BMF - IV B 2 - S 1304/17/10001 BStBl 2018 I S. 1122

Merkblatt zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt für das internationale Verständigungs- und Schiedsverfahren auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen folgendes Merkblatt:

A. Allgemeines

1 Allgemeines zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren

1.1 Rechtsnatur und Rechtsgrundlage

1.1.1 Internationale Verständigungs- und Schiedsverfahren sind zwischenstaatliche Verfahren zur übereinstimmenden Anwendung der DBA oder des Übereinkommens vom Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (s. BGBl 1993 II S. 1308, BStBl 1993 I S. 818 und BGBl 1995 II S. 84, BStBl 1995 I S. 166 – Schiedskonvention –).

1.1.2 Rechtsgrundlage sind die Verständigungsklauseln der DBA (vgl. Art. 25 OECD-MA) oder die Art. 6 ff. der Schiedskonvention. Sie enthalten Bestimmungen, nach denen die zuständige Behörde in Deutschland mit den zuständigen Behörden anderer Staaten unmittelbar verkehren kann, um eine Einigung über Einzelfälle herbeizuführen, die die Besteuerung in Deutschland oder in einem anderen Staat betreffen. Die Schiedskonvention betrifft nur die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen und die Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten. Nach den Verständigungsklauseln der DBA kann darüber hinaus auch über allgemeine Fragen eine Einigung zwischen den zuständigen Behörden herbeigeführt werden.

1.1.3 Die Schiedskonvention ist im Verhältnis zu Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, der Slowakischen Republik, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern anzuwenden (zur Anwendung im Verhältnis zu Österreich, Finnland und Schweden siehe Übereinkommen vom , ABl. EG 96/C 26/01, BGBl 1999 II S. 1010 und BGBl 2006 II S. 575; zur Anwendung im Verhältnis zu Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakischer Republik, Slowenien, Tschechischer Republik, Ungarn und Zypern siehe Übereinkommen vom , ABl. EU 2005/C 160/1, BGBl 2006 II S. 554, BGBl 2007 II S. 754 und BGBl 2011 II S. 952; zur Anwendung im Verhältnis zu Bulgarien und Rumänien siehe Beschluss des Rates vom , ABl. EU 2008/L 174/1; zur Anwendung im Verhältnis zu Kroatien siehe Beschluss des Rates vom , ABl. EU 2014/L 358/19).

Das Protokoll vom zur Änderung der Schiedskonvention (s. BGBl 1999 II S. 1082 und 2005 II S. 635) ist am in Kraft getreten. Die Schiedskonvention ist danach rückwirkend zum auf unbestimmte Zeit verlängert worden.

1.1.4 Die Verständigungsklauseln der DBA und die Schiedskonvention sind durch die Zustimmungsgesetze unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden und gehen gemäß § 2 AO den deutschen Steuergesetzen vor.

1.2 Verständigungsklauseln nach DBA und Schiedskonvention

1.2.1 Die Verständigungsklauseln der DBA sehen in der Regel vor, dass

  • ein Verständigungsverfahren eingeleitet werden kann, wenn eine Person dies beantragt und darlegt, dass Maßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führen oder führen werden, und dem durch Maßnahmen des betreffenden Staates nicht abgeholfen werden kann (Verständigungsverfahren im engeren Sinn);

  • Verständigungsverfahren allgemein eingeleitet werden können, um Schwierigkeiten oder Zweifel zu beseitigen, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen; hierzu kann auch ein Einzelfall Anlass bieten oder Gegenstand sein, z. B. wenn Anweisungen oder Richtlinien der ausländischen Finanzverwaltung vorliegen, die zu einer abkommenswidrigen Besteuerung führen können (Konsultationsverfahren);

  • Verständigungsverfahren auch über vertraglich nicht geregelte Fragen eingeleitet werden können, z. B. zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in Fällen, die in dem betreffenden DBA nicht geregelt sind.

Ein Verständigungsverfahren kann auch dann eingeleitet werden, wenn ein bestehendes DBA ein Verständigungsverfahren der betreffenden Art nicht vorsieht. Die Entscheidung hierüber obliegt dem BMF.

Zu beachten ist, dass die Verständigungsklauseln der DBA regelmäßig – im Unterschied zu dem Verfahren nach der Schiedskonvention – keinen Einigungszwang vorsehen.

1.2.2 Die Verständigungsklausel der Schiedskonvention (Art. 6) sieht ein Verständigungsverfahren im engeren Sinn nur zu Fragen der Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen und der Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten vor. Scheitert dieses Verständigungsverfahren (sog. Phase I der Schiedskonvention), wird es zwingend ins Schiedsverfahren übergeleitet (sog. Phase II der Schiedskonvention).

Die Frage des Bestehens einer Betriebsstätte ist nicht Gegenstand eines Verfahrens nach der Schiedskonvention.

1.3 Verfahrensgegenstand und Verfahrensziel

1.3.1 Dieses Merkblatt befasst sich ausschließlich mit den Verständigungsverfahren im engeren Sinn nach den DBA und nach der Schiedskonvention (vgl. Tz. 1.2), die durch Maßnahmen Deutschlands oder des anderen Staates ausgelöst werden. Verfahrensgegenstand sind die aus dem DBA oder der Schiedskonvention abzuleitenden völkerrechtlichen Ansprüche der beiden Vertragsstaaten; diese richten sich auf eine dem DBA oder der Schiedskonvention entsprechende steuerliche Behandlung des Abkommensberechtigten. Ziel des Verfahrens ist, den Anspruch des Abkommensberechtigten auf abkommensgemäße Besteuerung im Rahmen der beiden Rechtsordnungen zu verwirklichen.

1.3.2 Das Merkblatt trifft keine besonderen Regelungen zu den Verfahren für bilaterale oder multilaterale Vorabverständigungsverfahren auf der Grundlage der DBA zur Erteilung verbindlicher Vorabzusagen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen und Betriebsstätten (sog. „Advance Pricing Agreements”).

1.4 Zuständigkeiten

Das BMF hat die Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörde für den Bereich der Verständigungs- und Schiedsverfahren nach den DBA und der Schiedskonvention auf das BZSt übertragen (siehe § 5 Abs. 1 Nr. 5 Finanzverwaltungsgesetz, eingeführt durch Jahressteuergesetz 2007, BGBl I S. 2878 und , BStBl I S. 674). Das BZSt handelt grundsätzlich im Einvernehmen mit der zuständigen obersten oder der beauftragten Landesfinanzbehörde (zuständige Landesfinanzbehörde). Aufgabe der Landesfinanzverwaltung ist es, die Verständigungsvereinbarung oder Entscheidung innerstaatlich umzusetzen (vgl. Tz. 4). Das BMF behält sich vor, im Einzelfall ein Verständigungsverfahren selbst zu führen.

Die Kontaktdaten des BZSt für Anträge und Anfragen zu Verständigungs- und Schiedsverfahren sind wie folgt:

Bundeszentralamt für Steuern
Verständigungsverfahren
An der Küppe 1
53225 Bonn
Fax: 0228 406-3118
Tel.: 0228 406-0

B. Verständigungsverfahren nach DBA

Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind anzuwenden für Anträge auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach den DBA (vgl. Tz. 1.1).

Ergänzend zu den Bestimmungen dieses Abschnitts sind die Tz. 10 bis 12 des Abschnitts C entsprechend im Verhältnis zu Staaten anzuwenden, für die die Schiedskonvention gilt, sofern die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach den DBA beantragt wird und es sich bei dem beantragten Verfahren um Fragen der Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen oder der Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten handelt.

