ab. Beim Verlassen der Wohnung steckte er das Messer in seine Hosentasche (Tat III. 4.).

6d) Soweit es die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt betrifft, hat die Strafkammer diese unter Zugrundelegung der im Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage angeordnet. Sie hat im Anschluss an die psychiatrische Sachverständige ausgeführt, der Angeklagte sei langjährig abhängig von Kokain und Cannabis, weswegen bei ihm ein Hang zu übermäßigem Betäubungsmittelkonsum bestehe. Weiter sei die Tat III. 2. als aufgrund des Hanges begangen anzusehen, denn der Angeklagte sei durch den multiplen Substanzgebrauch bei seiner rationalen Verhaltenskontrolle erheblich eingeschränkt gewesen. Dies habe dazu geführt, dass er den Geschädigten als Teilnehmer eines vermeintlich gegen ihn gerichteten Komplotts wahrgenommen habe. Die erforderliche Erfolgsaussicht hat das Landgericht angenommen, weil der türkischsprachige Angeklagte über für eine Therapieteilnahme noch hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge.

72. Während der Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der Taten III. 2. und 3. keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen, hält die Verurteilung wegen der Taten III. 1. und 4. sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

8a) Der Schuldspruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Fall III. 1. wird von den getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die konkrete Beschaffenheit der verwendeten Pistole nicht getragen. Insoweit hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:

„Zunächst hat das Landgericht nicht festgestellt, ob es sich bei der Pistole, mit der der Angeklagte die Zeugin K.   bedrohte, um eine echte Pistole oder um eine Schreckschusspistole handelte. Hätte der Angeklagte eine Schreckschusspistole verwendet (eine solche wurde in seinem Appartement sichergestellt, UA S. 9), wird sie von der Rechtsprechung nur dann als Waffe i.S.v. § 250 StGB eingestuft, sofern der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und die Waffe deshalb nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (, BeckRS 2010, 6193; Beschluss vom – 4 StR 331/13, BeckRS 2013, 16928; Beschluss vom – 5 StR 50/17, BeckRS 2017, 106515; Beschluss vom – 4 StR 167/17, BeckRS 2017, 113601). Dies ist nicht festgestellt.

Das Landgericht hat sich des Weiteren nicht zum Ladezustand der verwendeten Pistole verhalten. Die ungeladene Schusswaffe fällt nicht unter den Waffenbegriff (, BGHSt 44, 103, 105 = NJW 1998, 2915), jedenfalls dann nicht, wenn keine Munition griffbereit ist (, NJW 2000, 1050). Auch die ungeladene Schreckschusspistole ist keine Waffe (, NStZ-RR 2004, 169). Können zu Art und Ladezustand der benutzten Waffe keine Feststellungen getroffen werden, ist davon auszugehen, dass es sich entweder um eine ungeladene Schusswaffe oder eine Scheinwaffe gehandelt hat (, NJW-Spezial 2007, 488). Allein der Umstand, dass der Angeklagte in der Vergangenheit vor der Tat mit einer Pistole, die er in seinem Appartement aufbewahrte, auf dem Grundstück der K.   s im Hof und auf dem Dach eines Gartenhauses schoss (UA S. 6) und am im Appartement des Angeklagten eine Schreckschusspistole mit zugehöriger Munition sowie drei Patronen für eine Kleinkaliberpistole sichergestellt worden sind (UA S. 9), besagt nichts über den Ladezustand der Pistole während der Tatbegehung am Abend des . Geht man zugunsten des Angeklagten davon aus, dass zum Zeitpunkt der Bedrohung der Zeugin K.   die Waffe ungeladen war und der Angeklagte auch keine Munition mitführte, war sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch objektiv ungefährlich, weil der Angeklagte nicht schießen konnte. Der Angeklagte hat seine Waffe auch nur zur Bedrohung und nicht als Schlagwerkzeug gegen die Zeugin verwendet, so dass auch aus der konkreten Art der Verwendung die Gefährlichkeit der Tatwaffe nicht hergeleitet werden kann. Die Feststellungen des Landgerichts belegen daher lediglich die Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB.“

9Dem tritt der Senat bei.

