BGH Urteil v. - VI ZR 65/21

(Zulässigkeit einer Berichterstattung über sog. "Pick-Up-Artists" in einer AStA-Zeitung)

Leitsatz

1. Unterlassungsansprüche von Studierenden gegen ihre verfasste Studierendenschaft wegen Berichterstattung in deren Mitgliederzeitschrift (AStA-Zeitung) oder wegen sonstiger Verlautbarungen unterfallen dem öffentlichen Recht.

2. Die Studierendenschaft nimmt insoweit eine öffentliche Aufgabe wahr; auf die Ausübung eigener Kommunikationsfreiheiten kann sie sich nicht berufen. Ein sog. allgemein-politisches Mandat steht ihr nicht zu. Soweit die Studierendenschaft Meinungen Dritter zur Diskussion stellt, ist ihr äußerste Zurückhaltung sowie eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung der verschiedenen Sichtweisen abzuverlangen.

3. Zur Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und der Wahrnehmung der sozialen Belange der Studierenden durch die Studierendenschaft andererseits (hier: Berichterstattung über sog. "Pick-Up-Artists").

Gesetze: § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, § 77 Abs 2 HSchulG HE vom , § 84 Abs 2 Nr 3 HSchulG HE

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 16 U 47/20 Urteilvorgehend LG Frankfurt Az: 2-03 O 513/18 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die beklagte Studierendenschaft auf Unterlassung einer identifizierenden Wort- und Bildberichterstattung in zwei Artikeln in deren Mitgliederzeitschrift ("AStA-Zeitung") in Anspruch.

2Der Kläger war zum Zeitpunkt der angegriffenen Veröffentlichung Student der Universität F. in Hessen. Er engagierte sich ehrenamtlich in mehreren Vereinen. Über eine ihm hierfür im Jahr 2012 verliehene Auszeichnung ("Bürgerpreis") wurde in der Presse identifizierend berichtet. Nebenberuflich gab der Kläger ferner Seminare für die Agentur "Casanova Coaching", auf deren Internetseite er mit Vornamen genannt und mit Foto abgebildet ist. Im April 2014 trat der Kläger in einem ca. fünfminütigen Kurzbeitrag der ARD-Sendung "DasDing.tv" mit dem Titel "Aufreißen und klar machen? Pick-Up Artist B. [Vorname des Klägers] geht auf Frauenjagd" auf. In dem Beitrag erläuterte der Kläger die sog. Pick-Up-Szene und gab in diesem Zusammenhang ein Interview. Der Beitrag war auf Youtube abrufbar und wurde zunächst auch in der Mediathek der ARD bereitgehalten, bis er im Januar 2017 auf Verlangen des Klägers gelöscht wurde.

3Die Beklagte ist die verfasste Studierendenschaft der Universität F. Im August 2015 veröffentlichte sie in der Sommerausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift, der "AStA-Zeitung" (Auflage: 40.000; jedem immatrikulierten Studenten wird ein Exemplar kostenlos zugestellt) die streitgegenständlichen Artikel "‘Pick-Up-Artists‘: Ein fragwürdiges Phänomen von ‚Verführung‘" (Artikel 1) und "‘Pick-Up-Artists‘ und Casanovas - eine künstlerische Technik der Liebe?" (Artikel 2). Die Artikel stammen von den Autoren "K[…] K[…]" (Artikel 1) bzw. "fantifa.f[…]" (Artikel 2), nennen den vollen Vornamen des Klägers und verweisen auf dessen Nebentätigkeit bei der Agentur "Casanova Coaching". Der erste Artikel nennt zudem den Anfangsbuchstaben des Nachnamens und vermerkt dessen Studierendenstatus an der Universität F., der zweite Artikel enthält zusätzlich ein in eine Montage eingebautes Bildnis des Klägers, das Kopf und Teile des Oberkörpers des Klägers im Halbprofil zeigt. Die unmittelbar den Kläger betreffenden Passagen lauten:

Artikel 1:

Artikel 2:

4In einem vom Kläger unmittelbar gegen den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Beklagten angestrengten Vorprozess gab der AStA wegen der Veröffentlichung des Bildes eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, bevor die Klage letztlich mangels Parteifähigkeit des AStA abgewiesen wurde.