2 Einleitung des Verständigungsverfahrens

2.1 Antragstellung

2.1.1 Das Verständigungsverfahren im engeren Sinn setzt einen Antrag des Abkommensberechtigten voraus. Kommt ein Verständigungsverfahren nach einem DBA in Betracht, ist in dem Antrag deutlich zu machen, dass dieser auf die Verständigungsklausel des anzuwendenden DBA gestützt wird.

2.1.2 Der Antrag kann auch von einer anderen Person als dem Abkommensberechtigten gestellt werden, wenn sie durch die abkommenswidrige Besteuerung betroffen ist, z. B. in Haftungsfällen.

2.1.3 Der Antrag ist bei der zuständigen Behörde des Ansässigkeitsstaats einzureichen. In Diskriminierungsfällen ist der Antrag bei der zuständigen Behörde des Staates einzureichen, dessen Staatsangehöriger (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe g OECD-MA) der Abkommensberechtigte ist.

Sind mehrere Steuerpflichtige betroffen (z. B. eine Mutter- und eine Tochtergesellschaft), sollte der Antrag zweckmäßigerweise im Staat des übergeordneten Steuerpflichtigen eingereicht werden.

2.1.4 In Deutschland kann das Verständigungsverfahren beantragt werden

  • bei dem für die Besteuerung des Abkommensberechtigten örtlich zuständigen Finanzamt; dieses nimmt zu dem Antrag Stellung, sofern auch deutsche Besteuerungsmaßnahmen betroffen sind, und leitet ihn – im Hinblick auf ggf. vorzunehmende fristwahrende Handlungen gegenüber dem ausländischen Staat – zeitnah dem BZSt auf dem Dienstweg zur Entscheidung über die Einleitung des Verständigungsverfahrens zu.

    Die zeitnahe Zuleitung des Antrages an das BZSt erfolgt auch in den Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine endgültige Stellungnahme abgegeben werden kann, z. B. weil noch das Ergebnis einer laufenden Außenprüfung abgewartet werden muss oder der Steuerpflichtige sich entschieden hat, das Verständigungsverfahren ruhen zu lassen und zunächst ein Einspruchs- oder Klageverfahren zu führen. In diesem Fall erfolgt die Zuleitung des Antrages an das BZSt unter Verwendung des in der Anlage zu diesem Merkblatt enthaltenen Formulars. Dieses kann auch auf der Internetseite des BZSt (http://www.bzst.de) abgerufen werden.

  • beim BZSt (Anschrift siehe Tz. 1.4); dieses leitet den Antrag unverzüglich auf dem Dienstweg der für die Besteuerung des Abkommensberechtigten zuständigen Landesfinanzverwaltung zur Stellungnahme zu, sofern auch deutsche Besteuerungsmaßnahmen betroffen sind.

    Die zuständige Landesfinanzverwaltung geht in ihrer Stellungnahme neben den unter Tz. 2.3.3 genannten Punkten auch auf die Einhaltung der Antragsfrist (vgl. Tz. 2.2) und die vom Abkommensberechtigten geltend gemachte abkommenswidrige Besteuerung (vgl. Tz. 2.3.1 und 2.3.2) ein.

2.1.5 Einem Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens steht nicht entgegen, dass nach deutschem Steuerrecht oder nach dem Recht des anderen Staates ein Rechtsbehelf anhängig ist oder der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist. Zu beachten ist jedoch, dass das innerstaatliche Recht mancher Staaten es nicht zulässt, eine Verständigungsvereinbarung umzusetzen, die zu einem von der Entscheidung eines nationalen Gerichts abweichenden Ergebnis führt. Der Abkommensberechtigte sollte daher ggf. prüfen, welches der Verfahren er verfolgen möchte.

Hilfreiche Informationen zu zuständigen Behörden und Verfahrensvorschriften ausländischer Staaten enthält die OECD-Datenbank „Country Profiles on Mutual Agreement Procedures”, die über die Suchfunktion der Domain „http://www.oecd.org” abrufbar ist.

2.1.6 Das Verständigungsverfahren ersetzt nicht das Verfahren zur Erstattung oder Ermäßigung einbehaltener ausländischer Quellensteuer. Ein Antrag auf Erstattung oder Ermäßigung ausländischer Quellensteuer kann daher grundsätzlich nur Gegenstand eines Verständigungsverfahrens werden, wenn dieser entweder von der ausländischen Finanzverwaltung endgültig abgelehnt worden ist oder die Antragstellung mindestens zwei Jahre zurückliegt. Tz. 2.1.7 gilt entsprechend.

2.1.7 Soweit durch Nichtbeachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften (z. B. Ablauf von Ausschlussfristen) eine Doppelbesteuerung entsteht, ist darin keine dem Abkommen widersprechende Besteuerung zu sehen, die Anlass für ein Verständigungsverfahren sein kann.

2.2 Antragsfrist

2.2.1 Der Antrag soll möglichst bald nach Bekanntgabe der zu einer abkommenswidrigen Besteuerung führenden deutschen oder ausländischen Besteuerungsmaßnahme eingereicht werden. Beruht diese Besteuerung auf Besteuerungsmaßnahmen der deutschen und ausländischen Finanzverwaltung, so ist die Bekanntgabe des letzten Bescheides maßgebend.

2.2.2 Die Verständigungsklauseln der meisten Abkommen enthalten eine Frist für die Antragstellung. Im größten Teil der Abkommen ist geregelt, dass der Antrag innerhalb von drei Jahren nach der ersten Maßnahme unterbreitet werden muss, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt. Kürzere Fristen von zwei Jahren enthalten nach derzeitigem Stand noch die Abkommen mit Belgien, Indonesien, Italien, Kanada, Pakistan, Portugal und Venezuela; das Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika enthält eine längere Frist von vier Jahren.

Bei Antragstellung im Inland ist für die Fristwahrung der Eingang des Antrags beim örtlich zuständigen Finanzamt oder beim BZSt maßgeblich.

2.2.3 Ist im anzuwendenden DBA keine Antragsfrist festgelegt, stimmt die deutsche Finanzverwaltung einer Einleitung des Verständigungsverfahrens nicht zu, wenn der Steuerpflichtige eine Zeit von mehr als vier Jahren zwischen der Bekanntgabe der maßgebenden Besteuerungsmaßnahme und seinem Antrag hat verstreichen lassen und nicht besondere Umstände eine frühere Geltendmachung ausgeschlossen haben.

2.2.4 Kann eine Verständigungsvereinbarung nach dem Recht eines ausländischen Staates nicht zeitlich unbegrenzt umgesetzt werden, so ist dies bei Antragstellung zu beachten (s. hierzu im Verhältnis zur Schweiz , BStBl I S. 651).

2.3 Inhalt des Antrags

2.3.1 Der Antrag auf Einleitung des Verständigungsverfahrens ist nur zulässig, wenn geltend gemacht wird, dass eine abkommenswidrige Besteuerung vorliegt oder droht. Diese braucht nicht nachgewiesen zu werden, es sei denn, das Abkommen sieht einen solchen Nachweis vor.

Soweit eine Besteuerungsmaßnahme lediglich zu einer Doppelbesteuerung führen könnte, die ihrer Art nach durch das Abkommen vermieden werden soll (vgl. z. B. Tz. 2.4.2), kann der Antrag schon hierauf gestützt werden, ohne dass feststeht, welcher Staat vertraglich zur Beseitigung der Doppelbesteuerung verpflichtet ist.

