BVerwG Beschluss v. - 1 W-VR 5/21

Tatbestand

1Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Unterabteilungsleiters ...

2Der Antragsteller ist Berufssoldat und Stabsoffizier mit der Befähigung zum Richteramt (Stabsoffizier Recht) im Kompetenzbereich Personalmanagement. Er wurde im April ... zum Oberstleutnant befördert. Mit Wirkung vom 1. Mai ... wurde er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Oktober ... wird er im Bundesministerium der Verteidigung im Referat ... verwendet.

3Der Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldat und Stabsoffizier Recht im Kompetenzbereich Personalmanagement. Im Januar 1998 wurde er zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Januar 2002 wurde er auf unterschiedlichen Referentendienstposten - ... - im Bundesministerium der Verteidigung verwendet. Unter vorangegangener Kommandierung mit Dienstantritt am wurde er auf den streitigen Dienstposten versetzt.

4Am entschied die Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

5Der Besetzungsentscheidung liegt die am getroffene Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" zugrunde. Der Planungsbogen für das Auswahlverfahren weist folgende Hauptaufgaben des Dienstpostens aus:

"1. Steuern der Personalbearbeitung und der Bearbeitung von Angelegenheiten der Inneren Führung und Arbeitszeitregelungen/Anordnung von Mehrarbeit ...

2. Bearbeitung von allgemeinen militärischen Angelegenheiten (u.a. militärische Sicherheit), tlw. für den OrgBer Personal.

3. Beraten der Amtsführung in allen Bereichen des Führungsgrundgebiet ...

4. Führen der Unterabteilung."

6Im Anforderungsprofil wird als dienstpostenunabhängiges Kriterium genannt:

"Ref BMVg/vgl. Vwdg"

7Die dienstpostenbezogenen Kriterien werden wie folgt aufgezählt:

"KompBer PersMgmt,

Aktuelle Vwdg als Ref BMVg Abt P,

ATN_1000501 - PersStOFffz SK,

Einfache Sicherheitsüberprüfung Ü 1,

Vwdg mit Disziplinarstufe II (BtlKdr o. vglb.),

VorVwdg BAPersBw o PersABw bzw. Vorgängerorganisation,

Wissenschaftliches Studium: wünschenswert mit ausgeprägten juristischen Fachanteilen,

Erfahrung in PersGrdsAngel (wünschenswert)".

8Als Besonderheiten werden angeführt:

- Auf Grund der Größe des Zuständigkeitsbereichs (Personalbearbeitung ...) ist für den in Rede stehenden Dienstposten eine Vorverwendung mit Disziplinarstufe II unabdingbar.

- Eine aktuelle Vorverwendung in der Abteilung P des BMVg leitet sich ab aus Hauptaufgabe 1., insbesondere aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Einführung des neuen militärischen Beurteilungssystems sowie der elektronischen Personalakte und der jeweiligen "Leuchtturmrolle" ... im Rahmen der Einführung.

- Eine aktuelle Vorverwendung im PersMgmt als Ref BMVg Abt P leitet sich ebenfalls aus Hauptaufgabe 1 mit zu fordernder Anwendungssicherheit der einschlägigen Vorschriften und Erlasse im Lichte der letzten Anpassungen ab. Die Forderung wird insbesondere erhoben, da auch hier das ... eine Vorbildrolle bei der Bearbeitung der truppendienstlichen Personalangelegenheiten hat ("Mutterhaus").

- Die gestiegene Komplexität der Thematik Arbeitszeit und das Erfordernis, umfassende und komplexe Vereinbarungen mit den Beteiligungsgremien abzustimmen, insbesondere mit Blick auf für eine Bundesoberbehörde untypische Arbeitsbedingungen (z.B. ...), macht juristische Kenntnisse bei der UAbtLtg wünschenswert.

Mit Blick auf die besondere Situation der UAbt ... im Gesamtgefüge des ..., ist die Besetzung mit einem äußerst erfahrenen (lebenserfahrenen) Offizier bevorzugt gewünscht."

9Ausweislich des Planungsbogens wurde neben dem Beigeladenen ein weiterer Oberstleutnant in die vergleichende Betrachtung einbezogen. Der Planungsbogen nennt sieben weitere Oberstleutnante, die aus unterschiedlichen Gründen - mangels Erfüllung einzelner Auswahlkriterien oder wegen ihrer Auswahl in anderen Verfahren - nicht weiter betrachtet wurden. Der Antragsteller wird in dem Planungsbogen nicht genannt.

