OFD Stuttgart - S 2303 A – 77 – St 32

Kurzinformationen zum Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG

1. Kulturorchester-Erlass: Freistellung vom Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG bei us-amerikanischen Künstlern

Nach dem sog. Kulturorchester-Erlass ( BStBl 1983 I S. 382 und vom , BStBl 1995 I S. 336) können ausländische Kulturvereinigungen von der inländischen Einkommensteuer freigestellt werden (§ 50 Abs. 7 EStG). Voraussetzung ist, dass nicht vorrangig eine Freistellung nach den Vorschriften eines DBAs zur Anwendung kommt und der Auftritt im Inland wesentlich aus inländischen oder ausländischen öffentlichen Mitteln gefördert wird.

Bei in den USA ansässigen Künstlern sind folgende Besonderheiten zu beachten:

  1. Liegt eine Unterstützung aus öffentlichen Kassen oder einer Gebietskörperschaft der USA vor, ist vorrangig eine Prüfung der Freistellung nach Art. 17 Abs. 3 DBA USA durch das Bundesamt für Finanzen durchzuführen.

  2. Betragen die Einnahmen eines Künstlers einschließlich der ihm erstatteten oder für ihn übernommenen Kosten bis zu 20.000 $ (bzw. Gegenwert in €) hat Deutschland unter Umständen hieran kein Besteuerungsrecht nach Art. 17 Abs. 1 DBA USA.

    Eine Freistellung durch das Bundesamt für Finanzen ist in diesen Fällen allerdings nicht möglich, da die 20.000 $ – Grenze auf die gesamten Einnahmen des Künstlers im Kalenderjahr abstellt (vgl. hierzu auch Protokoll Nr. 15 zu Art. 17 Abs. 1 DBA USA) und eine Freistellung nach dem DBA deshalb erst nach Ablauf des Kalenderjahrs geprüft werden kann. Eine auftrittsbezogene Freistellung nach dem DBA USA scheidet in diesen Fällen aus.

    Liegt keine öffentliche Förderung aus den USA vor (siehe Nr.1), ist deshalb unabhängig von der Höhe der Einnahmen eine Freistellung von der Abzugssteuer nach § 50 a Abs. 4 EStG bei in den USA ansässigen Künstlern durch das zuständige Finanzamt unter den konkreten Voraussetzungen des Kulturorchester-Erlasses möglich.

  3. Wurde durch das zuständige Finanzamt eine Freistellung nach dem Kulturorchester-Erlass einem in den USA ansässigen Künstler gewährt, wird gebeten, die Höhe der freigestellten Einnahmen dem Bundesamt für Finanzen formlos mitzuteilen, damit dort eine korrekte Prüfung der 20.000 $-Grenze für den Fall erfolgen kann, dass ein Künstler einen Antrag auf Erstattung der Abzugssteuern nach § 50 a Abs. 4 EStG für weitere, nicht nach dem Kulturorchester-Erlass freigestellte Einnahmen stellt.

Bei allen Freistellungen aufgrund des Kulturorchester-Erlasses ist abhängig von der Höhe der Vergütung im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Spontanauskunft in den Ansässigkeitsstaat des Künstlers geboten ist, da die meisten anderen Staaten, mit denen Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, die aus Deutschland stammenden Einkünfte (soweit bekannt) besteuern und lediglich eine in Deutschland erhobene Steuer anrechnen.

2. Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG: Übernahme von Nebenkosten durch den Vergütungsschuldner

Die dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG unterliegenden Einnahmen umfassen auch die vom Vergütungsschuldner übernommenen Kosten (vgl. Spalte 4 der Anmeldung über den Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige).

Das (DStR 2002 S. 1312) entschieden, dass übernommene Nebenkosten nur dann dem Steuerabzug unterliegen, wenn sie keine eigenen Aufwendungen des Vergütungsschuldners sind. Transport- und Unterbringungskosten der Künstler seien eigene Aufwendungen des Veranstalters und unterlägen nicht dem Steuerabzug soweit ein überwiegend betriebliches Interesse des Veranstalters vorliegt. Gegen das (a.a.O.) wurde Revision eingelegt. Außerdem steht es im Widerspruch zu dem (EFG 2002 S. 835) und dem (Az. I B 69/02, hiergegen wurde zwischenzeitlich Verfassungsbeschwerde beim BVerfG unter dem Az. 2 BvR 167/03 eingelegt) sowie dem rechtskräftigen (EFG 1998 S. 1411).

Es ist auch weiterhin davon auszugehen, dass die Übernahme von Reisekosten regelmäßig nicht im überwiegenden betrieblichen Interesse des Veranstalters liegt, so dass insoweit Einnahmen des Künstlers/Sportlers anzunehmen sind, die dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG unterliegen.

Der gegenteiligen Auffassung, die u.a. vom Verband der Deutschen Konzertdirektionen mit Sitz in München in einem Rundschreiben vom an die Konzertdirektionen und sonstige Veranstalter (Gemeinden, Städte) weitergeben wurde [1], kann nicht gefolgt werden. Es wird gebeten, verstärkt darauf zu achten, dass die übernommenen Reisekosten ebenfalls dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG unterworfen werden.

3. Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG bei Fotomodellagenturen

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einer Fotomodellagentur [2] wurde festgestellt, dass die Vorschriften des § 50 a EStG, insbesondere bei der weiteren bzw. erstmaligen Nutzung von bereits bestehenden Aufnahmen (Fotos) nicht beachtet worden sind. Den Kunden wurde seitens der Fotomodellagentur die weitere oder auch erstmalige Nutzung an einem schon bestehenden Bild – eines beschränkt steuerpflichtigen Fotomodells – gestattet (§ 50 a Abs. 4 Nr. 3 EStG). Eine Abrechnungs-GmbH, deren Aufgabe nur in dem Einziehen der Forderungen besteht, berechnete im Namen des Fotomodells und im Namen der Agentur ein Honorar. Ein notwendiger Steuerabzug hinsichtlich des Honorars nach § 50 a EStG wurde nicht vorgenommen.

Es wird gebeten, den Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG in vergleichbaren Fällen sicherzustellen.

4. Folgerungen aus dem (”Gerritse”)

Ein niederländischer Musiker erhielt für einen inländischen Auftritt ein Bruttohonorar von ca. 6.000 DM. Für diesen Auftritt sind Betriebsausgaben von ca. 1.000 DM angefallen. Die Bruttoeinnahmen wurden dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG mit 25 % unterworfen. Betriebsausgaben wurden nicht berücksichtigt. Der Steuerpflichtige beantragte eine Einkommensteuerveranlagung, um als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtig behandelt zu werden (§ 1 Abs. 3 EStG), die jedoch wegen der Höhe der weiteren in Belgien und in den Niederlanden bezogenen Einkünfte ausgeschlossen war.

Der Steuerpflichtige wendete sich gegen die abschlägige Entscheidung der Finanzverwaltung und machte geltend, dass

ein unbeschränkt steuerpflichtiger Gebietsansässiger in vergleichbarer Situation wegen des Grundfreibetrags keine Steuer entrichten müsse.

Der Tenor des (”Gerritse”) lautet wie folgt:

1. Die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) stehen einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, nach der in der Regel bei Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der Betriebsausgaben, besteuert werden, während bei Gebietsansässigen die Nettoeinkünfte, nach Abzug der Betriebsausgaben besteuert werden.

2. Dagegen stehen diese Artikel des EG-Vertrags einer solchen nationalen Regelung nicht entgegen, soweit nach ihr in der Regel die Einkünfte Gebietsfremder einer definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug unterliegen, während die Einkünfte Gebietsansässiger nach einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag besteuert werden, sofern der Steuersatz von 25 % nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den Betroffenen tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde.

Der EuGH geht also davon aus, dass eine Besteuerung der Bruttoeinnahmen des Künstlers gegen europäisches Recht verstößt. Dagegen ist es legitim, den Grundfreibetrag nur Personen zu gewähren, die ihr zu versteuerndes Einkommen im Wesentlichen im Inland erzielen. Zur Höhe des Steuersatzes von 25 % gilt, dass dieser jedenfalls solange nicht europarechtswidrig ist, als bei Anwendung der Grundtabelle (ohne Grundfreibetrag) auf die Nettoeinkünfte (also Betriebseinnahmen nach Abzug von Betriebsausgaben) keine geringere Steuer entstehen würde.

Das ist im IStR 2003 S. 458 veröffentlicht. Das BMF beabsichtigt, zur Anwendung der EuGH-Entscheidung Stellung zu nehmen. Bis zum Ergehen einer bundeseinheitlichen Weisung wird gebeten, darauf zu achten, dass der Abzugsverpflichtung nach § 50 a Abs. 4 EStG im bisherigen Umfang nachgekommen wird. Insbesondere ist eine Minderung der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug wegen Betriebsausgaben nicht zulässig.

5. Prüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung des Kontrollmeldeverfahrens

Im Rahmen des Kontrollmeldeverfahrens nach § 50 d Abs. 5 EStG unterlassen Vergütungsschuldner den Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG bei Vergütungsgläubigern, die in einem ausländischen Staat ansässig sind, mit dem ein entsprechendes DBA besteht oder nehmen den Steuerabzug nur nach dem gemäß dem DBA höchstens zulässigen Satz vor (§ 50 d Abs. 5 EStG). Die Ermächtigung für die Teilnahme am Kontrollemeldeverfahren wird vom Bundesamt für Finanzen ausgesprochen. Es obliegt jedoch dem für den Vergütungsschuldner zuständigen Finanzamt, die ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens im Rahmen des § 73 d Abs. 2 EStDV zu prüfen. Zu diesem Zweck erhält das Finanzamt von dem Vergütungsschuldner eine Ausfertigung der Jahreskontrollmeldung. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat gebeten, im Rahmen von Außenprüfungen auf die ordnungsgemäße Durchführung des Kontrollmeldeverfahrens zu achten. Auf das (BStBl 2002 I S. 1386 ff) wird hingewiesen.

OFD Stuttgart v. - S 2303 A – 77 – St 32

Fundstelle(n):
AAAAA-81121

1übernommen von der OFD Münster

2übernommen von der OFD Hamburg