2.3.2 Beispiele für eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung:

  • Einkünfte, die im anderen Staat aufgrund eines DBA nicht zu versteuern sind, werden dort zur Besteuerung herangezogen;

  • im anderen Staat zu besteuernde Einkünfte sind nicht zutreffend auf der gemeinsamen Rechtsgrundlage des DBA abgegrenzt worden; dies gilt nach deutscher Vertragsauffassung bei international verbundenen Unternehmen nach dem Grundsatz des Fremdverhaltens selbst dann, wenn Sonderklauseln im DBA fehlen;

  • die Besteuerung im anderen Staat verstößt gegen ein Diskriminierungsverbot des DBA;

  • der andere Staat ist bei der Gewährung von Steuerentlastungen aufgrund eines DBA in einer Weise säumig, die Rechte nach dem DBA nachhaltig beeinträchtigen;

  • ein Qualifikationskonflikt verursacht eine Doppelbesteuerung, die ihrer Art nach durch das DBA vermieden werden soll.

2.3.3 Zur Beschleunigung des Verfahrens sollte bereits der Antrag auf Einleitung des Verständigungsverfahrens in der Regel enthalten:

  • Name, Anschrift (Sitz), Steuernummer und örtlich zuständiges Finanzamt des Abkommensberechtigten;

  • detaillierte Angaben zu den für den Fall relevanten Tatsachen und Umständen;

  • Angaben zu den vom Antrag betroffenen Besteuerungszeiträumen;

  • Kopien der Steuerbescheide, des Betriebsprüfungsberichts oder vergleichbarer Dokumente, die zu der behaupteten Doppelbesteuerung geführt haben sowie weiterer bedeutsamer Dokumente (z. B. Verträge, Anträge auf Erstattung/Ermäßigung ausländischer Quellensteuer);

  • detaillierte Angaben zu etwaigen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren und etwaigen den Fall betreffenden Gerichtsurteilen im In- und Ausland;

  • in Fällen der Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen und bei Betriebsstätten die Angaben und Unterlagen gemäß Tz. 11.3.2;

  • eine Darlegung seitens des Abkommensberechtigten, inwiefern nach seiner Auffassung die Besteuerung im In- oder Ausland nicht dem Abkommen entspricht;

  • den Antrag des Abkommensberechtigten.

2.4 Einleitung des Verständigungsverfahrens und Rechtsschutz

2.4.1 Vor Einleitung des Verständigungsverfahrens ist zu prüfen, ob dem Begehren des Abkommensberechtigten der Sache nach durch deutsche innerstaatliche Maßnahmen abgeholfen werden kann. Ggf. ergreifen die zuständigen deutschen Finanzbehörden von Amts wegen die notwendigen Maßnahmen.

2.4.2 In der Regel soll ein Verständigungsverfahren erst eingeleitet werden, wenn ein Vertragsstaat Maßnahmen, die zu der abkommenswidrigen Besteuerung führen oder führen werden, bereits ergriffen hat. Im Einzelfall kann ein Verfahren aber schon eingeleitet werden, wenn sich eine solche Maßnahme konkret abzeichnet. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die ausländische Finanzverwaltung in einer Betriebsprüfung bestimmte Besteuerungsmaßnahmen angekündigt oder sich zu der betreffenden Frage in einer Auskunft verbindlich geäußert hat.

2.4.3 Ergibt die Prüfung des BZSt, dass die materiellen Voraussetzungen für das Verständigungsverfahren hinreichend dargelegt sind, leitet es das Verständigungsverfahren ein.

Im Falle der Ablehnung eines Antrages auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens durch das BZSt unterrichtet dieses unverzüglich den Abkommensberechtigten und die zuständige Landesfinanzverwaltung über diese Entscheidung.

2.4.4 Wird der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens vor Bekanntgabe des Steuerbescheids gestellt, kann die Steuerfestsetzung – soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind – vorläufig erfolgen (§ 165 AO).

2.5 Einleitung des Verständigungsverfahrens durch ausländische Finanzbehörden

Leitet eine ausländische Finanzverwaltung ein Verständigungsverfahren ein, überprüft das BZSt die formellen Voraussetzungen. Es leitet das Einleitungsschreiben der ausländischen Finanzverwaltung unverzüglich der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde zu.

3 Durchführung des Verständigungsverfahrens

3.1 Allgemeine Verfahrensgrundsätze

3.1.1 Das BZSt führt das Verständigungsverfahren in unmittelbarem Verkehr mit der zuständigen Behörde des anderen Staates nach internationaler Staatenpraxis. Die Einzelheiten richten sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dem Gebot der Zweckmäßigkeit. Es gelten die allgemeinen Verfahrensgrundsätze.

3.1.2 Alle Angaben, die der deutschen Finanzverwaltung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens bekannt werden, unterliegen dem Steuergeheimnis (§ 30 AO). Das BZSt stellt, soweit erforderlich, einen entsprechenden Schutz derartiger Informationen im Ausland nach dortigem Recht sicher, z. B. durch Einholung von Zusicherungen. Unberührt bleibt eine im DBA selbst verankerte Geheimhaltungspflicht in Fällen, in denen im Rahmen des Verständigungsverfahrens Auskünfte nach den Bestimmungen der zwischenstaatlichen Amtshilfe erteilt worden sind.

3.1.3 Das BZSt unterrichtet die zuständige oberste oder die beauftragte Landesfinanzbehörde über den Inhalt und den Fortgang des Verfahrens. Die zuständige oberste oder die beauftragte Landesfinanzbehörde informiert das BZSt über Entwicklungen in dem Besteuerungsfall, soweit sie für das Verständigungsverfahren relevant sind.

3.1.4 Schreiben ausländischer Finanzbehörden werden vom BZSt in die deutsche Sprache übersetzt. Einfach gelagerte Schreiben in englischer Sprache sowie Anlagen werden dagegen – sofern nicht im Einzelfall notwendig – nicht in die deutsche Sprache übersetzt.

3.2 Sachverhaltsaufklärung und Herbeiführung einer Verständigung

3.2.1 Soweit das Ziel des Verständigungsverfahrens (vgl. Tz. 1.3) dies erfordert, ist der Sachverhalt von Amts wegen nach den Vorschriften der AO zu ermitteln. Zuständig sind grundsätzlich die örtlichen Finanzämter. Der Antragsteller ist zur Mitwirkung verpflichtet (§ 90 AO).

3.2.2 Im Rahmen des Verständigungsverfahrens ist auch das Ergebnis der Ermittlung des Sachverhalts durch die Finanzbehörden des anderen Staates heranzuziehen.

3.2.3 Im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des anderen Staates können hierzu von der deutschen oder ausländischen Finanzverwaltung bestimmte Bedienstete beauftragt werden, einen gemeinsamen Bericht zu erstellen, der

  • eine gemeinsame Sachverhaltsfeststellung enthält;

  • Sachverhalte gemeinsam bewertet und

  • Eckwerte für notwendige Schätzungen vorschlägt.

Der Bericht ist vor seiner Erörterung durch die zuständigen Behörden den beteiligten Steuerpflichtigen bekannt zu geben, die zu ihm Stellung nehmen sollen. Von einem Bericht kann abgesehen werden, wenn die Angelegenheit auf andere Weise einvernehmlich mit dem Steuerpflichtigen erledigt werden kann.

3.2.4 Ergeben sich bei der Ermittlung des Sachverhalts durch die deutschen und die ausländischen Finanzbehörden Widersprüche, können sie durch abgestimmte Ermittlungen beider Verwaltungen oder durch Verständigungsgespräche aufgeklärt werden.

3.2.5 Zur Ermittlung des Sachverhalts und zur Herbeiführung einer Verständigung kann

  • ein mündlicher Meinungsaustausch mit der zuständigen Behörde des anderen Staates durchgeführt werden;

  • eine besondere Kommission aus Vertretern der zuständigen Behörden für einen solchen Meinungsaustausch gebildet werden;

  • eine aufgrund besonderer Erfahrung ausgewählte Person bestimmt werden, um die Einigung zu fördern, z. B. durch ein Sachverständigengutachten.