10Unter dem beschwerte sich der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung und beantragte Akteneinsicht. Mit Verfügung vom wurden ihm daraufhin ein Schreiben des ... vom über die Auswahl des Beigeladenen sowie der Planungsbogen übersandt.

11Mit Bescheid vom wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde zurück. Im Unterschied zum Beigeladenen erfülle der Antragsteller die aus den Hauptaufgaben des Dienstpostens abgeleiteten zwingenden Kriterien des konkreten Dienstpostens nicht vollständig und scheide daher aus der weiteren Betrachtung aus. Er verfüge nämlich nicht über eine Vorverwendung in der Ebene der Disziplinarstufe II.

12Am stellte der Antragsteller im Wege des Untätigkeitsantrages Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, den er nach Erhalt des Beschwerdebescheides ergänzend begründete. Insbesondere machte er geltend, maßgeblich seien die im Informationssystem Organisationsgrundlagen hinterlegten Kriterien. Hiernach sei neben dem Kompetenzbereich Personalmanagement die ATN Personalstabsoffizier entscheidend. Von diesen haushaltsrechtlich geprüften Kriterien dürfe das Bundesamt für das Personalmanagement nicht willkürlich abweichen, um die Voraussetzungen für die Auswahl eines Zielkandidaten zu schaffen. Über die fragliche ATN verfüge er, aber nicht der Beigeladene. Dieser habe den für die Verleihung notwendigen Fachlehrgang nicht absolviert. Die entsprechende Eintragung im Planungsbogen sei daher unzutreffend. Da die ATN Personalstabsoffizier dem Beigeladenen nicht mehr zeitgerecht habe verliehen werden können, sei ihm eine entsprechende ATB zuerkannt worden. Dies sei aber nicht rechtskonform erfolgt.

13Eine Vorverwendung auf der Ebene der Disziplinarstufe II sei nicht im Informationssystem Organisationsgrundlagen hinterlegt und für die Hauptaufgaben des Dienstpostens auch nicht notwendig. Es diene der willkürlichen Einengung des Bewerberfeldes. Die Erfüllung dieses Kriteriums könne ihm zudem nicht abgesprochen werden, da er 2010 für mehr als sechs Monate die Funktion des Regimentskommandeurs ... wahrgenommen habe. Hierfür sei eine Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle erforderlich gewesen. Im Personalwirtschaftssystem sei dokumentiert, dass er vom bis zum auf einem mit A 15 bewerteten Dienstposten verwendet worden sei. Damit habe er Führungserfahrung gemäß der ATN 1001900 (Kommandeur) auf höherer Ebene der Disziplinarbefugnis der Stufe III erworben.

14Er beantrage Einsicht in die vollständige Verfahrensakte einschließlich des Vorlageberichtes ... Nach seinen - im Einzelnen angeführten - dienstlichen Erfahrungen sei er für den Dienstposten besser qualifiziert als der Beigeladene. Auswahlerwägungen und Dokumentation seien nach dem Beschwerdebescheid nicht mehr heilbar rechtswidrig.

15Das Bundesministerium der Verteidigung hat diesen Antrag mit einer Stellungnahme vom vorgelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 4.21 anhängig.

16Am hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Er macht geltend, aus den im Hauptsacheverfahren vorgetragenen Gründen sei er anstelle des Beigeladenen für den streitgegenständlichen Dienstposten auszuwählen gewesen. Anders als der Beigeladene erfülle er die rechtskonformen Kriterien des Anforderungsprofils. Dem Beigeladenen sei die ATN Personalstabsoffizier nicht wirksam erteilt worden. Der Beigeladene drohe sechs Monate nach seinem Dienstantritt auf dem streitigen Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung zu erlangen, der ihm auch im Falle seines - des Antragstellers - Obsiegens im Hauptsacheverfahren bei einer neuen Auswahlentscheidung einen Vorteil brächte.

17Der Antragsteller beantragt,

1. das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom die Versetzung des Beigeladenen auf den nach A 16 dotierten Dienstposten ... vorläufig rückgängig zu machen,

hilfsweise das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom in Gestalt des Beschwerdebescheides vom , die Versetzung des Beigeladenen auf den nach A 16 dotierten Dienstposten ... vorläufig rückgängig zu machen,

2. dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom den Beigeladenen mit der vorläufigen, kommissarischen oder teilweisen Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens zu betrauen.

18Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

19Der Antragsteller erfülle die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils nicht vollständig. Für das Auswahlverfahren seien die vom Bedarfsträger festgelegten Anforderungen maßgeblich. Das Informationssystem Organisationsgrundlagen habe keine das Auswahlverfahren steuernde Funktion. Der Antragsteller verfüge nicht über eine Vorverwendung mit der Disziplinarstufe II. Nach regelmäßiger Verwaltungspraxis des ... werde eine bloß temporär vertretungsweise wahrgenommene Funktion nicht als Vorverwendung anerkannt. Die Vertretung eines Regimentskommandeurs für sechs Monate stehe einer eigenständigen und dauerhaften Kommandeursverwendung nicht gleich. Der Regimentskommandeur sei vom bis zum und vom bis zum im Auslandseinsatz gewesen und in diesen Zeiten vom Antragsteller vertreten worden. Dass hierfür die Genehmigung einer nicht dienstpostengerechten Verwendung beantragt und erteilt worden sei, sei nicht auszuschließen. Nach der damaligen Erlasslage sei dies aber nicht notwendig gewesen. Die Vertretung des Regimentskommandeurs habe zu den Aufgaben des Dienstpostens des Antragstellers als stellvertretender Regimentskommandeur gehört und sei daher dienstpostengerecht gewesen. Eine ggf. erteilte Genehmigung sei daher rechtswidrig. Der Antragsteller habe sich für eine entsprechende Verwendung nicht in einer Auswahlkonferenz der personalbearbeitenden Stelle (Kommandeurauswahl) qualifizieren können. Die entsprechende Bedarfsträgerforderung sei angesichts des konkreten Umfangs der Personalverantwortung und wegen der Aufgabe der Führung der Unterabteilung sachgerecht. Sie sei schon für die Auswahl des Vorgängers des Beigeladenen auf dem Dienstposten, aus dem der streitige Dienstposten hervorgegangen sei, erhoben worden. Ihr Erfordernis ergebe sich aus dem im Planungsbogen dokumentierten Aufgabenzuwachs. Dem Dienstposteninhaber sei zudem die Disziplinarbefugnis der 2. Stufe verliehen worden. Das Anforderungsprofil sei nicht auf einen Zielkandidaten zugeschnitten worden. Neben dem Beigeladenen hätten vier weitere Stabsoffiziere dieses Kriterium erfüllt.

Dem Beigeladenen sei entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers der Ausbildungs- und Tätigkeitsbegriff "Personalstabsoffizier SK" mit der Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer 10000501 durch Verfügung vom rechtmäßig zuerkannt worden. Zudem sei ihm mit Verfügung vom die entsprechende ATN/ATB "Wehrrecht PersStOffz" zuerkannt worden.

Auf den Anordnungsgrund komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr an. Einen Anspruch auf Einsicht in interne Konzeptpapiere zur Vorbereitung der Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht habe der Antragsteller nicht.

20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akten des Hauptsacheverfahrens (BVerwG 1 WB 4.21) Bezug genommen.

Gründe

21Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.

221. Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der bereits anhängigen Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).

232. Der Antrag ist auch begründet.

24a) Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

25Zwar verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; der Beigeladene müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund aber daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.).

26Da der Beigeladene ausweislich der Versetzungsverfügung vom am den Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten zunächst aufgrund einer Kommandierung und ab dem aufgrund der Versetzung angetreten hat, ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend überschritten.

27b) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom , den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist in der Gestalt des - hier zu berücksichtigenden - Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom (vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 42.17 und 43.17 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 21.18 - Rn. 19) nach summarischer Prüfung rechtswidrig und verletzt daher den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG).

28aa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z.B. 1 WB 60.11 - juris Rn. 40 m.w.N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).

29Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 44.16 und 45.16 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.18 - juris Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind ( 1 WDS-VR 7.11 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 64 Rn. 31 m.w.N.). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist ( 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18).

30Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dies muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen ( 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit teilweise verbundenen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen; die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle ( - NVwZ 2011, 746 Rn. 13). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z.B. 1 WB 44.11 - juris Rn. 30 und Urteil vom - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61>).

31Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. - NVwZ 2007, 1178 Rn. 21). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. 1 WB 36.09 - Rn. 27). Die für die Beschwerdeentscheidung zuständige Stelle ist im Umfang ihrer Kontrollkompetenz (§ 13 WBO) befugt, in der Beschwerdeentscheidung die materiellen Auswahlerwägungen zu ändern oder zu ergänzen (vgl. 1 WB 41.16 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 87 LS 1 und Rn. 31 f.).

32bb) Hiernach sind nach summarischer Prüfung die Auswahlentscheidung und der Beschwerdebescheid rechtswidrig, insofern sie den Antragsteller nicht in den Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen einbeziehen.

