IWB Nr. 17 vom Seite 1

Sanktion, Norm, Vertrauen

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

[i]Vermeidung von „Strafschmerz“ im aufgeklärten Eigeninteresse?Es gibt ein Buch aus dem Jahr 2008 mit der Dissertation von Abraham „Sanktion, Norm, Vertrauen. Zur Bedeutung des Strafschmerzes in der Gegenwart“. Toll! Gegenstand der Doktorarbeit ist das (Kriminal-)Strafrecht. Aber leider ist die Sanktion auch im Steuerrecht keine Unbekannte. Aus welchen Gründen man Strafe vermeiden will, sei dahingestellt; das grundsätzlich positive Ergebnis ist jedenfalls weitgehende Konformität mit Verhaltensanforderungen.

[i]Mehr Möglichkeiten der Finanzbehörden bei grenzüberschreitender RechtshilfeDass dies nicht total gilt, zeigen die Inhalte dieser IWB. So geht Gehm ab den Änderungen im neuen Merkblatt zur internationalen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen auf den Grund. Der Autor sagt voraus, dass als Folge der voranschreitenden Internationalisierung der Steuerstrafverfolgung das Entdeckungsrisiko und generell die Aufklärbarkeit von grenzüberschreitenden Steuerstraftaten zunimmt. Die Befugnisse der Strafverfolgungsorgane bei Steuerdelikten wurden und werden erweitert und es wurden auch neue Behörden zur Koordinierung geschaffen.

Strafzuschläge [i]Aufwendige Dokumentation kann nicht immer vor Strafe schützenbei Nichtvorlage der Verrechnungspreisdokumentation sind kein neues Phänomen. Der § 162 Abs. 4 AO steht dabei stets drohend hinter dem § 90 Abs. 3 AO. Die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen stehen denn auch gern im Streit. Dass der Steuerpflichtige konkret bei Kostenumlagevereinbarungen hohe Anforderungen erfüllen muss, zeigt Greil ab . Zum einen sehen einige Steuerverwaltungen Kostenumlagevereinbarungen generell kritisch. Zum anderen sind Kostenumlagen multilateraler Natur: in den beteiligten Staaten müssen neben den steuerrechtlichen Voraussetzungen auch jene des Zivilrechts geprüft werden.

[i]Der Beweisverderber soll keinen Vorteil aus seinem Verstoß ziehenDass es Unternehmer gibt, die ihre Sanktion zu provozieren scheinen, zeigt der von Busch/Bühl ab besprochene DBA-Fall. Die Quintessenz der Autoren, wie des BFH, lautet: Wer die Existenz einer Betriebsstätte im Ausland deklariert und entsprechende ausländische Gewinne freistellt, muss auch die Vorschriften zur Verrechnungspreisdokumentation erfüllen, sonst drohen Strafzuschläge gem. § 162 Abs. 4 AO. Diese Zuschläge sind selbst dann rechtmäßig, wenn die Betriebsstätte nie existiert hat.

[i]OECD, Tax Morale II: Building Trust between Tax Administrations and Large Businesses unter https://www.oecd.org/ tax/tax-morale-ii- 7587f25c-en.htmDies bringt mich zurück zur Arbeit von A braham. Ihm zufolge dient die Strafe infolge der Missachtung von „Klugheitsgründen“ durch den Täter auch dazu, die abschreckende Wirkung dieser Gründe zu erhalten, indem durch die tatsächliche Verhängung der Strafe vermieden wird, dass die Klugheitsgründe sich als leere Drohung erweisen. Fürwahr! Die kommunikative Ebene von Vertrauen im Steuerrecht behandelt übrigens auch ein Papier der OECD v.  zur Vertrauensbildung zwischen Finanzverwaltungen und großen Unternehmen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe

Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 17 / 2022 Seite 1
NWB WAAAJ-21747