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Grundlagen vom

Krisenberatung mit dem Business-Sanierungs-Modell

Nathalia Bukel, Hans-Georg Bukel und Reginald Bukel

A. Vorgehensweise und normative Perspektive

I. Einleitung

1Plötzlich eintretende starke Schmerzen in der Brust, Taubheitsgefühl, Atemnot – jeder von uns kennt die Anzeichen für den Notfall Herzinfarkt. In dieser Situation wird sofort Hilfe benötigt. Betrachtet man die akute Krise eines Unternehmens wie einen Herzinfarkt, sollte auch hier sofort Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine Behandlung mit homöopathischen Betriebsmitteln endet nämlich meistens in der Insolvenz. Der Beitrag „Krisenberatung mit dem Business-Sanierungs-Modell“ (BSM) stellt ein Modell vor, mit dessen Hilfe Sie Ihre Mandanten hinsichtlich Schwachstellen und Gefahren in der Führung ihres KMU sensibilisieren können. Zum einen gibt das BSM dem Unternehmer, seinen Führungskräften, Fachberatern und anderen Interessengruppen einen Einblick, mit welchen Informationen Abweichungen vom strategischen Kurs frühzeitig erkannt werden können. Zum anderen enthält es geeignete Maßnahmen, um die Krise erfolgreich zu überwinden. Der folgende Teil 1 beschäftigt sich mit der Vorgehensweise des BSM sowie mit der ersten von sechs Perspektiven – der normativen Perspektive.

II. Krisenarten und -verlauf

1. Anfang, Wendepunkt und Ende

2Der Krisenverlauf zeichnet sich durch die drei Kernbestandteile Anfang, Wendepunkt und Ende aus. Die Ermittlung dieser Knotenpunkte erfolgt i. d. R. nicht durch objektive Maßgrößen, sondern hängt vielmehr vom subjektiven Wahrnehmungsvermögen der Entscheidungsträger ab. Die Prozessdauer (Zeitraum zwischen Anfang und Ende des Krisenprozesses) kann zur Charakterisierung unterschiedlicher Krisenverläufe herangezogen werden. Als Extremformen sind schlagartig auftretende Krisenprozesse mit rasanter Beschleunigung und extrem kurzer Dauer denkbar, ebenso wie Verläufe mit allmählicher Beschleunigung und langer Dauer. Um den Einsatz von Frühwarnsystemen möglich zu machen, sollte der Krisenverlauf im Idealfall eine möglichst lange Zeitspanne zwischen Anfang und Wendepunkt beinhalten, d. h. mit allmählicher Beschleunigung und langer Prozessdauer.

2. Welche Krisenarten gibt es?

3Unternehmenskrisen können in verschiedene Krisenarten spezifiziert werden. Diese unterscheiden sich durch Merkmale, Verlauf und Wirkungen. Das Spektrum reicht dabei von einfachen Zwei-Phasen- bis hin zu komplexen Sechs-Phasen-Modellen. Üblicherweise lassen sich Krisensituationen in die Phasen Strategie-, Ertrags-, und Liquiditätskrise sowie Insolvenz und Liquidation unterteilen (vgl. Übersicht 1).

2.1 Strategiekrise

4Strategiekrisen fallen nicht überraschend vom Himmel, sondern bauen sich systematisch auf. Reagieren Unternehmen auf Veränderungen, müssen sie meistens nichts befürchten. Es ist daher wichtig, die Unternehmensaktivitäten ständig an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Nur so können längerfristige Ziele erreicht werden. Reagieren Unternehmen jedoch nicht, folgt eine Gefährdung oder Vernichtung langfristig wirkender Erfolgspotenziale, wie z. B. marktgängige Produkte, richtige Standortwahl, engagierte Mitarbeiter.

Wie schnell sich diese erste Phase der Krise auf ein Unternehmen auswirkt, hängt jedoch von dem jeweiligen Einzelfall ab. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Unternehmensgröße: kleinere Betriebe sind schneller gefährdet als ein Großunternehmen.

2.2 Ertragskrise

5Ertragskrisen sind durch eine gravierende Unterschreitung der Unternehmensziele gekennzeichnet. Ausgelöst werden sie in den meisten Fällen durch eine Strategiekrise. Umsatz und Ertragsziele können unter Umständen nicht mehr erreicht werden, und Einbrüche bei Umsatz, Marge und/oder Gewinn können zu einer Bedrohung des Fortbestands führen.