33(1) Die Entscheidung über die Besetzung ist durch die hierfür nach Nr. 211 der ZDv A-1340/46 "Auswahl militärischen Personals für Dienstposten der Dotierung A 16 bis B 3" zuständige Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr getroffen worden. Vor ihrer Entscheidung sind Stellungnahmen der nach Nr. 205 und Nr. 206 ZDv A-1340/46 dem Beratungsgremium angehörenden Stellen eingeholt worden.

34(2) Die Dokumentationspflicht ist nach summarischer Prüfung voraussichtlich noch ausreichend erfüllt.

35Die vorliegenden Planungsbögen weisen die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende", also die Auswahl unter Kandidaten für einen förderlichen Dienstposten, aus. Sie dokumentieren neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens dienstpostenunabhängige und dienstpostenabhängige Kriterien des Anforderungsprofils, wobei zwischen zwingenden und nur wünschenswerten Kriterien differenziert wird. Beigefügt ist ein Personalbogen des Beigeladenen, aus dem seine vorangegangenen Verwendungen, sein Werdegang und Kompetenzbereich sowie absolvierte Laufbahn- und Fachlehrgänge hervorgehen. Im Personalbogen selbst ist die Empfehlung zugunsten des Beigeladenen mit einer vergleichenden Betrachtung der vorgeschlagenen Kandidaten erläutert. Problematisch ist allerdings, dass die Gründe für die Ablehnung des Antragstellers nicht im Planungsbogen erwähnt sind. Allein aufgrund des Planungsbogens konnte der Antragsteller sich somit kein ausreichendes Bild über die Rechtmäßigkeit der ihn betreffenden Entscheidung machen. Der Zweck der Dokumentationspflicht, dem unterlegenen Bewerber schon vor einem gerichtlichen Verfahren eine Einschätzung hinsichtlich der Wahrung seiner Verfahrensrechte zu ermöglichen (vgl. - NVwZ 2007, 1178 Rn. 21), wurde somit durch die Übersendung des Planungsbogens nicht erreicht. Darin dürfte ein Dokumentationsmangel liegen. Dem Antragsteller ist jedoch noch vor Einleitung des gerichtlichen Eilverfahrens mit der Entscheidung vom der maßgebliche Grund seiner Ablehnung bekannt gegeben worden. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht daher Überwiegendes dafür, dass ausnahmsweise eine noch rechtzeitige Nachholung der Dokumentation in Betracht zu ziehen ist. Denn der Antragsteller war jedenfalls vor der Stellung des gerichtlichen Eilantrages im Februar 2021 in der Lage, mithilfe des Planungsbogens und der Ablehnungsentscheidung sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung im Bewerbungsverfahren aus Art. 33 Abs. 2 GG bestehen.

36(3) Dem Antragsteller ist durch die Zusendung der die Dokumentationspflicht erfüllenden Unterlagen auch in begrenztem Umfang Akteneinsicht gewährt worden. Für den Erfolg seines Antrages ist voraussichtlich nicht erheblich, dass er keine Einsicht in den Vorlagebericht ... gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung erhalten hat, da er auch ohne Einsicht in diese Unterlagen die die angegriffene Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen kannte und zur effektiven Verteidigung seiner Rechte in der Lage war. Gegenstand der Akteneinsicht ist allerdings nach § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich die vollständige Akte des Auswahlverfahrens, soweit an deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung eigener Rechte ein Interesse bestehen kann. Daher darf die Einsicht in die zur Akte des Auswahlverfahrens gehörenden Dokumente wie Bedarfsträgeranforderungen, Vorlageberichte etc. grundsätzlich nicht verweigert werden. Vorlageberichte anderer Behörden gehören dabei nicht zu den Entscheidungsentwürfen, deren Einsicht nach § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG zeitlich beschränkt verweigert werden darf (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020 § 29 Rn. 18a f.). Den diesbezüglichen Mangel der Akteneinsichtsgewährung kann das Bundesministerium der Verteidigung allerdings noch im Hauptsacheverfahren nach § 45 Abs. 2 VwVfG heilen.

37(4) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ist der Beigeladene auch mit Recht in das Auswahlverfahren einbezogen worden. Er erfüllt bei summarischer Betrachtung die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils, insbesondere das Erfordernis der ATN Personalstabsoffizier. Dies weist der Planungsbogen zutreffend aus, auch wenn er für den Beigeladenen ebenso zutreffend keinen entsprechenden Lehrgang dokumentiert.