5Nunmehr geht der Kläger gegen die Beklagte selbst vor. Das vom Kläger angerufene Landgericht hat den Zivilrechtsweg für eröffnet gehalten und die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Gründe

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (AfP 2021, 249) im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

7Ein Anspruch auf Unterlassung einer identifizierenden Wortberichterstattung aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 (analog) i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bestehe nicht. Die Beklagte habe nicht selbst unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen. Denn sie habe die Artikel weder selbst verfasst noch sich zu eigen gemacht. Zwar erscheine es fraglich, ob allein die namentliche Nennung der Autoren der Artikel dem Leser hinreichend vor Augen führe, dass die Beklagte die Artikel nur verbreite. Doch sei im Editorial der Ausgabe der AStA-Zeitung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Zeitung allen universitätsnahen Akteuren die Möglichkeit gebe, Probleme zu debattieren und in die Öffentlichkeit zu tragen. Durch diesen Hinweis sei für den Durchschnittsleser in Verbindung mit der namentlichen Kennzeichnung hinreichend deutlich erkennbar, dass es sich bei der Zeitung um eine Art "Meinungsforum" handelt, dessen Inhalte - ähnlich wie bei Pressespiegeln und Leserbriefen - die Beklagte lediglich verbreite.

8Die Beklagte hafte insoweit auch nicht deshalb auf Unterlassung, weil sie die Artikel in ihrer Zeitung verbreitet habe. Die identifizierende Berichterstattung sei nämlich rechtmäßig gewesen. Zwar habe die Beklagte durch die Verbreitung der Artikel in das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers umfasste Recht eingegriffen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen. Betroffen sei zugleich die Sozialsphäre des Klägers. Der Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig. Zwar könne sich die Beklagte zur Rechtfertigung des Eingriffs außerhalb des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs nicht selbst auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen. Sie könne sich aber auf das den Autoren der veröffentlichten Artikel und den Lesern zustehende Grundrecht der Meinungs- und Kommunikationsfreiheiten berufen. Bei einem bloßen Verbreiten der Artikel sei die Herausgabe der AStA-Zeitung von dem der Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich der Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studenten (§ 77 Abs. 2 Ziff. 5 HessHG a.F.) gedeckt. Wenn es der Beklagten im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben gestattet sei, über ein (periodisch) erscheinendes Druckwerk den Studierenden eine Art Diskussionsforum zu eröffnen, dann müsse es der Beklagten - ähnlich wie einem Bewertungsportal - auch möglich sein, sich unabhängig von der eigenen Grundrechtsfähigkeit zumindest auf die Grundrechte der Verfasser (und Leser) der Artikel zu berufen.

9Auf dieser Grundlage überwiege die Meinungsfreiheit zumindest der Verfasser der Artikel. Beide Artikel knüpften an wahre Tatsachen über die Sozialsphäre des Klägers an. Es bestehe ein hohes öffentliches Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Pick-Up-Artist-Szene. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung sei es an der Universität F. vermehrt zu übergriffigem Verhalten gekommen, weshalb der Senat der Universität sich veranlasst gesehen habe, sich in einer Stellungnahme gegen den auch auf ihrem Gelände praktizierten "organisierten Sexismus durch sog. Pick-Up-Artists" auszusprechen. Der Kläger habe insoweit eine herausgehobene Position. Er praktiziere "Pick-Up" nicht nur, sondern gebe hierzu Seminare und habe sich durch Medienauftritte bewusst in die Öffentlichkeit begeben.

10Bezüglich des Anspruchs auf Unterlassung der Bildberichterstattung (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 [analog] i.V.m. §§ 22, 23 KUG) fehle es bereits an der notwendigen Wiederholungsgefahr. Der AStA der Beklagten habe in dem Vorprozess, in dem er selbst beklagt gewesen sei, hinsichtlich der Bildberichterstattung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, welche die Beklagte binde. Denn beim AStA handele es sich um das Organ der Beklagten, welches diese nach außen vertrete. Nach den Umständen sei davon auszugehen, dass der AStA die Erklärung nicht für sich selbst abgegeben habe, sondern für die juristische Person, die er vertrete. Zudem habe die Beklagte erklärt, sich an die Erklärung des AStA gebunden zu fühlen.

II.

11Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

121. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist durch den Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG; vgl. , NJW 2008, 3572 Rn. 9 ff.).

132. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht der auf § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (Wortberichterstattung) bzw. §§ 22, 23 KUG (Bildberichterstattung) gestützte privatrechtliche Unterlassungsanspruch einschlägig.

