BAG Urteil v. - 8 AZR 804/11

Arbeitsvertrag - Weisungsrecht - Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Steuererklärung durch einen vom Arbeitgeber beauftragten Steuerberater erstellen zu lassen

Leitsatz

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, der zufolge der Arbeitnehmer seine Steuererklärung durch eine vom Arbeitgeber beauftragte Steuerberatungsgesellschaft erstellen lassen muss, benachteiligt den Arbeitnehmer als Allgemeine Geschäftsbedingung unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Gesetze: § 611 Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 106 GewO, § 315 BGB, Art 6 Abs 1 GG, § 32 Abs 1 S 1 BDSG 1990, Art 2 Abs 1 GG, § 310 Abs 3 Nr 3 BGB, § 665 BGB, § 675 Abs 1 BGB, § 3 Abs 9 BDSG 1990, § 4a Abs 3 BDSG 1990, § 25 Abs 3 S 1 EStG, Art 1 Abs 1 GG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 6 Ca 1974/10 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 17 Sa 355/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers, seine Steuererklärung von einer durch die Beklagte damit beauftragten Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen.

Der verheiratete Kläger ist ein bei der Beklagten langjährig beschäftigter Techniker. Zuletzt wurde er nach Florida in den USA entsandt. Dazu schlossen die Parteien unter dem einen Auslandsarbeitsvertrag, in dem es ua. heißt:

Das dazugehörige Vergütungsschreiben vom lautet auszugsweise:

Die Beklagte verlangte vom Kläger weiter die Unterzeichnung eines auf den datierten Dokuments „Steuererklärung/Besonderheiten USA“, in dem es ua. heißt:

5Der bereits seit Jahren in den USA gemeinsam mit seiner Frau steuerlich veranlagte Kläger, der die Leistungen eines anderen Steuerberaters in Anspruch nahm, unterzeichnete diese Erklärung erst, als die Beklagte seinen weiteren Auslandsaufenthalt hiervon abhängig machte. Er behielt sich eine gerichtliche Überprüfung vor.

Die Beklagte hat einen Rahmenvertrag mit der K AG (im Folgenden: K) geschlossen. Auf dieser Grundlage lässt die Beklagte die Steuererklärungen ihrer ins Ausland entsandten Mitarbeiter durch K erstellen. Teil dieses Rahmenvertrages sind die „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom “, die ua. vorsehen:

7Der Kläger hat die Vereinbarung vom , der zufolge er verpflichtet ist, seine Steuererklärung durch K erstellen zu lassen, für unwirksam gehalten. Diese stelle eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB dar. Die Beklagte hätte im Wege des Weisungsrechts die Zusammenarbeit mit einer bestimmten Steuerberatungsgesellschaft nicht anordnen dürfen, da sie in seine Privatsphäre, zu der die Steuererklärung gehöre, nicht eingreifen dürfe. Aufgrund seines Rechts zur gemeinsamen Veranlagung mit seiner Ehefrau werde zudem in deren Privatsphäre wie in das gemeinsame Recht beider Eheleute zur Entscheidung über die Nutzung ehelicher Steuervorteile eingegriffen.

8Zudem sei die Regelung unverhältnismäßig. Genügt hätten auch unternehmensinterne Vorgaben der Beklagten, die von den Arbeitnehmern den nach ihrer Wahl ausgesuchten Steuerberatern hätten übermittelt werden können. Es sei ihm nicht zumutbar, höchstpersönliche, sensible Daten einem Dritten zu übermitteln, zumal die Unabhängigkeit einer vom Arbeitgeber vergüteten Steuerberatungsgesellschaft in Frage stünde.

Der Kläger hat beantragt

10Die Beklagte hat ihren Antrag auf Klageabweisung damit begründet, dass sie auch einseitig in Ausnutzung ihres Direktionsrechts nach § 106 GewO eine entsprechende Anordnung hätte treffen können. Die Einschaltung einer internationalen Steuerberatungsgesellschaft stelle sicher, dass die Steuern korrekt berechnet und in richtiger Höhe abgerechnet würden. Dies bewahre sie einerseits vor Haftungsrisiken und potentieller Rufschädigung, andererseits vor der Zahlung zu hoher Steuern. Mit dem Kläger sei nicht nur eine Nettolohnabrede getroffen worden, darüber hinaus spare er auch zusätzlich die Aufwendungen für eine Steuerberatung. Datenschutzrechtlich sei die Vereinbarung unbedenklich, da die K umfangreichen gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten unterliege. Der Rahmenvertrag bestätige dies und stelle sicher, dass Informationen über private steuerliche Sachverhalte nicht an das Unternehmen gelangten.

11Sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau hätten weiterhin einen Steuerberater frei auswählen können, nur sei dieser dann zur Zusammenarbeit mit K verpflichtet. Im Übrigen seien Drittinteressen, etwa die der Ehegattin, im Rahmen von § 307 BGB grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, seine Steuererklärung von einer von der Beklagten beauftragten Gesellschaft erstellen zu lassen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

13Die Revision ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit einer von der Beklagten beauftragten Steuerberatungsgesellschaft gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt und unwirksam ist.

14A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Vereinbarung zur Steuererklärung durch die K verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Im Wege der Ausübung des Direktionsrechts sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, solches einseitig anzuordnen, weswegen die Regelung von § 106 GewO abweiche. Die damit eröffnete Inhaltskontrolle ergebe, dass die Vertragsfreiheit des Klägers eingeschränkt worden sei, weil er mit einer bestimmten Steuerberatungsgesellschaft kontrahieren müsse. Dies zudem auf einem besonders sensiblen Gebiet, bei dem in besonderem Maße Vertrauen in die Person des Vertragspartners geboten sei. Zwar sei das Interesse der Beklagten an einer ordnungsgemäßen Erstellung der Steuererklärung anzuerkennen, es liege aber gleichermaßen auf Seiten des Arbeitnehmers selbst vor. Hinzu komme das auf Seiten der Ehefrau stehende Interesse an gemeinsamer Veranlagung. Der Kläger gerate in eine Konfliktsituation, da die Ehegattin die Erstellung ihrer Steuererklärung durch K verweigern könne. Der Verweis auf einen frei zu wählenden, der K zuarbeitenden Steuerberater überzeuge nicht. Der umgekehrte Fall, dass K oder die Beklagte einem von den Eheleuten ausgewählten Steuerberater zuarbeitete, der verantwortlich für die abzugebende Steuererklärung sei, lasse sich ebenso gut vorstellen.

15B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

16I. Das Klagebegehren ist in Form seiner Auslegung durch das Landesarbeitsgericht zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sein (vgl.  - Rn. 13, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102). Der Kläger hat das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an einer Feststellung, ob er jedes Jahr wiederkehrend verpflichtet ist, seine Steuererklärung von einer durch die Beklagte ausgewählten Gesellschaft erstellen zu lassen.

17II. Die Klage ist auch begründet. Die Klausel in der Vereinbarung „Steuererklärung/Besonderheiten USA“ vom , nach der der Kläger mit der K bei Erstellung seiner Steuererklärung zusammenzuarbeiten hat, hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht stand und ist deswegen unwirksam.

181. Auf das Arbeitsverhältnis findet deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Mit der Entsendung des Klägers in die USA liegt ein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor. In Ziffer 22 Punkt 4 des Auslandsarbeitsvertrages vom haben die Parteien eine zulässige Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts getroffen (Art. 27 EGBGB, in der bis zum gültigen Fassung). Die Verordnung Nr. 593/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) kommt nicht zur Anwendung, weil der Vertrag vor dem Stichtag () geschlossen wurde, Art. 28 der Verordnung Nr. 593/2008/EG.

192. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung ist eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung.

20a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist ( - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch dann Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Unternehmer zudem als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden.

21b) Nach den insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verweisenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei den auf den datierten Schriftstücken um von der Beklagten vorformulierte Schreiben. Diese sind durch die Beklagte auch gestellt worden, ohne dass der Kläger auf ihre Formulierung Einfluss hatte. Die Beklagte hat zudem selbst darauf verwiesen, dass sie im Falle eines Auslandseinsatzes des Mitarbeiters darauf bestehe, dass dieser seine Steuererklärung durch ein von der Beklagten vorgegebenes Unternehmen erstellen lasse. Unstreitig hat die Beklagte den Einsatz des Klägers im Ausland von seiner Zustimmung zu ihren Formulierungen abhängig gemacht.

