BFH Urteil v. - IV R 18/07

Ehegatten in Gütergemeinschaft bilden auch ohne Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft, deren Gewinne aus Landwirtschaft gesondert und einheitlich festzustellen sind; Aussetzung des Klageverfahrens; zu den Voraussetzungen einer Bilanzberichtigung

Leitsatz

Eine Bilanz, in der die Abspaltung von dem Buchwert des Grund und Bodens für ein verselbstständigtes Wirtschaftsgut Milchlieferrecht nicht berücksichtigt wurde, ist objektiv unzutreffend. Fehlerhaft im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine derartige Bilanz, wenn sie aufgestellt wurde, nachdem geklärt war, dass eine Buchwertabspaltung erfolgen musste. Das war nach der Veröffentlichung der entscheidenden höchstrichterlichen Rechtsprechung der Fall.
Sind am maßgeblichen Bilanzstichtag sowohl das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht als auch der Grund und Boden noch vorhanden, führt die Fehlerberichtigung zu einem Aktivtausch. Die Bilanzberichtigung hat dementsprechend keine Gewinnauswirkung.
Ist lediglich das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht noch vorhanden, wurde jedoch der zugehörige Grund und Boden veräußert oder entnommen, so dass der Buchwert ausgebucht wurde, ist der abgespaltene Buchwert der Milchlieferrechte im Wege der Bilanzberichtigung einzubuchen. Die Einbuchung muss der Fehlerursache entsprechend erfolgsneutral sein. Die Erhöhung des Betriebsvermögens ist deshalb außerhalb der Steuerbilanz nach Einlagegrundsätzen wieder zu neutralisieren.
Wurden die Milchlieferrechte bereits veräußert, ohne den Buchwert abzuspalten und gegenzurechnen, und ist nur der Grund und Boden noch vorhanden, ist dessen Buchwert zwar gleichwohl um den auf die Milchlieferrechte entfallenden abzuspaltenden Buchwert zu vermindern, sofern es nicht aus Billigkeitsgründen bei dem ursprünglichen Ansatz des Grund und Bodens verbleibt. Wird aber eine Buchwertabspaltung vorgenommen, muss sie auch in diesem Fall erfolgsneutral sein. Die innerhalb der Bilanz gewinnwirksame Ausbuchung ist außerhalb der Steuerbilanz nach Einlagegrundsätzen zu neutralisieren.

Gesetze: AO § 179 Abs. 2, AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a, AO § 180 Abs. 3, EStG § 4 Abs. 2, EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, EStG § 55 Abs. 1, FGO § 74, EStG § 13 Abs. 7

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in Gütergemeinschaft leben. Sie erzielten in den Streitjahren (1999 und 2000) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Den Gewinn ermittelten sie durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—) für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

2 Im Wirtschaftsjahr 1990/1991 hatten die Kläger eine Milchreferenzmenge (Milchlieferrechte) für . DM veräußert. Sie bildeten auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom IV B 2 -S 2132- 10/91 (BStBl I 1991, 497) einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, den sie über eine Laufzeit von zehn Jahren auflösten. Der Erlös war dabei nicht um den Buchwert der Milchlieferrechte gemindert worden.

3 Im Wirtschaftsjahr 1999/2000 erfassten die Kläger letztmalig einen Erlös in Höhe von . DM aus der Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hatte, dass gegebenenfalls von dem nach § 55 Abs. 1 EStG pauschalierten Wert des Grund und Bodens ein Buchwert für die Milchlieferrechte abzuspalten sei (, BFHE 185, 434, BStBl II 2003, 54; vom IV R 23/96, BFHE 185, 435, BStBl II 2003, 56), beantragten die Kläger, in der ersten offenen Bilanz (im Wirtschaftsjahr 1999/2000) den abgespaltenen Buchwert der veräußerten Milchlieferrechte in voller Höhe gewinnmindernd zu berücksichtigen. Dieser betrug unstreitig . DM.

4 Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre nicht. Das FA berücksichtigte den abgespaltenen Buchwert der Milchlieferrechte lediglich insoweit gewinnmindernd, als im Wirtschaftsjahr 1999/2000 ein zeitanteiliger Ertrag aus der Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens anzusetzen war. Um den danach nicht gewinnmindernd berücksichtigten anteiligen Buchwert der veräußerten Milchlieferrechte erhöhte es auf der Grundlage des (BStBl I 2003, 78) im Billigkeitswege den zunächst durch die Abspaltung verminderten Buchwert des Grund und Bodens.

5 Der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Es entschied, der Buchwert der veräußerten Milchlieferrechte sei im Rahmen einer Bilanzberichtigung in voller Höhe gewinnwirksam auszubuchen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1315 veröffentlicht.

6 Dagegen richtet sich die Revision des FA. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Bilanzberichtigung seien die Bilanzansätze der Kläger insoweit fehlerhaft gewesen, als der Buchwert der Milchlieferrechte noch nicht vom Buchwert des Grund und Bodens abgespalten worden sei. Die Bilanzberichtigung sei jedoch entgegen der Auffassung des FG erfolgsneutral durchzuführen, da die Abspaltung keine Gewinnauswirkung gehabt habe.

7 Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8 Die Kläger beantragen,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9 Die Besonderheit des Streitfalls liege darin, dass die Milchlieferrechte bereits veräußert worden seien, als der Buchwert dafür noch dem Grund und Boden zugerechnet worden sei und dies auch nicht „falsch” i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG gewesen sei. Deshalb sei der Buchwert der Milchlieferrechte im Wirtschaftsjahr der Veräußerung nicht als Aufwand abgesetzt, sondern als Buchwert des Grund und Bodens fortgeführt worden. Das hätte nach Veröffentlichung der BFH-Rechtsprechung zur Buchwertabspaltung geändert werden müssen. Die Milchlieferrechte seien aber schon vorher veräußert worden. Für diesen Fall gebe das (BFHE 120, 369, BStBl II 1977, 148) vor, dass eine erfolgswirksame Ausbuchung zu erfolgen habe.

10 II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

11 1. Es liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, da das FG das Verfahren über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt hat, bis über die Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert und einheitlich entschieden worden ist. Dieser Verfahrensfehler ist von Amts wegen zu berücksichtigen (, BFH/NV 2008, 1156, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

12 a) Einkommensteuerpflichtige Einkünfte sind grundsätzlich dann nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Das FG muss in einem solchen Fall das Klageverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide aussetzen, bis das FA entweder eine gesonderte und einheitliche Feststellung durchgeführt oder, soweit es sich um einen Fall von geringer Bedeutung (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO) handelt, einen negativen Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 3 Satz 2 AO erlassen hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1156, unter II.1.a der Gründe).

13 b) Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger in den Streitjahren gemeinschaftlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Dies wird durch die Mitteilung des Prozessbevollmächtigten an das bestätigt, wonach die Kläger im Güterstand der Gütergemeinschaft leben. Sie bilden daher auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7 EStG, so dass die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft gesondert und einheitlich festzustellen sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1156, unter II.1.b der Gründe, m.w.N.). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn das für dieses Verfahren zuständige FA gleichzeitig auch für die Festsetzung der Einkommensteuer aller an den Einkünften beteiligten Steuerpflichtigen zuständig ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1156, unter II.1.c der Gründe, m.w.N.).

14 c) Das FG muss das gegen die Einkommensteuerbescheide gerichtete Verfahren auch dann nach § 74 FGO bis zum Abschluss eines Feststellungsverfahrens aussetzen, wenn der Erlass eines Negativbescheides gemäß § 180 Abs. 3 Satz 2 AO wegen geringer Bedeutung des Falls möglich erscheint. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz für einen Fall von offensichtlich geringer Bedeutung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil die Höhe der Einkünfte nicht feststeht; denn sie hängt von einer zwischen den Verfahrensbeteiligten streitigen Rechtsfrage —ob eine Bilanzberichtigung gewinnwirksam vorzunehmen war— ab (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1156, unter II.1.e der Gründe, m.w.N.).

15 2. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es der Vorgreiflichkeit des Feststellungsverfahrens nicht Rechnung trägt. Die Sache geht an das FG zurück, das das Verfahren nach § 74 FGO aussetzen und den Abschluss des Feststellungsverfahrens abwarten muss.

16 3. Aus prozessökonomischen Gründen weist der Senat —ohne Bindungswirkung (§ 126 Abs. 5 FGO) für das Feststellungsverfahren— darauf hin, dass die Kläger entgegen der Auffassung des FG den für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 ermittelten Gewinn nicht um den aus dem Pauschalwert des Grund und Bodens (§ 55 Abs. 1 EStG) abgespaltenen Buchwert der im Wirtschaftsjahr 1990/1991 veräußerten Milchlieferrechte vermindern konnten, soweit dieser den Erlös aus der Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens überstieg.