3.2.6 Eine Einigung über die Annahme eines bestimmten Sachverhalts und über eine bestimmte Sachbehandlung ist unter den dafür geltenden allgemeinen Voraussetzungen zulässig (vgl. Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom – BStBl I S. 630 – zu § 88 AO – Untersuchungsgrundsatz –).

3.3 Mitwirkung und Rechte des Abkommensberechtigten

3.3.1 Beteiligte des Verständigungsverfahrens sind nur die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten. Dem Abkommensberechtigten obliegt es, durch die Darlegung seiner Verhältnisse, Bezeichnung und ggf. Beibringung seiner Beweisunterlagen zu dem Verfahren beizutragen. Das BZSt soll den Abkommensberechtigten über den Stand und Fortgang des Verfahrens unterrichten. Der Abkommensberechtigte kann

  • Anträge stellen;

  • sich zu den für die Verständigung erheblichen Tatsachen und Rechtsfragen äußern;

  • sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen.

Das BZSt unterrichtet den Abkommensberechtigten über das Ergebnis des Verfahrens.

3.3.2 Zu der Frage, wieweit der Abkommensberechtigte zur Zurücknahme von Rechtsbehelfen oder Einwendungen bereit ist, braucht sich der Abkommensberechtigte erst zu äußern, wenn ihm ein Verständigungsvorschlag mitgeteilt worden ist.

3.4 Verständigung

Die Verständigung erfolgt im Allgemeinen schriftlich (z. B. durch einen abschließenden Briefwechsel). Sie steht in aller Regel unter dem Vorbehalt, dass sich der Antragsteller mit ihr einverstanden erklärt und anhängige Rechtsbehelfsverfahren erledigt werden (s. dazu auch Tz. 4.2).

4 Umsetzung von Verständigungsvereinbarungen

4.1 Bestandskraft von Bescheiden und Verjährung

Die Verständigungsvereinbarung kann nach § 175a AO ungeachtet der Bestandskraft deutscher Bescheide umgesetzt werden. Die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Wirksamwerden der Verständigungsvereinbarung. Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens bei einer inländischen Finanzbehörde hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nach Maßgabe des § 171 Abs. 3 AO, wenn damit gleichzeitig die Änderung des Steuerbescheids beantragt wird.

4.2 Zustimmung des Antragstellers

Bei der Umsetzung der Verständigungsvereinbarung ist im Rahmen des Zustimmungsvorbehalts (vgl. Tz. 3.4 Satz 2) von dem örtlich zuständigen Finanzamt vor Erteilung eines (Änderungs-)Bescheides sicherzustellen, dass

  • sich der Antragsteller mit der Umsetzung schriftlich einverstanden erklärt;

  • schwebende Rechtsbehelfsverfahren ihre Erledigung finden und

  • der Antragsteller nach Bekanntgabe des die Verständigungsvereinbarung umsetzenden Bescheides auf einen Rechtsbehelf verzichtet, soweit mit diesem die Ergebnisse der Verständigungsvereinbarung zutreffend umgesetzt werden (Teilverzicht).

Auf die §§ 354 Abs. 1a und 362 Abs. 1a AO sowie die §§ 50 Abs. 1a und 72 Abs. 1a FGO wird verwiesen. Soweit sich Schwierigkeiten oder Zweifel ergeben, ist das BZSt zu unterrichten.

5 Verzicht auf ein Verständigungsverfahren

Der Zugang zu einem Verständigungs- oder Schiedsverfahren ist ein gesetzlich verankertes Recht des Steuerpflichtigen und darf von der Finanzverwaltung nicht behindert werden.

In Fällen, in denen aufgrund schwierig zu ermittelnder tatsächlicher Umstände – zum Beispiel zur Vermeidung eines unverhältnismäßig hohen Ermittlungsaufwands – eine tatsächliche Verständigung über den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Sachverhalt ( BStBl 2008 I S. 831) abgeschlossen wird, ist es in einem späteren Verständigungs- oder Schiedsverfahren regelmäßig nicht mehr möglich, den Sachverhalt nachträglich beweissicher festzustellen.

Daher ist es sachgerecht, im Fall der Beantragung einer tatsächlichen Verständigung durch den Steuerpflichtigen deren Abschluss davon abhängig zu machen, dass dieser darauf verzichtet, den Inhalt der tatsächlichen Verständigung zum Gegenstand eines Schiedsverfahrens zu machen.

In Fällen verbundener Unternehmen ist zur Vermeidung widersprechender Sachverhaltsfestlegungen anzustreben, dass auch das verbundene ausländische Unternehmen darauf verzichtet, den Inhalt der tatsächlichen Verständigung zum Gegenstand eines Schiedsverfahrens zu machen.

Liegt eine Erklärung auf Verzicht zur Durchführung eines Schiedsverfahrens vor, stimmt die deutsche Finanzverwaltung zwar der Eröffnung eines Verständigungsverfahrens zu, wird jedoch im Verständigungsverfahren aufgrund der auf dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben beruhenden Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung keine Abweichung von der darin geregelten Sachverhaltsfestlegung akzeptieren und bei ausbleibender Einigung im Verständigungsverfahren insoweit kein Schiedsverfahren führen.

In Fällen verbundener Unternehmen gilt dies nur dann, wenn Verzichtserklärungen sowohl des inländischen als auch des ausländischen verbundenen Unternehmens vorliegen.

6 Verständigungsverfahren und Betriebsprüfung

6.1 In einem Verständigungsverfahren während einer Betriebsprüfung sind insbesondere die Bestimmungen der Tz. 1.2.2 bis 1.2.6 der Verwaltungsgrundsätze (s. , BStBl I S. 218) heranzuziehen. Sie sind entsprechend anzuwenden bei der Aufteilung von Gewinnen zwischen Betriebsstätten international tätiger Unternehmen.

6.2 Im Hinblick auf ein mögliches Verständigungsverfahren sind Berichtigungen im Betriebsprüfungsbericht so genau darzustellen, dass das BZSt aufgrund der Angaben in den Prüfungsunterlagen und Akten dazu in der Lage ist, den Sachverhalt, die Rechtsgrundlage und die Begründung für die Berichtigung sowie die Höhe des Berichtigungsvolumens nachzuvollziehen (s. auch Tz. 6.2.1 der Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren [Verwaltungsgrundsätze-Verfahren – , BStBl I S. 570]).

7 Verständigungsverfahren und zwischenstaatlicher Auskunftsaustausch

Die Auskunftsklauseln der DBA und die Bestimmungen des EUAHiG finden auch im Verständigungsverfahren Anwendung. Soweit die Auskunftsklausel des jeweils anzuwendenden DBA oder das EUAHiG es zulassen, können auch im Verständigungsverfahren alle erforderlichen Informationen ausgetauscht werden. Die Grundsätze des „Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen” (, BStBl 2015 I S. 928 – Stand: ) sind zu beachten.

8 Folgen des Scheiterns eines Verständigungsverfahrens

8.1 Im Falle eines Scheiterns des Verständigungsverfahrens unterrichtet das BZSt unverzüglich den Abkommensberechtigten und die zuständige Landesfinanzverwaltung über diese Entscheidung.

8.2 Vom örtlich zuständigen Finanzamt ist zu prüfen, ob eine Doppelbesteuerung unter den Voraussetzungen des § 163 AO unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Unbilligkeit vermieden werden kann. Die gesonderten Zuständigkeitsregelungen und die Mitwirkung des BMF bei Billigkeitsmaßnahmen sind hierbei zu beachten.