223. Die Klausel weicht von Rechtsvorschriften ab, § 307 Abs. 3 BGB. Es findet eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB statt.

23a) Die im Streit stehende Klausel ist nicht § 106 GewO nachgebildet. Eine einseitige Anordnung, der Kläger möge seine Steuererklärung durch K erstellen lassen, wäre nicht mehr von dem Weisungsrecht der Beklagten gedeckt. Denn es ginge weder um die nähere Bestimmung von Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung noch um die Regelung der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht dient der Konkretisierung der Hauptleistungspflicht, indem es dem Arbeitgeber ermöglicht, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen und den Ort und die Zeit ihrer Erledigung verbindlich festzulegen. Hinzu kommt eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmende Vielzahl von Pflichten, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (leistungssichernde Verhaltenspflichten). Schließlich kann sich das Weisungsrecht auch auf die kollektive Sphäre beziehen, in der es um diejenigen Regelungsbedürfnisse geht, die durch das Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb entstehen ( - Rn. 17, AP GewO § 106 Nr. 3 = EzA GewO § 106 Nr. 3).

24In den Bereich der privaten Lebensführung darf dagegen durch das Weisungsrecht grundsätzlich nicht eingegriffen werden (vgl.  - Rn. 24, BAGE 119, 122 = AP ZPO § 850 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 4; - 1 ABR 32/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 216 = AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 29; HWK/Lembke 5. Aufl. § 106 GewO Rn. 47; DFL/Klebeck/Kolbe 4. Aufl. § 106 GewO Rn. 30; vgl. auch  - zu II 2 der Gründe, BAGE 95, 221 = AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 16 = EzA BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 17 zu dem Verbot sog. Lohnverwendungsbestimmungen; zu der Reichweite der Regelungsbefugnis der Betriebspartner Linsenmaier RdA 2008, 1 ff.; zu dem Problem von Bekleidungsvorschriften Brose/Greiner/Preis NZA 2011, 369 ff.). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 106 Satz 2 GewO kann nur das Verhalten der Arbeitnehmer „im Betrieb“ geregelt werden.

25b) Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass der Bereich der Hauptleistungspflichten - bei dem Kläger also die Erbringung der geschuldeten Arbeit - nicht betroffen ist. Es ist auch keine leistungssichernde Nebenpflicht tangiert. Eine solche liegt vor, wenn die Erfüllung der Pflicht unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungspflicht sinnvoll zu gestalten ( - Rn. 17, AP GewO § 106 Nr. 3 = EzA GewO § 106 Nr. 3). Die Verpflichtung, K in Anspruch zu nehmen, dient nicht der Konkretisierung der aus § 611 Abs. 1 BGB geschuldeten Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Sie dient auch nicht der Konkretisierung der Hauptleistungspflicht der Beklagten. Es kann offenbleiben, ob der Arbeitgeber überhaupt berechtigt wäre, kraft seines Weisungsrechts nähere Vorgaben zu machen, die seine eigene Hauptleistungspflicht betreffen. Selbst wenn man dies annähme, würde sich nichts anderes ergeben. Die Parteien haben zwar eine Nettolohnvereinbarung getroffen, sodass es im Innenverhältnis Sache der Beklagten ist, die Lohnsteuer abzuführen und zu tragen. Dies kann aber auch dann durchgeführt werden, wenn die Steuererklärung nicht durch K erstellt wird. Es mag aus Sicht der Beklagten wünschenswert und zweckmäßig sein, bei im Ausland tätigen Arbeitnehmern eine international tätige und erfahrene Steuerberatungsgesellschaft einzubinden, unumgänglich zur Vertragsdurchführung ist dies nicht.

26Es handelt sich auch nicht um eine Regelung, die die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betrifft. Das Weisungsrecht unterliegt dem grundsätzlichen Verbot, die private Lebensführung des Arbeitnehmers zu regeln. Die Pflicht zur Erstellung der Steuererklärung ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht und trifft allein den Arbeitnehmer. Es ist ausschließlich das Verhältnis Arbeitnehmer - Finanzbehörde betroffen und damit die Privatsphäre, nicht die betriebliche Sphäre. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Parteien eine Nettolohnabrede getroffen haben und der Arbeitgeber im Innenverhältnis die Steuer zu tragen hat.

