BGH Beschluss v. - VII ZB 92/07

Leitsatz

[1] 1. a) Die einem Landwirt nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom zugewiesenen Zahlungsansprüche sind als sonstige Vermögensrechte nach § 857 ZPO grundsätzlich pfändbar.

b) Die einem Landwirt aus der nationalen Reserve nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 zugewiesenen Zahlungsansprüche sind innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ab ihrer Zuweisung nach § 857 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar.

c) § 851 a ZPO ist auf die Pfändung von derartigen Zahlungsansprüchen nicht anwendbar.

2. a) Die Verwertung eines gepfändeten Zahlungsanspruchs kann dadurch erfolgen, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach § 857 Abs. 5 ZPO die Veräußerung anordnet.

b) Die Überweisung eines gepfändeten Zahlungsanspruchs zur Einziehung setzt entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 voraus, dass der Gläubiger den Zahlungsanspruch selbst aktivieren kann, er also selbst Betriebsinhaber im Sinne der Verordnung ist und eine landwirtschaftliche Fläche in der selben Region bewirtschaftet, für die der Zahlungsanspruch zugewiesen worden ist.

Gesetze: ZPO § 835; ZPO § 851 Abs. 1; ZPO § 851 a; ZPO § 857; VO (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom

Instanzenzug: AG Neuruppin, 71 M 1231/06 vom LG Neuruppin, 5 T 41/07 vom

Gründe

I.

Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen aus zwei Urteilen und zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Er hat beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Schuldner erwirkt, mit dem unter anderem

"... sämtliche dem Schuldner nach der GAP-Agrarreform entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom , des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom und der jeweils dazu erlassenen Durchführungsverordnungen zugewiesenen Zahlungsansprüche ..."

gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurden.

Gegen diesen Teil des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat unter anderem der Schuldner Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und die Erinnerung des Schuldners zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.

Das Beschwerdegericht führt aus, die Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner nach der GAP-Agrarreform entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom (VO (EG) Nr. 1782/2003), des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom (BetrPrämDurchfG) und der jeweils dazu erlassenen Durchführungsverordnungen seien pfändbar. Die Zahlungsansprüche seien mit der in Art. 46 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 enthaltenen Einschränkung zwischen den Betriebsinhabern frei handelbar. Der Gläubiger sei Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 lit. a VO (EG) Nr. 1782/2003, was er durch Vorlage der Anmeldung einer Unternehmernummer für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und eines Pachtvertrages über 0,5 ha Grünlandnutzflächen zur Bewirtschaftung jeweils in Ablichtung nachgewiesen habe. Auch verfüge der Gläubiger über landwirtschaftliche Flächen im betroffenen Förderungsgebiet B. , was sich aus dem vorgelegten Pachtvertrag über landwirtschaftliche Nutzfläche mit einer Größe von 2,48 ha in B. ergebe. Nach § 2 Abs. 2 BetrPrämDurchfG reiche es zur Förderung aus, wenn bewirtschaftete Flächen sich in derselben Region befänden, auch wenn der Sitz des Unternehmens in einem anderen Bundesland liege. Entsprechend knüpfe die regionale Förderung an die Lage der Fläche und nicht an den Sitz des landwirtschaftlichen Betriebes an. In welcher Region die Fläche liege, sei dabei nur für die Höhe der Prämie von Bedeutung.

III.

Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Betriebsprämie (gemeint ist der Zahlungsanspruch) sei nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003 unpfändbar. Die Betriebsprämie sei nicht an den Gläubiger abtretbar. Der Gläubiger sei entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kein Betriebsinhaber, an den allein eine Abtretung erfolgen könne. Der Gläubiger habe nicht substantiiert dargelegt, dass er eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Darüber hinaus seien die Zahlungsansprüche unpfändbar wegen der Zweckbindung der Betriebsprämie, wie sie sich aus Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 und den Zielen der Verordnung ergebe. Die Prämien seien streng an den Zweck geknüpft, landwirtschaftliche Flächen in förderungsfähiger Weise zu bewirtschaften. Diese Zweckbindung würde durch eine Abtretung der Prämie an den Gläubiger gestört. Die Rechtsbeschwerde macht ferner geltend, die Unpfändbarkeit ergebe sich aus § 851 a ZPO. Sinn und Zweck der VO (EG) Nr. 1782/2003 einerseits und des § 851 a ZPO andererseits würden trotz der Entkoppelung der Zahlungen eine Erstreckung des bisherigen Pfändungsschutzes auch auf die Neuregelung der Subventionsgewährung erfordern. Zudem liege eine Überpfändung vor. Der Wert der Betriebsprämie betrage ein Vielfaches des jährlichen Auszahlungsanspruchs. Angesichts dessen, dass der Gläubiger selbst die Betriebsprämien allenfalls insoweit einlösen könne, als sie der von ihm gepachteten Fläche von 2,48 ha entsprächen, liege in der Pfändung der übrigen Zahlungsansprüche (62,0103 ha) gleichzeitig ein Verstoß gegen das Verbot der zwecklosen Pfändung.

