BGH Urteil v. - VII ZR 177/21

Instanzenzug: Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Az: 2 U 188/19vorgehend Az: 1 O 2129/18

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger kaufte im Juni 2013 ein Kraftfahrzeug des Typs VW Caddy als Neuwagen zum Preis von 23.563,60 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. Dieser verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die das Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb bewirkte.

3Der Kläger tätigte im Zusammenhang mit dem Fahrzeug Aufwendungen in Höhe von insgesamt - ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts - 2.809,77 € (Garantieverlängerung, Zubehörteile, Mietwagenkosten während einer Reparatur, Austausch eines Kraftstofffilters, "Eigenbeteiligung" an einer Rechnung vom , Motorleistungstests).

4Mit anwaltlichem Schreiben vom forderte der Kläger die Beklagte auf, sich zur Kaufpreis- und Aufwendungserstattung abzüglich eines Nutzungsvorteils gegen Herausgabe des Fahrzeugs bereit zu erklären. Am veräußerte er das Fahrzeug für 7.500 €.

5Mit der Klage hat der Kläger im Wesentlichen die Erstattung des Kaufpreises und der genannten Aufwendungen abzüglich einer Nutzungsentschädigung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Landgericht hat der auf Zahlung in Höhe von 19.007,67 € gerichteten Klage unter Abzug einer weiteren Nutzungsentschädigung weit überwiegend stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückweisung der weitergehenden Berufungen der Parteien im Übrigen nach Abzug einer weiteren Nutzungsentschädigung und des Veräußerungserlöses zur Zahlung in Höhe von 9.840,66 € sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 597,74 €, jeweils zuzüglich Zinsen, verurteilt.

6Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision greift die Beklagte das Berufungsurteil nur hinsichtlich der in voller Höhe von 2.809,77 € zuerkannten Aufwendungen und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten an. Insoweit verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag aus den Vorinstanzen weiter.

Gründe

7Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Klageabweisung, soweit das Berufungsgericht dem Kläger Aufwendungsersatz in Höhe von mehr als 365,02 € - der Summe der Zubehörkosten - zugesprochen hat, und im übrigen Umfang des Revisionsangriffs zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

9Der Kläger habe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sogenannten Dieselskandal einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB gegen die Beklagte. Der Anspruch sei darauf gerichtet, die Folgen des durch Täuschung veranlassten Kaufvertrags rückgängig zu machen, wozu neben der Kaufpreiserstattung auch der Ersatz vergeblicher Aufwendungen gehöre. Durch die Weiterveräußerung des Fahrzeugs sei der Schaden nicht vollständig entfallen, es sei jedoch der Veräußerungserlös auf den Schadensersatzanspruch des Klägers anzurechnen. Zusätzlich zu berücksichtigen sei ein Nutzungsvorteil in Höhe von 9.032,71 € gemäß folgender Berechnung: Bruttokaufpreis (23.563,60 €) mal Fahrstrecke bis zur Weiterveräußerung (115.000 km) geteilt durch Gesamtlaufleistung (300.000 km). Der gemäß § 249 BGB ersatzfähige Schaden belaufe sich demnach auf 9.840,66 € (23.563,60 € Kaufpreis zuzüglich 2.809,77 € Aufwendungen abzüglich 9.032,71 € Nutzungsvorteil und 7.500 € Veräußerungserlös) nebst Verzugszinsen. Zusätzlich zu erstatten seien die Kosten des vorgerichtlichen Anwaltsschreibens vom , das sich als weitere adäquat kausale Schadensfolge darstelle. Die Höhe der insoweit erstattungsfähigen Kosten übersteige die vom Kläger verlangten 597,74 €.

II.

10Die Revision ist aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision im Tenor seines Urteils ohne Einschränkungen ausgesprochen. Eine Zulassungsbeschränkung, die einer Anfechtung der Entscheidung über die fahrzeugbezogenen Aufwendungen des Klägers oder die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten entgegenstünde, folgt auch nicht aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils.

111. Eine Zulassungsbeschränkung kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Entscheidungsgründen ergeben, sofern die Beschränkung klar und eindeutig ist. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Hingegen genügt die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision nicht, um von einer Zulassungsbeschränkung auszugehen (vgl. Rn. 17 f., WM 2019, 495; Urteil vom - VI ZR 449/19 Rn. 12, GRUR 2021, 106; Urteil vom - VII ZR 192/20 Rn. 16, NJW 2022, 321; jeweils m.w.N.).

122. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Revisionszulassung ausgeführt, dass die Frage der Schadensberechnung im Falle der Weiterveräußerung des Fahrzeugs durch den Geschädigten in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten sei. Eine Absicht des Berufungsgerichts, die Revisionszulassung auf die genannte Rechtsfrage zu beschränken, lässt sich dem nicht entnehmen, zudem wäre eine derartige Beschränkung unzulässig und damit wirkungslos (vgl. VIa ZR 8/21 Rn. 17 m.w.N., BGHZ 233, 16). Eine Beschränkung der Zulassung auf bestimmte Ansprüche des Klägers unter Ausklammerung der im Revisionsverfahren noch im Streit stehenden Aufwendungen und Rechtsanwaltskosten ist ebenfalls nicht anzunehmen, schon weil nicht eindeutig erkennbar ist, dass das Berufungsgericht die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage hinsichtlich dieser Schadenspositionen für unerheblich gehalten hätte.

III.

131. Die Zuerkennung eines Anspruchs des Klägers auf Erstattung fahrzeugbezogener Aufwendungen in Höhe von 2.809,77 € hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die festgestellten Aufwendungen, die sich rechnerisch auf lediglich 2.792,43 € summieren, sind, soweit sie 365,02 € übersteigen, nicht ersatzfähig. Im Übrigen ist die Sache nicht entscheidungsreif.

14a) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend und unangefochten entschieden, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB gegen die Beklagte zusteht, da diese das vom Kläger erworbene Fahrzeug mit dem Motor EA 189 herstellte und in Verkehr brachte (vgl. Rn. 13 ff., BGHZ 225, 316).

15b) Die konkrete Bemessung eines Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr.; Rn. 39, NJW 2022, 321; Urteil vom - VI ZR 731/20 Rn. 10, NJW 2022, 472; jeweils m.w.N.). Auch unter Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs erweist sich das Berufungsurteil hinsichtlich der fahrzeugbezogenen Aufwendungen als rechtsfehlerhaft.

16aa) Die Ersatzpflicht des Fahrzeugherstellers gemäß §§ 826, 249 Abs. 1 BGB umfasst grundsätzlich auch Kosten für Sonderausstattungen, fahrzeugtypspezifisches Zubehör und behindertengerechten Umbau ( Rn. 11, VersR 2022, 324). Es ist daher im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des für das Fahrzeug angeschafften Zubehörs in Höhe von insgesamt 365,02 € (Verdunkelungssystem 203,77 €, Windabweiser 59 €, Motorabdeckung 102,25 €) zuerkannt hat.

17Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann ein Ersatzanspruch für das Zubehör in Höhe von 365,02 € indes nicht zugesprochen werden. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung ein auf das Zubehör entfallender Nutzungsvorteil auf den Erstattungsanspruch des Klägers anzurechnen ist, ohne dass es einer entsprechenden Gestaltungserklärung oder Einrede der Beklagten bedarf (vgl. Rn. 21, NJW 2013, 450; Urteil vom - VI ZR 291/20 Rn. 12, VersR 2022, 324). Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der Aufwendungen für das Zubehör in Höhe von 365,02 € ist daher von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass die Nutzungsvorteile, die ihm aus der Anschaffung des Zubehörs erwachsen sind, berücksichtigt werden. Die dem Tatrichter insoweit gemäß § 287 ZPO obliegende Schätzung (vgl. Rn. 12, VersR 2022, 324; Urteil vom - VIa ZR 100/21 Rn. 23, WM 2022, 543) ist nachzuholen.

18bb) Hinsichtlich der weiteren vom Kläger geltend gemachten fahrzeugbezogenen Aufwendungen scheidet ein Ersatzanspruch des Klägers ganz aus, wie die Revision zutreffend rügt.