10b) Auch der Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln findet in den Feststellungen keine ausreichende Stütze. Zu der Frage der subjektiven Bestimmung des Messers zur Verletzung von Personen hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:

„Über die objektive Geeignetheit des Messers zur Verletzung von Menschen hinaus erfordert der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, wenn es sich bei dem mitgeführten Gegenstand nicht um eine Schusswaffe handelt, auch eine subjektive Zweckbestimmung zur Verletzung von Personen (vgl. , BeckRS 2019, 16101; Urteil vom – 5 StR 547/17, BeckRS 2018, 17706; Maier in: Weber/Kornprobst/Maier BtMG 6. Aufl. § 30a Rn. 119 ff.). Dazu muss der Tatrichter, wenn es sich nicht um eine gekorene Waffe handelt und die Zweckbestimmung zur Verletzung von Menschen deshalb auf der Hand liegt (vgl. , BeckRS 2016, 9503), unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erörtern, inwieweit ein mitgeführter Gegenstand aus Sicht des Täters als Angriffs- oder Abwehrmittel dienlich sein soll (vgl. , BeckRS 2018, 12850). Diese Zweckbestimmung, die von dem Bewusstsein, den Gegenstand gebrauchsbereit mit sich zu führen, zu unterscheiden ist, braucht nicht im Hinblick auf die konkret beabsichtigte Straftat getroffen worden zu sein, da § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG insoweit keine Verwendungsabsicht erfordert. Ausreichend ist vielmehr, dass die Zweckbestimmung zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Tatbegehung erfolgt ist (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; vom – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 270). Vielfach ergibt sich die Zweckbestimmung ohne Weiteres aus den äußeren Umständen; hierzu kann die Beschaffenheit des Gegenstandes ebenso zählen wie seine sonstigen Verwendungsmöglichkeiten oder der Ort seiner Aufbewahrung. Kommt bei einem Gebrauchsgegenstand die konkrete Möglichkeit in Betracht, dass ihn der Täter aus anderen Gründen mit sich führt, so ist die Annahme zu begründen, er habe ihn zur Verletzung von Menschen bestimmt (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; vom – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466, 467). Fehlt dagegen nach den Umständen des Falles ein nachvollziehbarer Grund dafür, dass der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand griffbereit mit sich führt, liegt die Annahme einer Zweckbestimmung im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG regelmäßig nahe (vgl. , NStZ 2011, 98, 99).

Die Feststellung, dass das Messer als sonstiger Gegenstand im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG durch den Angeklagten zur Verletzung von Menschen bestimmt war, wird nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen. Die Würdigung der Beweise ist zwar Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht hat indes zu prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist oder mit den Denkgesetzen bzw. gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht (st. Rspr.; vgl. , NJW 2018, 1411, 1412).

Hieran gemessen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Feststellung, dass der Angeklagte das Messer gegebenenfalls zur Verletzung von Menschen einsetzen wollte, revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand; sie ist lückenhaft.

Das Landgericht hat festgestellt, dass das Messer mit einer Klingenlänge von 9 cm in der Wohnung der Albanerin zum Zerteilen des Kokains benutzt wurde (UA S. 9). Nach Einlassung des Angeklagten habe er das Messer beim Verlassen der Wohnung eingesteckt, um das Kokain konsumfertig zu verkleinern. Bis zu seiner Festnahme in dem Cafe habe er das Messer weiter benutzt, um Kokain vom dem Blockstück abzukratzen, das Messer habe nicht dazu gedient, andere Menschen zu verletzen (UA S. 18 f.). Ausweislich des am Messer durchgeführten Rauschgifttests befanden sich am Messer Kokainanhaftungen (UA S. 30).

Angesichts dieser Feststellungen ist es rechtsfehlerhaft, ein bewaffnetes Sichverschaffen auf die geständige Einlassung des Angeklagten zu stützen ohne auf die vom Angeklagten behauptete Zweckbestimmung einzugehen. Zwar könnte die Waffenaffinität des Angeklagten (sowohl bei Tat III.1. und III.2. verwendete er eine Pistole), das griffbereite Mitsichführen des Messers in der Hosentasche und die von ihm behauptete Bedrohungslage dafür sprechen, dass das Messer notfalls als Angriffs- oder Verteidigungsmittel benutzt werden sollte und die Einlassung zur Nutzung des Messers allein als Konsumwerkzeug unglaubhaft ist. Dies hätte das Landgericht aber erörtern müssen. Eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Verschaffens von Betäubungsmitteln ist somit nicht rechtsfehlerfrei belegt, so dass die Verurteilung im Fall III.4. der Urteilsgründe der Aufhebung unterliegt. Da der aufgezeigte Rechtsfehler die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf nicht berührt, wird der Senat diese aufrechterhalten können.“

11Auch diesen Ausführungen tritt der Senat bei.

123. Der Wegfall der Verurteilungen in den Fällen III. 1. und 4. zu Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten sowie von zwei Jahren Freiheitsstrafe entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten und der Aufrechterhaltung der Nebenentscheidungen aus dem einbezogenen Erkenntnis die Grundlage. Angesichts der in den Fällen III. 2. und 3. verbleibenden Freiheitsstrafen von sechs Jahren bzw. acht Monaten sowie der einbezogenen Freiheitsstrafe von elf Monaten scheidet eine Aufrechterhaltung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe bereits rechnerisch aus.