IV.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat nur teilweise Erfolg. Die Pfändung der Zahlungsansprüche ist mit der Maßgabe wirksam, dass von ihr solche Zahlungsansprüche ausgenommen sind, die nach Art. 42 Abs. 8 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht übertragbar sind. Ob die Überweisung der Zahlungsansprüche zur Einziehung (teilweise) wirksam ist, bedarf weiterer Aufklärung.

1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht ohne weiteres davon aus, dass die Pfändbarkeit von Zahlungsansprüchen eines Landwirts nach der Agrarreform entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom nach § 857 ZPO zu beurteilen ist. Als Vermögensrecht pfändbar sind Rechte aller Art, die einen Vermögenswert derart verkörpern, dass die Pfandverwertung zur Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers führen kann ( m.w.N., MDR 2007, 485). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die gepfändeten Zahlungsansprüche vor. Solche Zahlungsansprüche werden nach der VO (EG) Nr. 1782/2003, dem Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie vom (BetrPrämDurchfG) und den jeweils dazu erlassenen Durchführungsverordnungen zugeteilt oder anderweitig erworben. Bei den Zahlungsansprüchen handelt es sich nicht um Geldforderungen im Sinne des § 829 ZPO. Sie stellen eine Berechtigung dar, unter bestimmten Voraussetzungen die Forderung auf Betriebsprämie geltend machen zu können (Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2005, 80, 81). Zahlungsansprüche sind unter bestimmten Voraussetzungen übertragbar, vgl. Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003. Sie können auch ohne eine gleichwertige Hektarzahl beihilfefähiger Flächen veräußert werden. Ein Handel mit ihnen ist konzeptionell vorgesehen und findet auch statt (vgl. Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 118 f.). Sie haben deshalb, wie auch die einem Milcherzeuger zustehende Anlieferungs-Referenzmenge (vgl. , aaO), einen Markt- und Vermögenswert. Diesen Vermögenswert kann der Gläubiger derart realisieren, dass er die Zahlungsansprüche pfändet und sich zur Einziehung überweisen lässt, soweit er die Zahlungsansprüche als Betriebsinhaber aktivieren kann (vgl. dazu unten 8.). Andernfalls kann die Verwertung dadurch erfolgen, dass auf Antrag des Gläubigers das Vollstreckungsgericht gemäß § 857 Abs. 5 ZPO den Verkauf der gepfändeten Zahlungsansprüche anordnet. Der Erlös aus dem Verkauf wird sodann an den Gläubiger ausgekehrt.

2. Die Unpfändbarkeit der Zahlungsansprüche kann auch nicht damit begründet werden, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Befugnis handelt, die zur Geltendmachung von Betriebsprämien berechtigt. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom (VII ZB 92/05, aaO) darauf hingewiesen, dass übertragbare und als verkehrsfähig ausgestaltete öffentlich-rechtliche Befugnisse, Rechte geltend zu machen, nicht mit bloßen Handlungsmöglichkeiten vergleichbar sind, deren Nutzung dem Bürger ansonsten garantiert ist.