38Nach den "Gemeinsamen Arbeitshilfen und Informationen für die Personalbearbeitung (GAIP Zu- und Aberkennung von Tätigkeitsbegriffen/Qualifikationen, Stand: )", wird ein Tätigkeitsbegriff zuerkannt, wenn der Soldat nachgewiesen hat, dass er die für die Ausübung einer bestimmten militärischen Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Eignung besitzt sowie die weiteren im Tätigkeitsbild festgelegten Anforderungen erfüllt. Derjenige Tätigkeitsbegriff, der für einen längeren Zeitabschnitt den Verwendungsaufbau eines Soldaten und seine Zuordnung zu einer Ausbildungs- und Verwendungsreihe bzw. zu einem Verwendungsbereich oder einem Werdegang bestimmt, wird hiernach grundsätzlich als 1. wichtigste zuerkannte ATN/ATB bezeichnet und durch die personalbearbeitenden Stellen festgelegt. Die Zuerkennung erfolgt insbesondere auch nach erfolgreich ausgeübter Tätigkeit in einer oder mehreren Verwendungen auf entsprechenden Dienstposten nach Verfügung der personalbearbeitenden Stelle. Das Bundesministerium der Verteidigung hat ausgeführt, dass nach langjähriger Verwaltungspraxis im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr Tätigkeitsbegriffe nicht nur nach entsprechenden Lehrgängen, sondern auch nach erfolgreicher Tätigkeit in entsprechenden Verwendungen verliehen wird. Auf aktuelle Nachfrage hätten auch die Organisationsbereiche Heer, Luftwaffe, Marine und Sanitätsdienst eine entsprechende Praxis bestätigt.

39Der Personalakte des Beigeladenen ist in Übereinstimmung mit dem vom Bundesministerium der Verteidigung vorgelegten Ausdruck der im Personalwirtschaftssystem erfassten Daten zum Beigeladenen zu entnehmen, dass ihm durch das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr am die ATN "Personalstabsoffizier Streitkräfte" zuerkannt wurde. Als Grund für die Zuerkennung sind "Verwendung und Bewährung" angeführt, was durch eine langjährige einschlägige Tätigkeit gerechtfertigt ist. Jedenfalls in einer Gesamtschau der vom Beigeladenen aktenkundig wahrgenommenen Tätigkeiten insbesondere in seiner ministeriellen Verwendung spricht Überwiegendes dafür, dass ihm im Ergebnis mit Recht eine die Zuerkennung der fraglichen ATN ermöglichende Verwendung und Bewährung bescheinigt wurde.

40Der Einwand des Antragstellers, aufgrund von Verwendung und Bewährung dürfe eine ATB nur zuerkannt werden, wenn ein Soldat mehr als sechs Monate auf einem Personalstabsoffiziersdienstposten verwendet worden sei, für den die entsprechende ATN notwendig gewesen sei, greift nicht durch. Denn eine entsprechende Erlasslage oder Verwaltungspraxis ist bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ersichtlich.

41Die Rüge, dass dafür ein Antrag, eine befürwortende Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten sowie eine Stellungnahme der fachlich zuständigen Stelle fehlten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist zumindest derzeit nicht ersichtlich, dass entsprechende zwingende Verfahrensvorgaben für eine wirksame Verleihung des Tätigkeitsbegriffes bestehen. Zum anderen würden bloße Ordnungsvorschriften auch nicht dem Schutz der Rechte von Mitbewerbern in Auswahlverfahren um höherrangige Dienstposten dienen. Der Bewerbungsverfahrensanspruch eines Mitbewerbers ist verletzt, wenn ihm ein ungeeigneter Kandidat vorgezogen wird. Daher kann der Mitbewerber im Konkurrentenstreit eine inzidente Überprüfung der Zuerkennung einer ATN an einen Konkurrenten insoweit verlangen, als die materielle Rechtmäßigkeit der Verleihung in Rede steht. Verfahrensfehler der verleihenden Behörde allein stellen die Eignung des Konkurrenten im Hinblick auf eine notwendige ATN aber nicht in Frage.

42Die Rechtswidrigkeit der Verleihung ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller angeführten Fall eines auf einem Personalstabsoffiziersdienstposten beim ... eingesetzten Oberstleutnants, der zum Erwerb der fraglichen ATN einen Lehrgang besuchen musste. Dass die ATN regelmäßig durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang erworben wird, schließt es nicht aus, dass daneben auch die Möglichkeit des Erwerbs durch Verwendung und Bewährung besteht. Das angeführte Beispiel widerspricht dem Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung nicht und macht ihn auch nicht in sich widersprüchlich.