Eine Billigkeitsmaßnahme entfällt jedoch insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige verfahrensrechtliche Vorschriften nicht beachtet hat (vgl. Tz. 2.1.7), sowie in Fällen, in denen der Steuerpflichtige

  • seinen steuerlichen Pflichten im Inland oder Ausland nicht ausreichend nachgekommen ist (z. B. mangelhafte Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung), oder

  • der Steuerpflichtige falsche Angaben in einem steuerrechtlichen oder in einem sonstigen Verwaltungsverfahren (z. B. in einem Arbeitsbewilligungsverfahren) gemacht hat (z. B. Scheindomizil)

und hierdurch die eingetretene Doppelbesteuerung mitverursacht worden ist. Dies gilt auch, wenn nach § 34c Abs. 6 Satz 5 EStG ein Abzug der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 3 EStG ausgeschlossen ist, weil die ausländische Besteuerung inländischer Einkünfte ihre Ursache in einer Gestaltung hat, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen.

8.3 Das BZSt schlägt die Einleitung eines Schiedsverfahrens vor, soweit dies nach dem jeweiligen DBA vorgesehen und nach dem Stand der Verständigungsverhandlungen angezeigt ist.

Nach Art. 25 Abs. 5 DBA-Österreich hat der Abkommensberechtigte nach Ablauf von drei Jahren nach Verfahrenseinleitung die Möglichkeit, die Vertragsstaaten zu verpflichten, den Fall im Rahmen eines Schiedsverfahrens dem EuGH vorzulegen.

9 Kosten des Verständigungsverfahrens nach den DBA

Die Vertragsstaaten tragen die ihnen durch das Verständigungsverfahren entstandenen Kosten selbst; die dem Abkommensberechtigten entstandenen Kosten werden nicht erstattet.

C. Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention

Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind anzuwenden für Anträge auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach Art. 6 Abs. 1 der Schiedskonvention (vgl. Tz. 1.1).

10 Vorverfahren nach Art. 5 der Schiedskonvention

10.1 Beabsichtigt die Finanzbehörde, den Gewinn eines Unternehmens gemäß Art. 4 der Schiedskonvention zu berichtigen, muss sie das Unternehmen frühzeitig darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, die betroffenen verbundenen Unternehmen in den anderen Vertragsstaaten zu unterrichten. Diese anderen Unternehmen haben dann ihrerseits Gelegenheit, die Angelegenheit mit den für sie zuständigen Finanzbehörden zu erörtern, um eine Gegenberichtigung zu erreichen.

10.2 Stimmen die beteiligten Finanzbehörden und Unternehmen der Berichtigung und Gegenberichtigung zu, kommt ein Verständigungs- und Schiedsverfahren nicht in Betracht.

11 Einleitung des Verständigungsverfahrens

11.1 Antragstellung

11.1.1 Das Verständigungsverfahren setzt nach Art. 6 Abs. 1 der Schiedskonvention einen Antrag des betroffenen Unternehmens voraus. In diesem Antrag ist deutlich zu machen, dass sich das Unternehmen auf die Schiedskonvention stützt.

11.1.2 Der Antrag sollte zweckmäßigerweise im Staat des übergeordneten Steuerpflichtigen gestellt werden. Entsprechendes gilt, wenn die Aufteilung von Betriebsstättengewinnen nach Art. 4 Nr. 2 der Schiedskonvention in Frage steht; die Betriebsstätte gilt für Zwecke der Schiedskonvention als Unternehmen des anderen Vertragsstaats (Art. 1 Abs. 2 der Schiedskonvention).

11.1.3 Im Falle der Antragstellung im Inland ist das Verständigungsverfahren beim BZSt zu beantragen.

11.1.4 Tz. 2.1.5 gilt entsprechend (vgl. aber Tz. 13.1.3 und 13.1.4).

11.2 Antragsfrist

11.2.1 Der Antrag ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Schiedskonvention innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme zu unterbreiten, die eine Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention, z. B. infolge einer Verrechnungspreiskorrektur, herbeigeführt hat oder herbeiführen könnte. Diese Frist beginnt mit der Bekanntgabe des ersten Bescheides, der zu einer Doppelbesteuerung führt (z. B. geänderter Steuerbescheid).

Bei Antragstellung im Inland ist für die Fristwahrung der Eingang des Antrags beim BZSt maßgeblich.

11.2.2 Tz. 2.2.1 gilt entsprechend.

11.3 Inhalt des Antrags

11.3.1 Der Antrag ist nur zulässig, wenn geltend gemacht wird, dass die in Art. 4 der Schiedskonvention genannten Grundsätze nicht beachtet worden sind (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Schiedskonvention).

11.3.2 Der Antrag hat die folgenden Angaben und Unterlagen zu enthalten:

  1. Name, Anschrift (Sitz), Steuernummer und örtlich zuständiges Finanzamt des antragstellenden Unternehmens des Vertragsstaats sowie der anderen Beteiligten an den betreffenden Geschäftsvorfällen;

  2. detaillierte Angaben zu den für den Fall relevanten Tatsachen und Umständen (einschließlich Einzelheiten über die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den anderen Beteiligten an den betreffenden Geschäftsvorfällen);

  3. Angaben zu den vom Antrag betroffenen Besteuerungszeiträumen;

  4. Kopien der Steuerbescheide, des Betriebsprüfungsberichts oder vergleichbarer Dokumente, die zu der behaupteten Doppelbesteuerung geführt haben;

  5. detaillierte Angaben zu etwaigen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, die das Unternehmen oder die anderen an den betreffenden Geschäftsvorfällen Beteiligten eingeleitet haben, sowie zu etwaigen den Fall betreffenden Gerichtsurteilen;

  6. eine Darlegung seitens des Unternehmens, inwiefern nach seiner Auffassung die in Art. 4 der Schiedskonvention festgelegten Grundsätze nicht beachtet wurden;

  7. eine Zusage des Unternehmens, dass es so umfassend und so schnell wie möglich alle Nachfragen einer zuständigen Behörde beantworten und den zuständigen Behörden die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen wird;

11.3.3 Zur Vermeidung von Verzögerungen sollte ein schriftlicher Antrag in 3facher Ausfertigung eingereicht werden.

11.3.4 Weitere Informationen zu den dem Antrag beizufügenden standardmäßigen Angaben und Unterlagen können auf der Internetseite des BZSt unter „http://www.bzst.de” abgerufen werden.

11.4 Einleitung des Verständigungsverfahrens bei Antragstellung im Inland

11.4.1 Das BZSt leitet den Antrag des Unternehmens unverzüglich der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde und dem für die Besteuerung des Unternehmens örtlich zuständigen Finanzamt zu und bestätigt dem Unternehmen innerhalb eines Monats den Eingang seines Antrags. Gleichzeitig unterrichtet das BZSt die zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten über den Eingang des Antrags durch Übermittlung einer Kopie des Antrags des Unternehmens.

11.4.2 Das BZSt prüft, ob die zur Einleitung eines Verständigungsverfahrens notwendigen Informationen gemäß Tz. 11.3.2 vorliegen, und fordert ggf. das Unternehmen innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags zur Übermittlung der fehlenden sowie unter Umständen weiterer Informationen auf. Auf Tz. 13.1.2 wird hingewiesen.

Dem BZSt bleibt es unbenommen, ergänzende Informationen zu einem späteren Zeitpunkt anzufordern.

