Leitsatz
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ein unbebautes Grundstück erwirbt und anschließend drei von insgesamt vier Eigentumswohnungen, die von ihr auf dem Grundstück errichtet werden sollen, mit Gewinnerzielungsabsicht verkauft, betreibt einen gewerblichen Grundstückshandel und keine private Vermögensverwaltung. Dies gilt unabhängig davon, ob ihre Gesellschafter einen der Baubranche zuzurechnenden Beruf ausüben.
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2
Instanzenzug: (EFG 1999, 429) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben. Der Kläger ist Maurer, die Klägerin als Werkarbeiterin nichtselbständig tätig.
Die Kläger kauften im Juni 1991 ein unbebautes Grundstück zum Kaufpreis von 248 000 DM, den ihre beiden Söhne C und M ihnen als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt hatten. Durch Teilungserklärung vom ... Oktober 1991 bildeten die Kläger aus dem Mehrfamilienhaus, das errichtet werden sollte, vier Eigentumswohnungen. Am selben Tag veräußerten sie die Wohnung Nr. 3 im 1. Obergeschoss an ihren Sohn C zum Preis von 300 000 DM (später herabgesetzt auf 265 000 DM) und die Wohnung Nr. 4 im Dachgeschoss an ihren Sohn M zum Preis von 72 676,80 DM. Der Preis für die Dachgeschosswohnung entsprach den anteiligen Anschaffungskosten für das unbebaute Grundstück, da M die Wohnung auf eigene Kosten herstellen sollte.
Nach Baubeginn veräußerten die Kläger im November 1991 die Wohnung Nr. 1 zum Kaufpreis von 435 000 DM (später herabgesetzt auf 337 800 DM) an ihren Sohn M und die Wohnung Nr. 2 zum Preis von 275 000 DM (später herabgesetzt auf 253 000 DM) an einen Freund der Familie. Die Wohnungen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Jahren 1992 und 1993 fertiggestellt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Veräußerungen als gewerblichen Grundstückshandel. Er sah die Ehegatten als Mitunternehmer an und stellte einen Veräußerungsgewinn von 72 170 DM für das Streitjahr 1992 und von 57 000 DM für das Streitjahr 1993 einheitlich und gesondert fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide auf. Es ging davon aus, dass nach der Rechtsprechung im Regelfall eine nicht steuerbare Vermögensverwaltung gegeben sei, wenn nicht mehr als drei Objekte angeschafft und veräußert würden. Im Streitfall hätten die Kläger diese Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, da es ihnen bei der auf ihren Sohn M übertragenen Wohnung Nr. 4 an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt habe. Grundstücke, die ohne Gewinnerzielungsabsicht veräußert würden, seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht in die Betrachtung einzubeziehen, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten sei (vgl. , BFHE 158, 214, BStBl II 1990, 1053; vom IV R 74/95, BFHE 181, 19, BStBl II 1996, 599). Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 429 veröffentlicht.
Das FA rügt mit der Revision eine Verletzung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des FA ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Entgegen der Auffassung des FG hat die in den Streitjahren zwischen den Klägern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einen gewerblichen Grundstückshandel (§ 15 EStG) betrieben und sich nicht auf eine private Vermögensverwaltung beschränkt.
1. Eine Personengesellschaft erzielt nur dann gewerbliche Einkünfte, wenn ihre Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) betreiben; dies ist der Fall, wenn ihre Tätigkeit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt und sich nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 762, unter C. III. 3. b aa; vom GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, 618, unter C. I.).
a) Die Tätigkeit der GbR hat die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt. Danach ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als andere selbständige Arbeit anzusehen ist.
aa) Die GbR ist nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden. Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen wird, sie zu wiederholen; bei einer Mehrzahl von Handlungen ist die Nachhaltigkeit zu bejahen (vgl. , BFHE 180, 42, BStBl II 1996, 367, unter 1. c; vom IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, unter I. 3.). Im Streitfall ist die GbR wiederholt tätig geworden, weil sie jedenfalls drei Wohnungen in drei verschiedenen Kaufverträgen mit Gewinnerzielungsabsicht veräußert hat.
bb) Die GbR hat auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Für die dazu notwendige Beteiligung am allgemeinen Güter- und Leistungsaustausch ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit allgemein für das Publikum erkennbar ist; es genügt bereits die Erkennbarkeit für die beteiligten Kreise, ohne dass die Leistungen einer Mehrzahl von Interessenten angeboten werden müssen (vgl. , BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631, m.w.N.). Danach erfüllt auch ein entgeltlicher und von Gewinnerzielungsabsicht getragener Leistungsaustausch zwischen Eltern und Kindern die Voraussetzung einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Im Streitfall kommt hinzu, dass der Erwerber einer der Wohnungen kein Angehöriger war.
b) Die Tätigkeit der GbR hat auch die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten.
aa) Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nichtsteuerbaren Sphäre sowie den anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 3 bis 7 EStG) andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen (BFH-Beschlüsse in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, 618, unter C. I.; vom GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. II.). Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH-Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617).
Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung hat der BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Je geringer der Umfang von Anschaffungen und Veräußerungen sei, desto weniger sei anzunehmen, dass der Zweck der Vermögensmehrung durch Umschichtung (Ausnutzung substantieller Vermögenswerte) im Vordergrund stehe. Eine zahlenmäßige Begrenzung auf drei Wohneinheiten trage der gebotenen Vereinfachung Rechnung. Werden hingegen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - in der Regel fünf Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, könne von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zuließen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankomme (, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135, und vom XI R 17/90, BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007).
Soweit der X. Senat des BFH die Auffassung vertreten hat, dass die Drei-Objekt-Grenze nur für den reinen Handel und nicht auf Fälle der Veräußerung nach Bebauung anzuwenden sei (Vorlagebeschluss vom X R 183/96, BFHE 184, 355, BStBl II 1998, 332), ist ihm der Große Senat des BFH (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) nicht gefolgt. Er hat vielmehr entschieden, dass die Errichtung von Wohnobjekten auf dem eigenen Grundstück und deren Veräußerung nicht unabhängig von der als Indiz wirkenden Drei-Objekt-Grenze bereits wegen der Ähnlichkeit mit dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers" eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Es diene der gebotenen Rechtsvereinfachung und entspreche der gesetzgeberischen Grundentscheidung, private Veräußerungsgewinne unbesteuert zu lassen, wenn die Drei-Objekt-Grenze in der Regel auch in Fällen der Bebauung und des anschließenden Verkaufs angewendet werde. Bei der Bebauung eines eigenen Grundstücks zeige sich der Unterschied zwischen einem Bauträger und einem Bauherren, der die spätere Vermietung beabsichtige, nicht in der Bebauung, sondern erst im Verkauf; dann könne aber - ebenso wie beim An- und Verkauf von Grundstücken - im Regelfall nur eine gewisse Anzahl von Verkäufen als Beweisanzeichen dafür geeignet sein, dass die Tätigkeit die Grenze zur Gewerblichkeit überschritten habe (BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 4.).
Der Große Senat hat in seinem Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 jedoch betont, dass der Drei-Objekt-Grenze nur eine indizielle Bedeutung zukomme und auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen könnten. So könne beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung (ggf. auch durch Schenkung) erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden sei oder wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung und nach Wünschen des Erwerbers bebaut werde (unter C. III. 5.).
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann die Entscheidung des FG, die Kläger seien nicht gewerblich, sondern nur vermögensverwaltend tätig gewesen, keinen Bestand haben.
Zwar hat die GbR die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, weil sie nur drei der insgesamt vier Eigentumswohnungen mit Gewinnerzielungsabsicht veräußert hat. Hinsichtlich des Verkaufs der Wohnung Nr. 4 an den Sohn M der Kläger zum Preis von 72 676,80 DM kann eine Gewinnerzielungsabsicht nicht festgestellt werden, weil dieser Betrag dem Preis entspricht, den die Kläger selbst anteilig für das unbebaute Grundstück bezahlt haben. Bei der Prüfung, ob die sog. Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, sind Objekte, die ohne Gewinnerzielungsabsicht zum Selbstkostenpreis oder einem darunter liegenden Betrag verkauft werden, nicht einzubeziehen (vgl. , BFHE 181, 19, BStBl II 1996, 599, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom III B 9/98, BFHE 186, 236, BStBl II 1998, 721; vom X B 83/99, BFH/NV 2000, 946).
Aber es liegt der vom Großen Senat anerkannte Ausnahmefall vor, dass auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten der Schluss auf eine gewerbliche Tätigkeit zulässig ist, wenn das Grundstück bereits vor seiner Bebauung verkauft wird (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.). Die Errichtung des Gebäudes auf dem verkauften Grund und Boden indiziert ebenso wie die Errichtung von Gebäuden auf fremden Grundstücken die Gewerblichkeit (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.). Die Möglichkeit, dass das Gebäude für Zwecke der eigenen Vermögensverwaltung hergestellt wird, scheidet demnach aus. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Kläger außerdem hauptberuflich einer Tätigkeit nachgehen, die der Baubranche zuzurechnen ist (vgl. auch Söffing, Der Betrieb 2002, 964, 968, unter III. 7. e.).
Im Streitfall waren die Eigentumswohnungen Nrn. 1, 2 und 3 bei Abschluss der notariellen Kaufverträge im Oktober bzw. November 1991 noch nicht errichtet, sondern die GbR hat sich gegenüber den Erwerbern zur Errichtung der Wohnungen innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet. Es stand daher bereits während der Errichtungsphase eindeutig fest, dass die GbR die Wohnungen nicht für Zwecke der Vermögensverwaltung, sondern mit unbedingter Veräußerungsabsicht herstellen werde.
2. Da die Vorentscheidung von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif im Sinne einer Klageabweisung, da die Kläger nur die Gewinnfeststellung an sich, nicht aber die Höhe der vom FA ermittelten Einkünfte beanstandet haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 811
BB 2002 S. 2058 Nr. 40
BFH/NV 2002 S. 1535 Nr. 11
BFHE S. 551 Nr. 199
BStBl II 2002 S. 811 Nr. 20
DB 2002 S. 2198 Nr. 42
DStR 2002 S. 1707 Nr. 40
DStRE 2002 S. 1238 Nr. 20
FR 2002 S. 1225 Nr. 22
INF 2002 S. 699 Nr. 22
KÖSDI 2002 S. 13450 Nr. 10
IAAAA-89364