Auslegung von Versorgungsbestimmungen - Berechnung einer Betriebsrente - Berücksichtigung einer Teilzeitbeschäftigung
Gesetze: § 1 BetrAVG, § 1 Abs 1 S 3 BetrAVG, § 1 AGG, § 3 Abs 2 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 4 Abs 1 TzBfG, § 258 ZPO, § 259 ZPO, Art 157 Abs 1 AEUV
Instanzenzug: ArbG Aachen Az: 7 Ca 4337/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 13 Sa 1023/12 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten noch über die Berechnung der über den Beklagten zu 2. als Unterstützungskasse ausgezahlten Betriebsrente der Klägerin.
2Die im März 1951 geborene Klägerin war vom bis zum als Verwaltungsangestellte bei der Beklagten zu 1., einer Einzelgewerkschaft des DGB, beschäftigt. Die Beklagte zu 1. ist Mitglied des Beklagten zu 2. Die Klägerin war bereits vom bis zum beim Beklagten zu 2. angemeldet.
3Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. richtete sich nach dem Anstellungsvertrag vom . Danach galt das Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten zu 1. ab dem . Weiter war bestimmt, dass die Klägerin seit dem bei dem Beklagten zu 2. angemeldet ist und es wurde auf die bei diesem geltenden Unterstützungs-Richtlinien hingewiesen. Die betriebliche Altersversorgung der Klägerin richtete sich aufgrund des Beginns ihres Arbeitsverhältnisses nach den Unterstützungs-Richtlinien 1988 (im Folgenden UR 88). Diese bestimmen auszugsweise:
4Am schloss die Beklagte zu 1. mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung (im Folgenden GBV 98). Diese lautet auszugsweise:
5Die Klägerin arbeitete während des gesamten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. in Teilzeit in unterschiedlichem Umfang. Ihr über die Gesamtdauer der Anmeldungszeit ermittelter Teilzeitfaktor, der das Verhältnis der individuellen Arbeitszeit im Verhältnis zu einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ausdrückt, beträgt 75,49 vH; im Jahr 1997 belief er sich auf 57,14 vH. Das Bemessungsentgelt eines mit der Klägerin vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers belief sich im Kalenderjahr 1997 auf (umgerechnet) 46.899,78 Euro.
6Seit dem bezieht die Klägerin eine Altersrente für Frauen als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dort hat sie insgesamt 51,0190 persönliche Entgeltpunkte erreicht. Mit Unterstützungsbescheid vom setzte der Beklagte zu 2. die der Klägerin nach den UR 88 zustehende Unterstützungskassenrente auf 725,81 Euro monatlich fest. Bei deren Berechnung legte der Beklagte zu 2. einen durchschnittlichen Teilzeitgrad von 66,875 vH zugrunde. Hierbei berücksichtigte er den im Jahr 1997 bestehenden Teilzeitgrad von 57,14 vH auch für die Jahre 1998 bis zum Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf des .
7Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung rückständiger Unterstützungskassenrente für die Monate April bis November 2011 sowie die künftige Zahlung einer höheren monatlichen Unterstützungskassenrente ab Dezember 2011 nebst Zinsen. Sie hat die Ansicht vertreten, ihr stehe eine höhere als die von den Beklagten berechnete Unterstützungskassenrente zu. Für die Berechnung der Leistungen nach den UR 88 sei der durchschnittliche Teilzeitgrad während der gesamten Anmeldungszeit beim Beklagten zu 2. zugrunde zu legen. Die von den Beklagten vorgenommene Festschreibung des im Jahr 1997 bestehenden Teilzeitfaktors für die Zeit bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sei unzulässig. Für die in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmer enthalte die GBV 98 keine Regelung, weshalb insoweit auf die UR 88 zurückzugreifen sei. Bei der anzurechnenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei von einem jährlichen Rentenbetrag iHv. 13.145,76 Euro auszugehen. Danach ergebe sich eine Unterstützungsleistung nach den UR 88 iHv. 969,79 Euro monatlich.
8Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - sinngemäß beantragt,
9Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, die Unterstützungsleistung nach den UR 88 sei mit einem Teilzeitgrad von 66,875 vH zu berechnen, da für die Jahre 1998 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin der im Jahr 1997 bestehende Teilzeitgrad von 57,14 vH zugrunde gelegt werden müsse. Die GBV 98 enthalte hinsichtlich teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer eine planwidrige Regelungslücke. Diese sei durch eine ergänzende Auslegung zu schließen. Wäre die Notwendigkeit einer Regelung für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer von den Parteien der GBV 98 erkannt worden, hätten diese - so die Beklagten - eine Regelung getroffen, wonach der Teilzeitfaktor des Jahres 1997 festzuschreiben und der Berechnung der Unterstützungsleistung zugrunde zu legen sei. Im Übrigen sei nach A II 2 GBV 98 eine höhere fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen.
10Das Arbeitsgericht - bei dem noch Ansprüche aus weiteren Versorgungsregelungen streitgegenständlich waren - hat der Klage in Höhe eines monatlichen Differenzbetrags bei der Unterstützungskassenrente von 235,83 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
11Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Die zulässige Klage ist - soweit für die Revision noch von Interesse - nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten lediglich eine um 101,74 Euro monatlich höhere Unterstützungskassenrente zu. Im Übrigen war der Zinsausspruch sowohl bezüglich der rückständigen als auch der künftigen Leistungen zu korrigieren.
12I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. etwa - Rn. 21).
13II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Klägerin steht eine um 101,74 Euro monatlich höhere Unterstützungsleistung nach den UR 88 zu. Die Unterstützungsleistungen sind jedoch erst zum Ersten des jeweils folgenden Monats zur Zahlung fällig und deshalb frühestens ab dem Folgetag zu verzinsen.
141. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf eine um monatlich 101,74 Euro höhere Unterstützungsleistung nach den UR 88 iVm. der GBV 98 sowie iVm. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, soweit es die Beklagte zu 1. betrifft, zu. Bei der Berechnung der Unterstützungsleistung nach den UR 88 iVm. der GBV 98 ist der für die gesamte Anmeldungszeit beim Beklagten zu 2. anhand des tatsächlichen Beschäftigungsumfangs der Klägerin ermittelte Teilzeitfaktor iHv. 75,49 vH zugrunde zu legen. Auf die Gesamtversorgung ist eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88 anzurechnen. Dazu sind die von der Klägerin bis zum Eintritt des Versorgungsfalls am in der gesetzlichen Rentenversicherung erarbeiteten persönlichen Entgeltpunkte mit dem zum aktuellen Wert eines Entgeltpunkts zu multiplizieren. Dies ergibt die Auslegung der zugrunde liegenden Regelungen.
15a) Die GBV 98 regelt in A II 1 ausschließlich die Festschreibung des Bemessungsentgelts nach § 4 UR 88 und damit das Bemessungsentgelt eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.
16aa) Nach A II 1 Satz 1 GBV 98 haben die Parteien der GBV 98 das Bemessungsentgelt zum festgeschrieben. Das bedeutet, wie in A II 1 Satz 2 GBV 98 ausgeführt, dass nach dem erfolgende Erhöhungen des Bemessungsentgelts sich zugunsten der Versorgungsanwartschaften nicht mehr auswirken. Die GBV 98 regelt indes nicht, was Bemessungsentgelt iSd. GBV 98 bedeutet. Der Begriff ist in der GBV 98 nicht eigenständig definiert. Er wird von dieser vorausgesetzt und bestimmt sich nach den in A I GBV 98 in Bezug genommenen UR 88. Nach § 4 Abs. 1 UR 88 bilden die versorgungsfähigen Teile des Arbeitsentgelts, wozu nach § 4 Abs. 1 Satz 3 UR 88 ua. die monatlichen Gehälter und Löhne sowie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zählen, im Bemessungszeitraum das Bemessungsentgelt. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UR 88 die letzten zwölf Kalendermonate vor dem Eintritt des Unterstützungsfalls. A II 1 Satz 1 GBV 98 modifiziert diese Bestimmung der UR 88 insoweit, als nunmehr das Bemessungsentgelt zum festgeschrieben wird und damit der Bemessungszeitraum die zwölf Kalendermonate des Jahres 1997 umfasst. Mit der Regelung in A II 1 Satz 1 GBV 98 haben die Parteien der GBV 98 daher von der in § 4 Abs. 7 UR 88 für Mitglieder des Beklagten zu 2. eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Bemessungsentgelt zu einem bestimmten Zeitpunkt festzuschreiben und damit zu bestimmen, dass Erhöhungen des Arbeitsentgelts nach diesem Zeitpunkt das Bemessungsentgelt für die Berechnung der Unterstützung nicht mehr erhöhen.
17bb) Mit A II 1 Satz 2 GBV 98 haben die Betriebsparteien anschließend die durch die Festschreibung des Bemessungsentgelts zum ausgelösten Folgen nach § 4 Abs. 7 UR 88 klarstellend wiederholt. Danach sollen künftige Entgelterhöhungen keine Auswirkungen mehr auf die Höhe des Bemessungsentgelts haben. Die Parteien der GBV 98 haben sich dabei - wie die Urheber der UR 88 - von der Vorstellung leiten lassen, dass Arbeitsentgelte im Laufe der Jahre typischerweise erhöht werden, denn in der GBV 98 wurde ebenso wenig wie in den zugrunde liegenden UR 88 die Klarstellung aufgenommen, dass Verringerungen des Bemessungsentgelts nach dem Änderungsstichtag ebenfalls nicht berücksichtigt werden. A II 1 GBV 98 und die ihr zugrunde liegende Regelung in § 4 Abs. 7 UR 88 stellen vielmehr auf die „übliche“ Entgeltentwicklung bei der Beklagten zu 1. bzw. den Mitgliedern des Beklagten zu 2. ab.
18cc) Die Festschreibung des Bemessungsentgelts durch A II 1 Satz 1 GBV 98 bezieht sich dabei ausschließlich auf das für in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer maßgebliche Bemessungsentgelt nach § 4 UR 88. Dies folgt daraus, dass die Öffnungsklausel für die einzelnen Kassenmitglieder in § 4 Abs. 7 UR 88 enthalten ist, während die Regelung für Teilzeitbeschäftigte sich erst in § 4a UR 88 findet. Die Parteien der GBV 98 wollten mit A II 1 GBV 98 von der den Mitgliedern des Beklagten zu 2. durch § 4 Abs. 7 UR 88 eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, einen weiteren Anstieg der Kosten der Gesamtversorgung zu begrenzen, indem sie das sich nach § 4 Abs. 1 UR 88 eigentlich auf die letzten zwölf Kalendermonate des Arbeitsverhältnisses beziehende Bemessungsentgelt bereits auf den und damit das Kalenderjahr 1997 festgeschrieben haben.
19Einer gesonderten Regelung für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bedurfte es - entgegen der Auffassung der Revision - insoweit nicht. Denn die Berechnung der Unterstützung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern erfolgt nach § 4a UR 88 dergestalt, dass das Bemessungsentgelt eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nach § 4 UR 88 in dem Verhältnis vermindert wird, in dem die geleistete Arbeitszeit aus einer Vollzeitbeschäftigung während der gesamten Anmeldungszeit gestanden hat. Es ist deshalb für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ausreichend, wenn lediglich das Bemessungsentgelt eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers festgeschrieben wird. Durch den Berechnungsmodus in § 4a UR 88 wird sichergestellt, dass sich die Festschreibung des Bemessungsentgelts bei einem vergleichbaren teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer entsprechend auswirkt. Auch bei ihm führen Entgeltsteigerungen nach dem Änderungsstichtag nicht mehr zu einer Erhöhung der Unterstützungskassenrente. Eine Änderung des Beschäftigungsumfangs und die damit verbundene Erhöhung oder Verringerung des Entgelts ist keine „Erhöhung des Arbeitsentgelts“ iSv. § 4 Abs. 7 Satz 1 UR 88. Sie ist ausschließlich Folge des veränderten Beschäftigungsumfangs, nicht jedoch einer Entgeltsteigerung infolge einer Beförderung oder aufgrund eines allgemeinen Anstiegs der Entgelte.
20Die Regelung A II GBV 98 ist damit nicht lückenhaft. Auf die von den Beklagten erhobene Verfahrensrüge, die zur Frage einer möglichen Füllung dieser Lücke erhoben wurde, kommt es deshalb nicht an.
21dd) Die Regelung in A II 1 GBV 98 führt folglich dazu, dass das Bemessungsentgelt nach § 4 UR 88 eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers zum festgeschrieben, bei der Berechnung der Unterstützungsleistung eines vergleichbaren teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers dieses Vollzeit-Bemessungsentgelt zugrunde gelegt und anschließend um den über die gesamte Anmeldungszeit errechneten Teilzeitfaktor nach § 4a UR 88 gemindert wird.
22b) Die Anrechnung der fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nach § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88 zu erfolgen. Dies haben die Vorinstanzen rechtsfehlerhaft nicht erkannt. Die GBV 98 enthält für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer insoweit keine Regelung.
23aa) Nach A II 2 GBV 98 wird gleichzeitig mit der Festschreibung des Bemessungsentgelts nach A II 1 GBV 98 iVm. § 4 Abs. 7 UR 88 die gemäß § 7 UR 88 anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum festgeschrieben. Dazu wird der zu diesem Änderungsstichtag gültige aktuelle Rentenwert iHv. 47,44 DM (entspricht 24,26 Euro) festgeschrieben. Anschließend wird bestimmt, dass für den Zeitraum ab Januar 1998 bis zum Eintritt des Versorgungsfalls Entgeltpunkte in der Höhe angerechnet werden, wie sie sich als durchschnittliche Entgeltpunkte aus den vollwertigen Pflichtbeiträgen für das Kalenderjahr 1997 ergeben haben. Mit dieser Regelung haben die Parteien der GBV 98 von der den Mitgliedern des Beklagten zu 2. in § 7 Abs. 9 Satz 2 UR 88 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, für die Anrechnung der fiktiven Rente von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ein sachgerechtes Verfahren zu bestimmen.
24bb) Für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gilt diese Regelung dagegen nicht. Es bleibt bei der Regelung in § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88. Danach wird die anzurechnende fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung errechnet aus den persönlichen Entgeltpunkten bei Eintritt des Versicherungsfalls und dem aktuellen Rentenwert am Änderungsstichtag. A II 2 GBV 98 kommt nicht zur Anwendung. Ein anderes Verständnis würde zu Ergebnissen führen, die die Betriebsparteien nicht gewollt haben können.
25(1) Eine Anwendung von A II 2 Satz 3 GBV 98 auf Teilzeitbeschäftigte wäre nicht sachgemäß und würde zu einem Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen der Teilzeitbeschäftigung in § 4 Abs. 1 TzBfG und möglicherweise gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts in Art. 157 Abs. 1 AEUV und §§ 1, 3 Abs. 2 iVm. § 7 Abs. 1 AGG führen. Die auf die Gesamtversorgung anzurechnende fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fällt typischerweise geringer aus, als die tatsächliche Rente, denn in der gesetzlichen Rentenversicherung findet eine Festschreibung auf die zum geltenden Rentenwerte nicht statt. Insoweit kompensiert A II 2 Satz 3 GBV 98 die durch die Festschreibung des Bemessungsentgelts und des Rentenwerts zum erfolgten Einschnitte in die Versorgung.
26Dieser Festschreibemechanismus ist aber nur für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer sachgerecht. Für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsumfang sich im Laufe ihres Arbeitsverhältnisses und damit ihrer Anmeldungszeit auch nach dem noch verändert, würde die Regelung in A II 2 GBV 98 zu Unstimmigkeiten und Wertungswidersprüchen führen. Arbeitnehmer, die im Jahr 1997 einen sehr geringen Beschäftigungsumfang hatten und diesen nach diesem Tag erhöhten, würden zwar bei der Berechnung des Bemessungsentgelts benachteiligt; bei der anzurechnenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Gesamtversorgung bevorzugt, weil eine viel geringere Rente angerechnet würde als tatsächlich aufgrund des höheren Entgelts zu erwarten ist. Ebenso würde ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der seinen Beschäftigungsumfang nach dem vermindert, bei der Berechnung des Bemessungsentgelts erheblich bessergestellt, weil insoweit der höhere Wert des Jahres 1997 festgeschrieben würde; gleichzeitig wäre allerdings auch eine deutlich höhere fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen. Ähnlich unbefriedigende Ergebnisse würden in Fällen entstehen, in denen der Arbeitnehmer bis einschließlich ausschließlich in Vollzeit arbeitete und anschließend nur noch in Teilzeit.
27Diese Ergebnisse wären jedoch nicht mit dem Verbot der Benachteiligung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 1 TzBfG zu vereinbaren. Denn dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer würde damit die Unterstützungsleistung nicht mindestens in dem Umfang gewährt, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (§ 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG). Dabei ist auf den Umfang der Teilzeit im Verhältnis zu einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während des gesamten Arbeitsverhältnisses abzustellen (vgl. - Rn. 22 ff.). Da - worauf die Klägerin im Rechtsstreit zu Recht hingewiesen hat - Teilzeitarbeit überwiegend von Frauen geleistet wird, führte eine solche Berechnungsweise, unterstellt dies träfe auch für die Beklagte zu 1. zu, zu einer mittelbaren Benachteiligung von Frauen und verstieße damit möglicherweise auch gegen Art. 157 Abs. 1 AEUV sowie §§ 1, 3 Abs. 2 iVm. § 7 Abs. 1 AGG.