14a) Die Berichterstattung, deren Unterlassung der Kläger begehrt, ist in Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben erfolgt. Die angegriffenen Artikel sind Bestandteil der von der Beklagten herausgegebenen AStA-Zeitung, die jedem immatrikulierten Studierenden der Universität F. kostenlos zugestellt wird. Die Herausgabe eines periodisch erscheinenden Druckwerks dient der Erfüllung der der Beklagten durch § 77 Abs. 2 des Landeshochschulgesetzes Hessen in der Fassung vom (im Folgenden HessHG a.F.)/§ 84 Abs. 2 des Landeshochschulgesetzes Hessen in der Fassung vom (im Folgenden: HessHG n.F.) zugewiesenen Aufgaben (vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 639, 640, juris Rn. 32). Anhaltspunkte für einen privatrechtlichen Charakter der Aufgabenwahrnehmung fehlen. Die angegriffene Veröffentlichung ist damit Teil des staatlichen Informationshandelns und unterfällt als solches dem öffentlichen Recht (vgl. Ehlers/Schneider in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Feb. 2022, § 40 Rn. 432 ff.). Unterlassungsansprüche von Studierenden gegen ihre Studierendenschaft wegen Berichterstattung in deren Mitgliederzeitschrift oder wegen sonstiger Verlautbarungen sind daher in der Vergangenheit regelmäßig zu Recht auf dem Verwaltungsrechtsweg und nach öffentlichem Recht beschieden worden (vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 323; VGH Kassel, NVwZ-RR 2005, 114, 115; Beschluss vom - 8 TM 2553/98, juris; NVwZ 1998, 873; OVG Berlin, NVwZ-RR 2004, 348; OVG Bremen, NVwZ 2000, 342; VG Berlin, WissR 2002, 366; VG Frankfurt, Urteil vom - 4 K 461/19.F, juris).

15b) Insbesondere hat die Beklagte nicht selbst in Ausübung grundrechtlicher Freiheit gehandelt. Die beklagte Studierendenschaft ist nach § 76 Abs. 1 Satz 2 HessHG a.F./§ 83 Abs. 1 Satz 2 HessHG n.F. eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts und als solche Glied der Hochschule. Sie ist daher grundsätzlich nicht Trägerin von materiellen Grundrechten, da die öffentliche Gewalt im Allgemeinen nicht zugleich Adressatin und Trägerin von Grundrechten sein kann (vgl. VerfGH Berlin, NVwZ 2001, 426). Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich eine Studierendenschaft als Glied ihrer Hochschule gegenüber dem Staat auf die der Hochschule und ihren Fakultäten zustehende Freiheit von Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) beruft (eine Teilgrundrechtsfähigkeit der Studierendenschaft insoweit befürwortend VerfGH Berlin, NVwZ 2001, 426; zur Verteidigung der akademischen Lernfreiheit auch Huber in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 19 Rn. 262; dagegen Dreier in ders., GG, 3. Aufl., Art. 19 Abs. 3 Rn. 61; Kahl/Hilbert in Bonner Kommentar, GG, Bearb. März 2019, Art. 19 Abs. 3 Rn. 262; Thürmer in BeckOK Hochschulrecht Hessen, Stand , § 83 HessHG Rn. 13; offenlassend BVerfGE 93, 85, 94, juris Rn. 35; VGH Kassel, NVwZ-RR 2005, 114, 115, juris Rn. 13). Denn ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Im Streitfall wendet sich die Beklagte nicht etwa selbst gegen einen staatlichen Eingriff, sondern wird ihrerseits für ihre hoheitliche Aufgabenwahrnehmung vom Kläger und damit von einem ihrer Mitglieder wegen Verletzung von dessen allgemeinem Persönlichkeitsrecht auf Unterlassung in Anspruch genommen (vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 2005, 114, 115, juris Rn. 13 f.). Gegenüber dem Einzelnen kann sich der selbst an Grundrechte gebundene Staat aber nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 494/17, AfP 2019, 434 Rn. 37; BVerfG NJW 2011, 511 Rn. 23).

