BGH Beschluss v. - V ZR 72/22

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 5 U 62/20vorgehend LG Neuruppin Az: 32 O 96/19

Gründe

I.

1Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Klägerin ist Eigentümerin eines 543 m² großen Gartengrundstücks. Das Grundstück verfügt weder über eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg noch über einen Anschluss an eine Versorgung mit Strom. Es grenzt südlich an das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück der Beklagten. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf ein Notweg- bzw. Notleitungsrecht, die Nutzung des Grundstücks als Zufahrt und Zugang sowie zum Verlegen einer Stromleitung zu dulden.

2Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, die Nutzung des Grundstücks über einen 1,5 m breiten Weg, der allerdings von der beantragten Wegführung abweicht, als Zugang zu dulden, Zug um Zug gegen Zahlung einer jährlichen Notwegrente von 80 €. Ferner hat es der Klage hinsichtlich des Notleitungsrechts stattgegeben, Zug um Zug gegen Zahlung einer jährlichen Rente von 20 €. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Gegen ihre Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

41. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und gemäß § 294 ZPO glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 140/20, BeckRS 2021, 5163 Rn. 4 mwN).

52. Die Beklagte hat in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.

6a) Die Beschwer der Beklagten bemisst sich nach der Wertminderung, die ihr Grundstück durch die Pflicht zur Duldung des Notwegs erleidet. Die ausgeurteilte Gegenleistung in Form der Notwegrente bleibt unberücksichtigt (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 52/13, NZM 2015, 99 Rn. 5). Die Beklagte behauptet unter Hinweis auf eine in der Berufungsinstanz vorgelegte Berechnung, dass sich die Verkehrswertminderung ihres Grundstücks bei Aufrechterhaltung der Verurteilung auf mindestens 35.385,60 € belaufe. Von dieser Summe entfalle ein Betrag von 21.945,60 € auf die infolge des Notwegrechts nicht mehr mögliche wirtschaftliche Nutzung ihres Grundstücks durch die Vermietung dreier zu errichtender Garagen sowie ein Betrag von 13.440 € auf die sonstige Belastung durch das Notwegrecht. Sie verweist darauf, dass sich selbst bei Berücksichtigung eines Wertminderungsbetrags von nur 70 % dieser Summe entsprechend der vom Berufungsgericht ausgeurteilten Kostenquote noch immer eine Beschwer von mindestens 24.769,92 € ergebe.

7b) Dieser Vortrag genügt zur Glaubhaftmachung jedoch nicht.

8aa) Bereits nach den eigenen Angaben der Beklagten kann nicht zugrunde gelegt werden, dass ihr Grundstück durch das Notwegrecht eine Wertminderung von 21.945,60 € erleidet, weil die geplanten Garagen an der östlichen Grundstücksgrenze nicht errichtet werden können. Die Beklagte geht bei ihrer Berechnung von Tatsachen aus, die den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprechen. Anders als von der Klägerin beantragt, verläuft der von dem Berufungsgericht festgelegte Notweg nicht entlang der östlichen Grundstücksgrenze. Das Berufungsgericht geht offenkundig davon aus, dass die Garagen bei dieser Trassenführung errichtet werden können. Es stellt fest, dass die tatsächliche Belastung des Grundstücks der Beklagten durch Notweg und Notleitung als geringfügig anzusehen ist und die Überlegungen der Beklagten zur Bebauung des Grundstücks im hinteren Bereich genügend berücksichtigt werden. Daher verbleibt als wertmindernder Faktor nur die sonstige Belastung mit dem Notweg. Die Beklagte muss sich an ihrem Vorbringen festhalten lassen, nach dem diese Belastung den Grundstückswert um 13.440 € mindert.

9bb) Dass ihr Grundstück eine weitergehende Wertminderung durch die Notleitung erleidet, trägt die Beklagte nicht vor. Auch eine tragfähige Schätzung durch den Senat ist nicht möglich. Anhaltspunkte dafür, dass das Grundstück durch die unterirdisch verlaufende Notleitung einen Wertverlust von mehr als 6.560 € erfährt, liegen nicht vor.

III.

101. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

112. Mangels anderer Anhaltspunkte wird der Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend dem von der Beklagten bezifferten Wertverlust durch die sonstige Belastung mit dem Notwegrecht auf 13.440 € festgesetzt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:220323BVZR72.22.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-39608