3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht angenommen, der Gläubiger sei Betriebsinhaber und somit zur Pfändung berechtigt. Für die Pfändung kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 ist. Die Pfändung der Zahlungsansprüche hängt entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts und der Rechtsbeschwerde (wohl auch Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 121) nicht von dieser Voraussetzung ab.

a) Das Beschwerdegericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass ein Vermögensrecht in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen ist, als es übertragbar ist, § 857 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 851 Abs. 1 ZPO. Richtig nimmt das Beschwerdegericht auch an, dass nach Art. 46 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ein gesetzliches Übertragungsverbot derart besteht, dass Zahlungsansprüche nur an andere Betriebsinhaber innerhalb desselben Mitgliedstaates übertragen werden können, ausgenommen im Falle der Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge. Das Beschwerdegericht berücksichtigt jedoch nicht, dass eine gesetzliche Einschränkung der Übertragbarkeit einer Forderung oder eines Vermögensrechts nicht zwingend ein Pfändungsverbot nach § 851 Abs. 1 ZPO bewirkt. Diese Vorschrift stellt allein darauf ab, ob eine Forderung als solche nicht übertragbar ist. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Abtretung kraft Gesetzes schlechthin verboten ist oder wenn der Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung ändern oder deren rechtliche Zweckbindung vereiteln würde (, BauR 1978, 499; Urteil vom - IVb ZR 33/84, BGHZ 94, 316). Hingegen genügt es für § 851 Abs. 1 ZPO nicht ohne weiteres, wenn eine Forderung ihrem Inhalt und ihrer Zweckbestimmung nach übertragbar ist und lediglich bestimmten Gläubigern die Abtretung verboten oder diese nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet wird. In derartigen Fällen kann erst eine Auslegung des beschränkenden Gesetzes ergeben, ob es sich zwingend auch gegen eine Pfändbarkeit richtet (, BGHZ 141, 173, 176 f.; Beschluss vom - VII ZB 92/05, MDR 2007, 485).

Auf dieser Grundlage hat der Senat bereits die Pfändung der dem Milcherzeuger zustehenden Anlieferungs-Referenzmenge nicht nach § 851 Abs. 1 ZPO als ausgeschlossen gesehen, obwohl sie grundsätzlich nur innerhalb bestimmter Bereiche und nur an einen Übernehmer übertragbar ist, der entweder selbst oder durch seinen Ehegatten Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käufer liefert oder mit der Milchlieferung beginnt, § 7 Abs. 5, § 8 Abs. 3 MilchAbgV in der Fassung der Bekanntmachung vom . Er hat das damit begründet, die von der Milchabgabenverordnung vorgenommene Einschränkung der Übertragungsmöglichkeit der Anlieferungs-Referenzmenge finde ihren Grund darin, dass eine Referenzmenge nur Milcherzeugern zustehen dürfe, sie also an einen Milch erzeugenden Betrieb gebunden sei. Damit solle verhindert werden, dass Referenzmengen nicht zur Erzeugung oder Vermarktung von Milch, sondern dazu verwendet werden, unter Ausnutzung ihres Marktwertes rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen. Diese Zielsetzung der Milchabgabenverordnung werde durch die Pfändung der Anlieferungs-Referenzmenge nicht beeinträchtigt. Eine Verwertung durch den Gläubiger könne allein dadurch erfolgen, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach § 857 Abs. 5 ZPO den Verkauf an der Verkaufsstelle anordne. Eine Überweisung zur Einziehung durch den Gläubiger sei nicht möglich, weil das zu einer Umgehung des Verkaufsstellenzwanges führen würde. Damit sei gewährleistet, dass auch im Falle ihrer Pfändung eine Anlieferungs-Referenzmenge ausschließlich einem Milcherzeuger zukomme (, aaO).