16c) Die Sachlage ist mithin auch nicht der beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk vergleichbar, bei dem die Grenze der vom Betroffenen hinzunehmenden Berichterstattung trotz öffentlicher Aufgabenwahrnehmung vom Privatrecht gezogen und sanktioniert wird (vgl. hierzu Senatsurteil vom - VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 185 ff., juris Rn. 11 ff.; BVerwG, NJW 1994, 2500). Anders als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Bezug auf ihr Programm sind Studierendenvertretungen in Bezug auf Inhalt und Gestaltung ihrer Mitgliederzeitschriften gerade nicht aufgrund verfassungsrechtlicher Gewährleistung (Art. 5 Abs. 1 GG) aus jeder Staatsverwaltung herausgelöst und dieser geradezu gegenübergestellt. Sie sind vielmehr Teil davon. Die Beziehung von Studierendenvertretungen zum von der Berichterstattung in ihren Mitgliederzeitschriften betroffenen einzelnen Grundrechtsträger ist daher nicht in der (horizontalen) Spannungslage kollidierender Grundrechte, sondern in der (vertikalen) Gegenüberstellung eines Grundrechtsträgers zum Gemeinwesen und damit öffentlich-rechtlich geordnet. Diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung kann auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Studierendenschaft in ihrer Zeitschrift einen Namensartikel eines anderen Grundrechtsträgers verbreitet und sich dann mittelbar auf dessen Kommunikationsgrundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG beruft (aA Mann, AfP 2016, 119 f.). Vielmehr ist auch die Frage, ob und inwieweit eine Studierendenvertretung etwa im Rahmen eines in ihrer Mitgliederzeitschrift eröffneten Meinungsforums die Meinungen einzelner Grundrechtsträger veröffentlichen darf und inwieweit ihr solche Namensartikel zuzuordnen sind, nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zu beantworten.

173. Das Klagebegehren ist jedoch auch auf der Grundlage des stattdessen zu prüfenden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 GVG) öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs im Ergebnis nicht begründet.

18a) Der allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung einer Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolge dessen kann der Bürger, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen. Für rechtmäßiges, staatliches Informationshandeln gilt zunächst das Erfordernis einer gesetzlichen oder verfassungsunmittelbaren Grundlage. Wo die Grenzen der zulässigen Äußerung zu ziehen sind, hängt weiter von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass amtliche Äußerungen sich an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren haben. Aus dem Willkürverbot ist abzuleiten, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, d.h. bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen (Sachlichkeitsgebot; s. zum Ganzen Senatsurteil vom - VI ZR 494/17, AfP 2019, 434 Rn. 21 mwN).

19b) Gemessen daran ist die angegriffene Textberichterstattung nicht zu beanstanden.

20aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Artikel in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers eingreifen.

21Zwar erfüllen die Aussagen nicht die Merkmale eines Grundrechtseingriffs im herkömmlichen Sinne eines Vorgangs, der unmittelbar und gezielt durch ein vom Staat verfügtes, erforderlichenfalls zwangsweise durchzusetzendes Ge- oder Verbot zu einer Verkürzung grundrechtlicher Freiheiten führt. Das Grundgesetz hat den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen aber nicht an den klassischen Begriff des Eingriffs gebunden oder diesen inhaltlich vorgegeben. Es genügt, dass die angegriffenen Aussagen in Bezug auf den Betroffenen mittelbar-faktische Wirkung haben, um einer hinreichenden Rechtfertigung zu bedürfen (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 494/17, AfP 2019, 434 Rn. 35 mwN).

22Entgegen der Auffassung der Revision enthalten die angegriffenen Artikel allerdings nicht die Behauptung, der Kläger heiße die Anwendung von physischer Gewalt gut und verhalte sich letztlich wie ein Vergewaltiger. Die entsprechenden Passagen der Artikel beziehen sich vielmehr auf einen auch namentlich genannten anderen Protagonisten der Szene, während bezüglich des Klägers im zweiten Artikel ausdrücklich vermerkt wird, dass dieser sich von Gewalt distanziere, weil er auch "mit ein bisschen Humor" erfolgreich sein könne. Aber auch die in den Artikeln enthaltenen wertenden Aussagen, die vom Kläger gelehrten Dating-Strategien und -Techniken seien sexistisch (Artikel 1) bzw. frauenfeindlich und in ihrer belästigenden Art "auch Gewalt" (Artikel 2), sind ohne weiteres geeignet, den sozialen Geltungsanspruch und die berufliche Ehre des Klägers als Student der Universität und als Referent für Kommunikationsstrategien zu beeinträchtigen und sich abträglich auf das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken. Bezugspunkt der Kritik ist dabei die berufliche Tätigkeit des Klägers, die der Sozialsphäre zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 494/17, AfP 2019, 434 Rn. 36 mwN).

