BGH Beschluss v. - VIa ZR 310/21

Instanzenzug: Az: 5 U 79/21vorgehend LG Ellwangen Az: 3 O 344/20

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger erwarb im Jahr 2013 bei einem Fahrzeughändler ein Neufahrzeug des Typs VW Tiguan für 41.500 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. Die verwendete Motorsteuerungssoftware erkannte das Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und bewirkte für diesen Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen der Abgasnorm Euro 5 auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten.

3Mit seiner im Jahr 2020 erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 26.535,50 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen, soweit sie "zur Zahlung von mehr als dem Händlereinkaufspreis (36.268,91 €) abzüglich der Werkauslieferungskosten, der Kraftfahrzeugbrief-Gebühr und der Zulassungskosten (zusammen 735 €) sowie abzüglich des Nutzungsvorteils (für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht festgestellt mit 9.733,41 €)" nebst Zinsen verurteilt worden ist.

II.

4Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:

5Der Anspruch des Klägers aus § 826 BGB sei nicht durchsetzbar, weil er verjährt sei. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen, in dem der Kläger aufgrund eines Schreibens der Beklagten Kenntnis davon erlangt habe, dass sein Fahrzeug von dem sogenannten Dieselskandal betroffen sei. Dem Kläger stehe jedoch nach § 852 BGB ein Restschadensersatzanspruch zu, der auf das von der Beklagten durch die Veräußerung des Fahrzeugs erlangte Etwas gerichtet sei. Dies sei der vom Kläger gezahlte Kaufpreis abzüglich der Händlermarge, die sich nach dem von der Beklagten nicht wirksam bestrittenen Klägervortrag auf 5.231,09 € belaufe. Die Beklagte habe somit einen Betrag in Höhe von 36.268,91 € erlangt.

6Der Höhe nach sei der Anspruch begrenzt durch den sich aus § 826 BGB ergebenden verjährten Schadensersatzanspruch auf Zahlung von 31.766,59 €. Entsprechend dem vom Kläger für den Fall, dass das Berufungsgericht den Anspruch gemäß § 826 BGB als verjährt ansehe, hilfsweise gestellten Antrag sei allerdings lediglich ein Betrag von 41.500 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.733,41 € und abzüglich der Händlermarge in Höhe von 5.231,09 €, mithin ein Betrag in Höhe von 26.535,50 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zuzusprechen.

III.

7Die zulässige Revision ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

81. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Gegenstand und Höhe eines Restschadensersatzanspruchs nach § 852 BGB betreffenden Rechtsfragen, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision veranlasst haben, sind durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen (VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16; VIa ZR 57/21, WM 2022, 742) geklärt.

92. Die Revision der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie macht vergeblich geltend, dass das Berufungsgericht dem Kläger aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB einen um 735 € zu hohen Betrag zugesprochen habe.

10a) Die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Restschadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte zu, ist aufgrund des wirksam auf die Höhe des Anspruchs beschränkten Revisionsangriffs (vgl. , NJW 2022, 2685 Rn. 8) einer Überprüfung durch den Senat entzogen.

11b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Anspruch bestehe - Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs - in Höhe von 26.535,50 €, lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.

12Insbesondere ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe aus dem Verkauf des Fahrzeugs an den Händler gemäß § 818 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB einen Betrag in Höhe von 36.268,91 € erlangt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16). Die ihr zugrundeliegenden Feststellungen sind für den Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Die von der Revision dagegen gerichteten Rügen greifen nicht durch.

13Soweit die Revision unter Verweis auf die vom Berufungsgericht in Bezug genommene verbindliche Bestellung vom beanstandet, das Berufungsgericht habe "übersehen", dass der von ihm als Ausgangspunkt seiner Ermittlung des Händlereinkaufspreises herangezogene Verkaufspreis des Händlers "Werkauslieferungskosten", eine "Kraftfahrzeugbrief-Gebühr" und "Zulassungskosten" enthalten habe, liegt darin keine nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO ordnungsgemäß ausgeführte Verfahrensrüge. Dass die Beklagte in den Vorinstanzen zu den Kalkulationsgrundlagen des Händlerverkaufspreises vorgetragen und eingewandt habe, Ausgangspunkt der Ermittlung des Händlereinkaufspreises müsse der um diese Positionen bereinigte Händlerverkaufspreis sein, zeigt die Revision nicht auf.

14Aus der von ihr angeführten Entscheidung des Senats vom (VIa ZR 601/21, NJW 2022, 2752 Rn. 16) kann die Revision zu ihren Gunsten ebenfalls nichts herleiten. Diese Entscheidung betraf eine Revision des beklagten Herstellers gegen eine Berufungsentscheidung, bei der das dortige Berufungsgericht zugunsten des Herstellers Überführungs- und Zulassungskosten bei der Ermittlung des Händlereinkaufspreises außer Acht gelassen hatte. Diese Verfahrensweise musste im dortigen Revisionsverfahren schon nach § 557 Abs. 1 ZPO unbeanstandet bleiben.

15Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB davon ausgegangen ist, dass die von ihm nach § 287 ZPO auf 9.733,41 € geschätzten Nutzungsvorteile nicht von dem von der Beklagten erlangten Händlereinkaufspreis abzuziehen seien, ist dies zwar - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat (vgl. VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16) - rechtsfehlerhaft. Dadurch ist die Beklagte jedoch nicht beschwert, weil das Berufungsgericht sich durch die Antragstellung des Klägers veranlasst gesehen hat, gleichwohl einen entsprechenden Abzug vorzunehmen. Dies ergibt den zugesprochenen Betrag in Höhe von 26.535,50 €.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:141122BVIAZR310.21.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-30332