Online-Nachricht - Donnerstag, 01.04.2021

Einkommensteuer/Verfahrensrecht | Behandlung eines Facharztstipendiums (BFH)

Leistungen aufgrund eines Fördervertrags mit der "Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen" sind unter bestimmten Umständen nicht steuerbar (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Behandlung einer als sog. Thüringen-Stipendium bezeichneten Geldzahlung in Höhe von 15.000 €.

Die Klägerin studierte bis zum Frühjahr 2012 Medizin. Im Anschluss war sie bei einer Klinik im Rahmen ihrer fachärztlichen Ausbildung angestellt. Im Herbst 2012 schlossen die Klägerin und die "Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen" (Stiftung) einen Fördervertrag. Entsprechend der vertraglichen Regelung erhielt die Klägerin eine Einmalzahlung in Höhe von 15.000 €. Im Gegenzug verpflichtete sie sich zur Weiterbildung und Teilnahme an einer Facharztprüfung. Zudem verpflichtete sie sich, nach Abschluss der Facharztprüfung für mindestens 4 Jahre an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen. Sollte die Klägerin ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, war sie zur Rückzahlung der Einmalzahlung verpflichtet.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2012 setzte die Klägerin die erhaltenen 15.000 € nicht als Einkünfte an. Das FA dagegen berücksichtigte die Einmalzahlung als Einkünfte. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Der BFH dagegen hob das Urteil der Vorinstanz () auf und gab der Klage statt:

  • Die Einmalzahlung der Stiftung ist nicht den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 Nr. 3 EStG zuzuordnen.

  • Die Einmalzahlung der Stiftung wird durch die im Zeitpunkt des Abschlusses des Fördervertrags erklärte Bereitschaft, künftig für eine gewisse Zeit im Freistaat Thüringen tätig werden zu wollen, ausgelöst.

  • Die Zahlung ist kein leistungsbezogenes Entgelt. Die Höhe der Zahlung ist nicht durch die Verpflichtungserklärung der Klägerin "wirtschaftlich" veranlasst; insbesondere sind die erklärte Bereitschaft der Klägerin und die Zahlung nicht nach wirtschaftlichen Kriterien abgewogen. So ist die Förderung im Fall der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit vor Ablauf von vier Jahren in voller Höhe - und nicht nur anteilig – zurückzuzahlen.

  • Die Förderung ist keine Bezahlung für die erklärte Leistungsbereitschaft, sondern sie soll bei der Zielgruppe als finanzieller Anreiz zu allererst die innere Bereitschaft auslösen bzw. stärken, sich im Freistaat Thüringen vertragsärztlich niederzulassen.

  • Ihrer Zweckrichtung nach wirkt die Zahlung in diesem Sinne auf die Willensbildung ein. Damit nimmt der Stipendiat aber noch nicht am wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teil. Trotz Abgabe einer "Verpflichtungserklärung" im Fördervertrag wird eine verbindliche und damit für den Empfänger werthaltige Verpflichtung gerade nicht begründet.

Hinweise:

Anders als das FG angenommen hat, ist die BFH-Rechtsprechung zu vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverboten nicht auf den Streitfall übertragbar: Bei einem Wettbewerbsverbot ist die Zahlung ein Entgelt für ein Unterlassen. Der Wettbewerber verpflichtet sich (einklagbar), für eine bestimmte Zeit zu unterlassen, seine Leistungen in einem bestimmten Gebiet oder in einer bestimmten Sparte zu erbringen, und erhält dafür das Entgelt als Ausgleich bzw. Entschädigung (vgl. z.B ). Hier liegen die Dinge anders: Die Stiftung konnte weder (einklagbar) durchsetzen, dass sich die Klägerin nach Bestehen der Facharztprüfung im Freistaat Thüringen niederlässt, noch konnte sie (einklagbar) verhindern, dass sich die Klägerin außerhalb des Freistaats Thüringen betätigt.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht haben die Richter entschieden, dass einen Prozessbevollmächtigten an dem verspäteten Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes kein Verschulden trifft, wenn er mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Sendenummer alles zur Fristwahrung Erforderliche getan und so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen hat, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss bis 24:00 Uhr gerechnet werden konnte.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB ZAAAH-75232