23bb) Dieser Eingriff ist aber nicht rechtswidrig. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbietet dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat zwar, sich ohne rechtfertigenden Grund herabsetzend über seine Bürger zu äußern (vgl. BVerfG, NJW 2011, 511 Rn. 21). Indes liegt ein solch rechtfertigender Grund hier vor.

24(1) Allerdings kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Artikel nicht auf ihre Aufgabe berufen, die politische Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein der Studierenden zu fördern (§ 77 Abs. 2 Nr. 5 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 5 HessHG n.F.).

25(aa) Entgegen dem weit gefassten Wortlaut folgt aus dieser Aufgabenzuweisung wegen der in Nr. 1 des zweiten Absatzes der Vorschrift ("Vertretung der Gesamtheit der Mitglieder im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse") vorgenommenen Begrenzung nicht die Befugnis zur Erörterung allgemeiner politischer Fragen (Thürmer in BeckOK Hochschulrecht Hessen, Stand , § 84 HessHG Rn. 20). Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift darf die Studierendenschaft als Zwangsverband nur solche Aufgaben wahrnehmen, die ihren Wirkungskreis betreffen (VG Frankfurt, Urteil vom - 4 K 461/19.F, juris Rn. 51). Ein sogenanntes allgemein-politisches Mandat steht der Studierendenschaft nicht zu (st. Rspr., vgl. BVerwGE 59, 231, juris Rn. 8 ff., 21 ff.; VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 639, 640; juris Rn. 33 mwN). Allgemeinpolitische Erörterungen in diesem Sinne sind nicht nur solche, die keinerlei hochschulpolitische, wirtschaftliche oder soziale Belange von Studierenden berühren können. Vielmehr gehören auch Erklärungen dazu, die zwar auch Studierende betreffen können, aber nach Inhalt und Reichweite nicht nur die speziellen studentischen, sondern allgemeine Belange betreffen, und die deswegen nicht zu den § 77 Abs. 2 Nr. 5 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 5 HessHG n.F. unterfallenden Angelegenheiten der Studierendenschaft zählen (vgl. , juris Rn. 7). Denn die Aufgabe, die politische Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein der Studierenden zu fördern, verleiht der Studierendenschaft nicht die Befugnis, eigene politische oder gesellschaftliche Forderungen zu formulieren und zu vertreten (vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 639, 640, juris Rn. 32 f.).

26Darüber hinaus können insoweit für die Studierenden zwar Informationsangebote gemacht, Veranstaltungen allgemeiner Art organisiert und Meinungen Dritter zur Diskussion gestellt werden. Der Studierendenschaft als Teil der öffentlichen Hand ist dabei aber eine dienende Rolle zugewiesen, ihr ist äußerste Zurückhaltung sowie eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen abzuverlangen. Allgemeinpolitische und gesellschaftliche Fragestellungen können damit zwar ebenfalls behandelt werden, müssen jedoch aus einer neutralen Position heraus so dargestellt werden, dass unterschiedliche Standpunkte gleichberechtigten Zugang erhalten und zu Wort kommen; kontroverse Meinungen müssen deshalb die Möglichkeit zu gleichwertiger Darstellung erhalten (vgl. Thürmer in BeckOK Hochschulrecht Hessen, Stand , § 84 HessHG Rn. 20). Unzulässig ist es daher, wenn in einem Mitteilungsblatt der Studierendenschaft Artikel einseitig zugunsten oder zulasten einer bestimmten Richtung veröffentlicht werden. Die Studierendenschaft muss vielmehr, will sie dem Informationsanspruch der Studierenden und damit ihrer gesetzlichen Aufgabe genügen, das kontroverse Meinungsspektrum abbilden und auch der angegriffenen Gruppierung die Möglichkeit zu gleichwertiger Gegenäußerung in der Zeitschrift eröffnen (vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 639, 640; juris Rn. 32; OVG Bremen, NVwZ 2000, 342, 343, juris Rn. 16).