134. Die zu den Fällen III. 1. und 4. sowie zum Gesamtstrafenausspruch und dem Ausspruch zur Aufrechterhaltung der Nebenentscheidungen getroffenen Feststellungen bleiben bestehen, weil sie von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche Feststellungen ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

145. Der Maßregelausspruch unterliegt der Aufhebung, denn die Strafkammer hat bei ihrer Unterbringungsentscheidung nach § 64 StGB - seinerzeit zutreffend - die frühere Rechtslage zugrunde gelegt, die durch das seit dem geltende Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts - Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt - vom (BGBl. I Nr. 203) hinsichtlich der tatbestandlichen Anforderungen an eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mehrere Verschärfungen erfahren hat. Für die revisionsrechtliche Nachprüfung derartiger „Altfälle“ ist - mangels Eingreifens einer Übergangsregelung - gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO die Neuregelung maßgeblich (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 405/23, juris Rn. 6; vom - 5 StR 246/23, juris Rn. 2; vom - 6 StR 316/23, juris Rn. 6; vom - 5 StR 345/23, juris Rn. 2; vom - 1 StR 354/23, juris; vom - 6 StR 452/23, juris Rn. 2; vom - 5 StR 407/23, juris Rn. 2; Urteile vom - 4 StR 136/23, juris Rn. 14; vom - 1 StR 214/23, juris Rn. 10).

15a) Zwar trifft auch unter Zugrundelegung der strengeren Maßstäbe des nunmehr geltenden § 64 Satz 1 StGB nF die Annahme des Landgerichts im Ergebnis zu, bei dem Angeklagten bestehe ein Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Die Abhängigkeit des Angeklagten von Kokain und Cannabis stellt nach ihrem in den Urteilsgründen dargestellten Umfang eine Substanzkonsumstörung dar, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert (vgl. BT-Drucks. 20/5913, S. 43 ff., 68 f.; , juris Rn. 15; Beschluss vom - 6 StR 346/23, juris Rn. 11).

16b) Auch die nach neuer Rechtslage gesteigerte Anforderung an das Bestehen eines symptomatischen Zusammenhangs, nach der die Tat des Angeklagten „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen muss, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ist vorliegend erfüllt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann ausreichen, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen eines solchen Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht - gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung - positiv festzustellen (vgl. BT-Drucks. 20/5913 S. 46 f., 69; BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 246/23, juris Rn. 3 f.; vom - 6 StR 316/23, juris Rn. 8; vom - 5 StR 345/23, juris Rn. 2; vom - 5 StR 407/23, juris Rn. 2; Urteil vom - 1 StR 214/23, juris Rn. 11 ff. mwN). So liegt der Fall hier.

17c) Allerdings ist - jedenfalls unter Zugrundelegung der höheren Anforderungen des § 64 Satz 2 StGB nF - die Erfolgsaussicht nicht tragfähig belegt. Das Landgericht hat seine Wertung, es bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht für einen erfolgreichen Therapieabschluss, ausschließlich damit begründet, dass der Angeklagte über für eine erfolgreiche Therapieteilnahme noch hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Diese Darlegung lässt eine nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 20/5913 S. 47 ff., 69 ff.; BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 316/23, juris Rn. 11; vom - 6 StR 452/23, juris Rn. 5 f.) erforderliche Gesamtabwägung nicht erkennen, die namentlich Behandlungsfähigkeit und Behandlungsbereitschaft des Angeklagten in den Blick nimmt und bei der es damit in erster Linie um in der Person und Persönlichkeit des Täters liegende Umstände geht, insbesondere solche, die seine Sucht und deren Behandlungsfähigkeit unmittelbar kennzeichnen - vor allem Art und Stadium der Sucht, bereits eingetretene physische und psychische Veränderungen und Schädigungen, frühere Therapieversuche sowie eine aktuelle Therapiebereitschaft.

18d) Weil das Landgericht den durch die Neufassung des § 64 StGB veränderten und für die Senatsentscheidung nach § 2 Abs. 6 StGB und § 354a StPO maßgeblichen Anordnungsmaßstab noch nicht hat berücksichtigen können und keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen hat, bedarf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erneuter tatgerichtlicher Prüfung und Entscheidung.

196. Die dem Maßregelausspruch zugehörigen Feststellungen sind aufzuheben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen. Durch die Aufhebung der Unterbringungsentscheidung wird zugleich der Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe vor der Maßregel die Grundlage entzogen.

207. Sollte das neue Tatgericht wiederum die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anordnen, wird es die Dauer des Vorwegvollzugs nach § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 erster Halbsatz nF StGB bezogen auf den Zweitdritteltermin zu berechnen haben. Hinsichtlich des mit dem Gesamtstrafenausspruch entfallenen Ausspruchs über die Aufrechterhaltung von Nebenentscheidungen aus der einbezogenen Entscheidung des Amtsgerichts Nettetal vom wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts verwiesen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:131223B3STR304.23.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-58147