Rheinland-Pfalz Landesamt für Steuern - S 2233 A-St 31 1

Einkommensbesteuerung der nicht buchführenden Landwirte

hier: Ermittlung des Gewinns aus Weinbau für das Wirtschaftsjahr 2021/2022

Bezug:

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1. Grundsätze

Für die Einkommensteuerveranlagung der nicht buchführenden Winzer einschl. der Inhaber gemischter Betriebe (Weinbau und Landwirtschaft) für das Kalenderjahr 2021 bzw. für die Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres (Wj.) 2021/2022 gelten die grundlegenden Anordnungen in der Rundverfügung (Rdvfg.) vom – S 2233 A – St 31 1/St 31 5, soweit nachfolgend nicht etwas Anderes bestimmt ist.

Ich weise darauf hin, dass seit dem Wj. 2014/2015 nur ein Wahlrecht zwischen dem Ansatz sämtlicher bei dem Steuerpflichtigen in Betracht kommenden Richtbeträge für Bebauungs-und Ausbaukosten oder dem Nachweis der tatsächlichen Betriebsausgaben besteht. Es ist auch nicht zulässig, dass der einzelne Betrieb, z. B. die Ausbaukosten zum Fasswein nachweist und lediglich für die Kosten der Abfüllung und Ausstattung der Flaschenweine einen Richtbetrag ansetzt.

Sofern der Weinbaubetrieb seit dem Wj. 2016/2017 anstelle der Richtbeträge die tatsächlichen Betriebsausgaben geltend macht, kann die Vereinfachungsregelung von dem Betrieb in nachfolgenden Wj. nicht mehr beansprucht werden. Dies gilt wegen der Betriebsbezogenheit der Vereinfachungsregelung selbst dann, wenn beispielsweise der Betrieb wesentlich verkleinert oder vergrößert wird oder sich die Art und Weise der Vermarktung ändert. Eine Rückkehr ist nach einer unentgeltlichen Übertragung i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG oder Einbringung des Betriebs i. S. v. § 24 UmwStG zum Buch- oder Zwischenwert auch für den Rechtsnachfolger ausgeschlossen.

2. Richtbeträge

2.1 Bebauungskostenrichtbetrag

Der für das Wj. 2021/2022 gültige Bebauungskostenrichtbetrag beträgt

3.100 €/ha Ertragsrebfläche.

Mit Blick auf die sich angleichenden Kostenstrukturen wird für die Weinbaugebiete Nr. 1 (Rheinhessen, Pfalz und Nahe) und Nr. 2 (Ahr, Mittelrhein, Mosel, Ruwer, Saar und Sauer) seit dem Wj. 2019/2020 ein einheitlicher Bebauungskostenrichtbetrag ausgewiesen.

Mit diesem Richtbetrag sollen die entsprechenden tatsächlichen Kosten des Weinbaubetriebs während eines Wj. abgedeckt werden. Aus diesem Grund ist eine sachgerechte Anpassung des Richtbetrages (= Erhöhung oder Minderung) erforderlich, wenn sich die betrieblichen Verhältnisse im Laufe des Wj., z. B. durch Pacht, Verpachtung, Kauf oder Verkauf oder unentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, wesentlich verändern.

Für Wj., die nach dem beginnen, also erstmals für das Wj. 2019/2020, können Land- und Forstwirte ohne weitere Voraussetzungen das Kj. als Wj. bestimmen (§ 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV). Bei der Umstellung auf ein kalendergleiches Wj. ist ein verlängertes Wj. zu bilden. Sofern der Steuerpflichtige den Bebauungskostenrichtbetrag für ein verlängertes Wj. in Anspruch nimmt, bestehen keine Bedenken, wenn aus verwaltungsökonomischen Gründen entsprechende zeitanteilige, adäquate Zuschläge zu den Richtbeträgen gewährt werden. Hinsichtlich der technischen Erfassung dieser Zuschläge in der Gewinnermittlung wird auf die Rdvfg. vom – S 2233 A – St 31 1, Tz. 2.1.1 verwiesen.

Die Absetzungen für Abnutzung (AfA) für Wirtschaftsgüter, die der Bebauung dienen, z. B. für Wirtschaftsgebäude, Maschinen und Geräte sowie Weinbergsanlagen werden von diesem Betrag nicht erfasst. Deshalb sind die AfA und die Aufwendungen nach § 6 Abs. 2 EStG für geringwertige Wirtschaftsgüter und die jährliche Minderung des Sammelpostens für mittelwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2a EStG nur gegen Nachweis (Anlagenverzeichnis) zu berücksichtigen (siehe Tz. 1.2.1.1.1 der o. a. Rdvfg. vom ).

2.2 Ausbaukostenrichtbeträge

Soweit selbstausbauende Betriebe die Bebauungskosten und Ausbaukosten (einschl. der Kosten für Flaschenfüllung und Ausstattung) nicht nachweisen, können die Aufwendungen für den Ausbau neben den Bebauungskostenrichtbeträgen mit folgenden Beträgen je Liter erzeugten Weins berücksichtigt werden (vgl. im Übrigen Tz. 1.2.2.2 der o. a. Rdvfg. vom ):


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bei Verkauf des Mostes
0,03 €/Liter
bei Ausbau zum Fasswein
0,03 € + 0,06 € = 0,09 €/Liter
für die abgefüllte und ausgestattete 1-Liter-Flasche
0,09 € + 0,81 € = 0,90 €/Liter
Für die abgefüllte und ausgestattete 0,75-Liter-Flasche
0,09 € + 1,11 € = 1,20 €/Liter

Die Ausbaukostenrichtbeträge umfassen ab dem Wj. 2016/2017 auch die gesamten Vertriebskosten (z. B. Weinkartons, Versand- und Transportkosten, Abgaben für die Absatzförderung, etc.), jedoch nicht mehr die AfA für Wirtschaftsgüter, die dem Ausbau dienen.