17 a) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ist ein falscher Bilanzansatz zu berichtigen. Allerdings genügt es nach ständiger Rechtsprechung dafür nicht, dass der Bilanzansatz bei rückschauender Betrachtung objektiv unzutreffend ist. Er ist vielmehr nicht fehlerhaft i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG, wenn und soweit er demjenigen Kenntnisstand Rechnung trägt, den der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte (vgl. , BFH/NV 2007, 2254, unter II.2.b der Gründe, m.w.N.). Dem entsprechend ist ein Bilanzansatz nicht falsch, wenn er der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht; fehlerhaft wird ein solcher Ansatz durch eine spätere Änderung der Rechtsprechung erst in der Bilanz, in der die Änderung der Rechtsprechung erstmals berücksichtigt werden kann (, BFHE 170, 217, BStBl II 1993, 392, unter 3.a der Gründe).

18 b) Eine Bilanzberichtigung ist grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres vorzunehmen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (, BFHE 220, 429, BStBl II 2008, 673, unter II.1.d aa der Gründe). Sie ist für solche Jahre nicht mehr zulässig, für die bereits eine bestandskräftige Veranlagung vorliegt (u.a. , BFH/NV 2003, 1155, unter 2.b der Gründe, m.w.N.). Nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs muss das der bestandskräftigen Veranlagung zugrunde gelegte, in der Schlussbilanz des betreffenden Wirtschaftsjahres ausgewiesene Betriebsvermögen mit dem Anfangsvermögen des folgenden Wirtschaftsjahres identisch sein. Aus dieser sog. Zweischneidigkeit der Bilanzen folgt, dass ein Fehlerausgleich erst beim Endvermögen für ein noch nicht bestandskräftig veranlagtes Wirtschaftsjahr möglich ist (im Einzelnen , BFHE 213, 315, BStBl II 2008, 171, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). Wenn jedoch der Buchungsfehler in den Vorjahren ohne Auswirkung auf die Höhe der festgesetzten Steuern geblieben ist, kann er an der Fehlerquelle oder in der letzten Anfangsbilanz gewinnneutral berichtigt werden (, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, unter II.3. der Gründe).

19 c) Ob eine Bilanzberichtigung erfolgswirksam vorzunehmen ist, richtet sich stets nach der Fehlerursache (, BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14, unter 3. der Gründe). Gebietet die Fehlerursache eine erfolgsneutrale Berichtigung, so ist diese zwar innerhalb der Steuerbilanz gewinnwirksam auszuweisen, außerhalb derselben jedoch nach Einlagegrundsätzen wieder zu neutralisieren (BFH-Urteil in BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14, unter 3. der Gründe). Ist ein gewinnneutraler Vorgang Fehlerursache, können darauf beruhende, in der Vergangenheit nicht erfasste mögliche Gewinnauswirkungen nicht durch eine Bilanzberichtigung nachgeholt werden (, BFHE 224, 61, BStBl II 2009, 407, unter II.2.b bb (3) der Gründe). Für eine Bilanzberichtigung ist nur insoweit Raum, als zu dem maßgeblichen Stichtag noch ein Bilanzierungsfehler vorliegt (, BFHE 185, 565, BStBl II 1998, 503, unter II.3. der Gründe).

20 d) Ein Milchlieferrecht war bei Einführung der Bodengewinnbesteuerung zum noch kein selbstständiges Wirtschaftsgut. Denn die Befugnis zur Milcherzeugung und -vermarktung war mit dem Grund und Boden verbunden und wurde aus ihm abgeleitet; erst durch die mit der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom (BGBl I 1984, 720) eingeführte Produktionsbeschränkung hat sie sich zu einem immateriellen Wirtschaftsgut verselbstständigt (, BFHE 190, 214, BStBl II 2003, 61, unter 1.a der Gründe).