27(bb) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Artikel nicht von § 77 Abs. 2 Nr. 5 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 5 HessHG n.F. gedeckt. Beide Artikel haben das gesellschaftliche Phänomen der sogenannten "Pick-Up-Artists" und der von diesen propagierten Verführungstechniken zum Gegenstand. Auch wenn insoweit ein Hochschulbezug besteht, als das genannte Phänomen auch an der Universität F. zu beobachten gewesen ist, handelt es sich doch um kein spezifisch hochschulpolitisches, sondern um ein allgemeingesellschaftliches Thema. Als eigene Beiträge der Beklagten ließen sich die Artikel daher von vornherein nicht nach § 77 Abs. 2 Nr. 5 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 5 HessHG n.F. rechtfertigen; etwas anderes nimmt im Übrigen auch die Beklagte nicht für sich in Anspruch.

28Auch als zur Diskussion gestellte Fremdbeiträge der Autoren "K[…] K[…]" und "fantifa.f[…]" wären die beanstandeten Artikel nicht von § 77 Abs. 2 Nr. 5 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 5 HessHG n.F erfasst. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die angegriffenen Artikel überhaupt hinreichend als Fremdbeiträge zu erkennen waren (vgl. zu den Grundsätzen der zivilrechtlichen Verbreiterhaftung , AfP 2021, 226 Rn. 12; vom - VI ZR 226/08, NJW 2010, 760 Rn. 11; vom - VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505, juris Rn. 22 ff.; vom - VI ZR 158/78, NJW 1980, 2810, 2811, juris Rn. 63; BVerfG, AfP 2009, 480, juris Rn. 63 ff.; Beater, AfP 2021, 469, 475 f.). Hinsichtlich des Beitrags von "K[…] K[…]" (Artikel 1) kann der unbefangene Leser schon nicht erkennen, ob es sich insoweit um ein Mitglied der Redaktion bzw. des AStA oder um einen Fremdautor handelt (vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 639 f.; juris Rn. 31). Hinsichtlich des Beitrags von "fantifa.f[…]" wird zwar deutlich, dass es sich um den Beitrag eines Fremdautors handelt. Doch schließt dieser Artikel mit dem folgenden Aufruf der Redaktion, der ein Zu-Eigen-Machen des vorangestellten Artikels nahelegen könnte:

29Letztlich bedarf dies hier aber keiner Entscheidung. Denn auch wenn von Fremdbeiträgen auszugehen wäre, fehlte es jedenfalls an der gebotenen Neu-tralität, da die Beklagte es in diesem Fall offensichtlich verabsäumt hätte, auf eine ausgewogene Besetzung des von ihr in diesem Fall eröffneten Meinungsforums hinzuwirken und neben den angegriffenen Beiträgen, die eine den sogenannten "Pick-Up-Artists" gegenüber pointiert kritische Position einnehmen, auch der Gegenposition eine Stimme zu geben. Im Ergebnis lässt sich die angegriffene Veröffentlichung der Beklagten daher, anders als das Berufungsgericht offenbar meint, auch nicht verfassungsunmittelbar durch die Kommunikationsgrundrechte der Verfasser der Beiträge rechtfertigen (aA Srocke, K&R 2016, 163, 164 f.).

30(2) Die beanstandeten Äußerungen halten sich nach den Umständen des Falles aber noch im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 77 Abs. 2 Nr. 3 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 3 HessHG n.F.

31(aa) Nach dieser Vorschrift ist der Studierendenschaft aufgegeben, die wirtschaftlichen und sozialen Belange der Studierenden wahrzunehmen, soweit sie nicht dem Studierendenwerk oder anderen Trägern übertragen sind. In der Übertragung dieser gesetzlichen Aufgabe liegt zugleich die Ermächtigung zur Informationstätigkeit im Rahmen der Wahrnehmung dieser Aufgabe (vgl. BVerfGE 105, 279, 303, juris Rn. 76). Dabei ist der Studierendenschaft auch ein "Brückenschlag" zu allgemeinpolitischen und gesellschaftlichen Fragestellungen erlaubt, solange dabei der Zusammenhang zu studien- und hochschulpolitischen Belangen deutlich erkennbar bleibt. In diesem Fall können nach § 77 Abs. 2 Nr. 3 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 3 HessHG n.F. folglich auch die weiteren gesellschaftlichen Zusammenhänge mit in den Blick genommen werden (vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 323, 325, juris Rn. 21; OVG Berlin, NVwZ-RR 2004, 348, 349, juris Rn. 8; , juris Rn. 20; VG Frankfurt, Urteil vom - 4 K 461/19.F, juris Rn. 59).