b) Aus ähnlichen Erwägungen steht § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung von Zahlungsansprüchen durch solche Gläubiger nicht entgegen, die nicht Betriebsinhaber sind. Das Verbot der Übertragung von Zahlungsansprüchen an andere als Betriebsinhaber dient dazu, den Zweck der Zahlungsansprüche sicherzustellen. Zahlungsansprüche wurden gemäß Art. 43 VO (EG) Nr. 1782/2003 damaligen Betriebsinhabern für beihilfefähige Flächen auf ihren Antrag zugeteilt, der bis zum zu stellen war, Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003. Je Hektar Fläche erhielt der Betriebsinhaber grundsätzlich einen Zahlungsanspruch, der sich nach Art. 43 VO (EG) Nr. 1782/2003 errechnete. Die Zahlungsansprüche sind jedoch nicht an bestimmte Flächen oder an eine konkrete landwirtschaftliche Nutzung gebunden (, NJW-RR 2007, 1279). Sie werden genutzt, indem sie durch Beantragung einer jährlichen Betriebsprämie "aktiviert" werden. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich, sieht man von dem Zahlungsanspruch für Stilllegung ab, dass der antragstellende Betriebsinhaber für jeden Zahlungsanspruch einen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche bewirtschaftet. Der antragstellende Betriebsinhaber kann dabei auf ursprünglich zugeteilte oder auf anderweitig erworbene Zahlungsansprüche zurückgreifen. Die Möglichkeit, auf anderweitig erworbene Zahlungsansprüche zurückzugreifen, wird ihm dadurch eröffnet, dass er diese gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 erwerben kann. Voraussetzung ist jedoch, dass er Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 lit. a VO (EG) Nr. 1782/2003 ist. Die Beschränkung der Übertragbarkeit auf Betriebsinhaber verhindert, dass Personen Zahlungsansprüche erwerben, die diese der vorgesehenen Nutzung nicht zuführen können. Damit wird - wie durch die Übertragungsbeschränkung der Anlieferungs-Referenzmenge - verhindert, dass die Zahlungsansprüche nur unter Ausnutzung des Marktwertes dazu erworben werden, um rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen (vgl. , aaO). Letztlich soll auch, wie sich aus Nr. 30 der Erwägungsgründe zur VO (EG) Nr. 1782/2003 herleiten lässt, eine Akkumulierung von Zahlungsansprüchen ohne entsprechende landwirtschaftliche Basis verhindert werden, die spekulativen Übertragungen Vorschub leisten könnte.

Dieser mit der eingeschränkten Übertragbarkeit von Zahlungsansprüchen verfolgte Zweck wird nicht dadurch berührt, dass Zahlungsansprüche durch Gläubiger pfändbar sind, die nicht Betriebsinhaber sind. Das Pfandrecht des Gläubigers an den Zahlungsansprüchen führt nicht dazu, dass diese ihrer vorgesehenen Nutzung entzogen oder in einer Weise verwendet werden können, die mit dem in der VO (EG) Nr. 1782/2003 verfolgten Förderzweck nicht vereinbar wäre. Ist der Gläubiger selbst Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003, so kann er sich die Zahlungsansprüche in dem Umfang zur Einziehung überweisen lassen, in dem er sie aktivieren kann. In diesem Fall muss er im Erinnerungsverfahren nachweisen, dass er die Voraussetzungen für den Erhalt der Betriebsprämie erfüllt. Ist der Gläubiger nicht selbst Betriebsinhaber, kann er die Zahlungsansprüche nur so verwerten, dass er sie in einer mit Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003 und den dazu ergangenen Gesetzen und Verordnungen vereinbaren Weise übertragen lässt. Das Vollstreckungsgericht kann auf seinen Antrag die Veräußerung der Zahlungsansprüche an andere Betriebsinhaber anordnen, § 857 Abs. 5 ZPO. Gelingt die Übertragung an andere Betriebsinhaber, steht das in Übereinstimmung mit dem von der VO (EG) Nr. 1782/2003 verfolgten Förderzweck. Denn dadurch wird erreicht, dass die Zahlungsansprüche ihrem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechend durch den Erwerber aktiviert werden können.

4. Die Pfändung der Zahlungsansprüche ist allerdings nach § 851 Abs. 1 i.V.m. § 857 Abs. 1 ZPO zu beschränken, soweit es sich um aus der nationalen Reserve nach Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugewiesene Zahlungsansprüche handelt. Diese sind, außer im Falle der Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge, für einen Zeitraum von fünf Jahren, der mit ihrer Zuweisung beginnt, nicht übertragbar, Art. 42 Abs. 8 VO (EG) Nr. 1782/2003, und damit in diesem Zeitraum auch nicht pfändbar, § 851 Abs. 1 ZPO (so auch Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 121). Diese Pfändungsbeschränkung ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Pfändungsbeschluss ist deshalb dahin zu ändern, dass diese Zahlungsansprüche ausgenommen sind.