21 Aufgrund der Verselbstständigung ist ein Teil der Anschaffungskosten für den Grund und Boden dem neuen Wirtschaftsgut Milchlieferrecht zuzuordnen (, BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64, unter 1.b und 4. der Gründe). Dazu ist der Buchwert des Grund und Bodens im selben Verhältnis aufzuteilen, in dem sich die Marktpreise für die Milchlieferrechte einerseits und für den nackten Grund und Boden andererseits im Zeitpunkt der Entstehung des Wirtschaftsguts Milchlieferrechte gegenüberstanden (BFH-Urteil in BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64, unter 4. der Gründe; BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78, Rz 8). Die Aufteilung ist auch dann vorzunehmen, wenn der Grund und Boden mit dem Pauschalwert gemäß § 55 Abs. 1 EStG angesetzt wurde (u.a. BFH-Urteil in BFHE 185, 434, BStBl II 2003, 54, unter 2. der Gründe). Die Aufteilung führt zu einem abgespaltenen Buchwert der Milchlieferrechte auf der einen Seite und zu einem um diesen Ansatz verminderten Buchwert des Grund und Bodens auf der anderen Seite (Aktivtausch).

22 e) Eine Bilanz, in der die Abspaltung von dem Buchwert des Grund und Bodens für ein verselbstständigtes Wirtschaftsgut Milchlieferrecht nicht berücksichtigt wurde, ist objektiv unzutreffend. Das kann in zwei Punkten der Fall sein, und zwar einerseits, wenn es an dem Ausweis eines Buchwerts für das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht fehlt, und andererseits —damit korrespondierend— wenn der Buchwert des Grund und Bodens zu hoch angesetzt ist. Fehlerhaft i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine derartige Bilanz, wenn sie aufgestellt wurde, nachdem geklärt war, dass eine Buchwertabspaltung erfolgen musste. Das war nach der Veröffentlichung der entscheidenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 185, 434, nachträglich BStBl II 2003, 54; in BFHE 190, 214, nachträglich BStBl II 2003, 61; in BFHE 192, 547, nachträglich BStBl II 2003, 64) der Fall.

23 f) Sofern danach am maßgeblichen Bilanzstichtag beide Wirtschaftsgüter noch vorhanden waren, ist die Bilanz in beiden Punkten fehlerhaft; andernfalls lediglich hinsichtlich des Bilanzansatzes für das noch vorhandene Wirtschaftsgut.

24 aa) Sind sowohl das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht als auch der Grund und Boden noch vorhanden, führt die Fehlerberichtigung zu einem Aktivtausch. Die Bilanzberichtigung hat dem entsprechend keine Gewinnauswirkung (s. oben unter II.3.c; gl.A. Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 1480).

25 bb) Ist lediglich das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht noch vorhanden, wurde jedoch der zugehörige Grund und Boden veräußert oder entnommen, so dass der Buchwert ausgebucht wurde, ist der abgespaltene Buchwert der Milchlieferrechte im Wege der Bilanzberichtigung einzubuchen. Die Einbuchung muss der Fehlerursache entsprechend —zunächst unterbliebener Aktivtausch— erfolgsneutral sein (s. oben unter II.3.c; gl.A. Felsmann, a.a.O., A Rz 1480a). Die Erhöhung des Betriebsvermögens ist deshalb außerhalb der Steuerbilanz nach Einlagegrundsätzen wieder zu neutralisieren (BFH-Urteil in BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14, unter 3. der Gründe).

26 cc) Wurden die Milchlieferrechte bereits veräußert, ohne den Buchwert abzuspalten und gegenzurechnen, und ist nur der Grund und Boden noch vorhanden, ist dessen Buchwert zwar nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen gleichwohl um den auf die Milchlieferrechte entfallenden abzuspaltenden Buchwert zu vermindern, sofern es nicht aus Billigkeitsgründen bei dem ursprünglichen Ansatz des Grund und Bodens verbleibt (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78, Rz 22). Wird aber eine Buchwertabspaltung vorgenommen, muss sie —entgegen der Auffassung des FG und der Kläger— auch in diesem Fall erfolgsneutral sein (s. oben unter II.3.c; ebenso zur Entnahme BFH-Urteil in BFHE 120, 369, BStBl II 1977, 148, unter 3. der Gründe). Die innerhalb der Bilanz gewinnwirksame Ausbuchung ist außerhalb der Steuerbilanz nach Einlagegrundsätzen zu neutralisieren (BFH-Urteil in BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14, unter 3. der Gründe).

27 aaa) Das folgt daraus, dass die Fehlerursache auch in diesem Fall der unterbliebene Aktivtausch ist, der keine Gewinnauswirkung hat. Der spätere Verkauf der Milchlieferrechte hat darauf keinen Einfluss; an dem Buchwert des —nicht veräußerten— Grund und Bodens ändert sich dadurch nichts. Die Fehlerursache ist dieselbe wie in den oben unter II.3.f aa und II.3.f bb dargelegten Fällen und kann daher ebenfalls keine Gewinnauswirkung haben.

28 Wurde bei dem Verkauf der Milchlieferrechte ein zu hoher Gewinn ausgewiesen, war dies Folge der fehlenden Gegenrechnung des (abgespaltenen) Buchwerts. Eine erfolgswirksame Nachholung der Ausbuchung dieses Buchwerts kommt jedoch nicht in Betracht. Das Wirtschaftsgut Milchlieferrecht ist nicht mehr vorhanden. Der unterbliebene Bilanzausweis des Milchlieferrechts kann daher nicht mehr nachgeholt werden, so dass eine gewinnwirksame Ausbuchung dieses Wirtschaftsguts nicht mehr möglich ist. Die auf der Buchwertabspaltung beruhende Korrektur des Buchwerts des Grund und Bodens rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil es sich dabei um ein anderes Wirtschaftsgut handelt, das noch vorhanden ist. Die Buchwertabspaltung selbst ist zwar der Grund für die Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens; sie ist jedoch erfolgsneutral und kann nicht mehr zu einer Einbuchung des bereits nicht mehr vorhandenen Milchlieferrechts führen.

29 bbb) Der Grundsatz von Treu und Glauben rechtfertigt es —entgegen der Auffassung des FG— ebenso wenig wie Billigkeitserwägungen, die oben unter II.3.c dargelegten Grundsätze zu durchbrechen und die Abspaltung und Ausbuchung des Buchwerts der in bestandskräftig veranlagter Vergangenheit veräußerten Milchlieferrechte gewinnwirksam nachzuholen.

30 (1) Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt, dass im Rechtsverkehr jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren Verhalten, auf das der andere vertraut hat, nicht in Widerspruch setzt (u.a. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 139, m.w.N.). Für einen Verstoß gegen diesen Grundsatz gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Denn der Streitfall ist mit solchen Fällen nicht vergleichbar, in denen die Richtigstellung eines Bilanzierungsfehlers versagt wird, weil der Steuerpflichtige bewusst unrichtig bilanziert hat, um Steuervorteile zu erlangen (vgl. , BFHE 155, 532, BStBl II 1989, 407, unter 4. der Gründe), oder in denen das FA dem Steuerpflichtigen unrichtige Wertansätze aufgedrängt hat (vgl. , BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456, unter I.3.c der Gründe).

31 (2) Mit Billigkeitsgründen lässt sich die Nachholung der gewinnwirksamen Ausbuchung des abgespaltenen Buchwerts der schon früher veräußerten Milchlieferrechte ebenfalls nicht rechtfertigen. Zwar trifft es zu, dass die Kläger die Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Buchwertabspaltung im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung wegen der veräußerten Milchlieferrechte nicht voraussehen konnten. Auch wenn man mit dem FG annimmt, dass sich daraus ein Anspruch auf Vertrauensschutz ergeben konnte (zum Vertrauensschutz vgl. einerseits bei der Änderung von Steuerbescheiden , BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, unter II.3. der Gründe, sowie andererseits bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung Beschluss des Großen Senats des , BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.IV.2.b der Gründe), trägt dem die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78 (Rz 22) hinreichend Rechnung.

32 Danach kann auf die Abspaltung vom Buchwert des Grund und Bodens verzichtet werden, wenn das Milchlieferrecht in einem Zeitraum, für den die Veranlagung bereits bestandskräftig durchgeführt worden ist, ohne Gegenrechnung eines abgespaltenen Buchwerts veräußert oder entnommen worden ist. Damit wird der Totalgewinn zutreffend erfasst und der Steuerpflichtige so besteuert, wie es seiner Rechtsansicht im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung durch die Veräußerung der Milchlieferrechte entsprach. Ein Anspruch auf weiterreichende Billigkeitsmaßnahmen kommt daher nicht in Betracht.

33 g) Das FA hat im Streitfall den abgespaltenen Buchwert der Milchlieferrechte insoweit gewinnmindernd berücksichtigt, als dadurch im Wirtschaftsjahr 1999/2000 der Ertrag aus der Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens neutralisiert werden konnte; im Übrigen hat es im Billigkeitswege von einer Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens abgesehen. Das ist nicht zu beanstanden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 1419 Nr. 8
EStB 2010 S. 250 Nr. 7
StuB-Bilanzreport Nr. 14/2010 S. 553
FAAAD-44640