19(1) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Aufwendungen des Geschädigten, die zu den gewöhnlichen Unterhaltungskosten gehören wie Gebühren einer Hauptuntersuchung, Inspektionskosten, Verbrauchsmaterialien, Kosten des Austauschs von Verschleißteilen, Reparaturen oder Kosten einer Ersatzbatterie, nicht ersatzfähig, wenn der Geschädigte das Fahrzeug wie vorgesehen genutzt hat (vgl. Rn. 24, BGHZ 226, 322; Urteil vom - VI ZR 8/20 Rn. 16, VersR 2021, 385; Urteil vom - VI ZR 136/20 Rn. 32, NJW-RR 2022, 23; Urteil vom - VI ZR 291/20 Rn. 10, VersR 2022, 324; Urteil vom - VI ZR 24/20 Rn. 14, VersR 2022, 910; Urteil vom - VIa ZR 122/21 Rn. 23, WM 2022, 1077).

20Demnach hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der für den Austausch eines Kraftstofffilters aufgewendeten 54,79 €. Gleiches gilt für die "Eigenbeteiligung" des Klägers an einer Reparaturrechnung vom in Höhe von 180,90 €. Ebenfalls nicht erstattungsfähig sind die für die Dauer einer Reparatur angefallenen Mietwagenkosten in Höhe von 295,72 €, zumal das insoweit betroffene Mobilitätsbedürfnis des Klägers dem Erfüllungsinteresse zuzuordnen ist, dessen Befriedigung die Beklagte dem Kläger nicht schuldet (vgl. Rn. 69 f., BGHZ 225, 316).

21(2) Ebenso scheidet eine Erstattung der Kosten für drei Leistungstests in Höhe von insgesamt 270 € aus. Der Kläger hat die Tests nach eigenem Vortrag aufgrund von Motorproblemen durchführen lassen, ohne dass ein spezifischer Zusammenhang mit der haftungsbegründenden Prüfstandserkennungssoftware ersichtlich wäre. Die Kosten der Tests sind daher wie gewöhnliche Reparaturkosten zu behandeln.

22Sollten die Leistungstests, wie im Klägervortrag angedeutet, der Ermittlung etwaiger technischer Auswirkungen eines zur Beseitigung der Prüfstandserkennungssoftware aufgespielten Updates gedient haben, bestünde ebenfalls kein Erstattungsanspruch, denn derartige Untersuchungen waren zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Kaufpreiserstattungsanspruchs nicht erforderlich (vgl. Rn. 8 m.w.N., NJW 2019, 430).

23(3) Einem Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten einer Garantieverlängerung in Höhe von 1.626 € stehen jedenfalls die Grundsätze der Vorteilsausgleichung entgegen. Der Kläger hat für seine Zahlungen den mit der Garantiegeberin vereinbarten Garantieschutz während des verlängerten Garantiezeitraums erhalten. Dieser Vorteil steht den Zahlungen mit seinem objektiven Wert anrechenbar gegenüber, unabhängig davon, ob die Garantie tatsächlich in Anspruch genommen worden ist. In Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der objektive Wert der Garantie den dafür geleisteten Zahlungen entsprach.

242. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht bejaht werden.

25a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch gemäß § 249 Abs. 1 BGB die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (st. Rspr.; Rn. 6, NJW-RR 2021, 1070; Urteil vom - VIa ZR 100/21 Rn. 12, WM 2022, 543; jeweils m.w.N.).

26b) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, dass die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis nicht erforderlich gewesen sei. Maßgeblich ist an dieser Stelle die ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten, wobei keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Rn. 21, NJW 2020, 144; Urteil vom - VII ZR 320/21 Rn. 18 m.w.N., BauR 2022, 1067).

27aa) Da es sich vorliegend nicht um einen einfach gelagerten Schadensfall handelte, bei dem die Haftung der Beklagten nach Grund und Höhe von vornherein unzweifelhaft gewesen wäre, durfte sich der Kläger schon für die erstmalige Geltendmachung seines Schadens gegenüber der Beklagten anwaltlicher Hilfe bedienen (vgl. Rn. 21 m.w.N., NJW 2020, 144).

28bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der außergerichtlichen Anwaltstätigkeit in der Berufungsinstanz mit der Begründung in Abrede gestellt, die Bevollmächtigten der Klägerin hätten seinerzeit gewusst, dass die Beklagte nicht zu einem außergerichtlichen Anerkenntnis oder einer freiwilligen Zahlung bereit gewesen sei.