5. Die Pfändung der Zahlungsansprüche kann nicht deshalb für unwirksam gehalten werden, weil damit einem Betriebsinhaber die Möglichkeit entzogen würde, Betriebsprämien zu beantragen, und - wie die Rechtsbeschwerde anführt - dadurch der Zweck der Zahlungsansprüche verfehlt würde. Die Beihilferegelung nach der Agrarreform bezweckt nicht eine dauerhaft individuelle Förderung solcher Landwirte, denen Zahlungsansprüche einmal zugeteilt worden sind oder die Zahlungsansprüche anderweitig erworben haben. Vielmehr sind die Zahlungsansprüche nur Voraussetzung für den Anspruch auf Betriebsprämie. Diese wird dafür gewährt, dass ein beliebiger Betriebsinhaber im öffentlichen Interesse Grundanforderungen für eine Erzeugung einhält oder die Flächen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhält (vgl. , NJW-RR 2007, 1279).

6. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 851 a ZPO nicht geprüft. Es kommt nicht darauf an, dass diese Rüge - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung richtig sieht - nicht ordnungsgemäß ausgeführt ist, weil weder dargetan ist, dass der Schuldner im Erinnerungsverfahren die Voraussetzungen des § 851 a Abs. 1 ZPO vorgebracht hätte, noch dass diese Voraussetzungen von Amts wegen gemäß § 851 a Abs. 2 ZPO zu prüfen gewesen wären. Denn § 851 a ZPO ist auf die Pfändung von Zahlungsansprüchen im Sinne von Art. 43 ff. VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht anwendbar.

a) Nach § 851 a ZPO ist die Pfändung von Forderungen, die einem die Landwirtschaft betreibenden Schuldner aus dem Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zustehen, auf seinen Antrag vom Vollstreckungsgericht insoweit aufzuheben, als die Einkünfte zum Unterhalt des Schuldners, seiner Familie und seiner Arbeitnehmer oder zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wirtschaftsführung unentbehrlich sind. Zu den Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind auch solche Forderungen gezählt worden, die den Kaufpreis ergänzen bzw. an dessen Stelle treten (so für Ausgleichszahlungen im Rahmen der EG-Getreidepreisharmonisierung OLG Schleswig, RdL 21 (1969), 240, 241; zustimmend MünchKommZPO/Smid, 3. Auflage, § 851 a Rdn. 3; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Auflage, § 851 a Rdn. 2; Lüke in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Auflage, § 851 a Rdn. 4).

b) Die Pfändung von Zahlungsansprüchen ist nicht nach § 851 a i.V.m. § 857 Abs. 1 ZPO beschränkt. Zahlungsansprüche nach Art. 43 ff. VO (EG) Nr. 1782/2003 sind keine Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Sie können auch nicht wie solche Forderungen behandelt werden.

aa) Allerdings ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass der Zahlungsanspruch Grundlage für die jährliche Betriebsprämie ist und diese unter anderem auch dem finanziellen Ausgleich für niedrige Preise im Agrarbereich und damit mittelbar der Ergänzung der Verkaufserlöse der Landwirte dient (vgl. Erwägungsgrund Nr. 24 der VO (EG) Nr. 1782/2003). Anders als Beihilfen, die produktionsabhängig gezahlt werden, steht die Betriebsprämie jedoch in keinem Zusammenhang mehr mit dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte (so bereits LG Koblenz, Agrar- und Umweltrecht 2006, 253; zustimmend Haertlein/Müller, GPR 2006, 148, 149; Schmitte, Agrar- und Umweltrecht 2007, 116, 121). Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union durch die VO (EG) Nr. 1782/2003 hat eine Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion und damit auch vom Verkauf landwirtschaftlicher Produkte stattgefunden (Erwägungsgrund Nr. 24 der VO (EG) Nr. 1782/2003; Schmitte, MittBayNot 2004, 95). Die Höhe der entkoppelten Betriebsprämie bestimmt sich zwar für eine Übergangszeit nach einem Kombinationsmodell teilweise nach der Höhe der in der Vergangenheit erhaltenen Direktzahlungen. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Rechengröße (vgl. Art. 37, 38, 43 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 BetrPrämDurchfG; LG Koblenz, aaO).