11.4.3 Kann dem Begehren des Unternehmens der Sache nach durch deutsche innerstaatliche Maßnahmen abgeholfen werden, ergreifen die zuständigen deutschen Finanzbehörden von Amts wegen die notwendigen Maßnahmen. Das BZSt unterrichtet das Unternehmen und die zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten unverzüglich, spätestens aber zu dem unter Tz. 11.4.4 genannten Zeitpunkt, über diese Entscheidung.

11.4.4 Ergibt die Prüfung, dass der Antrag zulässig und hinreichend begründet ist, und können die zuständigen deutschen Finanzbehörden keine zufrieden stellende Lösung herbeiführen, leitet das BZSt das Verständigungsverfahren nach Art. 6 Abs. 2 der Schiedskonvention gegenüber den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten spätestens vier Monate nach dem späteren der nachfolgenden Zeitpunkte ein:

  1. Datum des Steuerbescheids, mit dem die Entscheidung über die Einkommenserhöhung festgesetzt oder festgestellt worden ist, oder

  2. Datum, an dem der Antrag des Unternehmens sowie die Informationen gemäß Tz. 11.3.2 und 11.4.2 Satz 1 dem BZSt vorliegen.

11.4.5 Das BZSt unterrichtet das antragstellende Unternehmen über die Einleitung des Verständigungsverfahrens und teilt diesem mit, ob der Antrag fristgerecht eingereicht worden ist und an welchem Tag die Zweijahresfrist gemäß Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention begonnen hat.

11.5 Einleitung des Verständigungsverfahrens bei Antragstellung im Ausland

Unterrichtet die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaats das BZSt über den Eingang eines Antrags auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens oder leitet die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaats das Verständigungsverfahren ein, prüft das BZSt die formellen Voraussetzungen und bittet ggf. die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats um Übersendung der unter Tz. 12.2.2 Satz 1 genannten Angaben und Unterlagen. Das BZSt leitet das Schreiben der ausländischen Finanzverwaltung unverzüglich der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde und dem für die Besteuerung des Unternehmens örtlich zuständigen Finanzamt zur Stellungnahme zu.

12 Durchführung des Verständigungsverfahrens

12.1 Allgemeine Verfahrensgrundsätze

12.1.1 Wird der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens im Inland gestellt, unterrichtet das BZSt das Unternehmen über die wesentlichen Entwicklungen. Informationen über geäußerte oder erhaltene Rechtsauffassungen (z. B. aus Positionspapieren) werden grundsätzlich nicht erteilt.

12.1.2 Die Tz. 3, 4, 5, 6 und 7 gelten entsprechend.

12.1.3 Die Vertragsstaaten sind an den Grundsatz des Fremdvergleichs des Art. 4 der Schiedskonvention gebunden. Dieser entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 OECD-MA.

12.1.4 Nach Art. 8 Abs. 2 der Schiedskonvention kann ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren ausgesetzt werden, wenn bei einem der beteiligten Unternehmen ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren anhängig ist, mit dem festgestellt werden soll, ob dieses durch Handlungen, die eine Gewinnberichtigung nach Art. 4 der Schiedskonvention zur Folge haben, einen empfindlich zu bestrafenden Verstoß gegen steuerliche Vorschriften begangen hat.

Wird ein derartiger Verstoß festgestellt, entfällt nach Art. 8 Abs. 1 der Schiedskonvention die Verpflichtung auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens oder zur Einsetzung des Beratenden Ausschusses.

12.2 Verfahrensablauf bei Antragstellung im Inland

12.2.1 Gewinnkorrektur durch inländische Finanzbehörde

Wurde die Maßnahme, die eine Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention herbeigeführt hat oder herbeiführen könnte, von einer inländischen Finanzbehörde erlassen, übersendet das BZSt regelmäßig mit dem Einleitungsschreiben, spätestens aber zu dem unter Tz. 11.4.4 genannten Zeitpunkt, den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten ein Positionspapier. Dieses enthält die folgenden Angaben und Unterlagen:

  • Bestätigung, dass der Fall innerhalb der nach Art. 6 Abs. 1 der Schiedskonvention genannten Frist unterbreitet wurde;

  • Mitteilung über den Beginn der Zweijahresfrist nach Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention (zur Zweijahresfrist vgl. Tz. 13.1.2 und 13.1.3);

  • Darlegung des Falles durch den Antragsteller;

  • Beurteilung des Sachverhalts durch das BZSt, z. B. aus welchem Grund eine Doppelbesteuerung vorliegt oder wahrscheinlich eintreten könnte;

  • Vorschlag, wie der Fall im Hinblick auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung gelöst werden könnte, einschließlich umfassender Erläuterung des Lösungsvorschlags;

  • vollständige Begründung der Steuerfestsetzung oder der Korrekturen;

  • Beifügung der Unterlagen von grundsätzlicher Bedeutung zur Darlegung des Standpunktes;

  • Liste aller weiteren Unterlagen, die bei der Vornahme der Korrektur verwendet wurden.

Zur Erstellung dieses Positionspapiers übermittelt die zuständige Landesfinanzverwaltung dem BZSt eine entsprechende Stellungnahme mit den erforderlichen Unterlagen und einem Lösungsvorschlag spätestens drei Monate nach dem späteren der in Tz. 11.4.4 Buchstaben a und b genannten Zeitpunkte.

12.2.2 Gewinnkorrektur durch ausländische Finanzbehörde

Wurde die Maßnahme, die eine Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention herbeigeführt hat oder herbeiführen könnte, von einer ausländischen Finanzbehörde erlassen, fügt das BZSt seinem Einleitungsschreiben an die zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten (Tz. 11.4.4) die folgenden Angaben und Unterlagen bei:

  • die Informationen gemäß Tz. 11.3.2 und 11.4.2;

  • Bestätigung, dass der Fall innerhalb der Frist gemäß Art. 6 Abs. 1 der Schiedskonvention unterbreitet wurde;

  • Mitteilung über den Beginn der Zweijahresfrist nach Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention.

Ergibt die nach Eingang des Antwortschreibens der ausländischen Finanzverwaltung durchzuführende Prüfung, dass eine Doppelbesteuerung

  1. vorliegt oder droht, und wird mit der in dem Antwortschreiben der ausländischen Finanzverwaltung vorgeschlagenen Lösung übereingestimmt, teilt das BZSt dies den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Antwortschreibens mit. Tz. 2.4.1 Satz 2 gilt entsprechend.

  2. nicht vorliegt oder droht, oder wird nicht mit der in dem Antwortschreiben der ausländischen Finanzverwaltung vorgeschlagenen Lösung übereingestimmt, übermittelt das BZSt seinerseits den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten ein Positionspapier. Dieses ergeht spätestens sechs Monate nach Eingang des Antwortschreibens des anderen Staates. In dem Schreiben schlägt das BZSt einen unverbindlichen Zeitplan vor, wie mit dem Fall weiter zu verfahren ist. Ggf. schlägt das BZSt zugleich einen Termin für ein Verständigungsgespräch vor, das spätestens 18 Monate nach dem späteren der in Tz. 11.4.4 Buchstaben a und b genannten Zeitpunkte stattfinden sollte.

    Zur Erstellung des Positionspapiers übermittelt die zuständige Landesfinanzverwaltung dem BZSt eine entsprechende Stellungnahme mit den erforderlichen Unterlagen und einem Lösungsvorschlag spätestens einen Monat vor dem in Satz 2 genannten Zeitpunkt.