29(1) Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Vertretung im Sinne der Nr. 2300 VV RVG soll schnelle und einverständliche Regelungen ohne Einschaltung der Gerichte ermöglichen. Sie ist zweckmäßig und regelmäßig erforderlich, wenn der Versuch einer - vom Gesetzgeber gewünschten (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 2, 147 f.) - außergerichtlichen Streiterledigung nicht von vornherein ausscheidet, wie etwa im Falle einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (vgl. Rn. 16 f. m.w.N., NJW 2015, 3793). Ist der Schädiger bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. Rn. 38, JurBüro 2013, 418; Urteil vom17. September 2015 - IX ZR 280/14 Rn. 11 m.w.N., NJW 2015, 3793).

30(2) Die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der konkreten Rechtsverfolgung stellen zwar vom Geschädigten darzulegende und im Streitfall zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen dar (vgl. VIa ZR 100/21 Rn. 12 m.w.N., WM 2022, 543). Die Darlegung einer der Gegenseite bekannten Zahlungsunwilligkeit obliegt jedoch nach allgemeinen Grundsätzen dem Schädiger.

31(3) Der von der Revision aufgezeigte Instanzvortrag der Beklagten genügt diesen Darlegungsanforderungen nicht, so dass sich das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision damit nicht ausdrücklich befassen musste. Der Tatsachenvortrag der Beklagten erschöpfte sich entgegen der Darstellung der Revision letztlich darin, ihre "Rechtsansicht" sei aufgrund einer umfassenden Presseberichterstattung allgemein bekannt gewesen. Abgesehen davon, dass damit schon nicht hinreichend dargelegt worden ist, um welche "Rechtsansicht" es sich konkret handeln und seit wann diese allgemein bekannt sein soll, beinhaltete der Vortrag nicht, dass die Beklagte zur Zeit der vorgerichtlichen Anwaltstätigkeit unter keinen Umständen außergerichtliche Zahlungen geleistet hätte, etwa im Vergleichswege, und dass auch dies allgemein oder jedenfalls den Bevollmächtigten des Klägers bekannt gewesen wäre. Die Rechtsauffassung, nicht zur Leistung verpflichtet zu sein, schließt eine Vergleichsbereitschaft nicht ohne Weiteres aus.

32c) Wie die Revision zutreffend geltend macht, hat das Berufungsgericht allerdings keine hinreichenden Feststellungen zum Innenverhältnis des Klägers zu seinen vorgerichtlichen Bevollmächtigten getroffen.

33aa) Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung im Innenverhältnis des Mandanten zum Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, bestimmt sich nach Art und Umfang des im Einzelfall erteilten Mandats. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen ( Rn. 7,NJW-RR 2021, 1070; Urteil vom - VII ZR 320/21 Rn. 24, BauR 2022, 1067; jeweils m.w.N.).

34bb) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit im Rahmen eines die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auslösenden Mandats erfolgte oder der Vorbereitung der Klage diente und daher mit der Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist. Die Einordnung ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus dem gemäß § 559 Abs. 1 ZPO beachtlichen Verfahrensstoff, insbesondere nicht aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Anwaltsschreiben vom . Die in dem Schreiben enthaltene Erklärung der Bevollmächtigten des Klägers, sie gingen davon aus, dass nach fruchtlosem Ablauf der zur Anerkennung der Schadensersatzpflicht gesetzten Frist eine Klageerhebung erforderlich sei, lässt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine eindeutigen Rückschlüsse auf das erteilte Mandat zu.

IV.

35Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich der fahrzeugbezogenen Aufwendungen ist mit Ausnahme der Zubehörkosten in Höhe von insgesamt 365,02 € die Klage - auch hinsichtlich der darauf entfallenden Zinsen - abweisungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

36Im übrigen Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zum Inhalt des Mandats, das der insoweit darlegungs- und beweisbelastete (vgl. Rn. 8, NJW-RR 2021, 1070) Kläger seinen anwaltlichen Bevollmächtigten vorprozessual erteilt hat, sowie zum Umfang des auf das Zubehör entfallenden Schadensersatzanspruchs im Hinblick auf die anzurechnenden Vorteile (vgl. zu einer möglichen Berechnungsmethode Rn. 5, 8, juris) treffen kann. Im Falle eines verbleibenden Schadensersatzanspruchs wird das Berufungsgericht zudem zu berücksichtigen haben, dass der Zahlungsanspruch nur Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Zubehörs, soweit noch beim Kläger vorhanden, durchsetzbar ist (vgl. Rn. 11, 13, VersR 2022, 324).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:151222UVIIZR177.21.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-30403