32(bb) Auf dieser Grundlage ist der notwendige Zusammenhang zwischen den hochschulspezifischen sozialen Belangen der Studierenden der Universität F. und den allgemeingesellschaftlichen Aussagen der angegriffenen Beiträge zu bejahen. Die Artikel befassen sich kritisch mit der Historie, einzelnen Vertretern - darunter dem Kläger, der im ersten Artikel zudem als Student der Universität F. vorgestellt wird - und den Praktiken der Szene der "Pick-Up-Artists". Im ersten Artikel werden abschließend zwei Vorfälle geschildert, bei denen ein Teilnehmer sogenannter "Pick-Up-Seminare" Studentinnen auf dem Campus der Universität F. "abgefangen" und angesprochen habe. Der zweite Artikel, der selbst keinen unmittelbaren Bezug zur Universität F. aufweist, schließt mit dem oben wiedergegebenen Aufruf der Redaktion, wonach es in letzter Zeit vermehrt zu übergriffigem Verhalten durch "Pick-Up-Artists" an der Universität F. gekommen sei, weshalb nunmehr Berichte und Informationen hierüber zu sammeln seien.

33Dass es sich insoweit nicht um einen konstruierten "Brückenschlag" zwischen den spezifisch hochschulbezogenen sozialen Belangen der Studierenden der Universität F. und dem Phänomen der "Pick-Up-Szene" handelt, ergibt sich zwanglos aus dem Umstand, dass es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Zeitpunkt der Veröffentlichung mehrfach zu übergriffigem Verhalten an der Universität F. gekommen ist, weshalb der Senat der Universität sich veranlasst gesehen hat, sich am in einer Stellungnahme gegen den auch auf ihrem Gelände praktizierten "organisierten Sexismus durch sog. Pick-Up-Artists" auszusprechen.

34(3) Der in der Wortberichterstattung liegende Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist nach den Umständen des Streitfalles auch verhältnismäßig.

35Die angegriffenen Berichte dienen dem ohne Weiteres legitimen Zweck, auf das auch auf dem Campus der Universität F. virulent gewordene Phänomen der "Pick-Up-Artists" aufmerksam zu machen und dieses durch Erläuterung wesentlicher Hintergründe einzuordnen. Nach der Anlage der Artikel war es in diesem Zusammenhang naheliegend, einzelne Protagonisten der Szene und ihre Vorgehensweise näher vorzustellen, um die Darstellung nicht im Theoretischen verharren zu lassen. In diesem Zusammenhang muss es der Kläger hinnehmen, auch selbst - mit seinem Vornamen und teilweise dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens - namentlich genannt zu werden. Durch die Veröffentlichung der Artikel wird sein Verhalten zwar in identifizierender Weise öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert, wobei die erzielte allgemeine soziale Missbilligung durchaus hoch sein dürfte. Dem grundrechtlich geschützten Interesse des Klägers, die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen, an seiner sozialen Geltung und seiner beruflichen Ehre steht aber das erhebliche öffentliche Interesse an einer Information der Studierenden über die Auswirkungen des "Pick-Up-Phänomens" gegenüber. Die zwischen diesen gegenläufigen Interessen vorzunehmende Abwägung führt im Ergebnis zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer identifizierenden Berichterstattung.

36Als Student der Universität F. bestand ein besonderer Bezug der Person des Klägers zu dem Leserkreis der AStA-Zeitung der Beklagten. Auch hat der - durch sein ehrenamtliches Engagement in verschiedenen Vereinen überdies lokal in gewisser Weise bekannte - Kläger seine Tätigkeit als "Pick-Up-Artist" bzw. als "Motivations- und Datingcoach" zuvor selbst einem breiten Publikum bekannt gegeben und demonstriert. Insbesondere hat der Kläger im April 2014 an einem mehrminütigen Beitrag der ARD-Sendung "DasDing.tv" mit der Überschrift "Aufreißen und klarmachen? Pick-Up Artist B[…] geht auf Frauenjagd" mitgewirkt, in dem er die Pick-Up-Szene erläutert und ein Interview gegeben hat. Der Beitrag war bis Januar 2017 in der ARD Mediathek und darüber hinaus bei Youtube abrufbar. Durch diese Selbstöffnung hat sich der Kläger zum Gegenstand des Informationsinteresses auch der Hochschulöffentlichkeit gemacht. Darüber hinaus muss der Kläger für den Bereich seiner Sozialsphäre, in dem seine nebenberufliche Tätigkeit für die Agentur "Casanova Coaching", sein zugehöriger Auftritt auf der Homepage der Agentur und seine Mitwirkung in dem erwähnten Fernsehbeitrag zu verorten sind, eine - auch kritische - öffentliche Auseinandersetzung mit seinem Wirken weitergehend hinnehmen, als dies bei Beiträgen über sein rein privates Flirtverhalten der Fall wäre (vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 128). Das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erörterung des Phänomens der "Pick-Up-Szene" wird dabei noch durch den Umstand verstärkt, dass sich sowohl der Senat der Universität in der erwähnten Stellungnahme als nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts auch die Stadt F. mit dem Thema befasst haben. So haben der Oberbürgermeister sowie die Frauendezernentin der Stadt F. in einem Brief an Hoteliers u.a. darum gebeten, Seminaranfragen der "Vaterfirma" der "Pick-Up-Artists" abzulehnen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Identifizierungsgrad der Artikel zwar hoch, aufgrund unvollständiger Namensnennung (Vorname und erster Buchstabe des Nachnamens) dennoch eingeschränkt ist (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 504/18, NJW 2020, 2032 Rn. 19) und der Vorname des Klägers zuvor schon in dem Titel des erwähnten Fernsehbeitrags, an dem er mitgewirkt hat, genannt und damit einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurde (zum Bildnis des Klägers s. unten sub. c).