12.3 Verfahrensablauf bei Antragstellung im Ausland

12.3.1 Gewinnkorrektur durch inländische Finanzbehörde

Wurde die Maßnahme, die eine Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention herbeigeführt hat oder herbeiführen könnte, von einer inländischen Finanzbehörde erlassen, übermittelt das BZSt nach Einleitung des Verständigungsverfahrens durch den ausländischen Staat den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten ein Positionspapier. Dieses enthält die unter Tz. 12.2.1 genannten Angaben und Unterlagen, soweit diese nicht bereits dem Einleitungsschreiben des ausländischen Staates zu entnehmen sind. Die Übermittlung des Positionspapiers erfolgt innerhalb von vier Monaten nach dem späteren der nachfolgenden Zeitpunkte:

  • Datum des Steuerbescheids, mit dem die Entscheidung über die Einkommenserhöhung festgesetzt oder festgestellt worden ist;

  • Eingang der Einleitung des Verständigungsverfahrens durch die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats und Zugang der Informationen entsprechend Tz. 12.2.2 Satz 1 beim BZSt.

Zur Erstellung des Positionspapiers übermittelt die zuständige Landesfinanzverwaltung dem BZSt eine entsprechende Stellungnahme mit den erforderlichen Unterlagen und einem Lösungsvorschlag spätestens einen Monat vor dem im vorangegangenen Satz genannten Zeitpunkt.

12.3.2 Gewinnkorrektur durch ausländische Finanzbehörde

Wurde die Maßnahme, die eine Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention herbeigeführt hat oder herbeiführen könnte, von einer ausländischen Finanzbehörde erlassen und ergibt die nach Eingang der Stellungnahme der ausländischen Finanzverwaltung durchzuführende Prüfung, dass eine Doppelbesteuerung

  1. vorliegt oder droht, und wird mit der in der Stellungnahme der ausländischen Finanzverwaltung vorgeschlagenen Lösung übereingestimmt, teilt das BZSt dies den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten mit. Die Mitteilung erfolgt innerhalb von sechs Monaten nach dem späteren der nachfolgenden Zeitpunkte:

    • Datum des Steuerbescheids, mit dem die Entscheidung über die Einkommenserhöhung festgesetzt oder festgestellt worden ist;

    • Eingang der Stellungnahme der ausländischen Finanzverwaltung und Zugang der Informationen entsprechend Tz. 12.2.2 Satz 1 beim BZSt.

  2. nicht vorliegt oder droht, oder wird nicht mit der in der Stellungnahme der ausländischen Finanzverwaltung vorgeschlagenen Lösung übereingestimmt, übermittelt das BZSt seinerseits den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten ein Positionspapier. Dieses ergeht spätestens zu dem unter Buchstabe a dieser Tz. genannten Zeitpunkt. In dem Schreiben schlägt das BZSt einen unverbindlichen Zeitplan vor, wie mit dem Fall weiter zu verfahren ist. Ggf. schlägt das BZSt zugleich einen Termin für ein Verständigungsgespräch vor, das spätestens 18 Monate nach dem späteren der in Tz. 11.4.4 Buchstaben a und b genannten Zeitpunkte stattfinden sollte.

    Zur Erstellung des Positionspapiers übermittelt die zuständige Landesfinanzverwaltung dem BZSt eine entsprechende Stellungnahme mit den erforderlichen Unterlagen und einem Lösungsvorschlag spätestens einen Monat vor dem unter Buchstabe a dieser Tz. genannten Zeitpunkt.

13 Schiedsverfahren

13.1 Allgemeines

13.1.1 Führt das Verständigungsverfahren nicht innerhalb von zwei Jahren zu einer Einigung, so sind die zuständigen Behörden der beteiligten Vertragsstaaten verpflichtet, einen Beratenden Ausschuss einzusetzen und dessen Stellungnahme einzuholen (Art. 7 der Schiedskonvention). Die zuständigen Behörden können diese Frist von zwei Jahren im Einvernehmen mit den beteiligten Unternehmen verlängern (Art. 7 Abs. 4 der Schiedskonvention).

13.1.2 Die in Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention genannte Frist von zwei Jahren beginnt an dem Tag, an dem der Fall erstmals einer der zuständigen Behörden (BZSt oder im Falle der Antragstellung bei einer ausländischen Finanzverwaltung die zuständige Behörde dieses anderen Vertragsstaats) unterbreitet worden ist. Dabei gilt der Fall zu dem späteren der nachfolgenden Zeitpunkte als unterbreitet:

  • Datum des Steuerbescheids, mit dem die Entscheidung über die Einkommenserhöhung festgesetzt oder festgestellt worden ist;

  • Tag des Eingangs sämtlicher der unter Tz. 11.3.2 genannten Angaben und Unterlagen bei der zuständigen Behörde sowie jeder weiteren Information, die die zuständige Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags des Unternehmens angefordert hat.

13.1.3 Wird der Besteuerungsfall im Rahmen eines eingelegten Rechtsmittels einem Gericht vorgelegt, beginnt die in Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention genannte Frist von zwei Jahren erst zu dem Zeitpunkt, zu dem die in letzter Instanz im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsbehelfe ergangene Entscheidung rechtskräftig geworden ist (Art. 7 Abs. 1 der Schiedskonvention).

13.1.4 Sollte ein Vertragsstaat im Schiedsverfahren nicht von Entscheidungen der Finanzgerichte abweichen können, setzt das Schiedsverfahren voraus, dass das Unternehmen Rechtsbehelfe, soweit sie sich auf den Gegenstand des Schiedsverfahrens beziehen, zurücknimmt oder darauf verzichtet (Art. 7 Abs. 3 der Schiedskonvention). Diese Einschränkung gilt nicht in Deutschland, da gemäß § 175a AO auch Steuerbescheide, deren Rechtmäßigkeit rechtskräftig gerichtlich bestätigt worden ist, auf Grund der Entscheidung im Schiedsverfahren geändert werden können (§ 110 Abs. 2 FGO).

13.2 Einsetzung des Beratenden Ausschusses

13.2.1 Sofern die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten nichts anderes vereinbaren, ergreift der Vertragsstaat, der den ersten Steuerbescheid, d. h. die endgültige Entscheidung der Finanzverwaltung über die Einkommenserhöhung oder eine gleich bedeutende Maßnahme erlassen hat, die zu einer Doppelbesteuerung im Sinne des Art. 1 der Schiedskonvention geführt hat oder führen könnte, die Initiative zur Einsetzung des Beratenden Ausschusses und organisiert dessen Sitzungen in Absprache mit den zuständigen Behörden der anderen an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten.

13.2.2 Der Ort, an dem der Beratende Ausschuss zusammentritt, und der Ort, an dem er seine Stellungnahme abzugeben hat, können von den zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten im Voraus festgelegt werden.

13.2.3 Das BZSt übermittelt dem Beratenden Ausschuss vor seiner ersten Sitzung alle den Fall betreffenden sachdienlichen Unterlagen und Informationen, insbesondere sämtliche Dokumente, Berichte, Korrespondenzen und Schlussfolgerungen aus dem Verständigungsverfahren.

13.3 Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses

13.3.1 Der Beratende Ausschuss besteht in der Regel aus einem unabhängigen Vorsitzenden, je zwei Vertretern der zuständigen Behörden und einer geraden Anzahl – in der Regel zwei – unabhängigen Personen (Art. 9 Abs. 1 der Schiedskonvention). Die Mitglieder des Beratenden Ausschusses unterliegen den Geheimhaltungsvorschriften des Art. 9 Abs. 6 der Schiedskonvention.

13.3.2 Der Beratende Ausschuss wird durch ein Sekretariat unterstützt, das von dem Vertragsstaat gestellt wird, der die Einsetzung des Beratenden Ausschusses veranlasst hat, sofern die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten nichts anderes vereinbaren. Aus Gründen der Unabhängigkeit ist dieses Sekretariat dem Vorsitzenden des Beratenden Ausschusses unterstellt. Auch die Mitglieder des Sekretariats unterliegen den Geheimhaltungsvorschriften des Art. 9 Abs. 6 der Schiedskonvention.