Oftmals fehlt eine klare Differenzierung und Positionierung zur „ertragsorientierten Kundengewinnung“, was zu finanzwirtschaftlichen Problemen führt. Diese Probleme sind auch für Externe, die einen Zugriff auf die Bilanzdaten haben, zu erkennen. In dieser Phase werden bereits die Banken auf die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens aufmerksam, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung. Entsprechende Erklärungen werden eingefordert.

Praxishinweis

Ihre Mandanten sollten ihrer Bank zuvorkommen und sie so früh wie möglich proaktiv über Probleme informieren. Eine gute Kommunikation mit der Bank wirkt sich letztlich fast immer positiv aus. Zu diesem Zweck können Sie Ihren Mandanten das Mandanten-Merkblatt Bankenkommunikation schicken. Es ist in der NWB Datenbank (www.nwb.de) unter NWB CAAAE-61100 sowohl im Word- als auch im PDF-Format abrufbar.

In diesem Stadium bleibt aber i. d. R. noch ausreichend Zeit, das Unternehmen mittels Restrukturierungs- oder Sanierungsmaßnahmen an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Modifizierungen der Produkte und Dienstleistungen reichen alleine meist jedoch nicht aus, sondern es müssen tiefgreifende Reorganisationsprozesse eingeleitet werden. Werden solche Maßnahmen hingegen weiter verschleppt, engt sich der Handlungsspielraum weiter ein und reduziert die Chancen, die Krise erfolgreich zu meistern.

2.3 Liquiditätskrise

6Missmanagement im Liquiditätsbereich allein führt i. d. R. nicht zum Konkurs. Ein ertragsstarkes und strategisch geschickt ausgerichtetes Unternehmen kann sich auch in diesem Fall ausreichend refinanzieren. Ist die Liquidität allerdings infolge einer falschen Strategie und andauernder Verluste derart geschrumpft, dass Zahlungsverpflichtungen auch nicht mittels Überbrückungskredite nachgekommen werden kann, spricht man von einer Liquiditätskrise.

In dieser Phase steigt der Grad der Verschuldung exzessiv an. Das Eigenkapital ist fast aufgebraucht, bilanzielle Spielräume werden ausgeschöpft, stille Reserven aufgelöst und Vorräte zu hoch bewertet. Die letzten Möglichkeiten, wie Personalfreisetzung, Gehaltskürzungen oder Kurzarbeit, werden alle genutzt. Die verbleibende Zeit zur Einleitung eines Turnarounds, d. h. zur Abwendung der Insolvenz, ist äußerst knapp. Die ernste Lage erkennen bald auch die Lieferanten und Abnehmer. Sie werden künftig versuchen, sich abzusichern und Waren beispielsweise nur noch per Vorauskasse liefern. In dieser Phase schreiten häufig die Finanzgeber ein und knüpfen Bedingungen an die weitere Begleitung. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen wird in den meisten Fällen ein Sanierungsgutachten mit Fortführungsprognose gefordert.

Download-Tipp

Die folgende Checkliste und alle weiteren in diesem Beitrag enthaltenen Checklisten können Sie in der Online-Version des Beitrags in der NWB Datenbank direkt als bearbeitbares Word-Dokument abrufen.

Checkliste (Download als Word-Dokument)

Checkliste: Kurzcheck für Liquiditätskrisen

  • Ständig steigender Margenverfall

  • Kalkulationsabweichungen nehmen zu

  • Lagerbestände haben sich mehr als 15 % erhöht

  • Leistungsträger verlassen das Unternehmen

  • Rentabilität sinkt

  • Terminüberschreitungen nehmen zu

  • Fixkosten steigen

  • Cashflow sinkt oder ist negativ

  • Kein oder bereits negatives Eigenkapital

  • Verschuldungsgrad steigt

  • Probleme mit den Bankpartnern nehmen zu

  • Ständige Überschreitung der Kreditlinien

  • Drohende Kündigung von Krediten

  • Zahlungsziele werden nicht eingehalten

  • Kontopfändungen wegen rückständiger Steuerzahlungen und/oder Sozialversicherungsbeiträge

  • Veräußerung von Betriebsvermögen

  • Streichung und/oder Verschiebung von notwendigen Investitionen

7-14 Einstweilen frei

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