37Die angegriffenen Artikel nehmen ihren Ausgangspunkt in einem nicht zuletzt vom Kläger selbst geschaffenen Tatsachenkern. Sie knüpfen an u.a. vom Kläger in seinem öffentlichen Fernsehauftritt selbst verwendete Formulierungen und dort einem breiten Fernsehpublikum vorgeführte "Pick-Up-Techniken" an. Dabei wahren die Artikel zumindest in Bezug auf den Kläger auch in ihren wertenden Teilen noch das Sachlichkeits- und Mäßigungsgebot. Auch wenn die Berichterstattung eine für den Kläger nicht unerhebliche Belastung darstellen mag, ist zu berücksichtigen, dass die Berichterstattung und die in ihr liegende Belastung zu einem wesentlichen Teil auf der früheren öffentlichen Eigendarstellung des Klägers beruhen. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass mit den Artikeln in Bezug auf den Kläger keine Stigmatisierung, Ausgrenzung oder Prangerwirkung einhergegangen ist, ist daher letztlich nicht zu beanstanden. Die angegriffenen Veröffentlichungen sind insoweit auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

38c) Hinsichtlich der Bildberichterstattung hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr verneint.

39Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht, ist im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (, NJW 2012, 3781 Rn. 11 mwN). Solche liegen hier nicht vor. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der AStA - ein Organ der Beklagten - in dem gegen ihn selbst geführten Vorprozess hinsichtlich der Verbreitung des Bildnisses des Klägers die von diesem begehrte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht hierin und in der im nunmehrigen Verfahren abgegebenen Erklärung der Beklagten, sich an diese Erklärung ihres Organs aus dem Vorprozess auch selbst gebunden zu fühlen, einen Umstand, der es rechtfertigt, den Wegfall der Wiederholungsgefahr anzunehmen.

40d) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wäre auch nicht insoweit begründet, als sich der Kläger zur Begründung zusätzlich auch auf eine Verletzung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit stützen wollte. Zwar steht den Mitgliedern eines öffentlich-rechtlichen Zwangsverbands wie hier der beklagten Studierendenschaft aus Art. 2 Abs. 1 GG ein Abwehrrecht auf Unterlassung von Äußerungen dieses Verbands außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs zu (st. Rspr., vgl. BVerwGE 59, 231). Doch hat sich die Beklagte wie oben ausgeführt mit der beanstandeten Wortberichterstattung insgesamt im Rahmen der ihr durch § 77 Abs. 2 Nr. 3 HessHG a.F./§ 84 Abs. 2 Nr. 3 HessHG n.F. übertragenen Aufgabe der Wahrnehmung der sozialen Belange ihrer Mitglieder bewegt, so dass die Anspruchsvoraussetzungen insoweit nicht vorliegen, und sich hinsichtlich der beanstandeten Bildberichterstattung wirksam an die strafbewehrte Unterlassungserklärung ihres AStA gebunden, so dass die Wiederholungsgefahr insoweit entfallen ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:081122UVIZR65.21.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 775 Nr. 11
NJW 2023 S. 780 Nr. 11
DAAAJ-29357