bb) Nach § 851 a ZPO kann kein Pfändungsschutz gewährt werden, der den Anspruch auf Zahlung der derart ausgestalteten Betriebsprämie betrifft. Der Gesetzgeber hat den Schutz der Landwirte lediglich dahingehend geregelt, dass die Pfändung von Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse beschränkt wird. Damit hat er keinen umfassenden Pfändungsschutz für Landwirte derart vorgesehen, dass staatliche Einkommensbeihilfen der Pfändung unter den Voraussetzungen des § 851 a ZPO unterworfen wären. Auch wenn im Zeitpunkt der Regelung, die an § 37 der Erbhofrechtsverordnung vom und sich anschließende Länderregelungen anknüpfte (BT-Drucksache 1/3284 S. 20 f.), die Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte die Haupteinnahmequelle der Landwirte gewesen sein mögen und beabsichtigt gewesen sein mag, den Landwirten, ähnlich wie einem Arbeitnehmer (vgl. Funk, RdL 1951, 109, 112), einen umfassenden Schutz in Verbindung mit § 811 Nr. 4 ZPO zukommen zu lassen, kann die Regelung nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Anspruch auf eine staatliche Beihilfe, die vom Verkauf landwirtschaftlicher Produkte vollständig abgekoppelt ist, den Forderungen aus diesem Verkauf gleichsteht. Eine so extensive Auslegung der Vorschrift entfernt sich derart weit von dem Wortlaut und dem von ihm erfassten wirtschaftlichen Hintergrund, dass sie, auch unter dem Gesichtspunkt des in der Zwangsvollstreckung geltenden Grundsatzes der Formstrenge, nicht mehr zu rechtfertigen ist.

7. Unbegründet ist die Rüge, das Beschwerdegericht habe nicht festgestellt, dass eine Überpfändung nach § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorliege. Die Rechtsbeschwerde hat nicht dargelegt, dass das Beschwerdegericht insoweit einen Verfahrensfehler begangen hätte. Ein Verstoß gegen § 803 Abs. 2 ZPO liegt aus den dargelegten Gründen nicht vor.

8. Während der Pfändungsbeschluss nach alldem mit der vorgenommenen Einschränkung aufrechterhalten bleiben kann und die Rechtsbeschwerde des Schuldners insoweit zurückzuweisen ist, unterliegt der Teil des angefochtenen Beschlusses der Aufhebung, mit dem die gepfändeten Vermögensrechte dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind. Insoweit ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

a) Die Verwertung eines Zahlungsanspruches kann dadurch erfolgen, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die Veräußerung anordnet, § 857 Abs. 5 ZPO. Diesen Antrag hat der Gläubiger nicht gestellt.

b) Er hat vielmehr beantragt, ihm die Zahlungsansprüche zur Einziehung zu überweisen. Eine solche Verwertung ist auch möglich, § 857 Abs. 1 i.V.m. §§ 835 f. ZPO. Voraussetzung für eine Überweisung zur Einziehung eines Vermögensrechts ist, dass nach der Struktur des materiellen Rechts ein anderer als der Schuldner selbst das Recht ausüben kann oder dass, wenn die Ausübung des Rechts einem bestimmten Personenkreis vorbehalten ist, der Gläubiger diesem Kreis angehört (MünchKommZPO/Smid, 3. Auflage, § 857 Rdn. 46; vgl. Kormann, ZZP 41 (1911), 330, 349 f.). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn der Gläubiger die Zahlungsansprüche selbst aktivieren kann. Das ist der Fall, wenn er - wie sich aus der Verordnung ergibt, Art. 46 i.V.m. Art. 58, 59, 63 VO (EG) Nr. 1782/2003, vgl. auch § 2 BetrPrämDurchfG - Betriebsinhaber im Sinne der Verordnung ist und eine landwirtschaftliche Fläche in der Region bewirtschaftet, für die die Zahlungsansprüche zugewiesen worden sind. Dabei müssen sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend entschieden hat, Betriebssitz und die bewirtschafteten Flächen nicht in derselben Region befinden.

c) Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, dass der Gläubiger Betriebsinhaber im Sinne der VO (EG) Nr. 1782/2003 ist.

aa) Nach Art. 2 lit. a, c VO (EG) Nr. 1782/2003 ist ein Betriebsinhaber eine natürliche oder juristische Person, deren Betrieb sich im Gemeinschaftsgebiet befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt, worunter die Erzeugung, die Zucht oder der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu verstehen ist. Dabei muss der Betriebsinhaber eine Mindestfläche von 0,3 ha bewirtschaften (Art. 12 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom , § 10 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vom ).