43(5) Bei summarischer Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass der Ausschluss des Antragstellers von einem Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Ihm kann nämlich voraussichtlich nicht entgegengehalten werden, dass er ein zwingendes Kriterium des Anforderungsprofils nicht erfüllt.

44(aa) Das Anforderungsprofil ergibt sich im vorliegenden Fall zunächst aus dem Planungsbogen für das Auswahlverfahren, der die unmittelbare Entscheidungsgrundlage der Präsidentin des Bundesamts für das Personalmanagement bildet. Der Planungsbogen erfüllt damit insoweit die gleiche Funktion wie eine Stellenausschreibung, die anders als im Beamtenrecht (§ 8 BBG, § 4 BLV) im Recht der Soldaten nicht vorgeschrieben ist (vgl. dazu 1 WB 12.15 - NZWehrr 2015, 257 <258 f.> m.w.N.).

45Entgegen der Einschätzung des Antragstellers ist dagegen nicht ausschlaggebend, welche Anforderungen an den Dienstposteninhaber im Informationssystem Organisationsgrundlagen niedergelegt sind. Das Informationssystem Organisationsgrundlagen hat eine den Ist-Zustand beschreibende, keine das Auswahlverfahren normativ steuernde Funktion. Für das Auswahlverfahren maßgeblich sind die vom jeweiligen Bedarfsträger - hier dem Kommando ... - festgelegten Anforderungen. Der Bedarfsträger kann dabei eine anstehende Neubesetzung des Dienstpostens auch zum Anlass nehmen, von der Beschreibung in den Organisationsgrundlagen abzuweichen, solange er sich in den Grenzen des ihm zustehenden Ermessens hält (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 71.19 - Rn. 41 und vom - 1 WB 8.20 - Rn. 39). Etwas anderes folgt entgegen der Einschätzung des Antragstellers nicht aus dem verfassungsrechtlich verankerten Budgetrecht und der Haushaltshoheit des Deutschen Bundestages. Die für eine Planstelle vom Haushaltsgesetzgeber getroffenen rechtlichen Festlegungen schließen das Recht des Dienstherrn, vor der Besetzung des Dienstpostens nähere Voraussetzungen im Rahmen eines Anforderungsprofils festzulegen, nicht aus.

46(bb) Bei der gerichtlichen Kontrolle des dem Dienstherrn insoweit zustehenden Organisationsermessens ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig (vgl. 2 VR 1.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 31). Soweit allgemeine Bedarfsträgerforderungen, die für eine Vielzahl gleich bewerteter Dienstposten in vergleichbarer Weise gelten, in ein Anforderungsprofil aufgenommen werden, können dafür regelmäßig tragfähige militärfachliche Gründe ins Feld geführt werden und mögliche Bewerber können sich auf diese Erfordernisse einstellen. Werden hingegen darüber hinausgehende zwingende dienstpostenbezogene Kriterien ins Anforderungsprofil aufgenommen, müssen sich dafür auch hinreichend gewichtige sachliche Gründe für die Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten finden lassen. Daran kann es fehlen, wenn die geforderten Vorerfahrungen oder Eignungsstufen nicht für die Erfüllung von Kernaufgaben des Dienstpostens erforderlich, sondern nur für die Erfüllung von untergeordneten Nebenaufgaben von Nutzen sind (vgl. 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 39 ff.).

47(cc) Diesen Anforderungen wird das Anforderungsprofil auch insofern gerecht, als es zwingend eine Verwendung mit der Disziplinarstufe II (Bataillonskommandeur oder vergleichbar) fordert. Diese Forderung ist gemessen an den Hauptaufgaben des Dienstpostens sachgerecht.

48Der Beschwerdebescheid erläutert unter Bezugnahme auf die Definition der ATN "Kommandeur" nachvollziehbar, dass der Dienstherr mit diesem Kriterium die Forderung nach einer Führungserfahrung erhebt, die der Bedeutung des Zuständigkeitsbereiches des Dienstpostens entspricht. Der Inhaber des Dienstpostens bedarf für die Führung der Unterabteilung ... einer besonderen Expertise. Er führt mehrere Referate mit hochqualifiziertem Personal. Die Unterabteilung steuert auch die Personalbearbeitung, Angelegenheiten der Inneren Führung und Arbeitszeitregelungen für das ... und ist damit für Personalangelegenheiten von etwa 8 000 Personen zuständig. Diese Kernaufgaben des Dienstpostens rechtfertigen das Verlangen nach einem besonderen Maß an Führungserfahrung. Die Einschätzung des Dienstherrn ist plausibel, dass dafür die typischerweise in einer Verwendung als Kompaniechef erworbene Führungserfahrung der Disziplinarstufe I nicht ausreicht, sodass die Bewährung auf einer Verwendung mit der Disziplinarstufe II erwartet werden kann.