Ab diesem Zeitpunkt werden bei den Weinbaubetrieben nunmehr die AfA, Sonderabschreibungen und die Aufwendungen nach § 6 Abs. 2 EStG für geringwertige Wirtschaftsgüter sowie die jährliche Minderung des Sammelpostens für mittelwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2a EStG insgesamt gegen Nachweis (Anlagenverzeichnis) berücksichtigt. Dadurch wird eine einheitliche Handhabung mit den Schätzungslandwirten erreicht.

2.3 Richtbeträge führen zu einer unzutreffenden Gewinnschätzung

Die Finanzämter sind an die veröffentlichten Richtbeträge und Richtwerte nicht gebunden, wenn ihre Anwendung im Einzelfall zu einer unzutreffenden Gewinnschätzung führt.

2.4 Sonstige Kosten

Für Kosten, die betriebsbezogen oder regional bedingt nicht in jedem Weinbaubetrieb anfallen, kann neben dem Bebauungskostenrichtbetrag und den Ausbaukostenrichtbeträgen ein Betriebsausgabenabzug erfolgen. Diese berücksichtigungsfähigen sonstigen Kosten sind ab dem Wj. 2016/2017 abschließend aufgezählt:

  • Lohnaufwand (ohne Löhne für die Herstellung der Rebanlage und Jungfeldpflege),

  • Aufwendungen für den Einsatz eines Traubenvollernters,

  • Aufwendungen für Hubschraubereinsatz, den Einsatz eines Raupenmechanisierungssystems (RMS) sowie von unbemannten Luftfahrzeugen (UAV -„Drohne“) für die Schädlingsbekämpfung (ohne Spritzmittel),

  • Pacht- und Schuldzinsen,

  • Beiträge zur Hagelversicherung,

  • an das Finanzamt tatsächlich abgeführte Umsatzsteuer,

  • Kosten für Frostschutz, Beregnung, Bewässerung, Wildschutz, soweit nicht zur Rebanlage gehörend,

  • Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG, soweit sie mit der Anschaffung und Herstellung von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 6 EStG in Zusammenhang stehen,

  • Absetzungen für Abnutzungen für Wirtschaftsgüter,

  • Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne von § 6 Abs. 2 EStG oder mittelwertige Wirtschaftsgüter im Sinne von § 6 Abs. 2a EStG,

  • Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung von Wirtschaftsgütern, z. B. der Rebanlage aufgrund von Frostschäden, Reblausverseuchung, etc.,

  • Sonderabschreibungen,

  • Aufwendungen für Flurbereinigung, Wegebau sowie Wegeunterhaltungskosten, soweit sie nicht zu aktivieren sind,

  • Kosten der Zuckerung,

  • Rechts- und Beratungskosten.

Darüber hinaus gehende Aufwendungen sind neben den Bebauungskosten- und Ausbaukostenrichtbeträgen nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

2.5 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG

Ermittelt der Weinbaubetrieb den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ist die Inanspruchnahme der Richtbeträge für die Bebauung und den Ausbau nicht zulässig.

Sofern der Gewinn aus Weinbau bei einem buchführungspflichtigen Betrieb allerdings zu schätzen ist, können die Richtbeträge als Anhaltspunkt für entsprechende Aufwendungen herangezogen werden. Die einer Schätzung anhaftenden Unsicherheiten gehen jedoch zu Lasten des Weinbaubetriebes, der durch die Vernachlässigung seiner steuerlichen Mitwirkungspflichten selbst Anlass zur Schätzung gegeben hat. Deshalb kann sich das Finanzamt bei der Schätzung durchaus an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren (, BStBl 1993 II, 259 und vom – IV B 102/99, BFH/NV 2000, 3). Allerdings ist die Schätzung kein Sanktionsmittel und darf daher keinen Strafcharakter haben.

Bei der erstmaligen Schätzung des Gewinns eines neu gegründeten Weinbaubetriebs kann grundsätzlich von den o. a. Richtwerten ausgegangen werden (R 13.5 Abs. 1 Satz 4 EStR 2012), sofern der Weinbaubetrieb eine vollständig ausgefüllte Anlage L eingereicht hat. Etwas Anderes gilt, wenn beim Weinbaubetrieb wiederholt eine Schätzung vorzunehmen ist, mehrfach von einer ordnungsmäßigen Gewinnermittlung zur Schätzung wechselt oder Anhaltspunkte für unterdurchschnittliche Aufwendungen vorliegen. Bei einer solchen Sachlage können im Rahmen der Schätzung des Gewinns aus Weinbau von den Richtbeträgen angemessene (Sicherheits-)Abschläge vorgenommen werden.

Es ist darauf zu achten, dass buchführungspflichtige Weinbaubetriebe, deren Gewinn geschätzt wird, den Betriebsprüfungsstellen zu melden sind, soweit eine Prüfung geeignet erscheint oder aus anderen Gründen Erfolg verspricht. Insbesondere gilt dies für alle Weinbaubetriebe, die ihrer Buchführungspflicht einige Zeit nachgekommen sind, dann keine Bücher mehr führen und sich schätzen lassen. Ist in diesen Fällen eine Betriebsprüfung vorgesehen, hat die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) zu erfolgen.

Rheinland-Pfalz Landesamt für Steuern v. - S 2233 A-St 31 1

Fundstelle(n):
DAAAJ-48901