bb) Das Beschwerdegericht setzt sich nicht ausdrücklich mit der streitigen Behauptung des Schuldners auseinander, der Gläubiger bewirtschafte die von ihm gepachteten Flächen nicht. Es will wohl mittelbar auf eine solche Bewirtschaftung schließen, weil der Gläubiger die Unternehmernummer für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und die Pachtverträge vorgelegt hat. Dieser Schluss ist jedenfalls unter den gegebenen Umständen nicht zulässig. Die Urkunden belegen lediglich, dass der Gläubiger einen landwirtschaftlichen Betrieb angemeldet hat und dass er zur landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehene Flächen gepachtet hat. Sie geben keine Auskunft darüber, dass er selbst oder durch Hilfspersonen diese Flächen tatsächlich bewirtschaftet. Das Beschwerdegericht wird mit seiner Würdigung dem Vorbringen des Schuldners nicht gerecht, der Gläubiger habe mit der Zuteilung der Unternehmernummer und mit der Anpachtung der Flächen nur formal die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung schaffen wollen. Dafür spricht deutlich der äußere Anschein. Der Gläubiger ist Unternehmensberater. Er hat sich die Unternehmernummer erst kurz vor Beantragung des Pfändungsbeschlusses zuteilen lassen. Auch der Pachtvertrag über die Grünfläche in N. ist erst acht Monate vorher geschlossen worden. Es ist überdies eine sehr kleine, aber formal noch ausreichende Fläche, deren Kosten gering sind. Erst nachdem er durch den Beschluss des Amtsgerichts darauf hingewiesen worden ist, dass dieses Vorgehen nicht ausreicht, die Voraussetzungen für eine Pfändung zu schaffen, hat er ausweislich eines vorgelegten Pachtvertrages vom eine weitere Fläche in B. hinzugepachtet. Dieser Pachtvertrag, der ebenfalls verhältnismäßig geringe Kosten ausweist, ist befristet auf ein Jahr. Wenn sich das Beschwerdegericht bei seiner Beweiswürdigung allein mit der Urkundenlage begnügt, so blendet es dabei die denkgesetzlich naheliegende Möglichkeit vollständig aus, dass der Gläubiger die angepachteten Flächen nicht selbst bewirtschaftet oder auf sein Risiko bewirtschaften lässt. Dazu trifft es auch keine Feststellungen. Der Hinweis des Beschwerdegerichts, immerhin habe die zuständige Kreisstelle dem Gläubiger eine Unternehmernummer zugeteilt, lässt zudem besorgen, dass es den Vortrag des Schuldners übergangen hat, die Kreisstelle prüfe nicht, ob zur landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehene Flächen tatsächlich bewirtschaftet würden.

cc) Dieser Verfahrensfehler nötigt dazu, den Beschluss insoweit aufzuheben, als die Zahlungsansprüche dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind.

d) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Beschwerdegericht folgendes zu berücksichtigen haben:

aa) Der Gläubiger muss über eine landwirtschaftliche Fläche in der Region B. -B. verfügen. Die im vorgelegten Pachtvertrag vorgesehene Pachtdauer war im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts bereits abgelaufen.

bb) Sollte der Gläubiger Betriebsinhaber im Sinne der VO (EG) Nr. 1782/2003 sein und über landwirtschaftliche Fläche in der Region B. -B. verfügen, wäre eine Überweisung der gepfändeten Zahlungsansprüche zur Einziehung möglich, soweit der Gläubiger die Zahlungsansprüche selbst aktivieren kann. Dies setzt nach Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 voraus, dass der Gläubiger pro gepfändetem Zahlungsanspruch über je einen Hektar beihilfefähiger Fläche verfügt. Eine Überweisung zur Einziehung darüber hinaus bestehender Zahlungsansprüche kommt nicht in Betracht.

cc) Sollte der Gläubiger nicht Betriebsinhaber sein oder nicht über landwirtschaftliche Fläche in der Region B. -B. verfügen, wären die gepfändeten Zahlungsansprüche zu Unrecht zur Einziehung überwiesen worden. Der Überweisungsbeschluss wäre insoweit aufzuheben. In diesem Fall steht es dem Gläubiger offen, einen Antrag auf anderweitige Verwertung in Form der Veräußerung nach den §§ 857 Abs. 5, Abs. 1, 844 ZPO zu stellen.

Das gleiche gilt für die gepfändeten Zahlungsansprüche, soweit der Gläubiger nicht über ausreichend beihilfefähige Fläche in der Region B. -B. verfügt.

Fundstelle(n):
CAAAC-97703

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja