BAG Urteil v. - 3 AZR 23/18

Instanzenzug: Az: 12 Ca 91/16 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 7 Sa 95/16 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Betriebsrente.

2Der Kläger war vom bis zum bei der Beklagten - ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Lebensversicherungsunternehmen - tätig. Ihm wurden zunächst Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW) zugesagt. Diese lauten auszugsweise:

3Der Kläger schied auf der Grundlage einer Aufhebungsvereinbarung vom aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum aus. Diese bestimmt auszugsweise:

4Nachdem der Kläger in den Altersruhestand getreten war, erhielt er - neben seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - von der Beklagten nach der Regelung in Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung eine Betriebsrente iHv. zunächst 1.503,58 Euro brutto, die sich bis zum auf 1.738,17 Euro brutto erhöhte. Des Weiteren bezog er eine Rente der Versorgungskasse iHv. 579,50 Euro brutto.

5Zum wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.

6Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom mit, dass die Geschäftsführung der Beklagten beschlossen hatte, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.

7Nach der Entscheidung der Beklagten sollten im Geltungsbereich der BVW entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die erhöhte gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem eine Pensionsergänzung iHv. 1.746,86 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin die Rente der Versorgungskasse unverändert iHv. 579,50 Euro brutto.

8Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem eine höhere Betriebsrente zahlen. Nach § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätte seine Versorgungsleistung zu diesem Zeitpunkt um 2,09717 vH angehoben werden und die Beklagte ihm monatlich weitere 39,92 Euro brutto zahlen müssen. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.

9Die Aufhebungsvereinbarung habe das Gesamtversorgungssystem nicht abgeändert. Die Zahlung der Pensionsergänzung habe innerhalb des Systems der Versorgungsordnung erfolgen sollen. Andernfalls würde dies einen unzulässigen Verzicht auf Rechte aus einer Betriebsvereinbarung darstellen. Er würde durch eine derartige Regelung schlechter gestellt, da die Rente aus der Versorgungskasse nicht gesteigert werde. In der Aufhebungsvereinbarung sei nach seiner Kenntnis nur der Betrag genannt, der auch ohne die Vereinbarung hätte gezahlt werden müssen. Es sollte keine Unsicherheit bzgl. der Höhe durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente bestehen. Im Übrigen sei der von der Beklagten berechnete Betrag nicht identisch mit dem, der in der Aufhebungsvereinbarung festgeschrieben worden sei. Zudem stelle die Klausel eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB dar. Zumindest sei aber die Pensionsergänzung zu steigern.

10Der Kläger hat beantragt,

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassung zum sei auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

12Die Aufhebungsvereinbarung habe die Systematik der Gesamtversorgung nach den Regelungen des BVW beendet. Die Leistungen der gesetzlichen Rente sowie der Versorgungskasse würden nicht mehr angerechnet. Durch die Festlegung eines bestimmten Betrags der Pensionsergänzung sei der Kläger nicht ungünstiger gestellt als Betriebsrentner, die nach dem BVW anspruchsberechtigt seien. Die Aufhebungsvereinbarung sei wirksam. Die Regelung der AB § 6 BVW fände allerdings auch auf den Kläger Anwendung, da sich die Anpassung gemäß Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung nach den betrieblichen Bestimmungen richte.

13Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten der Klage lediglich bezogen auf die Erhöhung der Pensionsergänzung im Umfang der Steigerungen der gesetzlichen Renten stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich der Anpassung der Gesamtversorgung abgewiesen. Es hat die Beklagte damit verurteilt, rückständige Betriebsrentenleistungen für den Zeitraum vom bis zum iHv. 27,76 Euro brutto monatlich zzgl. Zinsen ab dem jeweiligen Ersten eines jeden Monats sowie ab November 2016 laufend weitere 27,76 Euro brutto monatlich zu zahlen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

14I. Die Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist im noch rechtshängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet jedoch Zinsen auf rückständige Leistungen erst ab dem jeweiligen Zweiten eines jeden Monats.

151. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird ( - Rn. 13).

162. Die Klage ist im noch rechtshängigen Umfang begründet. Die Beklagte ist aufgrund der Aufhebungsvereinbarung vom verpflichtet, die Pensionsergänzung des Klägers nach Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung iVm. AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH zu erhöhen. Der Kläger ist hinsichtlich der Anpassung seiner Pensionsergänzung so zu behandeln, wie die den BVW unmittelbar unterfallenden Versorgungsberechtigten hinsichtlich ihrer Gesamtversorgung. Dies folgt aus der Auslegung von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung. Die Beklagte hat keine wirksame Anpassungsentscheidung iSd. AB § 6 Ziff. 3 BVW getroffen. Der Kläger hat deshalb ab dem Anspruch auf Zahlung weiterer 27,76 Euro brutto monatlich zum jeweiligen Ersten eines Monats und auf Zahlung rückständiger Leistungen für die Zeit vom bis zum iHv. insgesamt 444,16 Euro brutto. Zinsen auf die rückständigen Leistungen schuldet die Beklagte erst ab dem jeweiligen Zweiten eines jeden Monats.

17a) Die Auslegung der Aufhebungsvereinbarung ergibt, dass die Betriebsrente des Klägers und nicht die Gesamtversorgung anzupassen ist. Die Anpassung hat dabei mit dem Steigerungssatz zu erfolgen wie die Anpassung der Gesamtversorgung der unmittelbar dem BVW unterfallenden Betriebsrentner.

18aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Regelung in Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB (iVm. Art. 229 § 5 EGBGB), eine Einmalklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB (iVm. Art. 229 § 5 EGBGB) oder um eine individuelle Vertragsabrede und damit eine nichttypische Willenserklärung handelt. Selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, kann der Senat die Klausel auslegen. Zwar obliegt die Auslegung nichttypischer Erklärungen in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Das Revisionsgericht kann nichttypische Willenserklärungen aber selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht - wie vorliegend - den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist, soweit das Landesarbeitsgericht eine Auslegung unterlassen hat (vgl. dazu etwa  - Rn. 27 mwN) oder das Revisionsgericht dem Landesarbeitsgericht folgt.

19bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Aufhebungsvereinbarung zutreffend dahingehend ausgelegt, dass die Parteien mit der Regelung in Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung die nach dem BVW grundsätzlich vorgesehene Gesamtversorgung abbedungen haben.

20(1) Der Wortlaut der Regelung in Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung spricht für eine Abbedingung der Gesamtversorgung, wie es das BVW vorsieht. Die demnach vereinbarte Rente wird gerade unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse gewährt. „Unabhängig“ bedeutet, „für sich bestehend“ oder „von etwas losgelöst“, „nicht von etwas beeinflusst, durch etwas bestimmt“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „unabhängig“; Duden Das Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort „unabhängig“). Wäre die nach Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung zu gewährende Rente Teil der Gesamtversorgung nach dem BVW, dann würde sie aber nicht „für sich bestehen“; vielmehr würde ihre Höhe gerade von der Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Rente der Versorgungskasse bestimmt.

21(2) Auch der Regelungszusammenhang spricht für eine Abbedingung der Gesamtversorgung nach dem BVW. Eine Bezifferung der Höhe der Pensionsergänzung, wie sie in Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung vorgenommen worden ist, passt nicht in die Systematik der Gesamtversorgung des BVW. Mit einer Gesamtversorgung soll ein bestimmtes Versorgungsniveau erreicht und abgesichert werden. In diesem Zusammenhang ist gerade die Pensionsergänzung nach den Bestimmungen des BVW ihrem Wesen nach dynamisch. Ihre Höhe ist abhängig von der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungskasse.

22Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch der Umstand, dass die Parteien in Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung bestimmt haben, die Anpassung dieser Rente solle nach den betrieblichen Bestimmungen erfolgen. Ein solcher Hinweis wäre nicht erforderlich gewesen, wenn sich die Rente ohnehin nach den Bestimmungen des BVW zu richten hätte. Gerade weil die Parteien aber die Regelungen des BVW abbedungen haben, war eine Regelung hinsichtlich der Anpassung der zu gewährenden Rente erforderlich. Zudem verweist diese Regelung auch nur auf die betrieblichen Bestimmungen hinsichtlich der Anpassung der Rente. Eine weiter gehende, grundsätzliche Verweisung auf die Bestimmungen des Versorgungswerks erfolgt gerade nicht.

23(3) Die Parteien haben - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht lediglich deklaratorisch auf die Regelungen des BVW verwiesen, sodass sie durch die betragsmäßige Festschreibung der Pensionsergänzung lediglich einen Startbaustein als Teil der Gesamtversorgung festlegen wollten (so etwa  - Rn. 91). Die Unabhängigkeit der Rente nach Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung von der Höhe sonstiger Versorgungsleistungen ist zeitlich nicht beschränkt.

24Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Anpassung in Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung auf die betrieblichen Bestimmungen verwiesen wird. Diese Verweisung widerspricht nicht der Unabhängigkeit der zu gewährenden Pensionsergänzung von sonstigen Versorgungsleistungen. Zum einen heißt es in Satz 2 ausdrücklich, dass [d]iese Rente, also die nach Satz 1 zu gewährende Rente, nach den betrieblichen Bestimmungen anzupassen ist. Zum anderen hätte es keiner Regelung bedurft, wenn sich diese Rente ohnehin nach den Bestimmungen des BVW richten würde. Hätten die Parteien zugunsten des Klägers eine höhere Gesamtversorgung vereinbaren wollen, so hätten sie die Höhe des Versorgungsniveaus festlegen müssen und nicht die eines einzelnen Bausteins der Gesamtversorgung.

25(4) Für die Anwendung der Unklarheitenregel nach § 305c Abs. 2 BGB ist - insoweit zugunsten des Klägers unterstellt, es handele sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB bzw. eine Einmalklausel nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB - kein Raum. Die Auslegung von Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung lässt nicht mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen.

26cc) Die Anpassung der Pensionsergänzung des Klägers nach Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung richtet sich aufgrund vertraglicher Vereinbarung nach AB § 6 BVW; seine Pensionsergänzung ist so anzupassen wie die Gesamtversorgung der direkt unter AB § 6 BVW fallenden Versorgungsempfänger. Auch das ergibt die Auslegung von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung (vgl.  - Rn. 15).

27(1) Der Wortlaut von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung bezieht sich auf die betrieblichen Bestimmungen und nicht ausdrücklich auf die Bestimmungen des BVW. Die Bezugnahme auf die „betrieblichen Bestimmungen“ lässt jedoch erkennen, dass es sich um ein im Betrieb der Beklagten allgemein geltendes Versorgungswerk - wie das BVW - handeln muss. Die nach Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung zu gewährende Pensionsergänzung wird dann nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst. Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung zeigt dabei, dass Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung für die Anpassung der Pensionsergänzung des Klägers auf die Bestimmungen des BVW verweist. Dem Kläger war ursprünglich eine Gesamtversorgungszusage mit Gesamtrentenfortschreibung nach dem BVW zugesagt. Mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung haben die Vertragsparteien in Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung vereinbart, dass der Kläger unabhängig von einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Versorgungskassenrente eine in ihrer Ausgangshöhe festgelegte Pensionsergänzung erhält. Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung sieht einen eigenständigen Anpassungsmechanismus für die Erhöhung der Pensionsergänzung allerdings nicht vor, sondern verweist auf die sonst maßgebenden Versorgungsregelungen. Daraus folgt, dass es für die Anpassung der Pensionsergänzung bei der Anwendung der bisherigen Anpassungsregelungen im BVW bleiben soll. Die Ansprüche des Klägers auf Anpassung seiner Pensionsergänzung sollen sich mithin nach denselben Regeln richten, wie die Anpassung bei den dem BVW unterfallenden Betriebsrentnern. Der dort maßgebliche, die Gesamtversorgung betreffende Steigerungssatz soll auch für die Anpassung der Pensionsergänzung des Klägers gelten.

28(2) Auch Sinn und Zweck von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung tragen dieses Verständnis. Der Kläger sollte hinsichtlich der Entwicklung seiner nach Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung vereinbarten Pensionsergänzung so behandelt werden, wie die Versorgungsempfänger, die Versorgungsleistungen nach dem BVW erhalten; dies erfolgt, indem die Pensionsergänzung des Klägers um denselben Steigerungssatz erhöht wird wie die Gesamtversorgung nach dem BVW. Nur so wird eine entsprechende Behandlung sichergestellt.

29(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Unwirksamkeit ihrer Anpassungsentscheidung nach AB § 6 Ziff. 3 BVW auch dem Kläger zugute. Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung verweist auf den Anpassungsmechanismus in AB § 6 BVW insgesamt. Liegen die Voraussetzungen einer Abweichung in dem dortigen originären Anwendungsbereich nicht vor, so führt dies zwingend zur Unwirksamkeit der Anpassungsentscheidung auch für den Kläger. Er ist hinsichtlich der Anpassung so zu behandeln, wie die Betriebsrentner, deren Versorgung sich insgesamt nach dem BVW richtet.

30b) Der Kläger kann danach verlangen, dass seine Pensionsergänzung zum entsprechend dem für die Gesamtversorgung geltenden Steigerungssatz nach AB § 6 Ziff. 1 BVW und damit nach der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst wird.

31aa) Die von der Beklagten im Jahr 2015 nach AB § 6 Ziff. 3 BVW getroffene Anpassungsentscheidung ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinen Entscheidungen vom (etwa  - und - 3 AZR 333/17 -; vgl. auch  -) bereits erkannt.

32Dabei kann auch insoweit dahinstehen, ob es sich bei dem BVW um eine Betriebsvereinbarung oder um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekannt gegeben wurde. Danach erlaubt AB § 6 Ziff. 3 BVW der Beklagten lediglich, die Gesamtversorgungsbezüge der Versorgungsberechtigten nach einem - im Vergleich zur Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung geringeren - einheitlichen Prozentsatz zu verändern ( - Rn. 18). Es kann deshalb offenbleiben, ob die Anpassungsentscheidungen der Beklagten auch deshalb unwirksam sind, weil die inhaltlichen Voraussetzungen nach AB § 6 Ziff. 3 BVW für eine Abweichung von AB § 6 Ziff. 1 BVW nicht vorlagen oder die Entscheidung wegen Verstoßes gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam ist.

33bb) Damit verbleibt es bei der in Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung iVm. AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW vorgesehenen Anpassung. Der Kläger hat danach jedenfalls einen Anspruch auf Erhöhung seiner Pensionsergänzung entsprechend der Erhöhung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum um 2,09717 vH.

34c) Dem Kläger stehen folglich ab dem monatlich weitere 27,76 Euro brutto zu.

35aa) Zum wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH angepasst. Daraus ergibt sich eine Pensionsergänzung iHv. 1.774,62 Euro brutto (1.738,17 Euro x 1,0209717). Die Beklagte zahlt dem Kläger seit dem jedoch lediglich eine solche iHv. 1.746,86 Euro brutto. Daraus folgt ein weiterer Anspruch des Klägers iHv. 27,76 Euro brutto (1.774,62 Euro - 1.746,86 Euro) monatlich.

36bb) Dem Kläger stehen die Differenzen für den Zeitraum bis iHv. 444,16 Euro brutto (27,76 Euro/Monat x 16 Monate) zu.

37cc) Der rückständige Betrag ist nach § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen. Die rückständigen monatlichen Beträge sind danach erst ab dem jeweiligen Zweiten eines jeden Monats zu verzinsen.

383. Die Frage der Wirksamkeit der in der Aufhebungsvereinbarung festgelegten Pensionsergänzung und der damit erfolgten Abweichung von den Regelungen des BVW stellt sich nicht.

39a) Der Kläger stützt seine Klageforderung nicht auf die Bestimmungen des BVW, sondern allein auf Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung.

40aa) Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird, bestimmt ( - Rn. 18; - 9 AZR 200/17 - Rn. 27, BAGE 161, 347). Der Streitgegenstand wird also nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein ( - Rn. 18, BAGE 146, 123; - 1 ABR 19/10 - Rn. 37, BAGE 136, 302). Kann der Kläger die Klagesumme nur einmal beanspruchen, liegt bei einer Mehrheit von Streitgegenständen hingegen eine alternative Klagehäufung iSd. § 260 ZPO vor (vgl. auch  - Rn. 25, BGHZ 211, 189). Eine alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, ist aber grundsätzlich unzulässig, sofern er keine Reihenfolge der verschiedenen Streitgegenstände bildet ( - Rn. 18, BAGE 163, 205).

41Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt ( - Rn. 18; - 3 AZR 795/09 - Rn. 17;  - Rn. 15, BGHZ 198, 294). Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen. Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können ( - Rn. 19;  - Rn. 16 mwN).

42bb) Danach macht der Kläger seinen Klageanspruch allein auf der Grundlage der Aufhebungsvereinbarung geltend. Er hat sich im Rechtsstreit immer auf die Aufhebungsvereinbarung gestützt und zu deren Auslegung Vortrag gehalten. Ansprüche unmittelbar nach dem BVW hat er nicht geltend gemacht.

43Der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung am stellt einen anderen Lebenssachverhalt dar als die Anwendbarkeit des BVW, unabhängig davon, ob diese ihre Grundlage in einer Betriebsvereinbarung, einer Gesamtzusage oder Ähnlichem findet. Da der Kläger auch keine Prüfungsreihenfolge der verschiedenen Streitgegenstände vorgegeben hat, ist davon auszugehen, dass er seinen Klageanspruch allein auf die Aufhebungsvereinbarung stützt.

44b) Die Beklagte macht mit ihrer Revision ebenfalls nicht die Unwirksamkeit der Regelung in der Aufhebungsvereinbarung geltend. Vielmehr beruft sie sich darauf, dass die Regelung den Kläger günstiger gestellt habe. Aus der Revisionsbegründung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landesarbeitsgericht insoweit materielles Recht verletzt haben könnte. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr der Auffassung der Beklagten insoweit gefolgt.

45II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:200819.U.3AZR23.18.0

Fundstelle(n):
UAAAH-38357