49Hinzu kommt, dass der Inhaber des Dienstpostens - wie das Bundesministerium der Verteidigung durch Vorlage des Erlasses ... des ... vom belegt hat - selbst Inhaber der Disziplinarbefugnis der Stufe II ist.

50Dass es sich hier nicht um ein Kriterium handelt, das speziell die Auswahl des Beigeladenen ermöglichen soll, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass neben diesem auch vier weitere Stabsoffiziere im Bewerberfeld das Kriterium erfüllten. Zum anderen war bereits für die Besetzung des früheren Referatsleiterdienstpostens, dessen Aufgaben in dem streitigen Unterabteilungsleiterdienstposten aufgegangen sind, im Wesentlichen dieselbe Forderung erhoben worden. Bereits im Planungsbogen für dieses Auswahlverfahren ist als dienstpostenbezogene Voraussetzung nämlich "BtlKdr o. vglb." angeführt. Insofern schreibt der Dienstherr konsequent ein Erfordernis fort, für das sich angesichts der Erweiterung des Aufgabenbereiches des Dienstpostens und seiner Aufwertung in der Behördenhierarchie von der Referats- zur Unterabteilungsleitung gleichsam erst recht hinreichend gewichtige sachliche Gründe finden lassen.

51Da das Kriterium als Indikator für ein den genannten Aufgaben des Dienstpostens entsprechendes Maß an Führungserfahrung dient, ist unerheblich, dass das ... keine "Kampftruppe" vergleichbar einem Bataillon des Heeres ist. Unerheblich ist auch, in welchem Umfang auf dem streitigen Dienstposten Disziplinarverfahren bearbeitet werden. Auf die besondere Expertise eines Kommandeurs gerade in diesen Bereichen kommt es hier nicht entscheidend an.

52Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine entsprechende Verwendung im Konzept des Verwendungsaufbaus für Personalstabsoffiziere oder Stabsoffiziere Recht ... nicht zwingend vorgesehen ist. Der Dienstherr ist im Rahmen seines Organisationsermessens nicht daran gehindert, für einzelne Dienstposten Vorverwendungen zu verlangen, die nicht zwingend von jedem Stabsoffizier zu durchlaufen sind, wenn dies - wie hier - hinreichend gewichtige sachliche Gründe in den Aufgaben des Dienstpostens hat.

53Unerheblich ist zudem, ob diese Forderung des Anforderungsprofils in der Vergangenheit für die Besetzung vergleichbarer Dienstposten erhoben wurde oder nicht. Der Dienstherr kann aus den hier angeführten sachlichen Gründen eine entsprechende Praxis ohne Überschreitung seines Organisationsspielraumes ändern.

54(dd) Dem Antragsteller durfte nach summarischer Prüfung aber nicht entgegengehalten werden, dass er diese Anforderung nicht erfüllt.

55Der Antragsteller weist nach Aktenlage zutreffend darauf hin, dass er den Kommandeur des ...regiments für einen jedenfalls sechs Monate langen Zeitraum ständig vertreten hat. In dieser Funktion hat er kontinuierlich in einem Zeitraum von grundsätzlich auch für Beurteilungen beachtlicher Länge die Aufgaben des Kommandeurs ständig wahrgenommen. Damit hat er in eigenverantwortlicher Ausübung der Funktion die Erfahrungen in einer Verwendung mindestens der Disziplinarstufe II gesammelt, die nach der Erläuterung des Bundesministeriums der Verteidigung für die Erfüllung des Kriteriums maßgeblich sind.

56Anders als in dem im Verfahren BVerwG 1 WB 17.20 gegenständlichen Auswahlverfahren ist mit der Formulierung des hier in Rede stehenden Kriteriums bei summarischer Prüfung aus der Sicht eines objektiven Beobachters gemeint, dass ein Bewerber die Verwendung auf einem (mindestens) mit der Disziplinarbefugnis II ausgestatteten Dienstposten durchlaufen haben muss. Dies ergibt sich bereits aus der beispielhaften Nennung des Dienstpostens eines Bataillonskommandeurs. Eine Verwendung in diesem Sinne setzt regelmäßig eine Personalverfügung voraus. Dass der Bewerber die Aufgaben des fraglichen Dienstpostens erfüllt, muss mithin auf eine Entscheidung der personalführenden Stelle zurückzuführen sein. Dies wird in aller Regel eine Versetzung oder Kommandierung sein. In Betracht kommt aber auch, dass ein Bewerber vorübergehend nicht dienstpostengerecht verwendet worden ist und die personalführende Stelle die Verantwortung hierfür durch eine Zustimmung nach Nr. 202 ZDv A-1340/36 oder einer Vorgängerregelung dieser Norm übernimmt. Auch die Zustimmung zu einer - hier höherwertigen - nicht dienstpostengerechten Verwendung stellt eine Verwendungsentscheidung der personalführenden Stelle dar. Dagegen ist eine bestimmte Dauer der entsprechenden Verwendung nach dem allein maßgeblichen objektiven Verständnis des Anforderungsprofils nicht gefordert (vgl. 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 8).

57Hiernach hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er diese Anforderung erfüllt. Denn ausweislich seiner Beurteilung zum Stichtag hat er "zwischen April 2020 und Oktober 2010" den Kommandeur ... vertreten. Unter Punkt 3 dieser Beurteilung heißt es, er habe in seiner Funktion als stellvertretender Regimentskommandeur den Kommandeur bei dessen einsatzbedingter Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vertreten. Der Kommandeur hatte unter dem um Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle für die Wahrnehmung der Tätigkeit eines höherwertigen Dienstpostens während seiner einsatzbedingten Abwesenheit vom "bis voraussichtlich " gebeten. Der Antragsteller hat einen Ausdruck seiner Grunddaten aus dem Personalwirtschaftssystem vorgelegt, nach dem er über diesen Zeitraum eine mit A 15 bewertete Tätigkeit ausgeübt hat. Nach dem Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung zur einsatzbedingten Abwesenheit des Regimentskommandeurs spricht nichts dagegen, dass der Antragsteller für jedenfalls sechs Monate diese Funktion ausgeübt hat, wie es seine Beurteilung für den fraglichen Zeitraum auch ausweist. Sowohl nach der geltenden ZDv A-1340/36 als auch nach den vom Bundesministerium der Verteidigung vorgelegten Erlassen vom "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten - Auswirkungen auf Beförderungsauswahlverfahren" und vom "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" war bei einer nicht dienstpostengerechten Verwendung ab sechs Monaten eine Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle erforderlich. Da eine kontinuierliche Wahrnehmung der Vertretung über einen entsprechenden Zeitraum für den Antragsteller eine höherwertige Verwendung darstellt, war es nicht zu beanstanden, diese Tätigkeit als nicht dienstpostengerechte Verwendung zu betrachten und die Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle zu beantragen und zu erteilen. Zwar gehört die Vertretung des Regimentskommandeurs zu den Aufgaben des stellvertretenden Regimentskommandeurs. Zu differenzieren ist aber zwischen der gelegentlichen und kurzzeitigen Vertretung etwa während eines Urlaubes, einer Erkrankung oder eines Lehrganges und der ständigen Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens für einen längeren zusammenhängenden Zeitraum. In letzterem - hier vorliegenden - Fall wird der Stellvertreter - wie hier durch das Personalwirtschaftssystem dokumentiert - höherwertig und damit nicht entsprechend seines eigenen dotierungsgerechten Dienstposten verwendet.

58Hiernach ist bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass der Antragsteller die entsprechende Verwendung auch auf der Grundlage einer Personalverfügung wahrgenommen hatte. Etwas anderes würde sich auch dann nicht ergeben, wenn man - wie das Bundesministerium der Verteidigung - die Wahrnehmung der in Rede stehenden längerfristigen und kontinuierlichen Dauervertretung als Teil der Aufgaben des damaligen Dienstpostens des Antragstellers selbst wertet. Denn dann geht die Wahrnehmung der Aufgaben des Regimentskommandeurs auf die Versetzung des Antragstellers auf den Dienstposten des stellvertretenden Regimentskommandeurs zurück und ist damit ebenfalls kausal einer Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle zugeordnet.

59Unerheblich ist dagegen, ob dem Antragsteller - wie das Bundesministerium der Verteidigung vorträgt - bislang noch in keiner Auswahlkonferenz für die Kommandeurauswahl eine entsprechende Qualifikation zugesprochen wurde. Denn das Anforderungsprofil stellt nicht darauf ab, ob eine entsprechende Verwendung nach der Eignung möglich wäre, sondern ob der Bewerber auf einem entsprechenden Dienstposten faktisch verwendet wurde und sich dort bewährt hat.

603. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2021:010621B1WVR5.21.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-47762