28(2) Für einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer hat es deshalb bei der Grundregel in § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88 zu verbleiben. Dadurch wird die im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung derart berechnet, dass die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erarbeiteten persönlichen Entgeltpunkte mit dem am durch die GBV 98 festgelegten Änderungsstichtag aktuellen Rentenwert multipliziert werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer eine Unterstützungsleistung erhalten, die hinsichtlich auch dieses Berechnungsfaktors der Unterstützungskassenrente in einem angemessenen Verhältnis zum Anteil der Arbeitszeit des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers an der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers stehen.
29c) Danach steht der Klägerin eine Unterstützungsleistung nach A II GBV 98 iVm. §§ 4 ff. UR 88 iHv. 827,55 Euro monatlich zu.
30aa) Das Bemessungsentgelt eines mit der Klägerin vergleichbaren in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers belief sich im Kalenderjahr 1997 auf 46.899,78 Euro. Daraus ergibt sich ein monatliches Bemessungsentgelt iHv. 3.908,32 Euro (46.899,78 Euro : 12 Monate). Die Gesamtversorgungsobergrenze nach § 6 Abs. 2 UR 88 beträgt im Falle der Klägerin, die eine über dreißigjährige Anmeldungszeit erreicht hat, 70 vH. Daraus ergibt sich eine monatliche Gesamtversorgung iHv. 2.735,82 Euro (3.908,32 Euro x 0,7). Da die Klägerin einen über die gesamte Anmeldungszeit errechneten Teilzeitfaktor von 75,49 vH erreicht hat, ist die für einen Vollzeitarbeitnehmer ermittelte Gesamtversorgungsobergrenze ins Verhältnis zu ihrem Teilzeitfaktor zu setzen. Dies ergibt einen monatlichen Betrag iHv. 2.065,27 Euro (2.735,82 Euro x 0,7549).
31bb) Von diesem monatlichen Gesamtversorgungsanspruch ist schließlich nach § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88 die fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Abzug zu bringen. Die Klägerin hat bei Eintritt des Unterstützungsfalls am insgesamt 51,0190 persönliche Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht und der nach § 7 Abs. 9 Satz 1 UR 88 iVm. A II GBV 98 festgeschriebene Wert eines Entgeltpunkts in der gesetzlichen Rentenversicherung zum beträgt 47,44 DM (entspricht 24,26 Euro). Daraus ergibt sich eine anzurechnende fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.237,72 Euro monatlich (51,0190 Entgeltpunkte x 24,26 Euro/Entgeltpunkt).
32cc) Die der Klägerin zustehende monatliche Unterstützungsleistung nach den UR 88 iVm. der GBV 98 beläuft sich, da keine weiteren Versorgungsbezüge anzurechnen sind, auf 827,55 Euro (2.065,27 Euro - 1.237,72 Euro). Die Beklagten haben seit dem eine Unterstützungsleistung nach den UR 88 iHv. 725,81 Euro geleistet. Daher stehen der Klägerin noch weitere 101,74 Euro (827,55 Euro - 725,81 Euro) monatlich zu.
332. Hinsichtlich der beantragten und von den Vorinstanzen ausgeurteilten Verzugszinsen waren Korrekturen vorzunehmen. Die Klägerin ist mit Ablauf des aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und bezieht seither eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Versorgungsfall ist demnach für die Klägerin nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 UR 88 zum eingetreten und die Zahlung der Unterstützungsleistung beginnt nach § 22 Abs. 2 UR 88 folglich mit dem Monat April. Nach § 22 Abs. 3 UR 88 wird die Unterstützung monatlich nachträglich gezahlt. Dies bedeutet, dass sie erst am Ersten des Folgemonats fällig wird. Durch Sonnabende, Sonn- und Feiertage kommt es wegen § 193 BGB zu kleineren Verschiebungen. Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Rückstände aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB.
34Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Forderungen stehen der Klägerin Zinsen gemäß § 286 Abs. 1, § 288 BGB jedoch nur auf die bis zum Urteilserlass bereits fällig gewordenen monatlichen Leistungen zu. Für die künftig fällig werdenden Leistungen kann die Klägerin hingegen keine Verzugszinsen beanspruchen. Verzugszinsen sind keine Leistungen iSv. § 258 ZPO, sondern Sekundäransprüche, deren Entstehung ungewiss ist. Insoweit könnte allenfalls Klage gemäß § 259 ZPO erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis begründet ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen ( - Rn. 60). Für eine solche Besorgnis hat die Klägerin weder etwas vorgetragen noch sind derartige Umstände sonst ersichtlich.
35III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:140715.U.3AZR594.13.0
Fundstelle(n):
HAAAF-06121