13.4 Verfahrensgrundsätze

13.4.1 Das Verfahren vor dem Beratenden Ausschuss wird in der oder den Amtssprache(n) der beteiligten Vertragsstaaten geführt, sofern die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten unter Berücksichtigung der Wünsche des Beratenden Ausschusses nicht etwas anderes vereinbaren. Erklärungen und Dokumente sind ggf. in diese Sprache(n) zu übersetzen.

13.4.2 Der Beratende Ausschuss kann die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten auffordern, vor dem Beratenden Ausschuss zu erscheinen.

13.4.3 Die betroffenen Unternehmen haben ein Recht auf Anhörung oder Vertretung (Art. 10 Abs. 2 der Schiedskonvention). Es steht ihnen frei, zur Sach- und Rechtslage gegenüber dem Beratenden Ausschuss Stellung zu nehmen und die ihnen notwendig erscheinenden Beweismittel und Schriftstücke vorzulegen (Art. 10 Abs. 1 der Schiedskonvention). Auf Aufforderung des Beratenden Ausschusses sind die betroffenen Unternehmen verpflichtet, Auskünfte zu erteilen oder Beweismittel oder Schriftstücke vorzulegen und vor dem Ausschuss zu erscheinen oder sich dort vertreten zu lassen. Stellungnahmen und Unterlagen, die von einem betroffenen Unternehmen erstmals im Schiedsverfahren abgegeben oder vorgelegt werden, sind von diesem in die Verfahrenssprache(n) gemäß Tz. 13.4.1 zu übersetzen.

13.4.4 Zur Vorbereitung der Entscheidung kann der Beratende Ausschuss auch Zeugen oder Sachverständige anhören.

13.5 Stellungnahme des Beratenden Ausschusses und Entscheidung der zuständigen Behörden

13.5.1 Der Beratende Ausschuss gibt seine Stellungnahme binnen sechs Monaten ab. Er ist hierbei an den Grundsatz des Fremdvergleichs des Art. 4 der Schiedskonvention gebunden (Art. 11 Abs. 1 der Schiedskonvention). Die Stellungnahme ergeht mit einfacher Mehrheit seiner Mitglieder (Art. 11 Abs. 2 der Schiedskonvention).

13.5.2 Die Frist zur Abgabe der Stellungnahme beginnt an dem Tag, an dem der Vorsitzende bestätigt, dass die Ausschussmitglieder alle sachdienlichen Unterlagen und Informationen entsprechend Tz. 13.2.3 von allen zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten erhalten haben.

13.5.3 Die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses soll Folgendes enthalten:

  1. die Namen der Mitglieder des Beratenden Ausschusses;

  2. die Namen und Anschriften der beteiligten Unternehmen;

  3. die beteiligten zuständigen Behörden;

  4. eine Beschreibung des dem streitigen Fall zugrunde liegenden Sachverhalts;

  5. eine klare und eindeutige Darlegung, was der Antragsteller fordert;

  6. eine kurze Zusammenfassung des Verfahrens;

  7. die Argumente und Methoden, auf die sich die Entscheidung in der Stellungnahme stützt;

  8. die Stellungnahme;

  9. Ort und Datum der Stellungnahme;

  10. die Unterschriften der Mitglieder des Beratenden Ausschusses.

13.5.4 Nach Abgabe der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses haben die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten sechs weitere Monate Zeit, sich zu einigen. Sie können von der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses abweichen, sofern die Doppelbesteuerung vermieden wird. Können sie sich nicht auf eine abweichende Regelung einigen, sind sie an die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses als Schiedsspruch gebunden (Art. 12 Abs. 1 der Schiedskonvention).

13.6 Bekanntgabe der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses und der Entscheidung der zuständigen Behörden

13.6.1 Nach Vorliegen der Entscheidung der zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten über die Vermeidung der Doppelbesteuerung übermittelt die zuständige Behörde, der der Fall unterbreitet wurde, jedem der beteiligten Unternehmen die Entscheidung der zuständigen Behörden und die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses.

13.6.2 Stimmen die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten einer Veröffentlichung der Entscheidung und der Stellungnahme zu, so erfolgt diese Veröffentlichung erst, wenn alle beteiligten Unternehmen der zuständigen Behörde, der der Fall unterbreitet wurde, schriftlich mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände gegen die Veröffentlichung der Entscheidung und der Stellungnahme haben (Art. 12 Abs. 2 der Schiedskonvention). Sofern die beteiligten Unternehmen einverstanden sind, können die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten auch vereinbaren, die Entscheidung und die Stellungnahme ohne Nennung der Namen der beteiligten Unternehmen zu veröffentlichen, wobei auch alle weiteren Angaben, die eine Identifizierung der beteiligten Unternehmen ermöglichen könnten, anonymisiert werden.

13.6.3 Die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses wird in drei Urschriften ausgefertigt, wovon zwei den zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten und eine der Europäischen Kommission zur Archivierung übermittelt werden. Sind mehr als zwei Vertragsstaaten an dem Fall beteiligt, werden entsprechend zusätzliche Ausfertigungen der Urschrift der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses gefertigt. Besteht Einvernehmen über die Veröffentlichung der Stellungnahme, so wird sie in der oder den Originalsprache(n) auf der Internetseite der Europäischen Kommission („http://www.ec.europa.eu/”) veröffentlicht.

13.6.4 Wegen der Umsetzung der Entscheidung ist Tz. 4 entsprechend anzuwenden.

14 Kosten des Verständigungs- und Schiedsverfahrens nach der Schiedskonvention

14.1 Hinsichtlich der Kosten des Verständigungsverfahrens gilt Tz. 9 entsprechend.

14.2 Die Verfahrenskosten des Beratenden Ausschusses werden von den beteiligten Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen (Art. 11 Abs. 3 der Schiedskonvention). Zu diesen gehören die Verwaltungskosten des Beratenden Ausschusses sowie die Honorare und Auslagen der unabhängigen Personen.

14.3 Sofern die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten nichts anderes vereinbaren,

  1. ist die Kostenerstattung für die unabhängigen Personen auf die Höhe der üblichen Kostenerstattungen für hochrangige Beschäftigte des Vertragsstaats, der die Einsetzung des Beratenden Ausschusses veranlasst hat, begrenzt; und

  2. beträgt das Bruttohonorar für eine unabhängige Person 1 000 EUR pro Sitzungstag des Beratenden Ausschusses; der Vorsitzende erhält ein Honorar, das 10 % über dem der anderen unabhängigen Personen liegt.

14.4 Die Abwicklung der Erstattung der Verfahrenskosten des Beratenden Ausschusses erfolgt durch den Vertragsstaat, der die Einsetzung des Beratenden Ausschusses veranlasst hat, sofern die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten nichts anderes vereinbaren.

14.5 Kosten, die den betroffenen Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verständigungs- oder Schiedsverfahren entstehen, werden den Unternehmen nicht ersetzt (Art. 11 Abs. 3 der Schiedskonvention).

D. Anwendungsregelung und Veröffentlichung

Dieses Merkblatt tritt an die Stelle des Merkblatts , BStBl 2006 I S. 461.

Das , BStBl 2017 I S. 707 wird aufgehoben und die Regelungen in dieses Schreiben aufgenommen.

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BMF v. - IV B 2 - S 1304/17/10001


Fundstelle(n):
BStBl 2018 I Seite 1122
AO-StB 2019 S. 1 Nr. 1
DB 2018 S. 3089 Nr. 51
LAAAH-01436