27c) Schließlich besteht kein „gesetzliches Leitbild“, das der von der Arbeitgeberin vorgegebenen Vertragsgestaltung entspricht. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG bestimmt lediglich, dass der Steuerpflichtige - hier der Arbeitnehmer - für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben hat. Außerhalb von Vereinbarungen über die Hauptleistungspflichten und gesetzeswiederholender Regelungen ist eine AGB-Kontrolle unproblematisch eröffnet.

284. Die umstrittene Bestimmung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten unwirksam, weil sie den Kläger als Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

29a) Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird ( - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 49). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte ( - Rn. 40, aaO). Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so kann die Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen ( - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).

30Da Arbeitsverträge Verbraucherverträge sind, müssen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände berücksichtigt werden ( - Rn. 28, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6). Dazu gehören insbesondere persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, ferner Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie etwa Überrumpelung, Belehrung oder untypische Sonderinteressen des Vertragspartners ( - aaO).

31b) Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung führt im Ergebnis zur Unwirksamkeit der von der Beklagten eingeführten Vertragsklausel.

32aa) Das Interesse der Beklagten, die Steuererklärungen der von ihr ins Ausland entsandten Arbeitnehmer von einer von ihr ausgewählten Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen, ist an sich anzuerkennen. Die Beklagte möchte so sicherstellen, dass die Steuern auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zutreffend ermittelt werden, da sich infolge der getroffenen Nettolohnvereinbarung Fehler bei der Steuerberechnung unmittelbar und zulasten der Beklagten auswirken können. Die börsennotierte Beklagte muss Wert darauf legen, dass die unternehmensinternen Complianceregelungen eingehalten werden und dass die Gefahr von Haftungs- und Reputationsschäden, etwa durch Nachzahlungen an deutsche oder US-amerikanische Steuerbehörden, gering bleibt. Die Beklagte darf auch versuchen, ihren administrativen Aufwand gering zu halten, welcher sich erhöhte, müsste sie mit Steuerberatern zusammenarbeiten, die individuell von den ins Ausland entsandten Arbeitnehmern beauftragt, aber die unternehmensinternen Richtlinien nicht kennen würden.

33bb) Durch die Verpflichtung, seine steuerlich relevanten Daten an die von der Beklagten ausgesuchte Gesellschaft zu übermitteln, wird jedoch in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

34(1) Das in Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet dem Einzelnen die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen ( - zu C II 1 a der Gründe, BVerfGE 65, 1; - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - Rn. 180, BVerfGE 120, 274). Geschützt wird die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden ( - aaO). Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden ( - Rn. 70, BVerfGE 115, 320). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Daten der Privat- oder gar der Intimsphäre handelt. Ein „belangloses“ Datum gibt es aus Sicht der Verfassung nicht (vgl.  - zu C II 2 der Gründe, aaO). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet eine Entsprechung im Unionsrecht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

35Überdies handelt es sich bei Steuerdaten um Daten hochsensiblen Inhalts. Die Angaben, die ein Steuerpflichtiger aufgrund des Abgabenrechts zu machen hat, ermöglichen weitreichende Einblicke in die persönlichen Verhältnisse, die persönliche Lebensführung (bis hin zu gesundheitlichen Gebrechen), religiösen Bindungen, Ehe- und Familienverhältnisse oder politischen Verbindungen sowie in die beruflichen und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse (, 2 BvE 15/83 - zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 67, 100). Speziell den Arbeitgeber geht es im Grundsatz nichts an, wenn der Arbeitnehmer etwa Mitgliedsbeiträge an eine Gewerkschaft steuerlich absetzt oder Einkünfte aus einer nach Art. 12 GG erlaubten Nebentätigkeit angibt. Die hohe Bedeutung des Schutzes steuerlich relevanter Daten wird auch durch eine Reihe von einfachgesetzlichen Vorschriften untermauert. Das Steuergeheimnis wird nach § 30 AO besonders geschützt. Steuerberater unterliegen nach § 57 Abs. 1 StBerG einer Verschwiegenheitspflicht. Die unbefugte Offenbarung von Steuerdaten ist nach § 355 StGB für Amtsträger und nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB für Steuerberater strafbewehrt.

