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infoCenter (Stand: Juli 2019)

Geschäftsveräußerung im Ganzen

Bodo Ebber

Dieser Beitrag wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition der Geschäftsveräußerung im Ganzen

[i]

Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer, d.h. sie sind nicht steuerbar. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers, § 1 Abs. 1a UStG. Der Erwerber hat keinen Vorsteueranspruch und übernimmt im Hinblick auf § 15a UStG die Stellung des Veräußerers.

II. Voraussetzungen

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • Unternehmen oder gesondert geführter Betrieb (Teilbetrieb),

  • Veräußerung der wesentlichen Grundlagen,

  • Übereignung oder Einbringung im Ganzen,

  • entgeltlich oder unentgeltlich,

  • an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen.

  • Absicht, den Betrieb fortzuführen.

1. Unternehmen

Das Unternehmen muss mit seinen wesentlichen Grundlagen im Ganzen übereignet oder eingebracht werden, so dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortsetzen kann. Welches die wesentlichen Grundlagen sind, richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Übereignung.

  • Veräußerung des gesamten Unternehmens

    Die Veräußerung eines vermieteten Grundstücks an einen die Vermietung fortführenden Erwerber ist regelmäßig eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG, wenn das veräußerte Grundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war.

    Gehören zu den wesentlichen Grundlagen nicht eigentumsfähige Güter, z.B. Gebrauchs- und Nutzungsrechte an Sachen, Forderungen, Dienstverträge, Geschäftsbeziehungen, so muss der Unternehmer diese Rechte auf den Erwerber übertragen, soweit sie für die Fortführung des Unternehmens erforderlich sind.

    Wird das Unternehmen bzw. der Betrieb in gepachteten Räumen und mit gepachteten Maschinen unterhalten, so gehört das Pachtrecht zu den wesentlichen Grundlagen. Dieses Pachtrecht muss der Veräußerer auf den Erwerber übertragen, indem er ihm die Möglichkeit verschafft, mit dem Verpächter einen Pachtvertrag abzuschließen, so dass der Erwerber die dem bisherigen Betrieb dienenden Räume usw. unverändert nutzen kann.

    Eine Übereignung in mehreren Akten ist dann als eine Geschäftsveräußerung anzusehen, wenn die einzelnen Teilakte in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und der Wille auf Erwerb des Unternehmens gerichtet ist.

  • Veräußerung durch einen (einzigen) Unternehmer

    Nach der neueren Rechtsprechung des BFH müssen die wesentlichen Betriebsgrundlagen durch einen (einzigen) Unternehmer auf den Erwerber übertragen werden.

    Werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen dagegen von mehreren verschiedenen Unternehmern auf einen Unternehmer übertragen, liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Das ergibt sich u.a. daraus, dass nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG „der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers“ tritt – also jeweils der Singular verwendet wird. In dem der BFH-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Pächter eine Gaststätte gepachtet. Im Anschluss an die Kündigung des Pachtvertrages veräußerte der Pächter das nur zum Teil ihm gehörende Inventar an den neuen Pächter, im Übrigen erfolgte eine Anpachtung vom Verpächter. Nach Auffassung des BFH ist eine Zusammenfassung des Übergangs des Pachtvertrages und der Übertragung des Teil-Inventars zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen unzulässig.

    Wird allerdings das nahezu gesamte Inventar (nur) vom bisherigen Pächter veräußert, so steht es der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht entgegen, dass der Erwerber die für den Betrieb zwingend notwendige Gaststätte selbst von dem Eigentümer der Immobilie anmieten muss.

  • Veräußerung eines gesondert geführten Betriebes (Teilbetrieb)

    Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet hat, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Soweit einkommensteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird, kann umsatzsteuerrechtlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden.

    Bei der Abgrenzung der Eigenständigkeit des Teilbetriebs im Verhältnis zum Gesamtbetrieb sind folgende Merkmale von Bedeutung:

    • separate Buchhaltung

    • personelles Eigenleben

    • eigene Mietpreisgestaltung

    • eigenständige Hausverwaltung

    Ein vermietetes Grundstück ist ein wirtschaftlich selbständiger Teilbetrieb. Tritt der Erwerber in die Mietverträge ein, kann er grundsätzlich die unternehmerische Tätigkeit ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortsetzen. Mit einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück kann im Regelfall keine selbständige Tätigkeit fortgeführt werden. Gleiches gilt, wenn Gegenstand der Übertragung ein zu bebauendes Grundstück ist, das der Veräußerer unter der Bedingung der Fertigstellung des Bauvorhabens vermietet hat.

    Überträgt ein Veräußerer ein verpachtetes Geschäftshaus und setzt der Erwerber die Verpachtung nur hinsichtlich eines Teils des Gebäudes fort, liegt hinsichtlich dieses Grundstücksteils eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Dies gilt unabhängig davon ob der verpachtete Grundstücksteil zivilrechtlich selbständig ist.

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