36(2) In das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung wird durch die betroffene Vereinbarung eingegriffen, weil er danach nicht mehr frei entscheiden kann, wann er wem welche Daten zur Verfügung stellt. Zwar wird das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers können durch Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob es den Vorrang verdient ( - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; vgl. - 1 ABR 16/07 - Rn. 17, BAGE 127, 276 = AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 54 = EzA BetrVG 2001 § 87 Überwachung Nr. 2). Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind die betroffenen Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers im Sinne einer praktischen Konkordanz so abzuwägen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden ( - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 103, 111 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 58).

37Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Kläger habe in die Beschränkung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die unterzeichnete Vereinbarung selbst eingewilligt. Die Privatautonomie setzt als Grundlage für eine freie Vereinbarung voraus, dass die Bedingungen der Selbstbestimmung des Einzelnen tatsächlich gegeben sind (vgl. , 1 BvR 851/10 - Rn. 34, NJW 2011, 1339). Eine Einwilligung im Falle eines strukturellen Ungleichgewichts eines Vertragspartners, wie es im Falle von vom Arbeitgeber einseitig vorformulierten und gestellten Klauseln regelmäßig der Fall ist, vermag daher keine rechtfertigende Wirkung zu entfalten (vgl. ErfK/Schmidt 12. Aufl. Art. 2 GG Rn. 55; ErfK/Wank 12. Aufl. § 4a BDSG Rn. 2; Jarass in Jarass/Pieroth GG 12. Aufl. Art. 2 Rn. 16). Die gerichtliche Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in solch einem Falle gerade erforderlich und kompensiert die mangelnde Verhandlungsmacht des Vertragspartners des Verwenders (, 1 BvR 851/10 - Rn. 35, aaO).

38(3) Erkennbar gibt es weder eine gesetzliche Grundlage noch eine kollektivrechtliche Regelung, die es vorsehen, dass der Arbeitnehmer bei der Erstellung seiner Steuererklärung mit einer vom Arbeitgeber ausgewählten Steuerberatungsgesellschaft zusammenarbeiten muss. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG sieht vor, dass personenbezogene Daten erhoben werden dürfen, wenn dies zum Zwecke des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Dies gilt für die „Stammdaten“ des Arbeitnehmers wie Name, Alter, Geschlecht, Adresse etc. (vgl.  - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 53, 226 = AP BDSG § 23 Nr. 2 = EzA BDSG § 23 Nr. 4; HWK/Lembke 5. Aufl. Vorb. BDSG Rn. 41). Hier geht es aber, wie dargelegt, nicht um die Offenbarung solcher Daten, die der Arbeitnehmer notwendig schon bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses anzugeben hat oder die der Arbeitgeber ohnehin schon kennt.

39(4) Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers wiegt schwer. Sofern es um Daten wie Krankheit oder mittelbar um die Gewerkschaftszugehörigkeit geht, ist nicht nur der äußere Bereich der Privatsphäre betroffen. Es handelt sich um besonders sensible Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, für die nach § 4a Abs. 3, § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG erhöhte Anforderungen an die Erhebung und Speicherung zu stellen sind. Es besteht aufgrund des Bezugs der steuerrelevanten Daten zu allen Lebensbereichen des Einzelnen die Möglichkeit, ein umfassendes Persönlichkeitsbild zu erstellen. Darüber hinaus stellt sich die Offenlegung sämtlicher Daten, die der Steuererklärung zugrunde liegen, als unverhältnismäßig im allgemeinen Sinne dar, weil das Interesse, möglichst die zutreffende Berechnung der Steuer der ins Ausland entsandten Arbeitnehmer sicherzustellen und somit Doppelbesteuerungen und sonstige Haftungsrisiken zu vermeiden, sich auch auf anderem Wege erreichen lässt. Auch ein vom Arbeitnehmer selbst ausgewählter Steuerberater muss grundsätzlich in der Lage sein, die Steuer bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zutreffend zu ermitteln. Es spräche nichts dagegen, dass der Arbeitnehmer seine Steuererklärung bei einer anderen, aber ebenfalls international tätigen Steuerkanzlei erstellen ließe. Sofern seitens der Beklagten unternehmensinterne Vorgaben zu beachten sind, könnten diese dem beauftragten Steuerberater durch den Arbeitnehmer übermittelt werden.

40(5) Aus dem Umstand, dass die Daten einem Dritten, der K, zur Verfügung zu stellen sind, ergeben sich weitere Schutzdefizite. Mit K steht der Arbeitnehmer in keinem Vertragsverhältnis. Ein Vertragsverhältnis ist aber stets die Grundlage eines darauf aufbauenden Vertrauensverhältnisses. Eine Grundlage für das normalerweise bestehende Weisungsrecht nach § 665 BGB aus dem der Erstellung der Steuererklärung zugrunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 BGB (vgl. MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 126) besteht zugunsten des Arbeitnehmers nicht. Der Arbeitnehmer muss diejenigen - wohl in der Regel ihm nicht bekannten - Rahmenbedingungen akzeptieren, die zwischen der Beklagten und K vereinbart sind. Bedenklich erscheint in diesem Kontext, dass nach Ziffer 12 Abs. 3 der vorgelegten „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom “ die Verarbeitung personenbezogener Daten auch durch Dritte zulässig sein soll. Eine direkte vertragliche Grundlage für eine Haftung der K besteht nicht, ein Schadensersatz ließe sich allenfalls über die Figur eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter realisieren. Ferner erscheint die Klausel deshalb als unangemessen, weil sie der Arbeitgeberin ein Bestimmungsrecht einräumt, das es ihr ermöglicht, zukünftig auch eine andere Steuerberatungsgesellschaft als K einzusetzen. Der Arbeitnehmer muss daher auch in Kauf nehmen, seine Steuerdaten zukünftig an eine bei Vertragsschluss noch völlig unbekannte Steuerberatungsgesellschaft weitergeben zu müssen.

41(6) Für das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung besteht eine weitere Gefährdungslage insoweit, als personenbezogene Daten an seinen Arbeitgeber gelangen könnten.

42Eine grundrechtsrelevante Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen benennbarer Rechtsgüter entstehen, insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden können, die der Betroffene weder überschauen noch verhindern kann (, 1 BvR 595/07 - Rn. 180, BVerfGE 120, 274). Die Beklagte hat im Prozess zwar vorgetragen, es sei sichergestellt, dass die Steuerdaten des Arbeitnehmers nicht an die Beklagte weitergeleitet würden und dies wurde auch in dem Schreiben „Steuererklärung/Besonderheiten USA“ vom schriftlich festgehalten. Der Steuerberater ist jedoch immer auch seinem Auftraggeber verpflichtet. Letzterer kann von dem Weisungsrecht nach § 665 BGB Gebrauch machen. Eine Interessenkollision erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen.

43(7) Von der Beklagten befürchtete Haftungsschäden lassen sich auch bei Hinzuziehung eines Steuerberaters, den der Arbeitnehmer selbst ausgewählt hat, vermeiden. Die Gefahr eines Reputationsschadens besteht generell. Konkrete Fälle aus der Vergangenheit, in der sie aufgrund einer Steuernachzahlung einen Reputationsschaden erlitten hat, hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Allgemeine Befürchtungen reichen nicht aus. Das Interesse, den Verwaltungsaufwand gering zu halten, reicht nicht aus, um besondere, personenbezogene Daten zur Verfügung stellen zu lassen.

44(8) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht schließlich berücksichtigt, dass die vereinbarte Regelung wegen des Rechts zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten entweder einen besonders gravierenden Eingriff in das Recht des Ehegatten auf seine informationelle Selbstbestimmung darstellte oder - bei Verzicht auf gemeinsame Veranlagung - eine Beeinträchtigung der vom Gesetzgeber vorgenommenen steuerrechtlichen Förderung von Ehe und Familie, Art. 6 Abs. 1 GG (von Coelln in Sachs GG 6. Aufl. Art. 6 Rn. 39; Uhle in Epping/Hillgruber GG Art. 6 Rn. 37). Das Ehegattensplitting im Falle gemeinsamer Veranlagung dient dazu, der Benachteiligung von Eheleuten entgegenzuwirken, die bei progressiv gestalteten Steuertarifen eintreten kann, wenn beide Eheleute zusammen veranlagt werden. Es stellt eine verfassungskonforme und ehegerechte Ausgestaltung des Steuerrechts dar (vgl. , 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80 - zu C I 4 der Gründe, BVerfGE 61, 319). Entsteht der durch die Allgemeine Geschäftsbedingung hervorgerufene Nachteil in der Person eines Dritten, für die der Vertragspartner des Verwenders rechtlich oder kraft persönlicher Verbundenheit einzustehen hat, so stellt sich der Nachteil mittelbar auch als eigener Nachteil dar, weshalb es geboten ist, auch ein Drittinteresse mit einzubeziehen (vgl.  - zu II 3 a bb der Gründe, NJW 1982, 178; Staudinger/Coester [2006] § 307 Rn. 146; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert 3. Aufl. § 307 Rn. 59; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 307 Rn. 11).

455. Die unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird auch nicht durch einen dem Kläger im Vertragswerk gewährten anderweitigen Vorteil kompensiert. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (Däubler/Bonin/Deinert/Deinert 3. Aufl. § 307 Rn. 95; Wolf in Wolf/L./P. AGB-Recht 5. Aufl. § 307 Rn. 219; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 BGB Rn. 151; Staudinger/Coester [2006] § 307 Rn. 125; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 307 Rn. 14).

46a) Die Nettolohnabrede stellt keine wirksame Kompensation dar. Dies ist zwar für den Arbeitgeber risikoreich, weil der Arbeitnehmer durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden Umständen die Lohnkostenbelastung erhöhen kann und sich Änderungen im Steuerrecht auch zulasten des nettolohnverpflichteten Arbeitgebers auswirken können. Dem steht aber spiegelbildlich entgegen, dass der Arbeitnehmer seine Steuerlast individuell nicht positiv beeinflussen kann und er von Steuererleichterungen seitens des Gesetzgebers nicht profitiert.

47b) Die Übernahme der Kosten einer Steuerberatung steht nicht im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Daten an die K weitergeben zu müssen. Zwar gehören beide Regelungen zur Frage „Behandlung der Lohnsteuer“. Sie betreffen aber unterschiedliche Materien. Durch die Übernahme der Kosten für die Hinzuziehung eines Steuerberaters wird dem Arbeitnehmer ein zusätzlicher Lohnbestandteil gewährt (vgl.  - zu II 2 b der Gründe, BFHE 228, 80 = EzA EStG § 19 Nr. 14). Damit wird eine Regelung über die Hauptleistungspflichten im Arbeitsverhältnis getroffen. Hingegen kann der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers nicht durch höheren Lohn „kompensiert“ werden.

48c) Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht hätte bei Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass Klauseln wie die hier vorliegende, nach der der Arbeitnehmer im Falle eines Auslandseinsatzes verpflichtet wird, seine Steuererklärung durch eine vom Arbeitgeber beauftragte Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen, wegen Üblichkeit im Arbeitsleben anzuerkennen seien. Dabei ist davon auszugehen, dass nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens relevant sind ( - zu IV 5 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; vgl. - 5 AZR 363/05 - Rn. 33, BAGE 117, 155 = AP BGB § 308 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 48). Soweit die Beklagte sich erstmals in der Revisionsinstanz darauf berufen hat, Klauseln wie die hier im Streit stehende Regelung würden von einer Vielzahl von Unternehmen verwendet, handelt es sich um einen neuen Sachvortrag, der nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig und vom Senat nicht zu beachten ist. Im Übrigen hat die Beklagte in der Revisionsverhandlung eingeräumt, dass nur „etwa 60 %“ der Unternehmen mit häufigem Auslandseinsatz derartige Regelungen vorsehen. Da nahezu die Hälfte aller Unternehmen auf derartige Regelungen verzichten kann, kann von einer im Arbeitsrecht geltenden Besonderheit iSd. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht die Rede sein.

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 179 Nr. 4
BFH/NV 2013 S. 687 Nr. 4
DB 2013 S. 6 Nr. 3
DB 2013 S. 700 Nr. 13
DStR 2013 S. 831 Nr. 16
DStRE 2013 S. 827 Nr. 13
HFR 2013 S. 354 Nr. 4
NJW 2013 S. 8 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 16/2013 S. 1147
StuB-Bilanzreport Nr. 9/2013 S. 355
ZIP 2013 S. 238 Nr. 5
GAAAE-26993